Ultra Trail Angkor – 100km in Kambodscha

Ende des Sommers habe ich beim Médoc-Marathon einen Startplatz für die 100km beim UltraTrail Angkor gewonnen. Nicht für gute Leistung, sondern über eine Startnummen-Lotterie.

Nachdem ich die Anreise ja erfolgreich bewältigt habe und einen Tag zum Sightseeing mit Aklimartisieren verbracht hatte, ging es am 27.01.2024 dann in die Vollen. Continue reading

Ultra Trail Angkor – erster Tag Tempel über Tempel

Nachdem die Anreise schon fast zwei Tage verschlungen hat, bin ich am Freitag vergleichsweise früh auf. Ich mache mich zum Frühstück, das Buffet ist umfangreich und ich schlage entsprechend zu. Zudem tummeln sich auch einige Leute der Organisation bereits im Frühstückssaal.

Einen konkreten Plan habe ich für den Tag eigentlich noch nicht, das ändert sich, als man mich kurz nach acht anruft und daran erinnert, dass ja noch Tourismus-Programm gebucht war: Besichtigung der Tempel. Etwas überhastet greife ich mir die Kamera und mein Handy, hechte in die Lobby. Von dort geht es dann auch fast direkt los. Continue reading

Schwedenurlaub Tag 13 – Gränna und drum herum, Brahehus und Freilichtmuseum

Heute wollen wir uns Gränna und auch das nahe gelegene Brahehus anschauen. Das imposante Gebäude bzw. die Ruine hatten wir bereits gestern gesehen. Wir kommen recht zeitig los, der Wind hat sich gelegt, es ist also wieder angenehm warm. Der erste Anlauf zum Brahehus ist nicht ganz so erfolgreich, es lässt sich nicht so ohne weiteres anfahren. Dafür bekomme ich eine fahrerische Herausforderung während wir eine kleine, wenn auch ungeplante Schleife drehen: es geht 20% bergab und das auf geschotterter Straße. Im Winter möchte ich das hier nicht erleben, ich glaube ohne Trecker oder Unimog hat man da gar keine Chance.

Nach erneuter Konsultation der Karte wissen wir dann auch ungefähr wo der Einstieg zum Wanderweg sein muss. Kurzerhand parken wir an einem Parkplatz, der eigentlich zu einer Farm gehört, die Blaubeersammeln anbietet. Luftlinie ist es nicht einmal ein Kilometer bis zur Ruine. Wir wandern entlang der Straße bis zum Einstiegspunkt, um dann festzustellen, dass es dort doch einen Parkplatz gibt. Der ist allerdings fast gar nicht beschildert, das muss man fast schon wissen um die Einfahrt zu erwischen. Dass auf der Straße davor auch noch Tempo siebzig erlaubt ist, macht die Sache nicht besser.

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Gelita Trail Marathon – MTB&Run 30km

In der Rhein-Neckar-Region dreht sich aktuell vieles um den Erfinder des Fahrrads, den Herrn Drais – immerhin 200 Jahre alt wird seine Erfindung in diesem Jahr. Aus diesem Grund gab es schon beim Mannheim Marathon das Angebot „Bike&Run“. Der gleiche Veranstalter zeichnet auch für die Durchführung des Gelita Trail Marathons in Heidelberg verantwortlich. Daher gab es etwas kurzfristig ein neues Angebot „MTB&Run“ aufgrund des Jubiläums. In Mannheim war das Angebot über die Halbmarathon-Strecke als Rad/Lauf-Team sehr beliebt. Allerdings gab es dort auch keine Trail-Passagen.

Frank aus unserer Ultralaufgruppe hatte angefragt ob sich jemand vorstellen könnte ihn zu begleiten bei diesem Event. Er fährt seit einiger Zeit ein wenig Mountainbike und wollte es einfach als Fun-Veranstaltung einmal ausprobieren. Ich habe mich dazu bereit erklärt, klar mit der Aussage: „Nur zum Spaß haben“. Immerhin habe ich ja am 3. Oktober meine jährliche Verpflichtung in Nürnberg über die 21,1km. Daher war eigentlich klar: Das wird ein anspruchsvoller Trainingslauf, aber ob ich den jetzt im Wettkampf oder in der Gruppe mache – das macht für den Trainingseffekt keinen Unterschied. Die Resonanz auf das Angebot war sehr verhalten, ob es das Ganze daher nochmal gibt weiß ich nicht. Eine Woche vor dem Start waren ganze drei Teams gemeldet, am Start standen dann am Ende vier Teams. Jeweils ein Biker und ein Läufer sind bereit die 30km und 1000hm anzugreifen.

Zur Sicherheit mussten wir noch etwas warten, nachdem der dritte und letzte Startblock der reinen Läufer aufgebrochen war. Um 11:15 fiel für uns dann auch der Startschuss – für uns ein absolutes Novum: Wir stehen direkt an der Startlinie als es losgeht. Ein Team setzt sich recht schnell als Spitze nach vorne ab. Die anderen drei Teams bleiben erst einmal lustig beisammen, es wird etwas gewitzelt und erzählt. Die ersten Höhenmeter gibt es an der bekannten alten Brücke in Heidelberg. Alles noch recht locker, es geht dann auch erst mal gemütlich noch am Neckar entlang durch die Bebauung.

Direkt nach dem ersten Kilometer ist Schluss mit lustig, es kommt der erste Anstieg, rauf auf den Philosophenweg. Das ist ein recht beliebter Wanderweg den viele aus dem Umland kennen, der sich langsam den Berg hochzieht und einen schönen Blick auf die Altstadt und das Schloss bietet. Wir benutzen einen der vielen Quereinstiege, die haben es natürlich in sich. Ich kenne den Anstieg den wir hochgehen recht gut, vor etwas einem Jahr bin ich ihn mit Baby-Jogger hinunter gewandert – ich weiß also was auf mich zukommt. Frank hat auf dem Rad echt Mühe mitzukommen, als ich auf den Philosophenweg einbiege ist er weit hinter mir. Ich überlege kurz, aber da es nun erst einmal bergab geht, ist es logisch einfach weiter zu laufen. Wenige Minuten später rollt er auch schon locker und lässig auf dem Rad von hinten heran.

