Nachdem ich im letzten Jahr bei der Neuauflage des Metropolmarathons mit dabei war und es ein Puzzle-Teil als Medaille gab, war klar: das zweite Puzzleteil möchte ich auch haben. Zudem passt sich der Lauf recht gut in meine aktuelle persönliche Challenge ein: Ich versuche aktuell jeden Kalendermonat einen Marathon oder Ultra-Marathon zu laufen. Für den Juni nun eben von Nürnberg nach Fürth.
Den Vortag verbringen wir bereits in Nürnberg, da es bereits am Samstag sehr warm ist, gehen wir ins Westbad (das liegt auch direkt an der Marathonstrecke). Dort treffen wir auch noch einige Freunde aus Speyer, die ebenfalls in Nürnberg zu Gast sind während wir vor Ort sind. Für den Nachwuchs geht es dann „in die Gänge“ – genauer gesagt in die Felsengänge unterhalb der Burg. Auch dort ist es angenehm kühl. Ich nutze die Zeit und hole am Hauptmarkt meine Startunterlagen ab, bevor ich zum Treffpunkt am Altstadthof laufe. Wichtig dabei: Ich habe noch einen Henkel Altstadthof-Leergut bei mir, das tausche ich direkt vor Ort gegen frisch gefüllte Flaschen (unter anderem natürlich auch wieder das leckere Rotbier). Danach heißt es ein wenig im Biergarten warten, zur inneren Abkühlung gibt es dann auch noch ein Sommerbier.
Der nächste Morgen startet früh, aber das kann mir nur recht sein, es gibt eine offizielle Hitzewarnung für den Tag, um so besser, dass wir starten so lange es noch halbwegs erträglich ist. Am Hauptmarkt treffe ich auch Helga von Helgas Lauffreunden, mit dieser Gruppe hat mein Laufabenteuer vor rund 18 Jahren seinen Anfang genommen. Damals war der Marathon eine mystische Strecke, fast schon unerreichbar weit. Heute sind die 42,195 Kilometer schon eher die Regel und immer häufiger bin ich auf Distanzen unterwegs, die darüber hinaus gehen. Wir unterhalten uns noch kurz, auch was die Planungen für den Stadtlauf im Herbst betrifft, da dieser nicht mehr am 3. Oktober stattfindet, muss ich schauen, wie es mit Ferien und anderem Programm zusammen passt.
Da wir in unterschiedlichen Startblöcken starten, trennen sich unsere Wege kurz vor dem Start. Es ist noch nicht all zu viel los auf dem Hauptmarkt und das Läuferfeld für den Marathon ist überschaubar – ich schätze es anhand der Startnummern auf rund 1000 Marathonis. Direkt nach dem Startschuss habe ich eine ernste technische Panne: Ich möchte eigentlich nur meinen Trinkgürtel etwas enger schnallen, als dieser reist. Mein Handy fange ich dabei halbwegs elegant auf. Mit dem defekten Gürtel zu laufen hat keinen Sinn. Daher rufe ich während des Laufs bei meiner Support-Crew an und deponiere den Gürtel in der Nähe der Straße der Menschenrechte, damit er dort aufgesammelt werden kann. Das Handy trage ich vorläufig in der Hand bei mir. Das ist nicht wirklich praktisch, aber nicht zu ändern. Auch merke ich bei der Gelegenheit, dass ich es versäumt habe meine GPS-Uhr zu starten. Wenn es schief geht, dann richtig. Also starte ich die Uhr bei ca. Kilometer zwei, so habe ich immerhin eine Chance zu sehen, wie ich von der Geschwindigkeit her liege, der erste Blick sagt mir gleich: Für den Trainingszustand und die Temperatur deutlich zu schnell. Also etwas drosseln, damit ich auf ca. 5 min/km komme.
