Nachdem die Anreise schon fast zwei Tage verschlungen hat, bin ich am Freitag vergleichsweise früh auf. Ich mache mich zum Frühstück, das Buffet ist umfangreich und ich schlage entsprechend zu. Zudem tummeln sich auch einige Leute der Organisation bereits im Frühstückssaal.
Einen konkreten Plan habe ich für den Tag eigentlich noch nicht, das ändert sich, als man mich kurz nach acht anruft und daran erinnert, dass ja noch Tourismus-Programm gebucht war: Besichtigung der Tempel. Etwas überhastet greife ich mir die Kamera und mein Handy, hechte in die Lobby. Von dort geht es dann auch fast direkt los.
Verkehrsmittel des Tages: Tuk-Tuk, also eine Art Motorrad-Rickscha. Ungewohnt, aber hier wirklich das häufigst genutzte Verkehrsmittel, für die Gruppe sind zwei der Gefährte notwendig. Unser Guide steigt bei mir und einer Teilnehmerin aus Malaysia zu und so bekommen wir einige erste Infos. Unter anderem über die Lage des Landes und einige geschichtliche Hintergründe. Interessant ist die Kinderklinik, die durch einen Schweizer gegründet wurde und maßgelblich zur Senkung der Kindersterblichkeit in der Region beigetragen hat.
Unser erster Halt ist die Anmeldung für die Tempelbesichtigung, jeder Besucher benötigt einen Ausweis, das geht aber recht fix per Foto (so wird hier übrigens der illegale Handel mit den Zutritten eingedämmt).
Wir starten direkt mit dem imposantesten und bekanntesten Tempel der Region: Angkor Wat. Unser Guide macht das aber sehr geschickt: Wir betreten die Tempelanlage über die Ost-Seite, sozusagen den Hintereingang. Alle anderen Tempel der Region sind nach Osten ausgerichtet, Angkor War als einziger (vermutlich da es ein Königstempel war) hat das Hauptportal auf der Westseite.
Die Anlage ist gestaffelt aufgebaut, umgeben von einem Wassergraben geht es mit jeder Ebene etwas weiter nach oben, dem Himmel entgegen. Bekannt ist der Tempel aber auch für die zahlreichen Reliefs an den Wänden. Wenn man da keinen Fremdenführer dabei hat, würde man glatt die Hälfte der Details übersehen – in der Regel sind die Reliefs dreistufig, oben Himmel mit den Göttern, dann eine Schicht auf der Erde und darunter die Hölle mit diversen Schauerlichkeiten.
Der letzte Anstieg ist der steilste, insgesamt darf man hier nicht auf TÜV-geprüfte Treppen oder Absicherungen hoffen. Angeblich ist er der steilste, weil der Weg in den Himmel ja nicht zu leicht sein soll. Zum Schutz der Steine sind die meisten Wege als Holzwege und Holztreppen ausgeführt. Interessant zu sehen ist, dass der Tempel verschiedene Religionen erlebt hat, ursprünglich für hinduistische Zwecke zu Ehren Vishnu erbaut wurde er später verändert und diente buddhistischen Mönchen, daher wurden natürlich Buddhas aufgestellt und hinduistische Elemente entfernt.
Insgesamt ist die Anlage einfach nur gigantisch groß, das wird auch beim Erreichen des Haupteingangs klar, der Zuweg ist eine gigantische Prachtstraße, wichtig dabei ist, dass alles streng symmetrisch ist. Daher gibt es auf dem Weg rechts und links Bücherreigebäude.
Ein interessanter Aspekt wartet noch beim Überqueren des Grabens: Bis vor kurzem wurde die Hauptbrücke restauriert und man hat eine Pontonbrücke eingesetzt, da sich das bewährt hat, um die Besucher besser zu verteilen, hat man sie bis jetzt einfach einmal beibehalten. Unsere Tuktuks samt Fahrer erwarten uns bereits am Parkplatz. Noch eine praktische Sache bei der geführten Tour: man muss nicht immer rein und rauslaufen sondern nur einmal durch.