Es geht locker bergab auf Asphalt bis kurz vor die Bismarck-Säule, ab dort geht es wieder kontinuierlich bergauf – teilweise kann ich das noch recht gut joggen, merke aber dass ich mich richtig einteilen muss, daher gehe ich die steileren Passagen. Das nächste Zwischenziel ist die Thingstätte oberhalb Heidelbergs. Der seit dem Morgen über den Bergen hängende Nebel macht sich nun richtig eindrucksvoll bemerkbar – es man sieht nicht all zu weit während man durch den nebeligen Wald läuft. An der Thingstätte selbst wartet eine erste echte Hürde für Frank, die Strecke führt über die Bühne und dann die Ränge hinauf – alles Treppen vom Feinsten. Immerhin stehen trotz des widrigen Wetters jede Menge Menschen an der Strecke und motivieren. Wieder einmal verliere ich Frank, da ich die Treppe deutlich flotter hochkomme (klar ich muss ja auch kein Rad schleppen). Wir sind nun auch endgültig auf das Schlussfeld der Läufer aufgelaufen – um uns herum wimmelt es und wir müssen immer wieder warnen, dass da ein berechtigter Radfahrer kommt.

Nach dem Anstieg ist erst einmal ein wenig Erholung angesagt – es geht fast stetig bergab – teilweise auf Wirtschaftswegen aber auch immer wieder Trails – die Strecke macht mir richtig Laune. Ob Frank das genauso sieht weiß ich zu dem Zeitpunkt nicht, aber die Strecke empfinde ich schon als Läufer als anspruchsvoll. Zur Wegekreuzung „Zollstock“ geht es wieder ganz leicht bergan, danach geht es einen absolut verschlammten und aufgewühlten Trail hinunter – man sieht noch recht deutlich dass vor kurzem noch Forstarbeiten durchgeführt wurden. Ich kann in dem Abschnitt noch einige Leute überholen. Unter anderem Lore Mair aus meiner eigenen Laufgruppe der DJK. Sie hat sich für die volle Distanz mit 1500hm gemeldet. Für mehr als ein kurzes Hallo reicht es aber auch nicht, denn ich muss mich total auf den glitschigen Weg konzentrieren – teilweise drifte ich das Ganze ähnlich wie die Abraumhalden beim Pyramides Noires in Frankreich (mit dem Unterschied dass es dort im losen Geröll besser und kontrollierter geht). Kurz danach kommen wir an einer mir vertrauten Stelle vorbei – der Parkplatz Mühltal ist ein beliebtes Ausflugsziel und aus einer der vielen Richtungen dort sind wir beim Training auch schon mehrfach gekommen. Hier steht auch die erste Versorgungsstation, ich greife ordentlich zu bei Iso und Energieriegel – die sind diesmal irgendeine Mischung Schoko-Banane-Kokos – das ist recht gut zu kauen, zum Runterspülen muss ich nur mit wenig Wasser aus dem Rucksack nachhelfen.

Nun geht es wieder stetig bergan – es geht das Mühlbachtal hinauf, das ist recht langezogen und wird zum Ende hin immer steiler. In der Steigung holt mich Frank zusammen mit einer anderen Begleitradlerin wieder ein. Erste Zwischenbilanz – wir haben schon deutlich mehr als ein Viertel der Höhenmeter geschafft, und das bereits bei Kilometer sieben. Ich kann fast das gesamte Mühltal durchweg noch joggen, auch wenn es gegen Ende immer anstrengender wird. In der Nähe der Quelle geht der breite Forstweg dann in einen Trail über und wird nochmal deutlich steiler, als es nach oben zur Kreuzung „sieben Wege“ geht. Die im Tal abgezweigte Marathonstrecke fädelt an dieser Stelle wieder ein und hat eine Zusatzschleife von ca. sieben Kilometern absolviert.

Ein freundlicher Helfer informiert mich, dass es jetzt nur noch ein Kilometer bis zum Höhepunkt ist am weißen Stein ist. Für Frank kommt nun eine Abwechslung – aufgrund von Auflagen gibt es zwei Abschnitte die nicht mit dem Rad befahren werden dürfen. Das Rad muss hier geschoben werden (ein wenig erinnert mich das an die Begleitradler in Biel, die entlang des Emmedamms nicht fahren dürfen – dort gibt es für die Radler allerdings eine Ausweichstrecke anstelle des Schiebens). Aber so richtig fahren wollte ich den Abschnitt auch nicht: ziemlich viel Geröll und doch recht steil. An einer Kreuzung mit einem Forstweg steht eine Helferin mit ihrem Nachwuchs, der bietet eine große Schüssel mit Gummibärchen an – ein super Service und angesichts des Sponsors der ja die Grundlage für diese Leckereien herstellt hätte ich diese ja fast auch an den Versorgungen erwartet. Viele meiner Ultraläufe habe ich mit Gummibärchen als Ernährung bestritten. Es geht dann nochmal kurz bergauf an den weißen Stein. In der Steigung überhole ich den Radler des ausgebüchsten Teams – auch er muss hier noch schieben. Zusammen mit dem Erreichen der Versorgungsstation am Gipfel hat auch die Radschiebestrecke ein Ende. Frank ist etwas weiter hinter mir, aber da es nun wieder flacher wird und leicht bergab, laufe ich nach dem Energietanken etwas weiter und nutze auch meinen Vorsprung um einmal in die Büsche zu gehen. Aufgrund des Nebels kann man immer noch nicht weit blicken und am Gipfel ist die Spitze des Aussichtsturms auch nicht zu sehen. Der eine Halbzeitpunkt liegt jetzt definitiv hinter uns: der für die Höhenmeter – bei den Kilometern sind wir erst bei 11km angekommen.

Frank holt mich auf den Wirtschaftswegen dann auch wieder ein, die Freude ist allerdings nur recht kurz, denn es folgt eine weitere kurze Passage in der das Rad geschoben werden muss. Frank bleibt diesmal allerdings näher bei mir. Das Feld ist relativ dicht, teilweise könnte ich auf den Trails schneller aber es fehlt der Platz, ich bin mir zu diesem Zeitpunkt nicht sicher wie weit wir bereits im Startblock vor uns vorgedrungen sind – ich vermute recht stark, dass es sich vorwiegend um Läufer des Half-Trails mit 30km Länge handelt. Die Marathonis haben wir aufgrund der Schleife wahrscheinlich überholt. Immer mal wieder kommt auch ein Läufer von hinten angeschossen – wie sich herausstellt sind das die Staffeln – klar die sind noch knackig frisch nach den Wechselstationen. Gefühlt viel zu früh taucht auch schon wieder eine Verpflegung auf, der Parkplatz Langer Kirschbaum ist dazu umfunktioniert.

