Ein Jahr Papa

Ein Jahr – das ist so schnell vergangen. So schnell, dass es jetzt schon 13 Monate sind, bis ich endlich einmal dazu komme, mein Gedanken an das Jahr zu sortieren und hier nieder zu schreiben.

Erst vor einigen Tagen ist es mir wieder aufgefallen, als ich den Sohnemann durch die Wohnung getragen habe – er hat ganz ordentlich zugelegt – und im Vorbeigehen am Kalender mit den Bildern kurz nach der Geburt ist mir nochmal um so klarer geworden, wie viel er doch gewachsen ist.

Das erste Lebensjahr – und schon so viel erlebt: Sei es die Erkundung der Wohnung auf allen Vieren, der Umzug in die größere Wohnung und natürlich auch die Teilnahme an Babyschwimmen und PEKIP. Leider habe ich mit dem Arbeitgeberwechsel nicht mehr ganz die Flexibilität um wenigstens einige der vielen Aktivitäten begleiten zu können. So reihe ich mich denn doch in die Gruppe der Väter ein, die in den ersten Lebensjahren gar nicht so viel von Ihrem Nachwuchs haben: Wenn man morgens aus dem Haus geht, hat man eventuell noch die Chance den Nachwuchs zur Krippe oder zum Kindergarten zu bringen, aber wenn man heim kommt ist er dann schon (fast) wieder im Bett.

Als Ausgleich dienen dann natürlich die Wochenenden, wobei ich auch da so meine Probleme habe – denn da bin ich dann regelmäßig beim Training für lange Läufe. An anderen Tagen sind dann wieder andere Verpflichtungen – viele davon kann man auch mit dem Nachwuchs wahrnehmen – zum Beispiel die vielen Einladungen zu Freunden und Bekannten. Hier kommt dann meist auch der Sohnemann auf seine Kosten, denn momentan ist um uns herum der Kinderwunsch doch recht ausgeprägt. Da wuseln und krabbeln dann gleich Mehrere, was immer recht drollig anzuschauen ist.

Insgesamt habe ich aber noch die Hoffnung, dass viele der zusätzlichen Termine im nächsten Jahr weniger werden – immerhin ist die Wohnung ja nun eingerichtet und der Umzug ist auch durch – alleine diese Arbeiten haben doch einiges an Zeit gekostet, die ich dann nicht mit dem Sohn verbringen konnte, oder mich zumindest nicht so intensiv um ihn kümmern konnte wie ich das gerne gemacht hätte.

Etwas überrascht im negativen Sinne war ich dann von den Angeboten zur Kinderbetreuung. Es ist uns leider nicht ganz vergönnt, das ein singuläres Gehalt für die gesamte Familie ausreicht. Als ich dazu mal etwas nachgeforscht habe, ist mir auch klar geworden warum: Mit der Verlagerung der Verantwortung für die Vorsorge muss ich jeden Monat etwas zurück legen – sicherlich nicht verkehrt und dringend geboten, aber dieses Geld steht mir nicht zur Verfügung um es für die Familie einzusetzen. Immerhin muss ich aktuell keine Kredite bedienen, was in anderen Familien durchaus noch zusätzlich am Budget zehrt.

Leider sind die Angebote für die Betreuung momentan alles andere als kompatibel mit gängigen Arbeitszeitmodellen. Beginn um 7:45 und Ende je nach Wochentag um 16:30, 14:30 oder 12:30 – das geht nur mit viel logistischem Aufwand und Organisation. Für uns heißt das: Früh aufstehen und dann aufteilen – ein Elternteil gleich zur Arbeit, der andere bringt den Sohn in die Kita. Nachmittags holt der andere Elternteil ihn dann wieder ab. Für mich heißt das aber auch, dass ich erst recht spät im Büro bin, denn die Fahrtzeit kommt ja noch mit drauf. Dann ist es natürlich aber auch nichts mit 16:00h Feierabend machen – es wird also jeden Tag vergleichsweise spät bis ich mich überhaupt auf den Heimweg machen kann. Damit sinken die Chancen, noch etwas Zeit mit der Familie verbringen zu können. Erst recht wenn dann noch Training oder andere abendliche Vereinstätigkeiten anstehen.

Immerhin: Es besteht ja ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Es sollte aber darüber nachgedacht werden ob diese Regelung noch präzisiert werden muss, damit es auch ausreichend Angebote für Berufstätige gibt, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch tatsächlich ermöglichen. Bereits derzeit gibt es Angebote die eine größere Zeitspanne abdecken – natürlich auch nicht ohne entsprechend höhere Beiträge. Zudem gäbe es die Möglichkeit die Kinderbetreuung für den nicht abgedeckten Zeitraum durch eine Tagesmutter zu überbrücken (auch dies würde durch die Gemeine bezahlt) – nur für genau diesen „Lückenschlieser“ findet sich in der Regel kein Angebot.

Ebenfalls überdacht werden sollte die Vergabe der Plätze – hier gibt es noch einiges zu tun – wir haben in direkter Nachbarschaft zur Wohnung gleich zwei verschiedene Krippen und Kindergärten, dies war mit ein Grund für die Wahl der Wohnung. Aber in diesen Einrichtungen haben wir ob unseres Zuzugs keinen Platz mehr bekommen – rechtzeitig anmelden heißt bei Kita und Kindergarten: Es muss die erste Amtshandlung nach Geburt sein, andere Quellen sprechen sogar davon, das man besser gleich nach dem ersten positiven Schwangerschaftstest die Anmeldung ausfüllt. So habe ich als Elternteil jeden Morgen zusätzlich rund 2,5km Wegstrecke, die ich mit einem Verkehrsmittel meiner Wahl zurücklegen muss. In der Regel versuche ich das ökologisch korrekt mit Fahrrad und Anhänger zu machen. Aber egal welches Verkehrsmittel: die Wegstrecke legt sich nicht in 0 Minuten zurück, der Zeitplan wird also noch etwas knapper – dabei fahre ich natürlich direkt von der Kita an den Arbeitsplatz.

Wir überlegen daher ernsthaft, ob wir uns bereits jetzt für einen Kindergartenplatz in der Einrichtung direkt vor der Haustüre bewerben sollen, auch wenn das natürlich eine Umstellung wird, auch im Bezug auf Freunde in der Gruppe. Das ist sicherlich auch nicht optimal.

Aber jetzt freuen wir uns erst einmal, dass er überhaupt geklappt hat. Seit der Kleine in der Kita ist hat er richtig große Fortschritte gemacht, viel neugieriger und viel selbstständiger ist er geworden – das Laufen wird sicherlich demnächst auch noch kommen. Ich freue mich aber über alles was er mit uns so anstellt.

Marathon Eurodistrict Strasbourg

IMG_5386Nachdem ich dieses Jahr ja schon in Molsheim beim Marathon du Vignoble d’Alsace teilgenommen habe, ist mir natürlich auch der Marathon in Strasbourg und Kehl ins Auge gefallen, zudem gab es gleich zwei Berichte von Team Bittel – einen von Andrea und einen von Bernadette – das las sich alles recht gut. Noch dazu wenn man es mit einem Versuch bei Oma für den Nachwuchs kombinieren kann. Den Marathon gibt es noch nicht all zu lange, von daher ist auch die Teilnehmerzahl insgesamt überschaubar, noch dazu findet am gleichen Tag der Marathon in Frankfurt statt, was für viele der Abschluss der Laufsaison ist. Aber ich scheue ja doch ein wenig diese Mega-Veranstaltungen – wenn es schon mehr als 10 Minuten dauert bis man nach dem Startschuss über die Startlinie kann, dann weiß man dass man bei einer ganz großen, professionellen Veranstaltung dabei ist – wo wirklich auf alles und jedes geachtet wird. Für Bestzeiten sicherlich nicht verkehrt, aber ein wenig Flair drum herum darf es dann doch schon sein. Continue reading

Stadtlauf und Kurzurlaub in Nürnberg

Es ist wieder Anfang Oktober, also höchste Zeit für mich wieder einmal nach Nürnberg zu reisen – denn immerhin habe ich jetzt schon 6 Jahre in Folge am Stadtlauf teilgenommen – jeder Jahr seit ich begonnen habe aktiv zu Laufen.

Zudem  verbindet mich ob meiner zwei Praxissemester in Nürnberg doch auch noch einiges mehr mit der Stadt. Seit der Nachwuchs auf der Welt ist hat es nicht meht geklappt, in der fränkischen Metropole vorbei zu schauen – ganz im Gegensatz zu früher, wo ich im Laufe eines Jahres doch immer mal wieder in der Region und dann natürlich auch in der Stadt war.

Was liegt also näher, als nach knapp einem Jahr einen Kurzurlaub mit Familie und Stadtlauf zu machen. Definitiv eine neue Epoche für mich, denn vieles was bisher einfach so möglich war muss man mit einem Kleinkind doch etwas mehr planen. Das fängt schon beim Auto packen an – so voll war der Kleinwagen sonst nur zu Beginn der Praxissemester. Und in meinen Gedanken war die Fahrt früher auch schneller und entpsannter zu bewerkstelligen – momentan sind irgendwie ständig Baustellen und altersbedingte Geschwindigkeitsbegrenzungen. Früher fand ich die Strecke recht locker zu fahren, diesmal ist es einfach nur noch lästig.

Als Hotel haben wir nach den guten Erfahrungen vor zwei Jahren wieder das Five Reasons ausgewählt, das ist eine Mischung aus Hotel und Hostel – preislich echt super, zumal es bis zum Start/Zielbereich noch nicht einmal 300m sind. Einziger Nachteil sind die fehlenden Parkplätze in der Nähe – denn das Hotel richtet sich bewusst an die etwas jüngere Generation aus aller Welt – die reisen meist nicht mit dem Mitwagen an, sondern mit Flugzeug, Bus oder Bahn – alle Verkehrsträger sind recht gut an das Hotel angebunden, die U-Bahn liegt noch nicht einmal drei Gehminuten entfernt. Das Auto stellen wir daher nach dem Ausladen im P+R Parkhaus Herrnhütte ab – ähnlich wie ich das auch immer während meiner sonstigen Besuche gemacht habe. Mit einem Mehrtagesticket sind wir dann sehr günstig und flexibel unterwegs.

Den Donnerstag Abend nutze ich um einer altbekannten Location vorbei zu schauen – beim Gasthof „grüne Au – zum Brezn Wirt“ – dort habe ich einige Abende mit der Laufgruppe „Helgas Lauffreunde“ verbracht. Inklusive spannender Heimfahrten durch den Nürnberg Wald und um den Brunner Berg – Wildschweinrotten bei Nacht inklusive. Als Spezialität gibt es noch immer allerhand leckeres vom Buchengrill – ich esse wie fast immer die Spareribs.

Den Freitag beginnen wir gemütlich – mit eine Kaffee bei Black Bean, direkt neben dem Sportscheck – nach dem Frühstück kann ich dann auch gleich meine Startunterlagen abholen – da ich es diesmal vorab machen kann, habe ich sogar die Auswahl bei den T-Shirts, als Abwechslung nehme ich diesmal ein Singlet – auch weil die Temperaturprognose erwarten lässt, dass man nochmal ganz kurz laufen kann.

Bei einem kurzen Bummel durch die Stadt bleiben wir natürlich am Laden für Kinder und Jungebliebene (auch Lego Store genannt) hängen – sowohl der Nachwuchs als auch der Papa kommen nicht mehr aus dem Staunen heraus – und für beide gibt es zumindest noch eine Kleinigkeit.

Den Nachmittag verbringen wir im Tiergarten bei schönstem Wetter – zu meiner Praktikumszeit hatte ich es nie geschafft dort vorbei zu schauen, dabei ist ein Besuch sehr lohnenswert. Auch der Sohnemann ist von den verschiedenen Tieren sehr angetan. Während einer ausgiebigen Mittagspause mit Picknick beschließen wir, den geplanten Start der Lebkuchen-Saison ausfallen zu lassen. Traditionell mache ich zum Stadtlauf noch einen Abstecher zum Fabrikverkauf von Pfann. Während des zweiten Praxis-Semesters war ich dort ja schon Stammkunde. Wir werden daher wohl diesmal online bestellen und liefern lassen – es sei denn wir kommen in der Vorweihnachtszeit nochmal nach Nürnberg – noch wissen wir das nicht.

IMG_3714Samstag ist dann endlich der Lauf für mich – bereits beim 10km Lauf treffe ich mich mit einem alten Bekannten – Erwin Bittel (Lionheart) läuft auf wieder mit – wie immer als Besenläufer. Wir unterhalten uns kurz und machen noch einige Fotos. Bevor es für mich losgeht steht nochmal Fütterung der Raubtiere auf dem Programm – wie so häufig will es nicht so ganz flüssig klappen mit dem Füttern aus dem Gläschen. Es wird also ein klein wenig hektisch an den Start, aber es ist ja nicht weit bis an die Startlinie.

IMG_20151003_131830Kurz vor dem Start gebe ich Marion noch meine Jacke – auch wenn es im ersten Moment etwas frisch ist, mit dem Singlet, so ist mir doch klar: Mit Jacke wäre es zu warm. Wenige Minuten später fällt dann auch endlich der Startschuss – ich habe mich mal wieder viel zu weit hinten eingereiht wie ich feststellen muss: Der Pacemaker für 1:45 ist noch deutlich vor mir – und auch wenn ich weniger Zeit zum Trainieren hatte, viel langsamer als diese Zeit will ich eigentlich nicht laufen.