Es geht nunmehr auf bekannter Strecke, allerdings „gegen den Strich“ die Stadtlauf-Strecke entlang. Selbst den „Zacken“ zum Meter sammeln an der Wöhrder Wiese hat man mit kopiert. In der Allee entlang der Wiese ist es schattig und somit angenehm kühl. Das ändert sichm als wir die Wöhrder Wiese in Richtung Norikusbucht verlassen. Immerhin gibt es vorher die erste Versorgungsstation, ich greife dankbar bei Wasser zu, ohne meine Trinkflasche bin ich zwingend auf die Versorgungen angewiesen. Es geht direkt am Pegnitz-Ufer entlang auf eine Schleife um die angelegte Bucht. Die aufgewirbelte Staubwolke durch die Läufer ist schon recht ordentlich, ich bin froh, als wir wieder auf den asphaltierten Weg entlang der Pegnitz einschwenken. Im Gegensatz zum letzten Jahr geht es diesmal gar nicht so weit Pegnitz aufwärts, wir queren bereits mit der Bahntrasse die Pegnitz und es geht wieder auf die Innenstadt zu. Eigentlich schade, denn die Strecke entlang der Pegnitz ist eigentlich gut zu laufen und vor allem größtenteils schattig.
Auf der nördlichen Pegnitzseite sind wir wieder auf der Stadtlaufstrecke und bleiben bis auf einige Schlenker auch dort. Zwischenzeitlich erhalte ich die Meldung, dass mein Gürtel aufgesammelt ist und ich mein Handy am Westbad übergeben kann. Bis dahin sind es noch ein paar Kilometer und vor allem liegt noch der Burgberg davor, eine der wesentlichen Steigungen in der Strecke. Immerhin gibt es auf der Kuppe dann auch nochmal eine Wasserstation. In der Stadt und in der Sonne ist es doch ganz schön warm geworden. Nun geht es abwärts durch St. Johannis, dort ist am Wochenende auch Kirchweih, wir laufen direkt durch die Hauptgasse, es stehen schon einige Leute an der Strecke und feuern an. Kurz nach Kilometer zehn unterhalte ich mich mit einem Läufer, der ähnliche Dinge wie ich auf dem Plan hat: jeden Monat einen Marathon und als Highlight dieses Jahr den Mauerlauf in Berlin. Der steht bei mir nur auf der Wunschliste, aber dieses Jahr wird das wohl nichts.
Am Westbad übergebe ich nach der Versorgung im Lauf mein Handy und bin nunmehr wirklich „frei“ was das Laufen betrifft. Das ist vergleichsweise angenehm, auch wenn ich nun natürlich keine Bilder mehr von der Strecke machen kann. Ich unterhalte mich weiter mit dem Läufer und so verfliegen die Kilometer. Wir kommen durch Schniegling, in diesem Stadtteil habe ich ein Praxissemester lang gewohnt. Daher kenne ich auch die nun folgende Laufstrecke in Richtung Fürth recht gut. Nach dem Abstecher in die Bebauung geht es wieder an die Pegnitz mit einem schönen Ausblick auf das Fürther Rathaus – dort befindet sich das Ziel, aber bis dahin sind es noch etwas mehr als 20km. Wir treffen zudem auf einen Streckenabschnitt vom vergangenen Jahr. Leider steht unter der Brücke diesmal keine Wasserversorgung, die ist etwas später.
Kurz vor der Versorgung am Klärwerk schwenken wir auf den Rundkurs der Strecke ein – rund 11km ist der Abschnitt, der zweimal zu durchlaufen ist, lang. Kurz nach der Versorgung lasse ich meinen Begleiter ziehen, das Tempo von um die 5 min/km ist angesichts der Hitze und des fehlenden persönlichen Wasservorrats nicht zu halten. Das fuchst mich zwar etwas, aber ich will auf alle Fälle ankommen, da ist aktuell kein Platz für Experimente oder überzogenes Tempo. Die Strecke geht nun entlang der Regnitz, in der Entfernung kann man schon den Solarberg erkennen, um diesen herum führt die Strecke. Wo immer es geht, laufe ich im spärlich vorhandenen Schatten. Die Querung des Regnitz-Tals zum Solarberg hin ist allerdings fast durchgängig in der Sonne und die brennt einem ganz schön auf den Pelz.