Es folgt ein Stück Strecke das wie aus dem Bilderbuch auch vom Rennsteig stammen könnte – breiter geschotterter Forstweg stetig leicht bergab. Frank könnte es jetzt locker laufen lassen, muss ja aber etwas Rücksicht auf mich nehmen – ich biete ihm zwar an bis zur nächsten Abzweigung vorzuradeln aber er bleibt lieber als Begleiter da, abgesehen von einer kurzen Pause in der auch er einmal für die Düngung des Waldes sorgen muss. Auf der Strecke haben wir an einigen Stellen Abwechslung beim Wetter – es ist zwischendrin einmal nicht neblig under Oktober zeigt sich von seiner goldenen Seite. Besonders malerisch ist der Blick ins Neckartal gen Heidleberg – wohlwissend, dass wir da wieder hinmüssen. Kurz vor Schlierbach geht es nochmal ein Stück Trail. Immer wieder holt uns ein Duo ein und kann vorbei ziehen. Die sind bergab etwas besser zu Fuß als ich es gerade bin. Aber mir ist das recht gleich, denn es ist ja nur ein Trainingslauf. Das steile Stück bis nach Schlierbach hinein geht mächtig auf die Oberschenkel. Ich plane auf alle Fälle schon einmal ein, an der nächsten Verpflegung meine Salztabletten zu nutzen – nichts ärgerlicher als wieder Krämpfe auf den letzten Kilometern.

In Schlierbach heißt es erst mal wieder Lauftechnik umstellen von bergab auf leicht bergan bzw. eben. Kurz nach der Brücke hat sich Marion mit dem Rest der Familie postiert, ich nehme die erst nach einem lauten Ruf wahr – ich bin wohl doch schon etwas im Laktat-Koma angekommen, in dem Zustand ist an aktives Denken und Wahrnehmen leider nicht zu denken. Wie ich später erfahre hat mein Handy zwischenzeitlich eine Fehlfunktion, weshalb Nachrichten von mir an Marion (z.B. am weißen Stein) oder von ihr über die potentiellen Foto-Stellen nicht durchkommen Marion nimmt ein nettes Video auf. Auf der Rückseite des Bahnhofs (nach ein paar Treppen die Frank mal wieder Tragen bzw. Schieben darf) ist die nächste Versorgung – ich greife diesmal zu Cola und nochmals reichlich Energieriegeln. Zudem gibt es einen Schwung Salz, so richtig gut klappt das mit dem Schlucken noch nicht, aber ich bekomme sie mit reichlich Wasser runter bevor sie sich vollständig im Mund auflösen. Außerdem ist die Sonne jetzt am Durchbrechen, ich packe daher die Jacke noch in der Rucksack – etwas frisch im ersten Moment aber angesichts der nun folgenden Steigung doch ganz gut. Frank hatte zwischenzeitlich in der bergab-Phase das gegenteilige Problem: aufgrund des Fahrtwinds und der fehlenden Bewegung war ihm doch recht frisch, trotz Jacke und Arm- und Beinlingen. Auf der Brücke waren es 23km laut Beschilderung. Es liegen also noch etwa 7 km vor uns, und laut Frank noch ca. 250 Höhenmeter. Also alles im machbaren Bereich.

Die Steigung aus Schlierbach heraus gehe ich, das ist mir einfach zu steil zum Joggen. In einigen Metern Entfernung vor uns ist wieder das Pärchen unterwegs mit dem wir uns ständig abwechseln. Als es in den Wald geht, können wir wieder einmal bergauf überholen. Auf dem Forstweg kann ich auch wieder recht gut Joggen. Es geht nun aber wieder gefühlt ständig nach oben, auch wenn es immer wieder kurze Abschnitte gibt, die es wieder etwas bergab geht. An einem Wechsel zwischen bergab und bergauf steht ein weiteres Motivationsschild: 26km liegen hinter uns, also noch vier Kilometer zu laufen. Laut Frank noch etwas um die 100hm zu bewältigen. Das Duo liegt aktuell hinter uns, und vor uns taucht auch der Spitzenläufer des MTB&Run auf – etwas entkräftet, genauso wie sein Radfahrer. Bei Kilometer 27,5 (laut Karte) ist noch eine letzte Verschärfung der Steigung für etwa 800m eingebaut. Joggen geht da nicht mehr, ich muss zurückschalten auf Gehen. Frank kämpft sich mit dem MTB Meter für Meter voran, auch er hat es hier nicht leicht. Irgendwo auf der Strecke haben wir auch den bisher Führenden überholt, wenn uns nicht alles täuscht – wir sind uns aber nicht sicher.

Als es endlich flacher wird gibt es die letzte Geschicklichkeitsherausforderung – für die Marathonis geht es steil nach oben die Himmelsleiter hoch zum Königsstuhl. Für den Halftrail und die MTB&Run geht es ein kurzes Stück auf selbiger steil und rutschig bergab. Es ist der erste Moment an dem ich festhalten muss: Lieber würde ich das Ding gerade nach oben laufen, denn nach dem Anstieg bin ich absolut nicht trittsicher auf den ungleichen Stufen. Angesichts der deutlich erhöhten Gefahr hat ein Streckenposten am Einstieg Frank auf eine Umleitung geschickt. Die ist zwar etwas länger und eigentlich nicht offizieller Teil der Strecke, allerdings fände ich es aus Sicherheitsgründen absolut unverantwortlich den Radler die Himmelsleiter das Rad hinunter tragen zu lassen. Schon als Läufer habe ich alle Mühe nicht zu stürzen, vom Aufwand und der Gefahr für andere Teilnehmer hier noch ein Rad zu tragen mal ganz zu schweigen. Ich verbuche das unter Erkenntnisse der ersten Durchführung – man kann nicht auf Anhieb alles voraussehen und beim zweiten Mal sind sicherlich derartige Problemstellen auch sauber gelöst.

Am Fuß der Himmelsleiter wird es dann deutlich einfacher – jetzt sind die Wege erst mal asphaltiert, Frank ist noch nicht da, aber laut Schild sind wir bei 29km angelangt. Ich lasse es laufen, denn auf der Straße hat Frank sicherlich keine Mühe mich einzuholen. Kurz bevor es in den Schlossgarten geht hat er mich dann auch wieder eingeholt. Der letzte Kilometer zieht sich ganz ordentlich, es geht im Zickzack durch den Schlossgarten und am Schloss vorbei. Auf den letzten Serpentinen sind nochmal Treppen vorhanden, vor denen leider nicht gewarnt wird – Frank muss beim Versuch vor mir eine der Haarnadelkurven zu nehmen ziemlich abrupt Abbremsen und Absteigen um die Stufen sicher zu überwinden. Wir überholen noch jede Menge Läufer, ich lasse es nun nochmal richtig krachen. Wir haben uns mal als Ziel gesetzt gehabt unter 3:30h ins Ziel zu kommen, aktuell sieht es gut aus, es sogar unter 3:15h zu schaffen.