Daher starte ich auf den ersten Kilometern eine recht rasante Aufholjagd. Kurz nach Kilometer 1 hole ich einen andersfarbigen Läufer ein, der nicht wie alle anderen in orange läuft, sondern ein Trikot aus Biel trägt. Das habe ich auch im Koffer dabei, falls es mir noch zu einer Einheit auf meiner alten Laufstrecke gereicht hätte – allerdings nicht von diesem Jahr sondern von 2014. Wir unterhalten uns ein paar Takte, bevor ich mich seitlich rechts halte um am Prinzregenten-Ufer nach Marion mit der Kamera Ausschau zu halten. Leider hat es ihr wohl doch zeitlich nicht mehr ganz gereicht. Aber egal – denn ein anderes Ziel habe ich jetzt auch erreicht: Der 1:45 Pacer liegt hinter mir – und das Feld wird langsam lichter.

Die Strecke führt nun immer schön am Wöhrder See bzw. der Pegnitz entlang – kurz nach dem dritten Kilometer gibt es eine Versorgung vor dem Altenheim. Ich greife flugs bei Iso und Wasser zu, ohne das Tempo zu drosseln – zwischenzeitlich hatte ich schon gedacht auf der anderen Seite des Sees die Spitzengruppe gesehen zu haben, aber das wäre dann doch ein wenig verwunderlich. Es kommt die erste Steigung des Laufs, die Brücke über die Pegnitz in Richtung Business-Tower – ich lasse nicht locker und ich merke, dass die vielen Trainingseinheiten mit PULT und Scheinbuckeln(tm) Wirkung zeigen – ich werde fast nicht langsamer und noch dazu kann ich wie bisher Läufer einholen. Aber ich bin auch froh, dass es nun gleich wieder abwärts und in Richtung Innenstadt geht – die 180°-Kehre in der Strecke ist sehr markant wenn auch unangenehm zu laufen. Etwas mehr als 5km liegen schon hinter mir.

Ich habe mir für dieses Jahr kein festes Ziel vorgenommen, dementsprechend laufe ich wie ich mich fühle und vermeide ganz bewusst den hektischen Blick auf die Uhr um meine Kilometerzeiten zu ermitteln. Das klappt leider nur bedingt, denn heute läuft gefühlt jeder dritte Läufer mit einem sprechenden Smartphone herum, das jeden Kilometer ansagt wie schnell man gerade ist und welche Zielzeit das ergibt, zusammen mit weiteren Infos und etwas Werbung. Für mich ist das absolut lästig, wer es braucht soll diese Geräte und Software gerne nutzen, aber Kopfhörer sind noch vor den Smartphones erfunden worden und funktionieren sogar in Kombination mit diesen. Nur gut, dass sich das Feld weiter lichtet und damit die Abstände etwas größer werden.

IMG_3729An der Wöhrder Wiese steht die nächste Versorgungstation, diesmal gibts nur Wasser für mich. Wenige hundert Meter danach ist Foto-Shooting angesagt – Marion steht mit dem Nachwuchs an der Strecke, direkt bei Kilometer 7. Ein Drittel ist also schon gelaufen, das motiviert. Weniger motivierend finde ich, dass ich einige kleine Steinchen in beiden Schuhen habe – beim Ultra-Marathon wäre das ein klarer Fall: Anhalten, rausschütteln, Schuhe schnüren und weiter gehts – bei meinem aktuellen Tempo will aber meine Position nicht riskieren, also Zähne zusammenbeißen.

Es geht jetzt wieder in die Stadt hinein – über die Insel Schütt, auf den Nonnensteig zu. Dieser Anstieg ist bei vielen Läufern des Stadtlaufs berühmt berüchtigt – wobei ich sagen muss, dass er mit der kleinen Verschwenkung, die es seit einigen Jahren gibt, etwas entschärft wurde, wenn auch vor allem für den Kopf. Sonst freute man sich über das Kilometerschild 8 und sah direkt einem schnurgeraden Anstieg entgegen. Aber auch hier hat das Training seine Wirkung getan – schneller als ich es erwartet habe bin ich oben angekommen – direkt hinter der Lorenzkirche. Jetzt geht es erst einmal flach weiter durch die Innenstadt – vor der Kirche stehen viele Zuschauer und feuern lautstark an – in den folgenden Straßen wird es dagegen schon fast wieder einsam.

Die nächste markante Stelle ist am Sternentor – dort geht es aus der Bebauung in den Stadtgraben, kurz davor hat sich Heinrich positioniert und macht fleißig Fotos. Seinem Gesichtsausdruck und der Gestik nach schließe ich, dass ich recht flott unterwegs bin, er wirkt etwas überrascht mich so früh zu sehen. Aber jetzt heißt es für mich erst einmal konzentrieren, denn die Strecke führt auch aus dem Stadtgraben wieder hinaus – das sind nicht viele Höhenmeter, aber ich weiß wie diese sich anfühlen können. Aber ich bin scheints wirklich gut drauf und trainiert, denn auch diese Steigung kommt und geht einfach, ohne dass ich irgendwelche Problemchen oder Wehwehchen hätte.

10km liegen mit dem Durchlauf durch den Start/Ziel-Bogen hinter mir, die Bruttozeit zeigt etwas mehr als 47 Minuten. An der Versorgung greife ich nochmal ISO ab – auf die sonst übliche Banane verzichte ich. Ich überlege kurz ob ich es riskieren soll, noch einen Zahn zuzulegen, aber ich lasse dann doch recht schnell bleiben. Es läuft aktuell gut so wie ich laufe, jetzt auf Biegen und Brechen mehr zu wollen, das wäre wohl vermessen. Also laufe ich weiter so wie ich mich fühle – und ehe ich es mich versehe sind es nur noch 10km zu laufen – ich motiviere mich mit „a piece of Cake“ als Gedanken.

IMG_3747Die Strecke schwenkt wieder an die Pegnitz ein, diesmal auf einer leicht anderen Streckenführung als bei der ersten Runde – da sich das Feld hier bereits deutlich gestreckt hat, muss man nicht mehr zwingend auf der breiten Straße laufen, der landschaftlich deutlich schönere Fuß- und Radweg direkt an der Pegnitz reicht nun mehr als aus. Auf Höhe der Wöhrder Wiese stehen jede Menge Zuschauer und motivieren die Läufer – Marion steht mit der Kamera bereit und mach wieder Bilder – es reicht aber dennoch für ein kurzes Abklatschen.

Ich fokusiere mich auf die nächste Versorgungs-Station – dieses Jahr habe ich keinen Versorgungsgürtel bei mir und ich merke, dass jetzt gerade etwas Flüssigkeit gut wäre, aber so weit ist es ja auch nicht mehr – Kilometer 13 fliegt an mir vorbei und damit kommen auch schon die Helfer mit den Bechern in Sichtweite. Wasser und Iso gemischt gibt es für mich, kaum habe ich es getrunken, geht es mir auch gleich besser.

Jetzt nur nicht übertreiben, es sind ja noch ein paar Kilometer – aber ich hole noch immer Läufer ein, und das motiviert mich natürlich. Die Steinchen im Schuh werden aber auch nicht weniger – jeder Schritt tut ein klein wenig weh und ich merke, dass ich nicht gerade optimal auftrete. Aber jetzt lohnt es sich erst recht nicht mehr. Nach der Brücke geht es ja schon zurück – erstaunlicher Weise fehlt auch dieses Jahr die sonst übliche Zusatzschleife bei Kilometer 15. Nicht viel aber jedesmal lästig. Ich bin mir nicht sicher ob hier nicht etwas bei der Einweisung der Helfer schiefgelaufen ist, aber insgesamt wird es wohl schon stimmen. Noch 6 Kilometer, es geht schön flach entlang der Pegnitz, und ich versuche ein wenig mehr von der Stimmung mitzunehmen – denn das Wetter ist weiterhin traumhaft bei nahezu optimalen Lauftemperaturen.

An der Versorgung greife ich nochmal zu, es sind jetzt noch etwa 4km zu laufen und die beiden Steigungen in der City liegen noch vor mir. Aber auch in der zweiten Runde gelingt mit der Anstieg an die Lorenzkirche sehr locker – eventuell bin ich auch von der Volksmusik getrieben die dort zum Anfeuern (oder Abschrecken) aus einem Radio dudelt. Der härteste Anstieg liegt also hinter mir, jetzt nur nicht zu schnell werden, auch wenn es nur noch 3km sind.

IMG_3815Kurz vor dem Graben steht wieder Heinrich um Bilder zu machen, oberhalb des Grabens an der U-Bahn-Station hat sich Marion postiert. Ich mach durch reichlich Winken auf mich aufmerksam – weniger als 1km noch, und nur noch eine an und für sich harmlose Steigung hoch. Rum um die Haarnadelkurve und man ist auf der großen Zielgraden am Opernhaus – ich mobilisiere nochmal alles was ich habe und kann noch einige Läufer einholen, auch wenn diese das nicht so ohne weiteres zulassen wollen.

Ich fühle mich einerseits ausgepowered aber auf der anderen Seite denke ich: „Das wars ja schon …“. Am Ende stehen 1:34:39 als Netto-Zeit fest, für mich eine sehr respektable Zeit, ich bin mir nicht sicher ob ich jemals schneller war – egal ob in Nürnberg mit den Steigungen oder auf einem flacheren Kurs. Insgesamt bin ich 175er Mann im Ziel (insgesamt 183er) und in der Altersklasse reicht es für Platz 40. Ich überlege ob ich nächstes Jahr nicht doch mal explizit auf die 1:30h trainieren sollte, an die Spitze in meiner Altersklasse brauche ich aktuell nicht zu denken – da fehlen mir mehr als 15 Minuten. Nach dem Ziel kann ich mich dann auch endlich um die Steinchen in den Schuhen kümmern, ich habe mir bei der ganzen Aktion zwei dicke Blasen am Ballen gelaufen. Merke: Nächstes Mal wieder mehr Sorgfalt in der Vorbereitung…

IMG_3848Insgesamt ist der Lauf wie immer sehr gut organisiert und viele Teilnehmer nehmen nicht zum ersten Mal teil. Zudem hat bisher fast immer das Wetter mitgespielt. Zu verbessern gibt es eigentlich nur noch Details, so kam es mir an einigen Stellen vor, dass die Helfer nicht ganz ausreichend auf das eingestellt waren was da auf sie zukommt. Unter anderem Anweisungen länger auf der Straße zu laufen – sowas mag bei den langsameren Läufern noch halbwegs wirken, aber im vorderen Drittel bringt das rein gar nichts – hier läuft jeder möglichst nahe an der Optimal-Linie. Wenn das nicht die vorgesehene Strecke ist, dann muss entsprechend abgesperrt werden. Läufer sind hier absolute Herdentiere und es wäre ja auch fatal die Optimierungen nicht zu nutzen die ein anderer nutzt.

Nächstes Jahr bin ich selbstverständlich wieder mit von der Partie, dieses Jahr war es meine 9. Teilnahme in Folge (erstmalig war ich 2007 dabei) – ich habe dann also definitiv etwas zu feiern und einen zusätzlichen Ansporn für eine gute Zeit.

Fahrbericht Chariot CX2

Das man als Vater andere Anforderungen an seine Fortbewegungsmittel hat als ein Single war mir ja schon lange bewusst. Da aber momentan wegen des Umzugs etwas Ebbe in der Kasse ist, reicht es vorläufig erst mal nicht für ein neues, passendes Auto. Bis es soweit ist, werden wir uns mit verschiedenen Methoden zu helfen wissen – sei es, dass wir für den Urlaub ein Auto mieten/leihen das uns passt, oder die vorhandenen Ressourcen kreativ nutzen (z.B. den Anhänger hinters Auto, dann hat genügend Stauraum für allerhand Gepäck und ggf. später auch einmal Fahrräder). Mit dem Stichwort Anhänger sind wir aber schon beim eigentlichen Thema – damit wir auch „grün“ unterwegs sein können, haben wir nach einer Möglichkeit zum Kindertransport auf dem Fahrrad gesucht und sind beim Thule Cahriot CX2 gelandet.

Weitreichender Hintergrund ist folgender: Ich möchte es eigentlich vermeiden, meinem Sohn von Anfang an vor zu leben, dass man nahezu überall mit dem Auto hinfährt oder hingefahren wird. So lange er noch nicht laufen geschweige den radeln kann, wird es beim Fremdtransport bleiben, aber das muss ja nicht immer motorisiert sein. Wenn ich an meine Zeit in Käfertal zurück denke und an die ganzen Familienkutschen (gerne auch überdimensionierte SUVs) denken muss, die vor der Kita wild geparkt wurden, ist mir klar: Das muss nun wirklich nicht sein. Immerhin bin ich auch nicht in den Kindergarten gefahren worden – bei mir hieß es von Anfang an: Laufen. Der Gedanke eines klassischen Kindersitzes war auch schon da, aber ich finde da die Position eher ungünstig – der Schwerpunkt verlagert sich extrem weit nach oben. Damit wird es schwieriger das Gleichgewicht zu halten, von Kurvenfahrten einmal ganz abgesehen. Außerdem habe ich schon von mehreren Seiten gehört, dass es problematisch wird wenn der Nachwuchs einschläft – meist hängt er dann etwas ungünstig im Sitz – im ungünstigsten Fall liegt er mir im Rücken.