Die Strecke führt den Solarberg hinauf auf das Niveau des Main-Donau-Kanals. Da es vergleichsweise steil ist, unterlasse ich den Versuch, das hochzujoggen, die wenigen hundert Meter gehen machen an der Zielzeit dann auch nicht mehr so viel aus, außerdem bin ich ja erfahrener Ultra-Läufer und weiß ganz genau: Die Körner, die man hier jetzt raushaut fehlen im Zweifel gegen Ende. Das Ende der Steigung ist denn auch ein positives, es gibt eine weitere Wasserstation und ich greife ordentlich zu. Der nachfolgende Abschnitt geht herrlich am Wasser entlang, leider völlig ohne Schatten. Ich frage mich. ob das bei der Planung so beabsichtigt war, immerhin gibt es unterhalb des Damms einen Weg im Schatten – den würde ich aktuell der schönen Aussicht und der Hitze deutlich vorziehen. Im Hafen geht es vom Damm herunter und durch ein Industriegebiet – nicht unbedingt eine Augenweide, immerhin spenden einige Sattelauflieger entlang der Strecke etwas Schatten. Mit dem Einschwenken auf die Flugplatz-Straße kommt auch die nächste Wasserstation in Sicht. Dort ist reichlich Betrieb und ich nutze die Chance, mich auch nochmal etwas abzukühlen, dazu mache ich tatsächlich einmal kurz Halt, auch wenn es Zeit kostet. Als Beschallung läuft gerade „griechischer Wein“, ich will mir gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn es den hier gäbe, das wäre wohl vergleichbar zum Marathon du Médoc, das Singlet dazu habe ich heute sogar an (wobei es dann ja eher französischer Wein wäre). Wir sind nun wieder auf einem Abschnitt, den ich vom letzten Jahr noch kenne, zumindest für ein kurzes Stück.
Es geht wieder in die Bebauung und die Bewohner tun ihr Möglichstes, um für Abkühlung zu sorgen, immer wieder stehen Rasensprenger an der Straße oder auch Leute mit Gartenbrausen, um die Läufer abzukühlen. Wie gut, dass ich mein Handy nicht mehr bei mir tragen muss – eine Sorge weniger beim Abkühlen. Aus einem Garten schallt passend zum Wetter der einzig wahre Soundtrack: „Heat of the moment“ von Asia – „Heat of the marathon“ wäre noch treffender aber ja, es ist verdammt heiß. Im folgenden Tal gibt es wenigstens wieder etwas Schatten, aber der Abschnitt ist nur kurz. Danach geht es wieder durchs Feld auf die Bahntrasse und somit auf die Innenstadt zu, noch dazu etwas bergan, aber ich kann es doch noch joggen.
Nach der Bahntrasse geht es wieder durch die Bebauung, es gibt zudem nochmal eine Versorgung, Kilometer 28 liegt hinter mir, somit sind zwei Drittel absolviert. Die Straße zieht sich nun etwas und innerlich bereite ich mich auf die Streckenweiche vor, auch wenn die Bedingungen nicht gerade optimal sind, habe ich mich entschlossen: Ich werde das Ding zu Ende laufen, alles andere wäre jetzt ja auch irgendwie vergebliche Liebesmüh – passend dazu hebt ein Passant auch das Schild hoch „jetzt rumdrehen wäre auch blöd“. So schwenke ich auch mit knapp 31km auf die zweite Runde ein. Dort ist es gerade sehr voll, ich bin in das hintere Ende des Halbmarathonfelds hinein geraten. Wie ich bald feststelle, sogar sehr weit hinten, denn noch vor der Wasserstation am Klärwerk überhole ich den Pace-Maker für 2:30h (allerdings für den Halbmarathon, der erste Läufer für den Marathon hatte mich kurz vor der Weiche schon überholt).
Immerhin gibt es mir innerlich einen Schub, dass ich kontinuierlich Leute überholen kann. An der Versorgung merkt man auch den Ansturm der Halbmarathonis: die Helfer sind am Limit, kurzerhand lasse ich mir eine ganze Flasche Wasser reichen und leere diese fast in einem Zug. Derart erfrischt geht es weiter, auch wenn ich merke, dass die Flüssigkeit nur bedingt im Körper selbst ankommt. Kurz nach der Eisenbahnbrücke steht dann auch ein wichtiges Motivationsschild: 32km liegen hinter mir, also nur noch ca. 10km vor mir (und 10km kann man eigentlich immer laufen).