Mit viel Schwung verlasse ich die Serpentinen am Schloss und rein in die Altstadt – das Kopfsteinpflaster mahnt mich zur Vorsicht, angesichts des Regens könnte es etwas glitschig sein – aber es geht alles gut und schließlich sind wir auf der Zielgeraden, der Hauptstraße Heidelbergs auf dem Weg zum Karlsplatz. Ich gebe nochmal richtig Gas und auch Frank holt nochmal alles raus. Kurz vor dem Ziel gilt es noch einen Randstein zu meistern, der ist doch recht hoch. Hier würde ich mir für weitere Durchführungen als Veranstalter etwas einfallen lassen, z.B. anböschen mit Sand oder eine Holzrampe. Es geht noch einmal um den Brunnen und dann sind wir auch schon im Ziel. Geschafft! Im Ziel werden wir schon von einer Journalistin erwartet, die unsere Eindrücke der ersten Durchführung abfragt. Zudem ist Fanks Frau Michaela im Zielbereich und versorgt uns während der Befragung mit Getränken und etwas zum Essen. Von ihr erfahre ich dann auch, dass Marion unterwegs ist und in Kürze mit dem Nachwuchs eintreffen will. Das ist für mich wichtig, denn im Wind wird es langsam aber sicher sehr frisch und Marion bringt mir meine Wechseljacke mit. Frank hat es tatsächlich auch noch fertig gebracht sich auf den letzten Metern einen Platten einzufahren, es muss wohl auf der Zielgeraden oder bei der Umrundung des Brunnens passiert sein, denn vorher war noch alles in Ordnung – absoluter Glücksfall für uns. Wir hätten zwar flicken können, aber knapp vor dem Ziel hätte uns das sehr viel Zeit gekostet und Aufholen wäre wohl auch nicht mehr drin gewesen.

Mit etwas Nachdruck schaffen wir es zu klären, dass es noch eine Siegerehrung geben wird – aber erst rund eine Stunde nachdem wir im Ziel sind – welche Platzierung wissen wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, aber zumindest ein Podestplatz ist uns sicher. Das haben wir nun wirklich nicht alle Tage und wollen uns das auch nicht nehmen lassen. Wir nutzen die Zeit uns ein wenig zu trocknen und etwas aufzuwärmen. Marion bleibt mit dem Nachwuchs im Restaurant während Michaela, Frank und ich nochmal zum Zielbereich aufbrechen – im Gegensatz zu uns gab es für die Zuschauer keine Versorgungsstationen.

Bei der Ehrung können wir es dann kaum fassen: Wir haben es tatsächlich auf Platz eins geschafft – das hatte ich bisher noch nicht, und Frank auch nicht. Noch nicht mal in der Altersklasse und nun im Gesamtfeld. Wahnsinn! In 3:12:12 haben wir die 1000hm und 30km zurückgelegt. Wobei wir uns natürlich auch darüber im Klaren sind, dass es bei einem größeren Teilnehmerfeld mit hoher Wahrscheinlichkeit anders ausgesehen hätte. Hier mache ich mir keinerlei Illusion. Es gibt einen netten Sandstein für die erstplatzierten, zudem jeweils eine Flasche Wein. Wobei man auch hier merkt, dass die Veranstalter nicht ganz auf dem Team-Charakter eingestellt sind: Anfänglich gibt es nur eine Flasche Wein fürs Team – das wird aber kurzerhand korrigiert, auch weil die drittplatzierten schon nicht mehr zur Verleihung da sind. schade eigentlich.

Ob ich den Lauf in dieser Form im kommenden Jahr nochmal machen werde, steht noch in den Sternen, auf alle Fälle mal ein außergewöhnliches Training mit einem außergewöhnlichen Erfolgserlebnis. Ich kann mir aber auch vorstellen, das nächste Mal auf die volle Distanz mit allen Schikanen zu gehen – auch wenn meine Erfolgsaussichten dann natürlich deutlich geringer sind, aber die Strecke ist auf alle Fälle sehr abwechslungsreich und anspruchsvoll.

 

 

 

Churfranken Trail Run von Miltenberg nach Sulzbach

Nachdem unserer „großer Navigator“ Peter von der Laufgruppe PULT (Peters Ultra Lauf Treff) verletzungsbedingt eine Weile nicht trainieren konnte, standen die Chancen schlecht den geplanten Churfrankentrail mit seinen 74km und 1800 Höhenmetern anzugehen. Bis wenige Wochen vor dem Start hat sich Peter wieder an seine Form herangekämpft, aber den Lauf wollte er dann vorsichtiger Weise nicht antreten. So bin ich kurzerhand zu einem weiteren Ultralauf gekommen. Wobei gleich vorweg zu schicken ist: ich bin gut trainiert, aber ich habe auch drei Tage nach dem Lauf noch Muskelkater….

Bereits die Anreise ist ungewöhnlich, Miltenberg liegt nur rund 120km von Mannheim entfernt. Der Einfachheit halber und der Umwelt zu Liebe bildet PULT eine Fahrgemeinschaft – mit dabei sind Gudrun, Jürgen, Peter und meiner einer. Abfahrt ist um kurz nach 4 in Mannheim. Um kurz nach drei quäle ich mich aus dem warmen Bett und mache mich soweit fertig, das Wetter verheist nichts Gutes: Es gießt wie aus Eimern. Ich verwerfe den Gedanken die 1,5km bis zum Treffpunkt mit dem Rad zurück zu legen. Auch ist mein restlicher Körper noch nicht so ganz wach – ich überlege recht lange ob ich etwas frühstücken will, aber ich entscheide mich dagegen – überhaupt kein Appetit, kein Hunger. Naja, ich habe am Vortag ja geschaufelt wie ein Scheunendrescher – reichlich Nudeln, das muss einfach reichen.

Da ich nicht fahren muss, nutze ich die Zeit noch für ein wenig Entspannung, aber so richtig fest kann ich im Auto nicht schlafen – die restlichen Läufer im Auto fachsimpeln über den Trail und legen sich Strategien zurecht. Den Startpunkt in Miltenberg am Berliner Platz übersehen wir in der Dunkelheit beinahe – wir sind unter den ersten und noch sind die Helfer damit beschäftigt, den Startbereich einzurichten. Ich mache einen ersten Gang aufs stille Örtchen – danach habe ich sogar etwas Hunger und gönne mir in der Kantine erstmal einen Kaffee. Inzwischen ist auch die Startnummernausgabe eingerichtet und wir holen die Unterlagen ab – die Ummeldung geht ganz unproblematisch – auch wenn man mir nicht versprechen kann, dass die Aktualisierung rechtzeitig bis zum Zieleinlauf im System ist. Aber halb so wild – auch auf der Startnummer steht ja Peter als Vorname.

IMGP0189Noch Umziehen am Auto während es langsam dämmert – um uns herum tauchen immer mehr Läufer auf, der Platz füllt sich langsam. Kurz vor dem Start werden alle Läufer in die Startbox gebeten – nochmal überprüft ob alle Startnummern auch anwesend sind und schon steht dem Start um 7:15h in der Frühe nichts im Wege. Die 5er-Staffeln haben noch etwas mehr Zeit, sie starten mit 15 Minuten Verzögerung, aber erfahrungsgemäß sind die ja auch deutlich schneller.