Zudem beraubt man sich der Möglichkeit auch nur geringste Menge zusätzliche Ausrüstung oder Gepäck auf dem Fahrrad mitzunehmen – allenfalls kleine Fahrradtaschen gehen. Der Anhänger löst mit einem zusätzlichen Staufach diese Problematik dann doch recht elegant. Ich kann auch weiterhin also die notwendigen Sportsachen oder was auch sonst immer auf den Gepäckträger gepasst weiterhin auf diese Art und Weise mitnehmen. Noch dazu schleppe ich nicht bei meinen täglichen Touren (unter anderem um die 20km einfach zur Arbeit) den Kindersitz mit, auch das ist wieder Gewicht und Luftwiderstand – günstig für den Trainingseffekt aber doch eher unwillkommen, wenn man zeitnah ankommen will..

Die Montage am Rad ist vergleichsweise einfach: Alten Schnellspanner ausbauen, den mitgelieferten einsetzen und das Kupplungsstück mit unterlegen  – fertig. Etwas störend ist die Tatsache, dass Heck-Fahrradständer nur bedingt kompatibel sind. Meiner funktioniert immerhin noch, auch wenn er sich nicht mehr ganz in die Parkposition bringen lässt. Einen Zentralständer will ich mir nicht montieren, die sind meist recht klobig und beim Treten eher im Weg. Außerdem steht das Rad meist nicht ganz so gut darauf. Bei meiner Partnerin ist die Geometrie am Rahmen etwas ungünstiger – hier kann man zwar die Kupplung montieren, bekommt aber beim Ankuppeln Schwierigkeiten, die Verriegelung einzustecken. Abhilfe schafft in diesem Fall eine Unterlegscheibe zwischen Rahmen und Kupplung, die wenigen fehlenden Millimeter werden dadurch ausgeglichen.

Eine kurze Fahrübung und schon packe ich auch den Sohnemann mit in den Anhänger – der findet es am Anfang noch nicht ganz so vertrauenserweckend, aber ich denke er wird sich an die Fortbewegungsart gewöhnen, wie auch beim Autofahren. Das Fahrgefühl ist recht gut, ein wenig weiter ausholen in den Kurven, aber das ist ja auch beim Auto-Anhänger nichts anderes. Es reicht noch für einige Runden um den Block – man merkt das zusätzliche Gewicht etwas, aber nicht übermäßig. Auch das „Nachschwingen“ und das Schieben in den Kurven sind anfänglich ungewohnt, aber nichts was mich aus dem Sattel wirft.

Am einem Wochenende haben wir dann einen ausführlicheren Test gemacht – etwas mehr als 35km auf verschiedenen Radwegen rund um Schwetzingen und Mannheim. Der Anhäger schlägt sich sehr gut, auch Feld- und Waldwege gehen ohne größere Probleme. Sogar ein Ausflug ins Feld ist dabei – ein umgestürzter Baum blockiert den Radweg, weshalb die kleine Offroad-Einlage notwendig wird. Alles ohne Absteigen versteht sich.

Etwas Übung und Geschick verlangen verschiedene andere Hindernisse ab – sei es Baustellen mit einem Fahrraddurchlass, der nicht viel breiter ist als der Anhänger oder Tore und Türen die ähnlich knapp sind. Auch bei Pollern oder Drängelgittern (wie man sei häufig an Straßenquerungen hat, kann es eng werden – noch haben wir keine gehabt durch die wir nicht durchgekommen wären.

Mit um die 20km/h lässt sich der Anhänger noch recht gut bewegen, auch wenn ich dann schon merke, dass mehr Kraft notwendig ist. Gelegentliche Windböen muss man auch abfangen, insgesamt vergrößert sich die Angriffsfläche doch merklich.

Da wir erst nachmittags unterwegs sind, kommen wir in die Dämmerung bzw. Dunkelheit hinein. Das ist ein wenig ein Wermutstropfen bei dem ansonsten unproblematischen Anhänger: Er hat keine Beleuchtung und das Rücklicht des Fahrrads verdeckt er aufgrund der Höhe dann doch meistens. Außerdem wäre es für unseren Passagier sicherlich angenehmer, wenn er eine Beleuchtung im Innern hätte. Ich muss mal schauen was es da an Möglichkeiten gibt um ggf. den Nabendynamo abzugreifen. Vielleicht ein kurzer LED-Streifen für den Innenraum und eine LED-Rückleuchte – mal schauen.

Einen weiteren Test über eine weitere längere Strecke haben wir zwischenzeitlich auch noch durchführen können – ca. 40km über Hockenheim an den Johannes-Hof und zurück. Fahren in der Ebene ist wie bereits festgestellt völlig unproblematisch. Schwieriger wird es mit dem Parken, aber in der Regel findet sich eine Möglichkeit den Anhänger abzustellen und auch an zu schließen. Wichtig dabei ist, dass man nach Möglichkeit das Zubehör mitnehmen muss, die Deichsel und die Kinderwagen-Räder lassen sich nicht mit einem Kabelschloss sichern. Alternativ kann es ggf. sinnvoll sein, den Ahnänger einfach mit zu nehmen – im Biergarten geht das noch ganz gut, in den Innenräumen kann man es vergessen, selbst wenn diese barrierefrei gestaltet sind. Auf dem Rückweg haben wir dann auch noch die einzigartige Möglichkeit die Regentauglichkeit zu testen. Die Montage des Regenschutz dauert etwas, aber es bleibt innendrin wirklich alles trocken.

Ebenfalls bereits mehrfach ausprobiert habe ich als Langstreckenläufer das Joggerset für den Anhänger. Das ist etwas Fummelei bis die beiden Halter und das Rad montiert ist, aber es geht eigentlich gut von der Hand, auch hier hilft regelmäßiges Üben.

Schieben lässt sich der Jogger dann erstaunlich leicht, ich habe mehrere Runden über verschiedene Distanzen und verschiedenes Terrain gemacht. Man muss sich etwas davon verabschieden mit beiden Armen die Fußbewegungen auszugleichen, aber nach einigen Kilometern hat man das raus. Dank verschiedenster Griffmöglichkeiten wird es auch nicht schnell einseitig belastend. Erwartungsgemäß läuft es auf asphaltierten oder betonierten Strecken wesentlich leichter als auf geschotterter Piste. Aber die Räder sind ausreichend groß, dass auch ein Wirtschaftsweg ohne Schwierigkeiten zu meistern ist. Natürlich habe ich auch die Trailtauglichkeit getestet – schließlich kenne ich die Trainingsvorlieben meiner Mitläufer am Wochenende. Fazit: für kurze Strecken geht es, aber ein längerer Trail ist definitiv nicht drin.

Insgesamt bin ich mit dem Kauf sehr zufrieden. Ab Oktober wird der Anhänger regelmäßig jeden Tag für die Fahrt in die Kita und zurück zum Einsatz kommen – da sehe ich überhaupt kein Problem und kann allen Eltern nur empfehlen sich über diese praktische, ökologische und sportliche Transportmöglichkeit zu informieren, gerne gebe ich auch weitere Tipps.

 

 

9 Monate Papa – ein Zwischenstand

Kaum zu glauben aber unser Sohnemann wird schon 9 Monate alt. Höchste Zeit einmal die letzten Monate etwas durch den Filter laufen zu lassen. Ein Platzproblem haben wir seit dem Umzug nicht mehr – auch wenn wir den Platz noch nicht ganz nutzen können, da noch etliche Kartons herum stehen und nicht alle Zimmer vollständig eingeräumt sind. Immerhin: Die Küche können wir seit etwas mehr als einem Monat vollständig nutzen und auch das Provesorium mit dem Kühlschrank auf dem Balkon hat ausgedient. Alles nicht günstig, aber notwendig. Schwierig macht es vor allem die Tatsache, dass man sich jetzt auch ein wenig nach dem Nachwuchs richten muss. Mal eben schnell noch ewas beschaffen oder ein Brett zusägen, geht einfach nicht. Aber insgesamt nimmt die neue Wohnung nun langsam doch Gestalt an, da gibt es dann auch wieder mehr Zeit zum Spielen.

Mit meinem Jobwechsel habe ich nämlich etwas weniger Zeit, bis Ende Mai konnte ich noch jede Woche zum PEKIP gehen, das lassen die neuen Arbeitszeiten leider nicht mehr zu. Und auch die Kombination aus Umzug und neuen Arbeitsplatz nagt am verfügbaren Zeitkontingent: Da ich kostensparend und umweltschonend jeden Tag mit dem Fahrrad fahre kommt zur Arbeitszeit noch jeweils noch 45 Minuten für Hin- und Rückweg dazu. Mein Lauftraining habe ich schon entsprechend gekürzt – nicht mehr 4 mal pro Woche sondern nur noch 3 mal, aber auch wenn ich das möglichst optimal mit meiner Arbeitszeit verzahnen kann und damit Wegezeiten wegfallen, die Zeit hat man nur einmal.

Die Wochenden sind dann meist auch schon mit verschiedenen Aktionen ausgefüllt: Zum einen ist das für mich die Chance eine lange Laufeinheit zu machen, zum anderen die Möglichkeit irgendwelche „lauten“ Arbeiten in der Wohnung zu machen. In kleinen Schritten geht das auch unter der Woche, aber gefühlt ist das immer nur Stückwerk – man braucht oftmal fast länger bis das Werkzeug und die Vorbereitungen fertig sind als die eigentliche Arbeit braucht. Natürlich ist das auch wieder Zeit die ich nicht mit dem Nachwuchs verbringen kann. Allenfalls das er mal zuschauen kann, wie Papa werkelt.

Insgesamt merke ich deutlich, dass es schwieriger wird, verschiedene gesellschaftliche Verpflichtungen und Nachwuchs unter einen Hut zu bringen. Das ist so schon knapp, aber nun steht beim Sportverein auch noch eine größere Baumasnahme auf dem Programm. Das bringt dann nochmal mehr Abstimmungsbedarf und Stress mit sich. Aber auch das wird sicherlich vorbeigehen. Ich muss dann nur aufpassen, dass es nicht wieder mehr wird, wenn es vorbei ist.

Am Horizont zeichnet sich auch langsam das Ende der Elternzeit für meine Partnerin ab – genauer gesagt, das Ende der Elternzeit mit Elterngeld. Durch den Umzug waren natürlich alle Bemühungen um einen Kita-Platz in Mannheim umsonst, und in Schwetzingen waren die ersten Versuche nicht gerade ermutigend – wir wären etwas spät dran. Ich frage mich wie viele Leute wohl in Deutschland vor der Situation Kleinkind und Umzug stehen – angesichts der geforderten Flexibilität der Arbeitnehmer können das wohl nicht so wenige sein. Immerhin zeichnet sich jetzt eine Lösung des Problems ab: In einer Kita wird ein Platz frei, wiederum durch Wegzug einer Familie. Wo ein Wille da ein Weg. Allerdings sind die angebotenen Zeiten in allen Kindergärten für viele Eltern ein absoluter Hohn, was bringen mir als Vollzeit-Arbeitnehmer Betreuungszeiten von 8:30 bis 15:30 (oder ähnlich)? Einen regulären 40-Stunden-Vetrag kann man damit schon mal gar nicht erfüllen – noch dazu liegen Kita und Arbeitsplatz in der Regel noch einige Kilometer auseinander. Da nutzt mir auch der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz nicht viel. Es besteht zwar die Möglichkeit einen Zuschuss für eine zusätzliche Betreuung während der Zeiten zu bekommen in denen man arbeitet oder unterwegs ist. Aber erstens muss das auch wieder jemand übernehmen und zweitens bin ich mir nicht sicher ob das wirklich förderlich für den Nachwuchs ist, wenn die Eltern nur früh morgens und spät abends da sind. Ich bin mal gespannt was wir für eine Lösung finden werden.

Insgesamt gesehen läuft es also recht gut, man stellt sich mit der Zeit auch auf die verschiedenen Veränderungen ein. Etwas allein gelassen fühle ich mich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – hier gibt es zar nette Ansätze und die zwei Monate Elternzeit möchte ich keinenfalls missen, aber bei den Angeboten für das tägliche Leben sehe ich noch Potential – unter anderem mit verbesserten Home-Office-Angeboten und flexibleren Arbeitszeiten. Momentan habe ich nämlich in der Regel nicht all zu viel von meinem Nachwuchs: Er schläft noch, wenn ich aus dem Haus gehe, und bis ich zurück bin ist er oft schon wieder im Bett – mit ein wenig Glück reicht es jetzt im Sommer noch für einen kurzen Ausflug, aber selbst das hat Seltenheitswert. Teilweise liegt das auch an mir, denn nach einem Arbeitstag plus Training und Radfahren um heim zu kommen ist einfach die Luft raus. Andererseits will ich auf das Training nicht verzichten, denn ich weiß ganz genau: Würde ich das nicht machen, wäre ich recht schnell super träge und wahrscheinlich übergewichtig. Von der schlechten Laune mangels Bewegung ganz zu schweigen. Ich will ja auch ein Vorbild für den Sohn sein. Große Hoffnungen setze ich dabei auch in unsere neuste Errungenschaft: Wir haben einen Fahrrad-Anhänger bestellt – den man auch zum Jogger umbauen kann – vielleicht lässt sich das ja dann nutzen um in Zukunft zumindest am Wochenende Training und Familienleben zu kombinieren.

Marathon du Vignoble d’Alsace – Weinmarathon

Nachdem das Ultra-Event für dieses Jahr in trockenen Tüchern ist, galt es das Attest für Wettkämpfe in Frankreich noch sinnvoll weiter zu nutzen, wenn es schon nur ein Jahr gültig ist.

Da ein Teil der Verwandschaft im Elssas rund um Strasbourg beheimatet ist, lag es natürlich nahe dort einen Wettkampf zu suchen – außerdem ist die Fahrt dann nicht so lange. Zumal momentan dank Jobwechsel ohnehin nicht an eine Kombination Urlaub-Wettkampf zu denken ist.