Als nächstes geht es nach Angkor Thom. Es handelt sich dabei nicht um einen Tempel, sondern eher um eine Art Festung bzw. Garnisonsstadt aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Das Gelände ist durch eine Mauer von ziemlich genau 3x3km begrenzt, hinein und hinaus führen insgesamt 5 Tore, 4 davon ordentlich symmetrisch und eines für Siegesprozessionen direkt auf den Königspalast zu. Dieser liegt nicht im Zentrum, stattdessen liegt dort der Bayon Tempel. Auch in diesem gibt es wieder zahlreiche Wandverzierungen in Form von Reliefs. Es ist wieder sehr wertvoll, einen Guide dabei zu haben, ansonsten würde man die ganzen Details und Anspielungen gar nicht verstehen oder schlichtweg übersehen.
Nicht zu übersehen sind hingegen die Markierungen für den Ultratrail, die bereits aufgehängt sind. Am Start und Ziel, der Elephant Terrasse, sind die letzten Aufbauarbeiten im Gange.
Unser nächster Halt ist Ta Nei, auch besser bekannt als „the hidden temple“. An der Einfahrt würde man mit hoher Wahrscheinlichkeit vorbei fahren, auch da man bei dem ausgeschilderten Slackline-Park wohl an vieles, aber nicht an einen Tempel denken würde. Der Tempel ist im Gegensatz zu den bisherigen (noch) nicht restauriert und von Bäumen überwachsen. Besichtigen kann man ihn dennoch. Insgesamt schon imposant, wie hoch die Bäume gewachsen sind und sich dem Bauwerk bemächtigt haben. Auch ist der Tempel Teil der Laufstrecke, hier bekomme ich einen ersten Eindruck, was Trail hier wirklich bedeutet. Man kann nur eines festhalten: die meinen das ernst mit Trail, sandig uneben und jede Menge Wurzeln. In meiner Erinnerung an Pyramides Noires, was auch einige Abschnitte hatte, die nicht befestigt oder überhaupt ein Weg waren, ist das hier nochmal eine Nummer härter, zumindest wenn die gesamte Strecke so ausfallen sollte.
Ein letzter Tempel für die Tour steht noch an (und ja, das war jetzt wirklich nur ein kleiner aber imposanter Anteil der vielen Tempel in der Region). Es geht um „Ta Prohm„, bei vielen eher bekannt als „Tomb Raider Tempel“, weil ein Teil des ersten Films dort gedreht wurde (weshalb mir nun auch klar ist, warum im aktuellen Film im Flugzeug von keinem Tempel etwas zu sehen war). Auch dieser Tempel ist teilweise zugewachsen, wird aber Stück für Stück restauriert, genauso wie es drum herum immer wieder archäologische Grabungen gibt. Bei der Restauration geht man hier etwas unkonventionelle Wege: Sind die Bäume standfest und gefährden das Bauwerk nicht, so bleiben sie erst einmal erhalten. Die Erfahrung hat gezeigt, dass viele der Bäume durch Insekten geschädigt werden, welche die Bäume aushöhlen, bis diese zusammenbrechen (oder entsprechend aus Sicherheitsgründen gefällt werden).
Nach den vielen Besichtigungen ist es Zeit fürs Mittagessen, auch das ist in der Tour enthalten, nur die Getränke muss man selbst zahlen. Es wird ein reichhaltiges und abwechslungsreiches lokales Menü serviert mit jeder Menge Kohlenhydrate für den morgigen Wettkampf. Zudem genehmige ich mir ein erstes lokales Bier. Angenehm süffig und frisch, nicht zu herb, das Angkor Beer kann man so stehen lassen.
Nach der Rückkehr ans Hotel geht es noch ein wenig ans Vorbereiten für den Wettkampf, alles bereitlegen damit es um kurz vor 2h dann auch zügig klappt mit Anziehen. Zudem natürlich den Wecker stellen. Auch besorge ich mir noch eine kambodschanische SIM-Karte, damit bin ich dann fürs erste auch mit mobilem Datenvolumen versorgt. Spottbillig im Vergleich zu Deutschland muss man sagen. Zudem kann ich zum ersten Mal die Dual-SIM-Funktion meines Handys testen. Gut, dass es hier Hilfe gibt, denn die Bestätigungs-SMS des Anbieters zur Registrierung kommt natürlich in Khmer aufs Handy (ein Hoch auf Unicode). Nach den Vorbereitungen gehe ich noch ein wenig zum Entspannen an den Pool des Hotels.