Da die Strecke immer noch stark frequentiert ist, klappt es nur bedingt im Schatten entlang der Bäume, Zäune und Co zu bleiben. Spätestens als wir wieder direkt auf den Solarberg zuhalten, ist es aber ohnehin vorbei mit Schatten. Den Anstieg gehe ich wieder zügig hoch, dabei beobachte ich schon ein Mitglied der DLRG, welches mit Großen Gesten winkt, zudem höre ich von hinten deutlich ein Martinshorn, das sich nähert. Leider sind Läufer im Laktatrausch ähnlich begriffsstutzig wie so mancher Autofahrer. Als Katastrophenschutzhelfer kann ich mir das nur wenige Sekunden ansehen, denn mir ist klar: der Rettungswangen wird den schmalen Weg hoch wollen bzw. müssen. Also kurzerhand ein lautstarker Aufruf, der tatsächlich etwas bewirkt: Alle Läufer an den rechten Rand und zügig weitergehen. Nur wenige Meter später kümmern sich bereits Ersthelfer um den Teilnehmer. Auch hier hilft es, klare Ansagen zu machen: „zügig weiter, ihr wollt doch ins Ziel!“. Auf das Chaos gieße ich mir an der Wasserstation gleich einen Becher Wasser über den Kopf – rein zur Vorsorge – denn es geht auf dem Damm weiter in direkter Sonneneintrahlung.
Im Hafen hat die Feuerwehr den Ernst der Lage auch erkannt und reagiert: aus dem nahen Hydranten wird Wasser zur Abkühlung der Läufer bezogen, ein Hydroschild ist ja auch nur ein gigantischer Rasensprenger … obwohl es deutlich von der Ideal-Linie abweicht, laufen alle um mich herum durch die Wand aus Wasser. Das kühlt auf alle Fälle gut ab, auch wenn die Feuchtigkeit am Ende des Industriegebiets gefühlt schon wieder fast vollständig verdunstet ist. Dafür ist die nächste Station in Sichtweite, wieder lasse ich mir direkt eine Flasche Wasser reichen, die ich mir vollständig einverleibe, bevor es weiter geht. In der folgende Senke steht das Kilometerschild 37, also gerade mal noch 5km. Ich mahne mich dennoch etwas zur Vorsicht – jetzt nicht übermütig werden, angesichts der Hitze.
Es geht wieder in und durch die Bebauung, noch immer stehen zahlreiche Menschen an der Strecke und bieten zusätzlich Wasser an oder kühlen Läufer mit Rasensprenger und Gartenduschen, auch ich nehme die Angebote gerne an. Es ist fast schon schade, dass der Abschnitt vergleichsweise kurz ist. Nach der Unterquerung der Bahnstrecke höre ich eine Läuferin sich lautstark über das Chaos und die „schlechte“ Strecke beklagen, unter anderem wird behauptet, dass der Planer wohl selbst keinen Marathon läuft, sonst wäre die Strecke angesichts des Wetters wohl etwas anders ausgefallen und hätte weniger „Röstanteile“. Immerhin steht bald darauf die Feuerwehr und sorgt mit einem Strahlrohr für Abkühlung.
Kurz nach Kilometer 39 ist die vorletzte Versorgung – jetzt lasse ich mir nochmal alles anreichen: Wasser, Iso und Cola, dazu diesmal ebenfalls ein Gel (ob das jetzt noch was bringt, sei einmal dahin gestellt – für den Kopf hilft es jedenfalls). Es geht nun um die letzten drei Kilometer, dabei wird der Ton etwas rauher und die Stimmung ist merklich angekratzt und aufgeheizt: Einige Bewohner befahren mit PKW die Strecke – das klappt zwar leidlich, aber das müsste angesichts des noch immer gut gefüllten Feldes nun nicht unbedingt sein. Zudem gibt es eine Teilnehmerin, die sich ziemlich rüde auf dem Gehweg, welcher im Schatten liegt, durch die Läufer drängelt und diese beschimpft. Das ist einfach nur grob unsportlich, auf der Straße (welche leider von geparkten Fahrzeugen gesäumt ist), ist mehr als genug Platz, wenn auch in der Sonne. Etwas mehr Sportsgeist wäre da echt angebracht, ich frage mich ohnehin, was eine derart flotte Läuferin so weit hinten im Feld verloren hat.