Der Marathon du Vignoble d’Alsace ist so etwas wie das Pendant zum Weinstraßen-Marathon in Deutschland, an dem ich ja auch schon mehrfach teilgenommen habe. Beides Mal steht ganz klar die Region und der dort angebaute Wein im Vordergrund. In Frankreich noch etwas mehr als in Deutschland – wie man schon dem Programm entnehmen kann: Zusätzlich zu den regulären Versorgungstationen mit Wasser, Iso und Sportlernahrung gibt es bei diesem Wettkampf die gastronomischen Versorgungsstellen – jeweils mit einer lokalen Spezialität und dem zugehörigen Wein. Da wirkt das Angebot des Rieslings-Schwamms beim Weinstraßen-Marathon doch fast etwas kümmerlich. Insgesamt nehmen die Franzosen die Wettkämpfe in der Regel nicht so ernst wie wir es oftmals in Deutschland tun – dort steht viel mehr das Fest um die Läufe herum im Vordergrund. Auch aus diesem Grund wird häufig in Verkleidung gelaufen – beim Marathon du Vignoble werden die Läufer in Verkleidung sogar extra belohnt.
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Kurzurlaub in Brüssel

Nach all dem Trubel mit dem Umzug ist es nun an der Zeit einmal etwas abzuschalten – auch weil das nächste größere Event bereits deutlich seine Schatten voraus wirft: Ich wechsle den Arbeitgeber – zum Abschluss muss nun noch der verbliebene Resturlaub weg. Da ich am Wochenende auch noch den Ultralauf „Trail des Pyramides noires“ im Norden Frankreichs auf dem Plan habe, lag es nahe die Fahrt in kleinere Teile zu zerlegen. Zudem wollte Marion einmal wieder nach Brüssel.

IMG_20150605_071308[1]Gut, Kurzurlaub, das habe ich ja früher auch schon häufiger gemacht, auch mal eine Woche oder etwas mehr, eigentlich also nichts neues, nur ein neues Ziel. Wenn da nicht die Sache mit dem Nachwuchs wäre… Hier haben wir am Bamberger Weltkulturerbelauf erste Erfahrungen sammeln können. Eines der Ergebnisse: Ohne einen Kombi geht maximal ein Wochenende. Daher haben wir für die Woche einen Mietwagen genommen. Somit war es auch nichts mit „daheim losfahren“ – stattdessen haben wir bereits am Vortag einen Teil der Koffer bei meinen Eltern zwischengelagert, damit wir nicht unnötig mehr Kilometer fahren als notwendig. Den zweiten Schwung gibt es dann am Abreisetag. Als Mietwagen haben wir einen Ford Focus als Kombi bekommen. Nicht schlecht, leider als Benziner – die Durchschnittsverbrauchsanzeige lässt schon beim Start nichts Gutes ahnen – 8,3l/100km stehen dort zu Buche. Ich hatte bei einer Vermietung eigentlich nicht mit einem Benziner gerechnet – daher auch nicht nochmal nachgefragt. Wieder etwas gelernt. Immerhin fährt sich das Fahrzeug ganz gut und hat jede Menge Spielereien an Bord.

Beim Einladen des Kinderwagens erleben wir dann unsere erste Enttäuschung – der Kofferraum sieht groß aus, aber wenn der Kinderwagen drin ist, bleibt nicht mehr viel Platz … Soviel zum Kombi. Mit abgebauten Rädern und Hochkant neben einen Koffer geht dann doch etwas mehr hinein, aber ein schaaler Beigeschmack bleibt dennoch. Auch das integrierte Navi ist ganz nett, aber in der Bedienung ist das Multifunktionsdisplay einfach nur sehr träge bis zäh. Das bin ich von meinem Smartphone in besserer Qualität gewohnt (vor allen Dingen deutlich flüssiger) – hier scheint es dem System etwas an Rechenleistung zu fehlen um zügig zu Potte zu kommen. So recht zu Potte kommen will auch der Motor nicht, man merkt das Downsizing doch ganz ordentlich, vor allem wenn man sich an die Schalthinweise hält und dem Verbrauch zu Liebe frühzeitig schaltet. Immerhin ist ein 6-Gang-Getriebe verbaut.

Die Fahrt verläuft recht locker, auch wenn wir häufiger Stau haben und der Tempomat nicht so häufig zum Einsatz kommen kann wie gedacht. Etwas nervig ist die Ansage des Navis, dass die Route angepasst wurde, wegen Verkehrsstörung. Das ist gut gemeint, aber wenn die Routenführung dann gefühlt alle 30 Sekunden aktualisiert wird, nervt es einfach nur noch. Auch wenig überzeugend ist die Aktualität des Kartenmaterials: Bei Aachen fahren wir kurz vor der niederländischen Grenze auf der neu trassierten A4 wunderbar ausgebaut, nur das Navi kennt die Streckenführung noch nicht. Dafür, dass erst rund 5000km auf dem Tacho stehen, ein echt schwaches Ergebnis, denn die Strecke wurde bereits im September vergangenen Jahres eingeweiht. Innerhalb Brüssels ist die Routenführung dagegen zuverlässig – auch wenn ich wegen des dichten Verkehrs von der Stadt erst einmal nichts mitbekomme.

IMG_3034Die Unterkunft ist mehr als großzügig, der Preis ist für die Lage und die Größe des Zimmers (inklusive separatem Badezimmer nur für uns) absolut gerechtfertigt. Problematisch ist das Parken, wir stellen uns kurzerhand in die Tiefgarage in der Nachbarschaft, auch wenn die nicht günstig ist. Auf der Suche nach etwas zum Abendessen bleiben wir letztlich bei einem der Döner im ehemaligen Arbeiterviertel hängen. Immerhin ein wenig Sight-Seeing ist auch schon dabei – eines der alten Stadttore, das Tor „Hallenport“ liegt am Weg – schon imposant.

Nach dem Frühstück geht es dann aber wirklich auf Entdeckungstour. Da wir recht nahe an der Innenstadt sind, laufen wir direkt los. Erstes Ziel ist der Justizpalast – den sieht man schon von weitem, derart groß und wuchtig ist das Gebäude. Von der Terrasse davor hat man einen herrlichen Ausblick über das Zentrum Brüssels. In der Ferne sieht man auch das Atomium, IMG_3061das moderne Wahrzeichen der Stadt. Durch verschiedene Seitenstraßen gelangen wir an den Park „Fontaine Egmont et de Hornes“ sehr hübsch angelegt und gepflegt. Auch die Kirche „Notre Dame du Sablon“ direkt gegenüber besichtigen wir. Direkt nebenan findet sich einer der bekanntesten Plätze der Stadt der „Grand Sablon“ bekannt ist er vor allem für die Antiquitätenhändler, Goldschmiede und (für mich wichtiger) die Schokoladen-Manufakturen die sich reihum befinden. Auch wir schlagen zu und kaufen einige „Pains d’amandes“ sowie Spekulatiuspaste (vergleichbar mit Nutella nur viel viel leckerer).

Es wird langsam Mittag und wir legen eine kurze Pause am „Kunstberg“ ein. Der Service in Belgien ist vorbildlich – es steht direkt im Café eine Mikrowelle bereit zum Erwärmen von Gläschen. Davon kann man in Deutschland nur träumen. Wir selbst greifen bei den Sandwiches zu, immerhin geht es danach noch etwas den Berg hinauf. Auf selbigen befindet sich das belgische Parlament und der Königspalast. Getrennt durch einen größeren Park. Besichtigungen sparen wir uns, da diese mit Kinderwagen und teilweise etwas nörgeligen Kleinkind ohnehin nicht viel bringen würden. Stattdessen machen wir einen Stop in einem der Comic-Läden von denen es in Brüssel mehr als genügend gibt.

IMG_3114Kurz darauf finden wir noch etwas lustiges: Auf einem Platz hat man überdimensionale Blumentöpfe aufgestellt (etwas mehr als mannshoch) – genau die Größe die ich mir schon immer für meine Pflanzen gewünscht habe. Später werden wir sehen, dass sich diese Töpfe noch an mehreren Stellen in der Stadt wiederfinden. Wenn ich jemals einen Garten haben sollte, brauche ich unbedingt einen dieser Pflanzenkübel.

IMG_3156Nun nähern wir uns dem historischen Stadtkern – mit ihren vielen Restaurants und Geschäften. Ein Highlight dabei sind die königlichen Galerien – eine sehr frühe Art Kaufhaus, heute würde man es wohl als Shopping-Center oder Mall bezeichnen. Natürlich alles etwas kleiner. Aus den Passagen heraus gelangt man direkt auf die „Rue des Bouchers“ also die „Schlachterstraße“, diese besteht eigentlich nur aus Restaurants, eines neben dem anderen. Größtenteils ist das absoluter Touristennepp, aber wir lernen dass es auch Vorteile haben kann mit Kinderwagen unterwegs zu sein. Im Gegensatz zu Anderen werden wir von den werbenden Kellnern gar nicht erst angesprochen.

Als nächstes nähern wir uns dem „Grand Place“, dem großen Platz im Zentrum der Stadt. Um den Platz herum finden sich viele sehenswerte Gebäude, unter anderem das Rathaus, das Stadtmuseum und das Brauerei-Museum. In den Seitenstraßen um den großen Platz finden sich natürlich wieder jede Menge Schokoladen-Manufakturen – eine schöner dekoriert als die andere. Dazwischen natürlich immer wieder auch Waffeln in verschiedensten Variationen.

Manneken Pis – der kleine pinkelnde Knabe als Brunnen ist ebenfalls ein echter Touristenmagnet – entsprechend voll ist es rund um den Brunnen – aber dank Teleobjektiv muss man ja gar nicht so nahe ran um ein Bild zu machen. Insgesamt ist der Brunnen viel kleiner als ich ihn mir vorgestellt hatte, aber das geht scheinbar jedem so.

IMG_3147Auf dem Weg zur Börse machen wir noch einen Stopp im Supermarkt – Getränke nachladen und weitere Spezialitäten einkaufen. Zudem bewirbt ein weitere Comic-Laden ein gerade passendes Heft: „Happy Parents“ von „Zep“ – einmal kurz angeblättert und es steht fest: Das brauchen wir! Nach einem Rundgang um die Börse machen wir auf dem Platz „Charls Buls“ einen Stopp und füttern unseren Nachwuchs. Davon angeregt schlendern wir nochmals durch die „Rue des Bouchers“ und deren Seitenarme – unter anderen finden wir dann auch das Delirium Café. Dieses ist dafür berühmt die meisten Biersorten vorrätig zu haben, sogar für einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde hat es gereicht. Auf den Genuss des Hausbieres, mit dem Rosa Elefanten im Logo, verzichten wir, auch weil Marion noch stillt. Auch wenn ich zu gerne wüsste ob man nach dem übermäßigen Genuss des Bieres tatsächlich rosa Elefanten sieht wie behauptet wird. Nebenbei gönnen wir uns noch eine Portion Pommes, die sollte man nicht auslassen wenn man schon mal in Belgien ist.

Für die Besichtigung der Kathedrale sind wir dann doch zu spät dran, diese hat bereits geschlossen und wir machen uns auf den Heimweg – das sind noch einige Kilometer bis wir wieder an der Herberge sind. Nach etwas ausruhen versuchen wir noch eines des Restaurants mit typisch belgischen Gerichten zu besuchen, dass in der Unterkunft empfohlen wird. Leider hat es nur tagsüber auf – wir machen also noch einen Abstecher im kleinen Supermarkt nebenan zum Einkaufen. Nicht unbedingt typisch belgisch aber satt macht es auch.

IMG_3172Für den Donnerstag haben wir uns das Atomium vorgenommen – inklusive einem Test der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Zugänglichkeit der ersten Station ist nicht gerade berauschend – mit dem Kinderwagen die Rolltreppen runter und rauf geht zwar, komfortabel ist aber etwas anderes. Dafür nutzen wir das neue Angebot der Verkehrsbetriebe: Im Laufe des Jahres schaffen diese die Papiertickets ab – es gibt dann nur noch RFID-Tickets. Das System funktioniert sogar wenn zwei Personen gleichzeitig eine Bahn nutzen und umsteigen – absolut genial, muss man lassen.

Am Atomium sehen wir, dass man dieses nicht mit dem Kinderwagen besichtigen kann. Abstellplätze gibt es, aber unser Sohnemann schläft gerade. Also machen wir eine gemütliche Tour durch den ehemaligen Expo-Bereich, leider ohne den gewünschten Erfolg: Er wacht erst einige Stunden später auf, es reicht also gerade noch so für die Besichtigung. Diese ist wegen Umbauarbeiten auch noch eingeschränkt, aber immerhin gibt es dafür einen Preisnachlass. Die Ausstellung selbst ist abwechslungsreich und interessant, der Ausblick lohnt auf alle Fälle. Die Preise im Restaurant in der obersten Kugel kann man (wie bei derart exklusiven Locations üblich) fast nicht bezahlen, daher lassen wir es aus.

IMG_20150528_210836[1]Am Abend machen wir nochmals einen Versuch im Viertel der Herberge essen zu gehen. Empfohlen wurde uns diesmal „Cool bun“ ein Laden der verschiedene leckere Gerichte macht, unter anderem sehr empfehlenswerte Burger. Ich genieße dann auch endlich eines der belgischen Biere. Wie vieles bei „Cool bun“ natürlich aus biologischer Erzeugung. Die Einrichtung ist auch nett gemacht, die Wände sind mit berühmten Zitaten beschrieben. Definitiv eine Adresse die man wieder besuchen will, wenn man wieder nach Brüssel kommt.