IMGP0192Es geht über die Mainbrücke in Miltenberg und gleich darauf ist volles Programm angesagt was die Höhenmeter betrifft: es geht hinauf zur Monbrunner Höher. Erst noch durch die Innenstadt von Miltenberg, dort auf den Burgweg mit einem kleinen Panorama über den Main und schon bald lerne ich, was der Unterschied zwischen einem Trailrun und einem gewöhnlichen Lauf ist. Es geht runter von den breiten Waldwegen und einen schmalen Wanderweg ziemlich zügig nach oben – laut Ausschreibung um die 100hm. Ich lasse mich nicht hetzen und gehe den steilen Anstieg hoch, auf dem nächsten breiten Waldweg gehe ich wieder ins Joggen über. Meine Muskulatur in den Waden ist noch nicht ganz warm – es zwickt ganz vernehmlich im Achilles-Ansatz und auf der Knie-Rückseite – ich drossle daher das Tempo und hoffe das es besser wird. Es geht in mehreren Serpentinen nach oben. Kurz vor Kilometer fünf muss ich nochmal in die Hecke – der Kaffee will schon wieder in die Natur – danach laufe ich gefühlt deutlich weniger verkrampft. An der ersten Versorgung hole ich das Frühstück ein wenig nach – ein paar Riegelstücke, Banane und dann geht es erst mal wieder abwärts an den Main. Auch hier ist ein nettes Trailstück mit eingebaut auf dem man höllisch aufpassen muss, dass man nicht auf seinen vier Buchstaben landet. Danach geht es über Schotter und Asphaltwege auf die erste Wechselstation in Großheubach zu. Wir überqueren die Müd, die bei Miltenberg in den Main mündet – die historische Brücke ist recht nett anzuschauen. Weniger nett finde ich, dass mein Inneres gerade rebelliert – in mir geht und brodelt es – ausgerechnet jetzt wo überall Bebauung ist. Ich quäle mich bis zur Wechselstation – ich fühle mich nicht sonderlich und bin kurz davor auszusteigen – auch wenn mir das vom Kopf her nicht passen will. An der Versorgung mache ich daher einen Abstecher auf die Toilette. Der Zeitverlust fürs Anstehen ist mir da erst einmal egal. Gudrun und Jürgen habe ich seit dem Start nicht mehr gesehen – ich vermute sie knapp hinter mir.

IMGP0207Nach den 5 Minuten Entspannung im „Tempel der Erleichterung“ geht es mir deutlich besser – die Energie ist wieder da und auch der Mut weiter zu machen. Ich schnappe mir noch etwas Wegzehrung und laufe weiter – wieder über den Main. Auf der anderen Seite erwartet mich bereits Peter mit dem Foto kurzer Check und weiter gehts. Immerhin weiß ich jetzt das Jürgen und Gudrun noch immer hinter mir sein müssen. Ein gutes Gefühl von der Zeit her. Die Strecke zieht sich nun durch die Weinberge – ich laufe auf eine Staffelläuferin in der 2er-Wertung und ihren Partner auf dem Rad auf – gemeinsam lösen wir nebenher noch ein mathematisches Rätsel: Wie schnell müsste ihr Verfolger laufen, wenn er als Staffelläufer in einer 5er Staffel mit 15 Minuten Abstand startet und sie an der ersten Versorgung bei ca. 11km eingeholt haben will (was nicht geklappt hat – bei einer notwendigen Geschwindigkeit von etwas unter 5 Minuten bei dem Streckenprofil wäre es selbst als Staffel verwunderlich). Am Waldrand ist für den Radler Schluss, es gibt nochmal eine Versorgungstation und dann folgt schon bald die nächste Trail-Passage: Es geht hinauf zum Eselsweg – ein schmaler Pfad schlängelt sich fast direkt auf dem Bergrücken nach oben – an einer Stelle sind sogar Kletterkünste gefragt. Die Muskulatur ist mittlerweile gut warm, auch wenn einige Partien bereits Erholungsbedarf anmelden. Am Ende es Trails geht es auf den Eselsweg – man fragt sich unwillkürlich ob man zu dieser Sorte Tiere gehört – denn irgendwie ist das schon ein wenig schräg sich diesen Trail anzutun. Andererseits sind Esel ja auch bekannt dafür dass sie ziemlich starrköpfig bis stur sein können – genau die Eigenschaft die man hier auch braucht um durchzuhalten.

Ich erreiche die nächste Verpflegungsstation auf der Solhöhe – hier kommt man später nochmals vorbei – man läuft nun eine Schleife von rund 20km und gefühlt nochmal so vielen Höhenmetern – einmal runter an den Main und wieder hoch. Der Abstieg ist ähnlich heftig wie der Anstieg auf den Eselsweg – mittendrin gibt es auch noch ein Blitzlichtgewitter – gut getarnt lauert die „Foto-Falle“ für schnelle Läufer. Es geht stetig bergab und ich überwinde einige ziemlich schwierige Passagen: ein Quergraben, rutschige steile Abstiege und jede Menge Gehölz und Geröll auf dem Weg verlangen volle Konzentration. Ich bin froh als es bald wieder auf einen breiten Forstweg geht. Ich hänge mich an zwei Läufer an, die ungefähr mein Tempo laufen. Sie haben gegenüber mir einen Vorteil: Sie laufen die Strecke nicht zum ersten Mal. Ich mache mir ihre Erfahrung zu Nutze – auch sie gehen die folgenden steileren Ansteige konsequent – um Kraft zu sparen. Die braucht man angeblich noch für die Königs-Etappe nach Collenberg. Nach dem Anstieg wird wieder gejoggt – es geht wieder einen herrlichen Trail bzw. Reiterweg entlang. Aus dem Wald raus und schon sieht man in etwas Entfernung die Burgruine Freudenberg – einer der schönen Anblicke auf der Strecke die schlagartig alle Quälerei bisher vergessen lässt. Auf der nördlichen Mainseite in Kirschfurt ist auch wieder eine Versorgung eingerichtet. Wie ich feststellen muss, gibt es dieses Jahr wohl gar kein Iso-Getränk – was mich dann doch ziemlich fuchst, gehört das doch selbst bei kleineren und kürzen Läufen eigentlich zum Standard-Angebot. Einige hundert Meter weiter wartet Peter mit dem Foto – er fragt nach was ich brauche – ich beauftrage ihn, wenn möglich irgendwie ein isotonisches Getränk zu organisieren, denn nur mit Salz und Cola bekomme ich wahrscheinlich meinen Elektrolyt-Haushalt nicht in den Griff.