Ziemlich genau bei Kilometer 40 in der Allee durch die Regnitz-Wiese holt mich der 3:45 Pacemaker ein. Das ist natürlich etwas ärgerlich, aber noch ist es etwas zu früh für einen Endspurt. Zudem sagt mein Blick auf die Uhr, dass er etwas zu früh dran ist. Selbst wenn ich meine Zeit nicht genau weiß, da mir ja die ersten zwei Kilometer fehlen, zum Umschalten und Kopfrechnen habe ich keine mentale Kapazität mehr. Diesmal geht es an der Weiche nach rechts, vorbei an der Feuerwache – dort hat man einen Wasserlüfter aufgebaut, der einen herrlichen Wassernebel bildet und somit nochmal alle Läufer gut abkühlt. Auf den Wegen ist es immer noch vergleichsweise voll, stellenweise habe ich Schwierigkeiten zu überholen. Die meisten eingeholten Läufer sind dabei Halbmarathonis, deren Anzahl ist deutlich größer als die des Marathons, zudem gibt es letzte Nachzügler des 10km Laufs.
Das Beste kommt bekanntlich zum Schluss – wir erreichen die Fürther Innenstadt, laut Kilometerschild ist es nunmehr nur geringfügig mehr als ein Kilometer bis ins Ziel. Der Blick auf die Uhr hilft mir dabei mich nochmal etwas präziser hinsichtlich der Reststrecke einzuordnen. Da ich weiß, dass die Innenstadt in Fürth nicht flach ist, steige ich noch nicht in den Zielspurt ein, zu dem einige nun ansetzen – viele lassen es auch gleich wieder, nachdem sie um die nächste Häuserecke sind und es dort nochmal merklich bergan geht. Es geht zum Rathaus hinauf, zusätzlich erschwert wird das Laufen hier durch das Kopfsteinpflaster, auch wenn die Kulisse absolut gut gemeint ist und mehr und mehr Menschen an der Strecke stehen: So richtig glücklich sind die engen Gassen und der Untergrund für den Zieleinlauf nicht.
In der Steigung am Marktplatz steht nochmal eine Wasserstation, die lasse ich nunmehr aber aus, auch da diese (wie viele andere vorher) stark überlastet ist. Somit hole ich auch den Pacemaker wieder ein, das schiebt mich dann die Steigung hoch. Laut Uhr ist es nunmehr nicht mehr weit, weniger als 500m bis ins Ziel, zumindest ungefähr. Gefühlt zieht es sich dann noch etwas länger hin, aber durch das Anfeuern der Menschenmassen entlang der letzten Meter ist jetzt alles egal, ich setze nochmal zum Zielspurt an und kann noch einige Teilnehmer „einsammeln“, bevor ich die Ziellinie bzw. die Zeitmessbaken überquere.
Leider ist danach Schluss mit lustig: Die Fürther Freiheit als Platz ist eigentlich sehr groß, dennoch staut es sich direkt nach der Ziellinie, dass man nicht auslaufen kann, ist bei einer derartigen Veranstaltung nicht zu vermeiden, aber nahezu null Meter von Zielspurt auf Stillstand ist ein Zeichen, dass irgendwas nicht ganz passt. Das Problem wird bei der Zielverpflegung leider nicht besser – es ist einfach nur noch rappelvoll. An den Ständen für die Versorgung rotieren die Helfer und kommen schlichtweg mit dem Ansturm der Teilnehmer nicht mehr nach. Mit ein wenig Glück schnappe ich mir einen Radler und nach recht langem Anstehen bekomme ich auch noch ein Stück Brezel, Kuchen und etwas Wasser.
Auch beim Verlassen des Zielbereichs stockt die Läufermasse immer wieder, die Security ist bemüht, aber auch ein wenig überfordert, die Fans am Betreten des Zielbereich zu hindern. Da ich kein Handy habe, muss ich mich ein wenig auf meine Intuition verlassen, wo der Rest meiner Familie abgeblieben ist. Das klappt dann allerdings deutlich leichter als gedacht – man hat es sich etwas abseits auf dem Weg zu den Duschen bzw. den Kleiderbeuteln bequem gemacht – ganz klar: Da musste ich ja vorbei kommen. Nach etwas Erholung geht es dann auch noch unter die Dusche – dass es nur kaltes Wasser gibt, ist angesichts der Hitze zu verschmerzen. Die Anzahl Duschen hingegen ist etwas knapp bemessen und dass der Gulli im Eingangsbereich schon überläuft, war so wohl auch nicht geplant.