Insgesamt gibt es noch jede Menge in Brüssel zu entdecken, wir kommen auf alle Fälle einmal wieder, vielleicht wenn der Nachwuchs etwas größer ist und auch wieder eine Besichtigung eines der Museen leichter wird.

 

 

 

Trail des Pyramides Noires – 105km durch die Abraumhalden

Es ist Mai, also die beste Zeit sich einen Ultra vorzunehmen, den einzigen für dieses Jahr. Man wird als Papa ja doch etwas bescheidener (im letzten Jahr waren es noch drei Läufe mit mehr als 42km).

Nachdem Marion ja angeregt hatte, ich solle doch mal einen Ultra in Frankreich laufen, ist mir der „Trail des Pyramides Noires“ (Trail der schwarzen Pyramiden) aufgefallen. Dieser fand dieses Jahr erst zum zweiten Mal statt, im ehemaligen Kohleabbaugebiet im Nord-Pas-de-Calais. Diese Region ist etwas bekannter geworden durch den Film „Willkommen bei den Sch’tis„.

tmp_17974-IMG_20150529_160613-1483760786Die Anreise aus Brüssel ist recht kurz, der erste Eindruck der Gegend ist gemischt – man sieht von weitem schon die Abraumhalden des Bergbaus und auch die deutlichen Zeichen, dass dieser nicht mehr der Motor der Region ist, der er einmal war. In gewisser Weise vergleichbar mit dem Ruhrpott in Deutschland. Startnummernausgabe und Ziel ist denn auch an einem ehemaligen Bergwerk, 9-9bis (Schacht 9 und 9.2) – das Gelände wird jetzt als eine Art Kulturzentrum genutzt. Das Wetter ist etwas windig und kühl – für den kommenden Tag versprechen die Organisatoren allerdings Sonne. Angeblich wäre der Lauf teurer geworden, wenn man für zwei Tage Sonne bestellt hätte. Insgesamt sind die Preise aber sehr moderat – 50 EUR für 105km und 1700 Höhenmeter.

tmp_17974-IMG_20150529_1947021863185650Da es sich nicht um einen Rundkurs handelt, haben wir ein Hotel in der Nähe des Starts genommen, alternativ gibt es einen Bus-Shuttle vom Ziel zum Start. Abends versuchen wir noch den Start zu finden, das gestaltet sich schwieriger als gedacht. Ich habe zwar eine Karte von der Website mit der Kennzeichnung Parkplatz und Start. Dieser befindet sich angeblich am Kloster „Chartreuse des Dames de Gosnay„. Das finden wir dank Wikipedia dann auch samt Koordinaten. Allerdings ist das alles andere als ein Highlight, es ist eine große Ruine, total verlassen mitten im Nirgendwo.

Drum herum ist nichts, aber auch gar nichts davon zu erahnen, dass in einigen Stunden hier ein Lauf starten soll. Etwas weiter entfernt finde ich als einzigen Hinweis eine Streckenmarkierung mit Flatterband. Im Regen will ich dann aber auch nicht mehr weiter suchen. Verlaufen während dem Trail kann ja jeder – schon bei der Suche des Starts Probleme zu haben ist dann definitiv eine Stufe weiter.
Stattdessen gibt es noch etwas zu Essen – im Industriegebiet gibt es eine Gaststätte „Trois Brasseurs“ (Drei Braumeister) – da schlage ich nochmal bei den Kalorien zu, bevor die kurze Nacht beginnt – der Start ist um 4:00h in der Frühe.

tmp_17974-IMG_20150530_035251414553391Im Hotel gibt es in aller Frühe noch ein kurzes Frühstück, ich bin derart unter Strom, dass ich mir das vor lauter Aufregung gleich nochmal durch den Kopf gehen lasse – immerhin: die zweite Portion bleibt dann auch im Magen – ich hoffe nur, dass dies kein schlechtes Omen für den Tag ist.
Am Start sind tatsächlich jede Menge Läufer versammelt – geparkt wird im Wohngebiet – ich frage mich, was die Anwohner wohl von der Aktion mitbekommen. Vor dem Start gibt es noch ein kurzes Briefing, gut das Marion dabei ist – sie übersetzt für mich. Wobei die Angaben recht einfach sind: Weißes Flatterband oder orangefarbene Markierungen auf dem Boden zeigen an wo es langgeht. Ich komme auch dahinter warum die wohl noch im Dunkeln starten: Dann sieht man nicht so arg wie verfallen das Kloster ist. Pünktlich um 4:00h knallt dann auch der Startschuss und es geht los.

Im Dunkeln geht es durch eine Art Naturschutzgebiet – auf den ersten Anstieg zu – ich bin recht gut beisammen und reihe mich im Feld ein. Trail ist bei dem Lauf wörtlich zu nehmen – es gibt jede Menge „gescheite Wege! (tm by Jürgen)“ – quer durch den Wald oder Gebüsch- teilweise geht es nur hintereinander zu laufen. Es sind genügend Läufer unterwegs, über die Strecke muss man sich nicht übermäßig Gedanken machen, wobei wir beinahe an einer Abzweigung vorbei laufen – es ist ja ein Trail – warum also den Wirtschaftsweg auf die Abraumhalde hochlaufen, wenn man auch direkt quer den Hügel hoch kann? Da hilft teilweise nur Klettern. Oben belohnt dafür ein herrliches Panorama im Morgengrauen, bevor es, natürlich auch wieder direkt, den Berg runter geht.

Ich laufe in einer kleinen Gruppe mit, das macht die Orientierung etwas leichter, denn mit einmal stehe ich auf einer Straße und suche die Markierung – der eigentliche Trail geht kurz vor der Straße durch den Busch. Der nächste Hügel ist schon in Sicht – diesen geht es natürlich auch wieder direkt nach oben – und oben erst einmal entlang der Abbruchkante zwischen dem Krater und der Außenwand – zumindest meinen das fast alle und ich laufe daher hinterher – irgendwann fällt dann auf, dass keine Markierung mehr da ist, besser gesagt: Diese befindet sich im Kraterinnern, also rutschen wir zügig den Hang hinunter. Langsam fühle ich mich auf dem Trail wohl – es fühlt sich an wie Ulmer Laufnacht, nur das man gefühlt permanent bei Kilometer 80+ über den Truppenübungsplatz läuft. Kurze Zeit später mache ich nach einer Abzweigung dann auch nochmal Bekanntschaft mit dem Boden – es geht mal wieder durchs Gebüsch – direkt nach dem Einstieg ist aber eine kleine Bodenwelle – auf der komme ich dann zu liegen – nichts passiert, die anderen drum herum erkundigen sich kurz und schon geht es weiter.

Der Trail ist teilweise wirklich abenteuerlich – es geht quer durch den Wald, oder auch mal wieder einen Abhang hoch. An einer Stelle stehen wir kurzfristig auch vor einem Bach – ich denke schon, jetzt sei auch noch ein wenig Triathlon eingebaut, aber der Trail geht dann doch am Ufer entlang.

tmp_17974-IMG_20150530_055331-1285510483Nach den Hügeln und Trails ist jetzt erst einmal ein wenig Erholung angesagt – es geht teilweise durch die Bebauung – wie ich bemerke, muss das ein alter Bahndamm sein, den man als Wanderweg hergerichtet hat – angesichts der Geschichte der Region ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass es derer wohl einige gibt. Nur wenige Kilometer später befindet sich die erste der insgesamt fünf Versorgungsstationen, ich habe wenig Hunger und der Rucksack ist noch gut mit Wasser gefüllt – für die kommenden 20km sollte das reichen. Eine Straßenecke weiter wartet Marion – mir ist zu dem Zeitpunkt nicht ganz wohl und ich bekomme einen Hustenanfall, weil ich mich an einem Stück Banane verschluckt habe – der Magen rebelliert dann gleich nochmal mit. Ich bin kurz davor den Trail einfach abzubrechen, aber der Stolz überwiegt noch – aussteigen nach nur 16km kommt gar nicht in die Tüte. Also mache ich mich wieder auf den Weg. Mittlerweile ist es hell geworden und ich laufe durch die Felder in den Sonnenaufgang – das tut
einfach nur gut und gibt mir wieder Zuversicht.

Die Strecke führt wieder auf einer alten Bahntrasse entlang auf die nächste Abraumhalde zu – diesmal sind es zwei Hügel, die man in der Ferne schon sehen kann. Im Kopf klingt „eine Insel mit Zwei Bergen“ aus „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ dazu. Die alte Bahntrasse lässt sich gut laufen, auch wenn immer mal wieder ein paar Schleifchen (tm by Peter) rechts und links durch die Bewaldung führen. Auch gibt es immer wieder Höhenmeter, nämlich immer dann wenn früher mal eine Brücke für die Bahn existierte – diese sind abgebrochen und stattdessen gibt es Treppen – jeweils einmal runter und drüben wieder hoch, teilweise ist der Damm sehr hoch aufgeschüttet und es gibt Treppenstufen.

Die beiden Berge nähern sich, und es gilt die Bergwertung zu bewältigen – einmal an den Aussichtspunkt am „Terril No2“ hoch und wieder runter, den „Terril No3“ muss man nur am Fuß umrunden, aber da kommen auch schon wieder Höhenmeter zusammen. Danach gibt es wieder ein Erholungsstück – es geht erst durch die Bebauung. Dort zweige ich für kurze Zeit falsch ab, weil eine Markierung ungünstig angebracht ist – zusammen mit einem nachfolgenden Läufer finde ich das aber recht schnell wieder heraus und wieder auf die Trasse zurück.

Es folgt ein Stück durch ein Waldgebiet, richtig schön, auch wenn dort wieder einige knackige Anstiege warten – diese gehe ich ganz bewusst hoch und nutze die Chance etwas zu trinken und zu Essen. Diese Passage wäre wieder etwas für Jürgen, viele Trails quer durch den Wald. Dieser recht schöne Abschnitt endet mit der Unterquerung der Schnellstraße, es geht wieder auf eine alte Bahntrasse diesmal als kleiner Park angelegt – alles sehr ruhig. Kurz nach Kilometer 30 wartet dann der nächste schwarze Berg. Der Trail schlängelt sich danach direkt auf den nächsten zu, es geht also fast Schlag auf Schlag. Ich sehne ganz langsam aber sicher die Versorgungstation herbei, aber die lässt noch auf sich warten – im Gegensatz zu meinen bisherigen Läufen gibt es keine Kilometer-Schilder an denen ich mich orientieren könnte. Eine GPS-Uhr habe ich ja nicht – meine Pulsuhr funktioniert einfach immer noch super zuverlässig und im Training weiß ich wie lange die Strecken sind, entweder ich messe sie ab oder jemand hat ein GPS dabei. Für Notfälle habe ich mein Handy dabei, dort ist auch die Karte samt Track eingespeichert, aber ich will nicht extra anhalten um zu sehen wie weit ich bin.

IMG_3212Ein Streckenposten in den Feldern informiert dann aber, dass der nächste Versorgungspunkt nur noch 800m weg ist, am Ende der Felder sieht man schon das Haus dazu. An dieser Station tanke ich dann auch ordentlich auf – denn nun folgt eine längere „Durststrecke“. Kurz nach der Station steht Marion mit Glen. Ich übergebe ihr die Stirnlampe bevor ich weiterlaufe – die werde ich nun nicht mehr brauchen.

Es geht weiter durch die Felder – in der Ferne sieht man bereits einige der kommenden Hügel, aber noch sind diese weit entfernt. Der Weg ist anfangs noch ein breiter Wirtschaftsweg, aber er wird nach und nach zum Trampelpfad durch die Felder – reichlich zugewachsen und an einer Stelle kann man sich entscheiden ob man durch die Felder will, oder doch über die Bauschutt-Buckel auf der Strecke. So sonderlich finde ich diese Einlage nicht, es ist verdammt anstrengend zu laufen, aber nach etwas mehr als zwei Kilometern hat das auch ein Ende und es geht wieder durch eine Ortschaft hindurch – es fällt mir nach der Ortschaft zum ersten Mal auf, wie dreckig das Umfeld der Laufstrecke ist – entlang der Autobahn aber auch sonst liegen jede Menge ausgedienter und zerstörter Möbel und Elektrogeräte – kein Aushängeschild für die Region.

Auf ein erfolgreiches „Recycling“-Konzept geht es dafür als nächstes zu, einer der ehemaligen Abraumhügel wurde erfolgreich zu einer Ski-Abfahrtspiste umfunktioniert – aktuell natürlich außer Betrieb, aber dennoch eine kreative Nutzung. Drum herum klappt das Recycling anscheinend nicht – es liegt allerhand Müll entlang der Strecke herum – auch wenn das nur wenige Meter sind, so bleibt es mir doch negativ im Gedächtnis. Nach einer Treppe umrunden wir den Hügel – hier sieht die Natur schon wieder besser aus – zumindest ist der Müll nicht direkt auffällig und man tritt nicht ständig auf irgendwelche Plastiktüten. Dafür verpasse ich eine Abzweigung und laufe erst einmal den Hügel am falschen Ende hinunter, nur um dort keine Markierung zu finden. Also retour und wieder einreihen. Ärgelich aber nicht zu ändern.