Es folgt eine Erhohlungsphase – es geht gemütlich am Main entlang – einige Läufer meckern darüber ich finde die Abwechslung ok. Nach einigen Kilometern ist dann auch die zweite Etappe überstanden. An der Wechselstation ist richtig viel los – die Staffelläufer liegen aktuell ungefähr gleich auf mit mir – einige haben mich bereits überholt – ich lasse sie aber bewusst ziehen – denn im Gegensatz zu ihnen habe ich noch nicht einmal die Hälfte der Strecke hinter mir. An der Wechselstelle sind es ziemlich genau 28km – immerhin mehr als ein Drittel motiviere ich mich. Weniger motivierend finde ich die Aussage, dass an der Versorgung schon das Cola zur Neige geht – die Organisation der Versorgung ist wohl ziemlich chaotisch. Ich schaufle nochmal Gurke und Tomate mit reichlich Salz und soviel Cola wie ich kriegen kann in mich hinein. Auf geht es zur Königsetappe.

IMG_20140921_102424Wie in der Streckenbeschreibung angekündigt, gibt es nicht lange zu verschnaufen nach der Versorgung – im Ort kann man anfänglich noch Joggen, dann geht es steil bergan in den Wald – ich steige sehr früh um auf Gehen, wie sich zeigt die richtige Wahl – denn die nächsten fast fünf Kilometer gilt: „The only way is up“ – immer höher schraubt sich der Weg. Regelmäßig überholen mich Läufer – aber wie ich jedes Mal an der Startnummer ersehen kann sind es Staffelläufer, die hier noch frisch und ausgeruht ans Werk gehen und wissen, dass nach knapp 19km ihre Etappe zu Ende ist. War es bisher größtenteils trocken oder allenfalls mal einige wenige Regentropfen vom Himmel, so wird es nun deutlich herbstlicher: Es sind Wolken aufgezogen und sie hängen so tief über dem Main, dass man von unten die Bergkuppe nicht mehr sehen kann. Im Nebel selbst sieht man auch nicht mehr all zu weit – teilweise ein komisches Gefühl, wenn man vor und hinter sich keinen Läufer mehr sieht. Auf ungefähr der Hälfte des Anstiegs steht ein Motivationsschild: 30km liegen hinter mir. Der Weg steigt zwar immer noch an, aber es gibt zwischendrin auch mal wieder flachere Stellen zum Joggen. Was anfänglich nur feuchter Nebel war, artet nun aber zu einem handfesten Regenguß aus – ich verfluche es, meine Jacke nicht mitgenommen zu haben. Aber jetzt gibts nur eines: Weitermachen und nicht stehen bleiben.

IMG_20140921_111637Am Ende der Steigung steht wieder eine Versorgung bereit, liebevoll mit einem Schild „Restaurant zum Wadenpicker“ angekündigt. Die Helfer sind reichlich durchgefeuchtet und sichtlich nicht auf Regen eingestellt – das Buffet schwimmt schon fast vom Tisch. Wir witzeln, dass die Müsliriegel dann wenigstens nicht so trocken sind und das Salz nicht mehr so viel Wasser zum Runterspülen braucht. Danach schwenkt die Route wieder auf den Eselsweg in Richtung Solhöhe ein – es geht ganz leicht bergab – mir ist fast schon kalt, weil das nasse T-Shirt trotz Funktionsstoff nicht so recht wärmt. Ein Läufer vor mir verpasst beinahe die Abzweigung auf den nächsten Trail-Abschnitt – immerhin schirmen die Bäume jetzt den Regen etwas ab, aber der Boden ist schon total durchgeweicht, an einer Stelle hole ich mir dann auch noch das obligatorische Fußbad bei solchen Aktionen ab. Der Weg führt mit einigem Auf und Ab wieder an die Solhöhe – an der Versorgung lange ich wieder zu – der Fotograf steht auch diesmal wieder bereit. Der Regen ist mittlerweile einfach nur noch lästig – die Helfer sind dennoch guter Laune.

IMG_20140921_111648Nun ist es aber endgültig gut mit dem Eselsweg – es geht runter von selbigem und bergab auf Röllbach zu. Der Regen hat etwas nachgelassen und es wird gefühlt sogar halbwegs warm – das T-Shirt trocknet langsam wieder und ich fühle mich nicht mehr ganz so ausgekühlt. Vor Röllbach geht es nach links und gleich wieder durch einen kleinen Durchschlupf nach rechts ins Industriegebiet – und ich hatte schon vermutet, man müsse jetzt den ganzen Hügel noch nach oben… Nach der Querung der Hauptstraße steht Peter bereit. Er hat tatsächlich ein Iso-Getränk auftreiben können – die Hälfte trinke ich sofort, der Rest wandert in meine Gürtelflasche – das Gemisch aus Wasser, Cola und Iso zu ungleichen Teilen ist geschmacklich nicht der Hit, enthält aber alles was man als Läufer so braucht. Am nächsten Anstieg überholt mich eine Läuferin einer Duo-Staffel – oben überhole ich wieder, kurz nach dem 40km Schild. Mehr als die Hälfte ist geschafft.  Die Staffeläuferin sehe ich bis ans Ende des Laufs immer mal wieder – einmal bin ich einige Meter voraus, ein andermal einige Meter hinter ihr. Wenn wir mal wieder auf gleicher Höhe sind, motivieren wir uns gegenseitig und helfen uns bei der Orientierung und ggf. schwierigen Abschnitten.

Anspruchsvoll ist die Strecke besonders wieder nach der Versorgung: Es geht einen Hohlweg entlang der mehr einem Bachbett als allem anderen gleicht. Gefühlt mache ich drei Schritte um zwei voran zu kommen. Der Matsch hängt an den Schuhen und verhindert dass man auch nur ein wenig Grip bekommt. Ich bin sichtlich erleichtert als es wieder auf einen Forstweg geht. Von da ab ist erstmal etwas Entspannung angesagt – nur wenige Höhenmeter und fester Untergrund. So mache ich recht flott Boden gut, das Wetter hat aufgeklart und so kann ich das Panorama durch die Weinberge bis zur Clingenburg absolut genießen. Bis dorthin geht es fast nur noch leicht bergab. Ein wenig kann man den Abschnitt mit dem Philosophenweg in Heidelberg vergleichen. An der Versorgung mache ich etwas länger Rast – der Laufkollege von vor Collenberg trifft ein als ich mich gerade wieder auf den Weg mache. Auf Nachfrage gibt es sogar warme Bouillon – auch das ist für mich ein Novum – zumindest ein Schild, dass es das gibt wäre nicht verkehrt.