Ich werfe einen Blick auf die Ergebnisse: 3:42:29 netto, Platz 153 bei den Männern von 650 gestarteten. In der Altersklasse reicht es für Platz 23 von 77 Teilnehmern. Insgesamt also wie vermutet ein eher überschaubares Feld der Marathonis. Der Halbmarathon war deutlich stärker besetzt, dort waren über 2700 Teilnehmer am Start, das spiegelt auch den Eindruck auf der Strecke wieder. Ich schaue nach Helga und stelle fest, dass sie laut Zeitnahme bereits im Ziel ist, deutlich früher als erwartet. Ich schicke ihr eine kurze Glückwunsch-Nachricht, nur um von Ihr zu erfahren, dass sie nach einem Sturz aufgeben musste. Das betrübt mich dann doch ein wenig, den Erfolg und die gute Zeit hätte ich ihr absolut zugetraut und gegönnt. Für mich selbst bin ich, ob der Pannen mit dem Gürtel und der eher geringen Vorbereitung, mit dem Resultat soweit sehr zufrieden. Die Medaille in Holz ist nett und wie ich daheim feststellen darf, passt sie wie erwartet zum Gegenstück von letzten Jahr.
Bleibt noch ein kurzes Fazit zur zweiten Durchführung des neuen Metropolmarathons zu ziehen: Für das konkrete Wetter am Veranstaltungstag kann der Veranstalter nichts. Allerdings war eine Hitzeschlacht bereits die Tage vor dem Lauf absehbar, ein Stück weit wurde das ja durch die vergleichsweise kurzen Strecken zwischen den Stationen berücksichtigt. Eher weniger glücklich ist die Wahl der Strecke und Startzeiten gewesen: Es war stellenweise wirklich sehr voll und auch eng auf der Strecke. Zudem waren viele der Versorgungen sichtlich überfordert mit dem Ansturm, dies betrifft vor allem die Stationen auf dem Rundkurs, dort haben sich das Hauptfeld des Marathons und des Halbmarathons ungünstig überlappt. Generell war die Strecke nicht ganz verkehrt, angesichts des sommerlichen Wetters waren die Passagen entlang des Kanals aber nicht gerade der Hit. Ein ganz großer Dank geht hier an die vielen freiwilligen Helfer und Zuschauer an der Strecke, die für Abkühlung gesorgt haben.
An der Doppelrunde bei Fürth scheiden sich wahrscheinlich die Geister. Ich selbst kann es ein Stück weit von der organisatorischen Seite her nachvollziehen, bei doppelt verwendeten Versorgungen benötigt man rechnerisch weniger Helfer (und die werden immer knapper). Ich persönlich hätte eine längere Schleife in Nürnberg (wie beim letzten Mal) vorgezogen. Die Strecke entlang der Pegnitz dort ist auch durch den Stadtlauf eigentlich gut erprobt, zumal dort „nur“ das kleinere Marathonfeld vorbei musste. Auch im letzten Jahr gab es ein Stück doppelt genutzte Strecke (in Fürth), dieses war aber nicht so lange wie die Schleife diesmal und so gelegen, dass eine Überschneidung von Läufen nahezu unmöglich war. Der Zieleinlauf gegen den Berg und über Kopfsteinpflaster bot zwar eine nette Kulisse, aber läuferisch war es nicht optimal, auch dass die Strecke in den engen Gassen doch gut angefüllt war mit unterschiedlich schnellen Teilnehmern aus den verschiedenen Läufen. Wirklich schlecht gelaufen ist es im Zielbereich, dieser war deutlich zu knapp bemessen und zu eng für die Masse Läufer, zumindest zum Zeitpunkt, als ich dort ankam. Keine Auslaufzone zu haben und beim Zielspurt schon einplanen zu müssen, wie man direkt nach der Ziellinie zum Stehen kommt, ohne die dortigen Teilnehmer umzurennen, ist ein absolutes no-go. Ein Gedränge im Zielbereich wie dieses Mal habe ich bisher so auch nicht erlebt, das hat bei der ersten Durchführung mit Ziel in Nürnberg besser geklappt (obwohl dort gefühlt weniger Platz ist). Ob ich den Lauf nächstes Jahr (ohne die Motivation des fehlenden Puzzleteils) nochmal auf die Liste nehme, ist noch nicht sicher – ein kritischer Blick wird dabei mit Sicherheit auf die Zeitplanung und Streckenführung fallen.