Die Strecke führt nun wieder durch die Felder – noch immer laufe ich mit Jacke, aber es wird langsam richtig sonnig und warm, zumindest so lange man nicht wieder durch eines der Waldgebiete oder den Park läuft – dort ist es immer leicht windig und entsprechend kühl. Irgendwann kommt dann auch endlich die nächste Versorgungsstation in Sichtweite – Kilometer 51 an der Kirche in Grenay. Marion suche ich vergeblich, per SMS erfahre ich, dass sie noch Glen füttert. Dabei wäre jetzt die Reserve-Jacke echt hilfreich. Die bisherige ich klatschnass vor Schweiß. Kurzentschlossen packe ich sie in den Rucksack. Das verschwitzte Shirt wärmt zwar nicht und mir frösteltet etwas, aber ich hoffe einfach, dass es in den kommenden Kilometern wieder trocknet. Aus dem Ort hinaus sieht man schon die nächsten Hügel, die es zu erklimmen gilt. Diesmal auch wieder mit Kontrolle auf dem Gipfel, der Ausblick bei herrlichem Wetter ist wunderbar, leider habe ich keine Zeit ihn wirklich zu genießen.

Nach einigen Kurven den Hügel wieder hinunter geht es durch Liévin, ich gehe und stärke mich aus meinem Vorrat im Rucksack. Währenddessen versuche ich mit Marion einen Treffpunkt auszumachen, aber spätestens nach dem Passieren des Wasserturms von Liévin ist mir klar, dass es wohl nichts mehr wird vor der 74km Marke – denn die Strecke führt nun wieder auf Wirtschaftswegen und Trampelpfaden durch die Landschaft. Ich kann wieder einige Zeit gut joggen, die steileren Steigungen gehe ich allerdings konsequent nach oben. Nach Angres geht es in ein Naherholungsgebiet, das hat sich um einen der Abraumhügel herum entwickelt und ist richtig schön – man läuft durch den Wald auf einem ausgebauten Wanderweg bevor es den steilen Anstieg hinauf geht. Gefühlt kann die nächste Versorgung nicht mehr weit sein, ich nutze dennoch die Gehphase um zu Trinken und Gummibärchen verspeisen. Hatte nicht einer der Ordner etwas von Kilometer 66 gesagt – von dort wären es ja dann nur noch 8km gewesen, aber laut Uhr bin ich schon fast
wieder eine Stunde unterwegs – das will nicht zusammen passen.

Ich vermute die Station am Fuß der Abraumhalde, aber auch da taucht sie immer noch nicht auf – stattdessen geht es nochmal über einen kleineren Hügel und durch eines der Industriegebiete von Lens. Langsam werde ich unsicher: Habe ich die Station verpasst? Womöglich irgendwo eine Abkürzung genommen die ich gar nicht nehmen wollte, weil ich eine Markierung falsch interpretiert habe? Kurz nach dem Bahnhof kommen wir in einen Park und es wird mir zu bunt. Ich krame mein Handy aus der Tasche – Marion hat sich gemeldet – sie wartet und beschreibt einen Park mit einer Allee – das könnte hinkommen. Ich jogge etwas weiter, aber die Beschreibung passt nicht zu dem was ich sehe. Also öffne ich die Offline-Map (Locus-Maps ist ein klasse Tool, gerade im Ausland oder in Gebieten mit fehlender Netzabdeckung) – das erleichtert mich dann doch: Laut GPS bin ich auf der Strecke erst bei 73,2km – also noch etwa 800m plus etwas Toleranz. Also doch alles richtig – Erleichterung. Fast schon leichtfüßig jogge ich den letzten Anstieg vor der Versorgung hinauf.

IMG_3217Die Versorgung ist etwas größer, es gibt Musik und jede Menge Verpflegung. Ich schaufle Kalorien in mich hinein und lasse mir meinen Trinkrucksack auffüllen – der ist komplett leer, viel weiter weg hätte die Station also nicht mehr sein sollen. Marion bringt mir die Ersatzjacke – noch brauche ich die nicht, aber man weiß ja nicht was noch kommt an Wind. Zwischenzeitlich hatte sich die Wolkendecke auch mal etwas zugezogen, aber jetzt scheint wieder die Sonne.

Vor mir liegen noch 31km und laut Marion noch sieben Hügel (man könnte fast meinen man ist in Rom). Es folgt eine recht angenehme Strecke – es geht ganz leicht bergauf – vermutlich wieder eine alte Bahntrasse, aus dem Ort hinaus. Teilweise wird die Strecke mehr zur Übung für den Kopf als für die Beine, denn vor oder hinter mir sehe ich trotz sehr langer Geraden keinen einzigen Läufer. Dennoch stehen an fast jeder Querung Helfer, die den Verkehr regeln. Ein ganz herzliches Dankeschön dafür an dieser Stelle. Am Ende der Flachstrecke befindet sich natürlich wieder ein Hügel, direkt neben dem „Parc des Îles“ – ein Freizeitpark, der schön angelegt ist. Auf dem benachbarten Messegelände ist ein großes Drachenfest – mehr als 50 Drachen schweben dort in allen Formen und Farben in der Luft. Damit hat man trotz der Anstrengung etwas als Ablenkung – der Ausblick vom Plateau ist einfach wunderschön. Ich hole einen Läufer ein und ziehe mir dir Jacke über – der Wind hat ganz ordentlich aufgefrischt. Die Hügel sind mal wieder im Doppelpack – nach dem Gefälle zurück an den Park geht es natürlich gleich wieder hoch – erst durch die ausgetrockneten Staubecken, dann auf den Grat. Auf der Kuppe halte ich Ausschau ob nicht denn schon irgendwo das Ziel in der Ferne auszumachen ist. Ich müsste ungefähr 10km zurück gelegt haben, also noch ungefähr ein Halbmarathon liegt vor mir.

Steil geht es runter vom Hügel – der Trail schlängelt sich durch verschiedene Grünflächen der Stadt und die Industriegebiete – mal mehr mal weniger zugewachsen. Vor allem fällt mir negativ auf, wie viel Müll im Gebüsch liegt. Nach dem Unterqueren der Bahnlinie laufen wir auf den „Parc des Rescapés“ zu, der an das große Grubenunglück erinnert. Den sogenannten „Weg der Überlebenden“ sparen wir aus, auch wenn er irgendwie passend wäre vom Namen.

Nun folgt eine längere Strecke durch ein altes Abraumgebiet bzw. eine Brache – nicht unbedingt ein Highlight – zumal ich recht viel gehen muss, einfach weil mir die Engergie fehlt. Es geht in der Nähe des Klärwerks vorbei, das riecht man mehrere Kilometer lang auch entlang des Kanals der dorthin führt. Das wird recht schnell besser, als wir uns einem Park nähern. Der ist dann wieder ein echter Hingucker, inklusive Querung der Seen mit Brücke oder mit dem Springen von Stein zu Stein. Gefühlt müsste demnächst die nächste Versorgung auftauchen – nach einer Wiesenfläche sehe ich ein deutliches Indiz dafür: Unser Mietwagen steht seitlich auf einem Parkplatz. Keine 5 Minuten später stehe ich an der Versorgung bei Kilometer 94.

IMG_3222Ein letztes Mal greife ich bei Cola und allerhand Kalorien zu und lasse den Rucksack füllen. 11km und ein letzter Abraum-Hügel liegen noch vor mir. Die Streckenführung ist nun recht angenehm – eine ganze Weile am Kanal entlang. Mir gehen Erinnerungen durch den Kopf, an den Neckarkanal in Mannheim, aber auch an die Zeit als ich Nürnberg regelmäßig am Main-Donau-Kanal trainiert habe. Unterbrochen wird die flache Strecke nur durch das ein oder andere „Schleifchen (tm by Peter)“, damit man noch einige Höhenmeter mehr bekommt. Ich muss vergleichsweise viel gehen, da hilft es auch wenig, dass ich nochmal Energie aus dem Rucksack nachführe. Die Kilometerangaben für die Schifffahrt sind gut zur Orientierung geeignet: Ich orientiere mich daran, immer versuchen einen zu joggen, danach einen gehen, wie ein Laufanfänger es auch machen würde.

An einer Brücke geht es weg vom Kanal und anschließend über die Autobahn – noch immer sehe ich die Fördertürme von 9-9bis nicht – weit können die allerdings nicht mehr sein. Ich gehe schon wieder geraume Zeit, auch als ich das Ortsschild von Oignies passiere, dabei fällt mir unter anderem auf, dass Mutterstadt, ein Örtchen bei mir daheim um die Ecke Partnerstadt ist. Ein Läufer überholt mich und motiviert mich – es ist nicht mehr weit – laut seinem GPS noch 5km. Also raffe ich mich nochmal auf und trabe an. Es geht erstaunlich gut, anfänglich kann ich nicht ganz mithalten, aber es wird immer besser und als wir aus dem Feld wieder in den Wald kommen lasse ich ihn hinter mir – diesmal muss er gehen, er nimmt mir das allerdings nicht krumm.

IMG_3224In der Ferne ist Musik zu hören – das muss das Ziel sein, allerdings ist vor dem Ziel noch ein letzter Abraum-Hügel zu überwinden bzw. zu erklimmen – einmal hoch, Ausblick aufs Ziel erhaschen und wieder runter. Auf dem Hügel spielt eine kleine Kapelle – einfach genial. Der letzte Abstieg fällt vergleichsweise leicht, auch wenn die Knie zu verstehen geben, dass langsam genug sei. Über die Straße und dann auf den Zielbogen zu. Geschafft! 105km und 1700hm liegen hinter mir – Marion ist noch nicht da, ich war auf die letzten 11km deutlich schneller als gedacht. Keine Ahnung wie das geht, denn ich bin auch wieder viel gegangen. Ein Helfer nimmt mir den Zeitmess-Chip vom Schuh und ich hole mir meine Finisher-Jacke ab (es gibt kein Trikot sondern mal was sinnvolles). Während ich die Massage genieße trifft Marion ein. Ich begutachte derweil noch die Schäden am meinem Laufwerk – eine dicke Blase und eine Scheuerstelle – mehr nicht, das ist gut.

Ich löse noch den Gutschein für etwas zu Essen und ein Bier ein, zwischenzeitlich wird mir mal wieder kalt weil ich so ausgelaugt bin. Aber ansonsten ist alles ok, auch die Rückfahrt bis ans Hotel überstehe ich ohne Krämpfe. Am nächsten Tag gibt es dann auch die Ergebnisse online: 13:10:47 – damit auf Platz 23 insgesamt (gestartet sind 135 Läufer über 105km, angekommen sind 108). In der Altersklasse bin ich sogar auf Platz 9 gelandet.

Fazit: Der Lauf ist anspruchsvoll und hat durchaus seine Reize. Organisatorisch ist noch etwas Luft nach oben. Zumindest gelegentliche Kilometerschilder wären ganz nett, und auch eine klare Kennzeichnung des Startbereichs schon am Vortag wäre sinnvoll. Die Abraumberge sind Thema des Laufs und auch sehr schön zu laufen, wenn auch anstrengend. Weniger schön sind die Strecken durch die Industriegebiete und auch einige Trampelpfade könnten eine Entrümpelung vor dem Lauf vertragen. Das würde auch dem Image der Region entgegen kommen. Ob ich den Lauf gleich nächstes Jahr nochmal machen will, weiß ich noch nicht, aber irgendwann sicher einmal wieder. Unschlagbar ist auf alle Fälle das Preis/Leistungs-Verhältnis: Für 50 EUR gibt es 105km, 5 Versorgungstationen, atemberaubende Ausblicke und für die Finisher ein personalisiertes Jäckchen. Von daher kann man dem Lauf nur wünschen, dass noch mehr Teilnehmer sich dafür begeistern können und er nicht wieder in der Versenkung verschwindet.

Mannheim Marathon 2015

Schon praktisch so ein Marathon direkt vor der Haustüre bzw. direkt in der Region – auch in diesem Jahr habe ich mich wieder für den Mannheimer Marathon angemeldet – in gewisser Weise hat die Strecke für mich ja auch eine historische Dimension – mit der Teilnahme am Team-Marathon 2007 habe ich den Einstieg in die Laufszene gefunden. Seither bin ich in Mannheim immer mal wieder dabei gewesen, wenn auch nicht durchgängig – z.B. wenn der Wettkampf mit anderen Terminen kollidierte (z.B. die geplante Teilnahme in Biel, die dann auch noch ins Elbehochwasser gefallen ist …).

Seitens der Veranstalter lagen die Messlatten sehr hoch – im vergangenen Jahr gab es ein Debakel um fehlgeleitete Läufer, die Strecke war nicht eindeutig genug gekennzeichnet – nicht wenige Läufer liefen daher zu wenig, oder zu viel. Zudem gab es massive Kritik an der Streckenführung (die es aber auch bewerkstelligen musste, mit einem Kurs ein Angebot für Halb-Marathon, Marathon, Inline-Marathon und Handbike-Marathon zu vereinigen).  Schon aus diesem Grund hatte ich ein Interesse an der Teilnahme.

Auch bei mir gab es Änderungen – seit ich Papa bin, habe ich mein Training mehr oder weniger eindampfen müssen – auch der persönliche Foto-Service durch meine Partnerin war damit nicht mehr so einfach möglich (wobei ich im vergangenen Jahr einfach viel zu schnell unterwegs war, im Vergleich zu dem was ich vorhatte …). Immerhin treffen wir uns vorher noch mit anderen Eltern aus der Krabel- und PEKIP-Gruppe – noch ein Papa läuft mit, wenn auch nur beim Team-Marathon (aber das ist ja die Einstiegsdroge wie ich weiß).