IMG_20140921_124400Mehr als die Hälfte der Strecke liegt nun hinter mir – kurz vor der Clingenburg habe ich das Schild für die 45km-Marke gesehen. Dem kräftigen Abstieg (der total überlaufen und mit Autos zugeparkt ist) nach der Burg folgt der notwendige Anstieg auf den Fuß. Ich schalte wieder einen Gang runter und gehe die Steigung, diese geht dann auch noch in eine Treppe über – bald habe ich aber den Weg oberhalb des Maintals wieder erreicht und kann wieder weiter joggen. Die Strecke zweigt nach einem guten Kilometer nach rechts ab – über den nächsten Berg – auf dessen Kuppe steht aber ein weiteres Motivationsschild: 50km sind geschafft. Da kann auch die folgende Strecke durchs Feld und eine Senke die Stimmung nicht trüben.

Im nächsten Weiler steht wieder die Feuerwehr und sichert die Querung der Läufer über die Straße ab. Hut ab vor dem Standvermögen der Helfer – denn die Läufer kommen nicht wie am Fließband sondern immer wieder vereinzelt. Mit der nun scheinenden Sonne ist es am Waldrand richtig angenehm, selbst wenn ein ganz leichter Wind geht. Meine Beine sind bis auf die Oberschenkel noch recht fit, bergab macht mir aber schon fast keinen Spaß mehr, auch wenn man denkt dass es ja eigentlich leichter gehen sollte. In der Entfernung kann ich einen Läufer sehen, dem Trikot nach ist es wahrscheinlich der Läufer von LC Michelstadt, der mir am Anfang davon gesprintet ist. Mit einer Spitzkehre geht es wieder in den Wald hinein und direkt auf die nächste Versorgung zu – aufgebaut direkt vor dem nächsten Trail. Ich greife nochmal ordentlich zu bei Salz, Cola, Wasser und einigen Stücken Obst.

Am Ende des Trails stoße ich tatsächlich auf den Läufer aus Michelstadt – ihm geht es gar nicht gut, Helfer vom bayrischen roten Kreuz kümmern sich um ihn – er hat Krämpfe, will aber auch noch nicht aufgeben. Ich nehme mir vor, auch weiterhin genügend Salz als Elektrolyt zu mir zu nehmen – auf die letzten Kilometer Krämpfe, das ist das letzte was man gebrauchen kann. Der Weg wird nun recht monoton – immer den Forstwegen nach, fast schon schnurgerade aus. Ein wenig fühle ich mich an meine erste Trainingseinheit in Nürnberg und die „Schlachtergerade“ erinnert – ich fühle mich genauso schlapp wie damals – mit dem Unterschied, dass ich mittlerweile schon fast das vierfache an Kilometern in den Beinen habe. Von der Kuppe bis zur nächsten Versorgung kurz vor dem Waldrand geht es nur bergab, aber ich kann es nicht laufen lassen wie ich möchte – zu sehr schmerzen die Oberschenkel – es fehlt jede Elastizität zum Einfedern – also kleine Schritte machen, damit es nicht so sehr weh tut.

Wie geplant nehme ich wieder reichlich Salz, Wasser und Cola zu mir – als ich losmache holt mich der Läufer aus Michelstadt wieder ein – er nimmt diesmal auch reichlich Salz – ob es so spät noch etwas bringt, weiß ich nicht. Die Strecke führt aus dem Wald durch die Felder, vorbei an Streuobstwiesen – ich bin ja fast schon versucht einen der Äpfel einmal zu probieren. Am Waldrand holt mich eine Staffelläuferin aus Rodgau ein – an einer Abzweigung sind wir kurze Zeit ratlos, bis wir die Markierung dann doch noch erspähen. Als Staffelläuferin, erzählt sie mir, hat man um so mehr Respekt vor den Ultras, denn so wie sie sich gerade fühlt, möchte sie erst gar nicht wissen wie es sich anfühlt nochmal 30km mehr in den Beinen zu haben. Das baut irgendwie total auf, im Gegenzug motiviere ich sie auch etwas, denn jeder der hier auch nur einen Teil der Strecke in Angriff nimmt zeigt dass er sich einer großen Herausforderung stellt – auf dem Sofa liegen und Passiv-Sport kann jeder. Einen Marathon können einige, Ultra-Marathons sind für viele unvorstellbar und das Ganze noch dazu mit einem anspruchsvollen Profil, da muss man schon aus besonderem Holz geschnitzt sein.

Landschaftlich ist die Strecke jetzt sehr abwechslungsreich – nach dem Wald folgt wieder ein Stück über freies Feld. Mitten im gefühlten Nirgendwo steht dann auch wieder eine Kilometerangabe: 60km liegen hinter mir – innerlich rechne ich ja der Einfachheit und der Motivation halber mit 75km Gesamtstrecke – es bleiben also noch etwas um die 15km zu bewältigen. Ich motiviere mich damit, dass dies ja „nur noch“ eine kurze Trainingseinheit ist, die nun folgt. Diese führt nun wieder etwas bergan, diese Stück gehe ich wieder bis es am Waldrand wieder flacher wird – ich ertappe mich dabei, wie ich dem Veranstalter immer das schlimmste unterstelle – im Zweifel den steileren Weg nehmen.

Es naht Kleinnwallstadt und somit die letzte Wechselstation, nochmal die Chance Energie, Flüssigkeit und Elektrolyte zu tanken – ich lasse mir dafür auch entsprechend Zeit, bevor es weiter geht. Einige hundert Meter nach der Versorgung wartet Peter an einer Abzweigung – aber nicht nur Peter steht dort, als ich näher komme sehe ich, dass Gudrun etwas zerknirscht neben ihm steht. Sie erzählt, dass sie bei Röllbach eine Abzweigung verpasst hat und als sie es gemerkt hat, war sie schon zu weit gelaufen um noch vor dem Besenwagen wieder auf der Strecke zu sein. Sehr ärgerlich, mich würde das total aufregen, Gudrun nimmt es scheints recht gelassen. Ich verabschiede mich auf das letzte Stück der Strecke – in rund 90 Minuten will ich im Ziel sein.

Vor dem Ziel sind aber nochmal Höhenmeter zu bewältigen – teilweise mit Stufen geht es direkt senkrecht zu den Höhenlinien auf den Plattenberg hoch – natürlich auch wieder mit reichlich Hohlwegen und schwierigem Untergrund. Auf der Kuppe ist dann erst mal Entspannung angesagt – zudem hängt dort das 65km Schild – also nur noch 10km, das ist doch nun wirklich nicht mehr viel – in mir steigen Bilder aus Ulm, Biel und vom Rennsteig hoch. Ein Staffelläufer sprintet mir davon, aber das ist für mich absolut nebensächlich – ich muss mich darauf konzentrieren jetzt nicht zu früh schon einen Endspurt einzuläuten – denn ich ahne, dass da möglicherweise noch ein paar kleine Schmackrl in der Pipeline sind. So gehe ich zügig den Kreuzweg zur Kapelle. Ich bin dafür, dass die Schaubilder für den Lauf abgewandelt werden – so in etwa: Der Läufer fällt mehr über die Ziellinie als das er läuft, aber einige Schaubilder später sieht man ihn schon wieder trainieren und sich für den nächsten, noch härteren Ultra anmelden …

Nach der Kapelle folgt ein Abschnitt, der den Fango-Classics im Odenwald Konkurrenz macht – die Brühe steht quer über den Weg und ich frage mich, was härter ist: Der Strong-Man-Run oder der Churfrankenlauf – sicherlich hat der Strongman noch einige Hindernisse mehr zu bieten, aber dafür ist er ja auch nicht so lange. Meine Schuhe sind total verdreckt und beim durchqueren der Pfützen fülle ich dann auch beide Schuhe mit Wasser und Erde. Erstaunlicherweise macht mir das nichts mehr aus – es ist einfach so und das wird schon wieder irgendwie trocknen. Ich nehme an, die Füße sind einfach so warm, dass die Flüssigkeit gleich wieder verdampft …

Am Waldrand steht wieder eine Versorgung – es geht wieder durch die Felder und nach Dornau durch einen Hohlweg stetig bergab, dieser wird recht bald wieder breiter, man läuft durch einen duftenden Holzlagerplatz – und nur wenig später taucht auch schon das 70km Schild auf. Ich freue mich schon, dass es jetzt ja wirklich nicht mehr weit ist. Aber die Freude wird jäh unterbrochen – es geht nicht wie erwartet jetzt gemütlich und endspurt-tauglich zum Ziel, sondern es gibt nochmal einen recht steilen Trail. Im Höhenprofil ist das bei weitem nicht mehr so schlimm wie die ersten drei Anstiege, aber die Streckenlänge fordert auch ihren Tribut. Zudem ist der Untergrund absolut glitschig – mit jedem Schritt muss man aufpassen nicht auf er Nase zu liegen. An Joggen ist hier ohnehin nicht mehr zu denken.

Ich motiviere mich, dass es nun ja nicht mehr so viele Kilometer sind und versuche auf den folgenden Waldwegen wieder etwas zu Joggen – so lange diese nicht zu sehr ansteigen geht das auch recht gut, aber selbst moderate Steigungen muss ich jetzt gehen. Dafür hole ich noch einen Staffelläufer ein – der ist total überrascht, dass ich als Ultra ihn hier noch überholen kann – er motiviert mich außerdem, dass es jetzt wohl nur noch etwas mehr als 1 bis 1,5km seien – zumindest lauf seinem GPS. Ein letztes Mal zweigt die Strecke in einen Trail ab – es kommen mir schon jede Menge Staffelläufer entgegen, die mit ihren Partnern durchs Ziel laufen wollen. Weit kann es also nicht mehr sein. Am Wegesrand hängt ein Schild „noch 500m“ – dem will ich gerne glauben und gebe noch ein wenig Gas.

Raus aus dem Wald und von wegen 500m – gefühlt sind es die längsten 500m die ich je gelaufen bin. Es geht auf der Straße bergab und rein aufs Schulgelände – vor mir noch eine Staffelgruppe die es erfolgreich verhindert, dass ich ein schönes Zielfoto bekomme – aber das ist mir sowas von Jacke wie Hose – Hauptsache ankommen. Ziemlich zeitgleich mit meiner Zieldurchquerung setzt auch ein ordentlicher Platzregen ein – es gießt mal wieder wie aus Eimern. Ich flüchte mich unter den Schirm der Brauerei und lasse mir mehrere alkoholfreie Weizen durch die Kehle rinnen – endlich ISO-Getränk.

Die Zielzeit ist mit 8:23h dann doch ganz ansehnlich. Leider hat es doch nicht so ganz geklappt mit der Ummeldung und so ist für das System doch Peter Müller als dritter in der Altersklasse M55 anstelle von Kai Schlachter in der M30 durchs Ziel gelaufen. Ich habe den Veranstalter jetzt nochmals kontaktiert und um Korrektur gebeten – ich denke das bekommen die schon noch hin. Für die Siegerehrung hat es leider nicht mehr gereicht – obwohl ich mich da hätte wirklich freuen können: Altersklassen-Sieger, wenn auch ohne Konkurrenz, denn in der M30 ist außer mir kein Läufer gestartet.

Im Ziel machen schon Gerüchte die Runde, dass der Lauf im kommenden Jahr abgewandelt werden soll. Die Strecke soll etwas gekürzt werden um mehr Läufer zur Teilnahme zu motivieren. Ich finde das eigentlich etwas schade und auch etwas gewagt: Wenn es schon bei so wenigen Läufern mit der Versorgung so knapp und eigentlich unzureichend (Stichwort ISO) war, wie will man es dann bei mehr Läufern besser machen?

Fazit: Ein landschaftlich sehr abwechslungsreicher aber auch sehr anspruchsvoller Lauf. Sicherlich nichts für Neueinsteiger im Langstreckenlauf (hier empfehle ich erst einmal Strecken mit weniger Trail-Anteilen, die dürfen dann gerne auch länger sein, z.B. Biel, Ulm oder auch der AULA als Benefiz-Lauf in Amberg) – aber wer mal wieder nach der nächsten Steigerung sucht und sich bei Distanzen jenseits der 100km noch nicht recht wohl fühlt ist hier richtig aufgehoben. Die Beschilderung ist ausreichend, an einigen wenigen kritischen Stellen (wie bei Röllbach) wäre es gut, wenn die Hinweise noch prägnanter wären. Entgegen der Erfahrungen aus den letzten Jahren und den Berichten, muss ich sagen: Die Versorgung hat noch deutlich Potential nach oben. ISO-Getränk zum Anrühren ist vergleichsweise günstig, da wurde am falschen Ende gespart. Es bleibt abzuwarten in welcher Form der Lauf im kommenden Jahr stattfindet, ich fände es nicht verkehrt weitere Einstiegspunkte zu schaffen um mehr Läufer zu begeistern, mit dem Einstieg an den 4 möglichen Wechselstationen kann auch für weniger ambitionierte Trailläufer ein tolles Event geschaffen werden.

Für mich muss ich sagen: Das Training für den Lauf habe ich etwas „nebenher“ gemacht und mich nicht wirklich „intensiv“ und konzentriert auf den Lauf vorbereitet. Das hat sich teilweise etwas gerächt, aber mit meiner vorhandenen Kondition habe ich das dann doch ganz gut bewältigt bekommen. Es ist lange her, dass ich auch drei Tage nach dem Lauf noch Muskelkater habe und meine Trainingsrunde nach drei Kilometern abbrechen muss.