Der Start wurde verlegt – das Läuferfeld startet nicht mehr in Richtung Augusta-Anlage sondern aus der Augusta-Anlage heraus mit einer Ehrenrunde um den Wasserturm. Insgesamt keine schlechte Idee – allerdings sollte es um die Startblöcke herum auch noch Dixi-Toiletten geben, nicht wenige Läufer müssen vor Aufregung nochmal – ich mache daher noch einen Abstecher ins Kongress-Zentrum auch wenn das ein Umweg ist – aber ich habe ja genügend Puffer eingeplant. Der Start aus den Blöcken verläuft reibungslos – allerdings gibt es direkt nach der Startlinie in der ersten Kurve einen Stau – da muss nächstesmal noch nachgebessert werden.

Nach der Ehrenrunde geht es auf altbekannter Strecke durch die Augusta-Anlage gen Osten, die Sonne im Rücken. Meine Jacke habe ich dabei, aber ich binde sie mir recht bald um, trotz Wind ist es mir nach dem Start gut warm. Marion und Nachwuchs stehen noch in der Augusta-Anlage an der Strecke und feuern mich lautstark an. Kurz darauf überhole ich Jürgen aus meiner Ultra-Laufgruppe, er will diesmal nur einen lockeren Halbmarathon laufen. Den Pacemaker für 4:00h habe ich da auch schon überholt. Der Pacer für 3:45 folgt noch vor Kilometer 2 in der Nähe des Planetariums.

Ab Neuostheim geht es die neue Streckenführung entlang – über die A656 nach Neuhermsheim und dann durch die Gärten parallel zur Autobahn – die Büsche schirmen den Lärm doch recht gut ab. Das erste Zwischenziel kommt bald darauf in Sichtweite, die SAP-Arena – diesmal geht es nicht im Stockdunkeln hindurch sondern nur daran vorbei. Die Wechselstation ist einen knappen Kilometer später vor dem Maimarkt-Gelände – ich kann es kaum glauben, aber es sind schon 7 km gelaufen und ich bin in Sichtweite des 3:30h Pacemakers. Innerlich zögere ich noch etwas ihn zu überholen, aber nach mehreren Blicken auf die Pulsuhr wage ich dann doch denn Versuch.

Die Strecke führt durch die Felder der Einflugschneise des Flughafens (Hubschrauber-Anflug gibt es als Gratis-Dreingabe) auf Seckenheim zu. Dort treffen wir wieder auf die alte Streckenführung – der zusätzliche Haken im Industriegebiet von einigen wenigen 100m ist einfach nur lästig – da sollte man im kommenden Jahr mal versuchen ob man nicht an anderer Stelle die notwendigen Meter noch einfügen kann, ohne U-Turn.

Das Feld ist gut bestückt aber nicht mehr so dicht wie beim Start, als wir in Seckenheim durch die Badener Straße laufen – die Stimmung im Vorort ist wie immer absolut spitze – die Menschen stehen an der Strecke und feuern jeden Läufer an – so macht das richtig Spaß. Es ist fast schon schade wieder hinaus zu laufen – nun geht es erstmal der Sonne entgegen, die steht so ungünstig, dass man fast die Menschen am Rand nicht mehr wahrnimmt, nur noch als Schatten und das trotz Sonnenbrille. An der Versorgung habe ich noch versucht meine Flasche wieder aufzufüllen, aber das gestaltet sich bei dem Tempo doch etwas schwieriger als gedacht – mit ein zwei Bechern reicht es gerade mal für ne halbe Portion, danach ist man schon vorbei – von der Möglichkeit zudem noch etwas zu Essen abzugreifen mal ganz zu schweigen. Aber noch ist alles ok, und die nächste Versorgung ist ja auch nicht weit.

Die Strecke bis an die Wechselstation am Flughafen in Neuostheim zieht sich ein wenig, aber es stehen immer wieder Leute an der Strecke – auch Peter und Gudrun aus der Ultra-Laufgruppe feuern mich kräftig an. Die Strecke führt fast kerzengerade auf den Fernmeldeturm zu – dort erwartet mich ein persönliches Highlight, denn die DJK Feudenheim besetzt dort die Wasserstelle – entsprechend freudig werde ich begrüßt und bekomme Wasser gereicht.

In mehreren Kurven geht es nun wieder in Richtung Wasserturm – an den Kreuzungen stehen unter anderem noch meine Trainingspartner der DJK, die machen mir nochmal richtig Dampf – wenn die wüssten, dass ich eigentlich viel zu schnell unterwegs bin … kurz vor dem Wasserturm an der Versorgung greife ich eine ganze Banane ab – der inoffizielle Name der folgende Straße „Fressgasse“ bekommt da eine ganz neue Bedeutung. Bereits von weitem sieht und hört man diesmal die Aufteilung der Läufer in Marathonis und Teams sowie Halbmarathonis. Für die Halben geht es links ab, der Rest darf gerade aus weiter laufen.

CIMG0299Kurz vor der nächsten Kurve stehen dann auch meine Eltern und feuern mich lautstark an – für mich geht es jetzt ans Eingemachte der Pacemaker ist immer noch hinter mir – 20 km sind gelaufen  – fast die Hälfte. Kurz vor der Halbmarathonmarke gesellt sich eine Duo-Marathon-Läuferin zu mir – ich laufe angeblich genau ihr Tempo mit um die 5 min/km – sie hängt sich also erst mal an mich dran – mir macht das nichts aus. Nach der Halbzeit geht es die erste nennenswerte Steigung hoch – nicht wie sonst über die Kurt-Schuhmacher-Brücke, sondern diesmal über die Konrad-Adenauer-Brücke nach Ludwigshafen. Der Ausblick auf den Rhein ist dennoch ganz gut, der Anstieg ist vergleichsweise kurz und knackig.

In Ludwigshafen geht es die Brücke hinunter und dann entlang des Rheins gen Süden – die Sonne ist gerade am untergehen und taucht die Szenerie in schöne Farben. Die nächste Steigung ist auch schon in Sicht, die sogenannte Schneckennudel-Brücke auf die Rheininsel in Ludgwigshafen – ihren Namen hat sie wegen der Bauform – auf beiden Seiten des Hafenbeckens schraubt man sich in 2 Kreisen nach oben bzw. wieder nach unten. Sieht aber schlimmer aus als es ist, auch wenn der Puls klar zu erkennen gibt: Das ist schwieriger als geradeaus laufen.

An der Uferpromenade des dortigen Neubaugebiets stehen jede Menge Leute – ein Kleinkind reißt sich los und rennt ohne sich umzuschauen quer über die Bahn und mir fast vor die Füße mit Mühe kann ich einen Sturz verhindern – die Eltern und der Filius bekommen von mir eine lautstarke Meinungsäußerung zu solchem Verhalten zu hören, das kostet aber auch Kraft. Auch wenn das nicht schön ist und vielleicht unangemessen wirkt, sollte der Veranstalter überlegen ob er hier im kommenden Jahr mehr Ordner oder gar Absperrungen einsetzt.

Die Strecke schlängelt sich noch etwas durchs Wohngebiet und quert wenig später wieder das Hafenbecken – diesmal ohne Steigung. Kilometer 26 liegt hinter mir als wir das Südwest-Stadion und somit die nächste Versorgung und Wechselzone erreichen – es ist immer noch vergleichweise viel los, was auch daran liegt, dass die Strecke von nun ab eine Pendelstrecke ist, der Wendepunkt liegt noch ca. 4km entfernt. Ein echtes Hindernis haben die Macher an der nächsten größeren Straßenquerung eingebaut – es geht einige Stufen hoch und über eine schmale Fußgängerbrücke, die ich absolut nicht im Kopf hatte – die kostet nochmals zusätzlich Kraft und Zeit aber noch läuft alles recht gut.

Durch den Stadteil Mundenheim stehen noch einige wenige Zuschauer an der Strecke – am Ende der Bebauung geht es unter der B44 hindurch – unter der Brücke ist es schon merklich dunkel – vorbei an der Großbäckerei Görtz – die haben schon die Produktion für Sonntag angefahren und über die Strecke weht ein Duft von frisch gebackenem Brot – darauf hätte ich in dem Moment echt Lust – aber es gibt leider keine spezielle Versorgung – immerhin in der Ferne ist schon Rheingönnheim zu sehen und vor allen Dingen zu hören. Die Stimmung dort ist wie immer super – viel Musik und jede Menge Leute an der Strecke – vor lauter Leuten sieht man die Kilometerschilder nicht und ich wundere mich ein wenig … nach dem Wendepunkt und etwas Wasser und Iso an der Versorgung geht es zurück in Richtung Ludwigshafen Zentrum.  Dort taucht auch endlich wieder ein Kilometerschild auf – noch 11km. Also nur noch ein ganz kurzer Trainingslauf … dafür noch 3 Steigungen die mir auf Anhieb einfallen.

Unter der Brücke der B44 ist es jetzt stockfinster – etwas mehr Beleuchtung würde an dieser Stelle nicht schaden, auch wenn gleich dahinter die Straßenbeleuchtung wieder für Licht sorgt. Es laufen uns noch jede Menge Läufer entgegen unter anderem bekomme ich den 3:45 Pacemaker nochmal von vorne zu Gesicht – noch geht es mir gut – auch die kleine Fußgängerbrücke kann mich nicht mehr wirklich schocken – direkt am Fuß der selben steht ein Motivationsschild: 33km geschafft! Die Brücke ist scheinbar aber gar nicht für Läufermassen ausgelegt – während ich darüber laufen habe ich das Gefühl als würde sie wackeln wie der berühmte Kuhschwanz … kein gutes Gefühl, aber es sind ja nur wenige Meter. Nach der Brücke kann man schon die nächste Wechselzone sehen, es gibt nochmal Wasser und Iso für mich – ich hätte zwar auch gerne etwas zu Essen abgegriffen, aber ich bin einfach zu schnell.

Das mit dem Essen rächt sich denn auch recht bald – bis Kilometer 34 zieht sich die Strecke gefühlt ewig – kurz nachdem wir wieder auf der Rheininsel sind bekomme ich dann auch den Hinweis, dass ich deutlich langsamer geworden bin – jetzt nicht mehr um die 5 min/km sonder deutlich darüber. Aber ich kann nicht mehr viel schneller – es fehlt mir die Energie. Ich lasse die Duo-Marathon-Läuferin ziehen – immerhin hat sie ja 19km weniger in den Beinen als ich, da hätte ich auch noch Energie.

Neben mir rauscht der Rhein entlang, an einigen wenigen Stellen der Promenade stehen noch Zuschauer, diese sind aber auch noch voller Energie und feuern jeden Läufer an – einige Team-Läufer überholen mich zügigen Schrittes – unschön und frustrierend aber nicht zu ändern. Der Abzweig zur Schneckennudelbrücke ist nicht gut gelöst – von der Promenade mit ihrer Beleuchtung geht es ins Dunkle hinein und den Rheindamm hoch – zwei Polizisten mühen sich mit Taschenlampen ab den Weg halbwegs auszuleuchten – hier muss im kommenden Jahr definitiv eine Beleuchtung hin. Direkt danach und somit doch recht überraschend kommt die nächste Versorgung. Ich greife bei Iso und Cola zu, das gibt immerhin wieder einen Schub. Die Brücke meistere ich erstaunlich gut, das von mir befürchtete Chaos mit entgegenkommenden Läufern bleibt aus – die sind alle schon durch. Nach der Brücke sind es noch 5 km bis ins Ziel – man kann Mannheim auf der anderen Seite des Rheins schon sehen. Ebenfalls sieht man auch die Konrad-Adenauer-Brücke, die es nochmals zu erklimmen gilt …

Ich kämpfe mich vorwärts – „es ist ja nicht mehr weit“ wird zu meinem Mantra für die letzten Kilometer. Vor der letzten Steigung steht nochmal eine Versorgung – komischerweise aber keine Kilometerangabe mehr – zumindest keine die ich wahrnehme. Ich kippe nochmal ne Mischung aus Cola und Iso in den Rachen (und teilweise auch aufs Trikot). Dann nehme ich die Steigung in Angriff und siehe da, es geht und ich kann sogar noch Läufer einholen.

Die letzte wichtige Steigung ist überwunden, jetzt folgen nur noch „Scheinbuckel“ – aber erst mal gibts noch Sightseeing – einmal vorm Schloss in Mannheim vorbei und durch den Ehrenhof – an der Versorgung gibts nochmal Wasser – noch immer habe ich kein Kilometerschild gesehen, aber gefühlt sind es noch 3 oder weniger Kilometer – kurz nach dem Schloss, an der Uni-Mensa steht dann endlich das erlösende Schild: 40km sind geschafft. So langsam bereite ich mich auf den Endspurt vor – mahne mich aber, es nicht zu übertreiben – die allerletzte kleine Steigung vor der alten Sternwarte ist auch geschafft – jetzt ist alles topfeben. Vorbei am Amtsgericht und Stadthaus auf die Zielgerade in der Kunststraße – noch 1km. Ich sauge mich nach und nach an die verbliebenen Läufer heran – das Publikum wird immer mehr, am Wasserturm ist richtig Stimmung – es trägt mich um den Friedrichsplatz zum Ziel.

Warum der Moderator gerade ausgerechnet als ich einlaufe eine Schwächephase hat und Helene Fischer mit „Atemlos“ spielen muss, ist mir ein absolutes Rätsel – denn ich bin noch mehr als gut bei Puste als ich die Ziellinie überquere. Gleich darauf der Blick zurück auf die Uhr und eine riesige Freude: Brutto 3:28:21 zeigt die Uhr wenige Sekunden nachdem ich über die Matte bin – die 3:30 ist also endlich gefallen – neue persönliche Bestzeit.

Nach der Versorgung und etwas Pause mache ich mich auf den Weg zu meinen Eltern – ich bin (wie schon häufiger) völlig ausgepowert und mir ist anfänglich richtig kalt – aber mit jedem Schritt wird es wieder besser. Beim Blick auf die Ergebnisse kann ich es dann fast nicht glauben: Angeblich bin ich in 3:11h den Marathon gelaufen – zu gut um wahr zu sein. Das kommt mir noch etwas komisch vor. Am nächsten Tag hat sich die Lage dann geklärt – wie es aussieht wurden versehentlich prognostizierte Daten angezeigt – denn wenn ich mit dem Durchschnitt bis zur letzten Zwischenmatte in Rheingönnheim bei Kilometer 31 weiter gelaufen wäre, hätte es auch für die 3:11 gereicht … aber netto sind es immer noch 3:26 und man braucht ja neue Ziele – die 3:20 oder die 3:15 sind die nächsten Kandidaten – und das obwohl ich dieses Jahr weniger trainiert hatte – allerdings war ich eine Woche vorher auch nur einen Halbmarathon laufen und nicht zwei Wochen vorher 73km über den Rennsteig – wer weiß inwiefern das eine Rolle spielt.

Weltkulturerbelauf Bamberg 2015

Nur alle zwei Jahre findet der Weltkulturerbelauf in Bamberg statt – jedes Mal ist er dafür innerhalb weniger Stunden komplett ausgebucht, wegen der engen Gassen gilt ein Teilnehmerlimit. Um so schöner, dass es auch dieses Jahr für mich geklappt hat einen der begehrten Startplätze zu ergattern. Ist es doch der Traditionslauf für „Helgas Lauffreunde“ – die kleine Laufgruppe mit der ich einstmals „Laufen gelernt“ habe.

In zwei Jahren ändert sich eine Menge – bei der letzten Teilnahme war noch nicht einmal zu erahnen, dass ich Papa sein werde – daher habe ich diesmal auch meine Familie persönliche Support-Crew dabei. Damit es etwas weniger stressig wird, haben wir auch noch einen Zwischenstopp bei meiner Schwester in Würzburg eingeplant – dank Feiertag bietet sich das natürlich an. Für weitere Entspannung sorgen Helga und Heinrich von Helgas Lauffreunde – sie holen für die Gruppe schon am Vortag die Startunterlagen ab – somit müssen wir nicht schon vor Mittag in Bamberg sein, nur um die Unterlagen zu holen. Noch etwas hat sich verändert: In Bamberg wird fleißig gebaut: Zielsicher steuere ich (wie bisher immer) das P+R Parkhaus Breitenau an (direkt an der Autobahn, von dort mit dem Shuttle-Bus ist der Plan) – nur leider existiert das Parkhaus nicht mehr … stattdessen gibt es eine Parkmöglichkeit im Industriegebiet vor einer großen Baumarkt-Kette und von dort einen Shuttle – wer die FAQ vorab liest ist klar im Vorteil.

Und noch ein Novum gibt es, allerdings eines der weniger erfreulichen Art: Zum ersten Mal haben wir beim Weltkulturerbelauf schlechtes Wetter. Schon auf der Anfahrt hat es immer wieder Schauer gegeben, aber im Gegensatz zu den vergangenen Malen will es auch bis Bamberg nicht aufhellen – sonst hat es immer geklappt: Egal wie widrig das Wetter auf der Strecke war, zum Lauf war dann alles sonnig.

Bereits am Shuttle-Bus treffe ich Robert von der Laufgruppe, gemeinsam ziehen wir durch Bamberg zur Umkleide, dort trennen wir uns erst einmal, denn ich habe mich bereits am Auto umgezogen. Wir finden bei der Gelegenheit gleich passende Stellen für den Fan-Tross (Mama und Sohnemann) zum Anfeuern bei ca. Kilometer 17. Am vereinbarten Treffpunkt am Start warten bereits Helga und Heinrich. Übermäßig viel Zeit für einen Schwatz und Austausch haben wir nicht, auch nach dem Lauf werden wir uns angesichts des Wetters wahrscheinlich nicht wieder treffen (im Wind kühlt man doch sehr schnell aus und eine Erkältung will sich keiner holen). Außerdem habe ich wie immer das Problem den letzten Shuttle-Bus noch zu erreichen, der fährt um 19:00h, der Halbmarathon startet als letzter Lauf um 15:30. Wenn man von einem langsamen Läufer ausgeht der ca. 3h für die Strecke benötigt wird es mit Bekleidung abholen und Duschen doch recht knapp – zumal die Wege zwischen den Stationen in Bamberg nicht unbedingt die kürzesten sind. Hier wäre es schön wenn der Shuttle-Bus auch noch länger verkehren würde – dann würde ich mir auch überlegen den Abend noch in Bamberg zu verbringen. Kurz vor dem Start noch ein Gruppenfoto, dann versuchen wir uns im Startbereich aufzustellen – ich komme nicht so weit vor, wie ich das gerne würde, angepeilt habe ich etwas um die 1:45h als Zielzeit, im Startpulk komme ich allerdings gerade so bis auf Höhe des Blocks 2:00h, danach ist es einfach zu dicht. Aber dank Netto-Zeitmessung ist mir das ja eigentlich egal und am Anfang sind die Wege noch breit genug, dass ich ggf. auch überholen kann.

Der Startschuss kracht und es tut sich erst einmal gar nichts … es dauert fast 9 Minuten bis ich über die Startlinie komme. Durch den schmalen Durchlass verteilt sich das Läuferfeld danach aber recht gut – man kann sich in aller Ruhe „einsortieren“. Ehe ich es mich versehe ist der erste Kilometer an mir vorbeigeflogen und es geht die erste Steigung hinauf – an der Strecke selbst ist trotz des immer noch regnerischen Wetters jede Menge los – die Leute lassen sich die gute Laune einfach nicht verderben – ganz getreu dem Motto: „Es gibt kein unpassendes Wetter, nur die falsche Bekleidung“. Das erste Zwischen-Ziel in Bamberg ist für mich (und viele andere) immer die Altenburg – die höchste Erhebung der gesamten Strecke (etwas mehr als 380 Meter über N.N. also rund 140 Höhenmeter gegenüber dem Start) auf dem Weg dorthin gibt es aber bereits einige An- und Abstiege – an die meisten kann ich mich noch erinnern und von daher die Kräfte richtig einteilen. Die Altenburg verschwindet fast schon in den Wolken – über dem Läuferpulk steigt auf dem letzten Anstieg gut sichtbar Dampf auf – auch ich bin nach den 5km auf Betriebstemperatur gekommen.

Nach der Burg geht es erst einmal entspannt bergab – gut dass ich mittlerweile regelmäßig im Odenwald trainiere – so fällt mir das bergablaufen vergleichsweise leicht und ich kann weiterhin jede Menge Läufer überholen. Es geht wieder in die Bebauung von Bamberg hinein – diverse Kurven und Steigungen inklusive – hier kommen mir einige „neu“ vor bzw. ich hatte sie so nicht mehr im Gedächtnis. So etwa den Kilometer 7 – dort ist immer Stimmung und jedesmal ein anderes lustiges Plakat – diesmal mit der Aufschrift „Ziel …. in 14km“ – und es stehen trotz Nieselregen immer noch fast überall Menschen an der Strecke. Andere Stellen hingegen habe ich in bester Erinnerung unter anderem den Ausflug über die Insel zwischen den Regnitz-Armen.

Nun folgt eine lange flache Passage – es geht entlang der Regnitz in den Luisenhain – insgesamt ist das der eher ruhige Teil der Strecke, nachdem man in den Gassen an jeder Ecke angefeuert wurde. Ich mache mich schon auf einen langwierigen, nassen bis eintönigen Teil gefasst (auch wenn mir etwas Ruhe und ein gleichmäßiger Untergrund gerade ganz recht sind). Aber weit gefehlt – auch im Luisenhain trotzen etliche Menschen dem schlechten Wetter und feuern die Läufer lautstark an – da merkt man als Läufer fast nicht mehr, dass es regnet – echt eine super Atmosphäre.

Kurz vor dem Inselspitze zwischen den beiden Regnitz-Armen erreiche ich Kilometer 11 – in diesem Jahr fliegen die Kilometer nur so an mir vorbei – ich kann mich erinnern, dass ich mich schon deutlich mehr gequält habe. Kurzer Blick auf die Pulsuhr – alles ok und die Zeit ist absolut im Rahmen – Bestzeit ist angesichts des Strecken-Profils ohnehin nicht zu erwarten. Kurz vor der Schleuse ist nochmal ein echtes Highlight an der Strecke: eine Samba-Band trotz dort dem widrigen Wetter und heizt den Läufer und sich selbst ganz ordentlich ein. Danach schwenkt die Strecke parallel zur Regnitz ein – am Ufer entlang geht es wieder in Richtung Bamberg-City. Auch hier ist die Stimmung großartig – immer wieder Menschen an der Strecke die einen weiter antreiben. So fliege ich auch am Kilometer 14 vorbei – zwei Drittel und die Zeit ist immer noch super.

Langsam aber sicher nähert sich die flache Phase des Laufs ihrem Ende – es geht weg von der Regnitz, ganz leicht bergauf – noch etwas mehr als 5 Kilometer liegen vor mir. Diesmal klappt es auch mit dem Abgreifen des Rauchbieres, das es kurz nach Kilometer 16 gibt – an der Versorgung sind diesmal transparante Becher im Einsatz – man kann also zielstrebig den richtigen Tisch ansteuern und einen Becher mit dem leckeren Iso-Getränk greifen. Sonst habe ich immer nur das Ende des Tresens erwischt – dort gibt es aber nur Wasser. Das nehme ich diesmal aus der Gürtelflasche, denn etwas zum Runterspülen brauche ich dann doch. Über die Kettenbrücke geht es in die Altstadt – am Kilometer 17 halte ich Ausschau nach dem Fan-Block, aber der ist nicht da – ich vermute, dass ich mal wieder „zu schnell“ war, der Blick auf die Uhr bestätigt mir das für den Moment auch erst einmal. Nach einigen Kurven sehe ich immerhin nochmal Heinrich an der Strecke stehen, er macht fleißig Fotos. Noch etwas mehr als drei Kilometer sind zu bewältigen. Ich weiß aus Erfahrung, dass der Lauf ein „dickes Ende“ hat: Kurz vor dem Ziel geht es nochmal den Bischofsberg hoch – nur etwa 20 hm hoch und auch wieder runter – aber man hat ja auch schon einige Kilometer in den Beinen, noch dazu jede Menge Kopfsteinpflaster.

Aber ich bin gut trainiert und nehme die Steigung ab Kilometer 19 dann doch recht gelassen hin (auch weil ich weiß, dass sie bald ein Ende hat) – als Ultra-Läufer habe ich dann auch noch die notwendigen Konditionsreserven um direkt nach der Steigung wieder anziehen zu können – kleinere Senken nutze ich gekonnt zum Schwung holen soweit das irgendwie möglich ist. Runter vom Berg und rein die Menschenmassen: Ab Kilometer 20 ist die Strecke komplett mit Menschen gesäumt – noch immer ist das Wetter feucht und es nieselt, aber die Stimmung kocht derart, dass man fast meint die Regentropfen kommen erst gar nicht am Boden an. Ich setze zum Schlusssprint an und sauge mich noch an eine ganze Menge Läufer heran – nur noch die Kurve am Marktplatz und durch den Zielbogen. Die Zieluhr zeigt brutto 1:48 an – da kann ich echt zufrieden sein.

Die Versorgung im Ziel ist wie immer in Bamberg ausgezeichnet – Obst, Gebäck und alkoholfreies Weizenbier – da bleibt kein Wunsch offen. Bei schönem Wetter warte ich sonst im Zielbereich auf die weiteren Läufer von Helgas Lauffreunden, aber diesmal wird mir bereits nach 10 Minuten im Regen und Wind doch etwas kalt und ich mache mich auf den Weg zur Umkleide. Dort wartet bereits Marion auf mich. Flugs duschen und dann wollen wir eigentlich nur noch heim – das Wetter ist noch etwas ungemütlicher geworden.

Auf dem Weg zum ZOB für den Shuttle-Bus sehen wir noch den letzten Läufer auf der Strecke (er wird am Ende etwas länger als 3h brauchen) – am Shuttle-Stopp ist es rappelvoll – wir lassen zwei Busse fahren, beim dritten zwängen wir uns samt Kinderwagen mit hinein. Es ist mir irgendwie unverständlich, dass die Verkehrsbetriebe in Bamberg alle zwei Jahre mit dem Ansturm der Läufer überfordert sind – zwei Shuttle-Busse zu den zwei P+R-Möglichkeiten sind zu den Spitzenzeiten einfach zu wenig. Getopt wird die ganze Sache dann nur noch durch den Kreislauf-Kollaps einer Teilnehmerin im Bus – gut das ich auch ausgebildeter Ersthelfer bin, auch wenn ich auf die Aktion mit samt Nothalt des Bus gerne verzichtet hätte. Wenige Minuten später geht es ihr schon wieder besser und die Fahrt geht weiter bis an den Parkplatz.

Fazit: Auch bei schlechtem Wetter ist in Bamberg die Stimmung beim Lauf erstklassig. Für die Fans ist das Wetter natürlich eine zusätzliche Belastung, denn wer steht schon gerne im Regen nur um einige wenige „Verrückte“ zu sehen, die sich trotz „Sauwetter“ über die 21,1km antun? All den Helfern und Unterstützern sei hier nochmals ganz herzlich „DANKE!“ gesagt für Ihr Engagement. Wenn alles klappt, sehen wir uns in 2 Jahren wieder – dann hoffentlich auch wieder bei besserem Wetter.