Frankreichurlaub – erste Woche

Endlich Urlaub. Dafür war es höchste Zeit – einfach einmal die Arbeit Arbeit sein lassen und wieder zur Ruhe kommen. Auch Marion hatte die letzen Tage vor dem Urlaub noch einiges zu erledigen – klar, denn fast direkt danach beginnt für Sie der Mutterschutz – ergo muss die Übergabe vorher erfolgen. Ich habe mir dabei überlegt was ich alles übergeben und beschreiben müsste – ich will da gar nicht dran denken.

Erster Tag – Abreise über Karlsruhe nach Gambsheim

DSC07442Vor dem Urlaub gibt es leider noch etwas zu erledigen – Marion muss noch ein paar Kleinigkeiten packen und ich habe noch eine Verpflichtung bei der DJK – dort steht der jährliche Platzputz an und ich habe zugesagt mit Anhänger und weiterem Gerät auszuhelfen. So entrümpeln wir eines der Lager, das sich im Laufe des Vereinslebens gefüllt hat – und bei den letzten Starkregenfällen mal wieder nasse Füße bekommen hat. Am Ende ist der Anhänger voll mit Altpapier und Sperrmüll. Zwischenzeitlich helfe ich noch bei der Gartenpflege aus – eigentlich dachte ich es ginge nur um Heckenschnitt und ggf. den ein oder anderen Ast einmal ein wenig zurück zu schneiden – denkste! Am Ende bin ich doch
mit der für den Notfall ausgeliehenen Kettensäge zu Gange und schneide einige Bäume kräftig zurück die zu weit über den Platz ragen.

Gegen Nachmittag verabschiede ich mich dann endlich in den Urlaub. Abends wollen wir zur Einstimmung noch mein Geburtstagsgeschenk einlösen: Ein Konzert von Tri Yann in Karlsruhe. Davor mache ich noch mehrere Runden den Packesel – es dauert einige Zeit bis alles im Auto verstaut ist – den mittleren Rückspiegel kann ich für den Urlaub auch vergessen, aber beim LKW gibt es den ja auch nicht. Das Konzert ist absolut spitze, wenn ich noch etwas mehr verstehen würde, wäre es noch besser – aber der Urlaub soll ja auch noch ein wenig Sprachreise sein – wir haben uns vorgenommen ab der Grenze nach Möglichkeit nur noch Französisch zu sprechen. Die letzte Etappe des Tages führt uns zu Marions Mutter nach Gambsheim – dort haben wir die erste Übernachtung eingeplant, das liegt praktischerweise am Weg gen Süden. Noch hapert es etwas mit dem Französisch aber ich bin guter Dinge.

Tag zwei – Durch die Schweiz wieder nach Frankreich

Wir lassen den Urlaub gemütlich beginnen mit einem ordentlichen Frühstück, bevor wir aufbrechen. Gegen kurz vor Mittag kommen wir los – der nächste Stopp ist nicht weit – wir schauen noch bei Marions Stiefmutter in Auenheim auf der deutschen Seite vorbei – eigentlich wollen wir nur ein Geschenk für ihre Nichte abgeben, aber ehe wir uns versehen haben wir uns festgequatscht und einen Kaffee getrunken.

Es ist späterer Nachmittag bis wir uns langsam wieder in Richtung Schweiz bewegen – da keine Staus angekündigt sind, fahren wir auf der deutschen Seite des Rheins bis in die Schweiz – was für mich den Vorteil hat, dass wir weiterhin Deutsch sprechen … Den Weg durch die Schweiz kennen wir zumindest bis Biel – und ich bin schon fast versucht anzuhalten und einen Trainings-100er als Laufeinheit zu beginnen, aber dann kämen wir wohl viel zu spät am Campingplatz an. Die Schnellstraße und teilweise Autobahn ist gut ausgebaut und gepflegt – typisch für die Schweiz besteht sie gefühlt zu 50% nur aus Tunnels – dabei haben die Schweizer doch auch eine schöne Landschaft.

Bei Genf geht es wieder über die Grenze nach Frankreich – unser Ziel Nantua liegt ca. 70 km weiter mitten in den Voralpen. Der Campingplatz ist gut zu finden und hübsch gemacht – da wir nicht zum Einkaufen gekommen sind, nehmen wir das Angebot für Frühstück am nächsten Tag wahr. Das Wurfzelt baut sich praktischerweise fast von selbst auf – nur noch Heringe in den Boden – fertig. Doch irgendwie anstrengend die Fahrerei – zur Stärkung kochen wir noch eine Suppe mit Nudeln bevor es in den Schlafsack geht.

Tag drei – Nantua bis Lyon

Diesmal sind wir recht früh wach, auch weil ich im TraIMG_1414n 8:30 h als Wunschfrühstückszeit angegeben hatte – aber so bleibt uns nach einem leckeren Happen zum Frühstück noch genügend Zeit den Ort zu besichtigen – die Umgebung hat einiges an Wanderwegen zu bieten und auch viele Möglichkeiten zur Besichtigung – dafür bleibt uns leider nicht genügend Zeit.

IMG_1458Die Zeit zum Mittagessen nehmen wir uns dann aber – in einem Restaurant probieren wir die lokale Spezialität: Quenelles de brochet (Knödel mit Hecht-Geschmack) – sehr fein, dazu ein leckeres Eis als Nachspeise. Wir rollen eher zum Auto als das wir gehen. Als Ausgleich machen wir im nächsten Ort noch die als „leicht“ beschriebene Wanderung zu den dortigen Wasserfällen – offizielle Angabe: Familientauglich, ca. 1,5h Wanderzeit, 200 Höhenmeter. Klingt halb so wild, aber die Strecke hat es in sich. Marion schnauft ganz schön, aber sie muss ja auch für zwei den Berg hoch – aber wir haben ja Zeit und die Aussicht und die Wasserfälle entschädigen dann doch wieder – außerdem ist das Mittagessen dann garantiert wieder abgebaut. Nach den Wasserfällen geht es fast nur noch bergab wieder ins Tal ans Auto – uns kommen noch weitere Familien entgegen, die auch etwas durch die Strecke überrascht sind.

Über die Landstraßen geht es nun auf Lyon zu – viele schöne Kurven und dankenswerter Weise wenige LKW oder Traktoren auf der Strecke – so kommen wir zügig voran. Der Campingplatz liegt diesmal nur etwas außerhalb von Lyon, die Stadt wollen wir am nächsten Tag besichtigen. Das Navi lotzt uns zuverlässig durch Lyon hindurch – ohne Navi wäre das wohl um einiges schwieriger, denn die Streckenführung und der Verkehr sind doch recht abenteuerlich. Aber ich habe ja auch Edinburgh erfolgreich durchfahren, dort war es ähnlich und noch dazu Linksverkehr.

Auf der Strecke hatten wir bereits einige kräftige Regengüsse, auf dem Campingplatz stehen daher die reinen Zeltplätze voll Wasser – eher eine Sumpflandschaft denn ein Campingplatz. Aber es besteht ja freie Platzwahl und so stellen wir das Zelt auf einen der Plätze die normalerweise für Wohnmobile gedacht sind – mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass der Boden superhart ist und wir die Heringe nicht in den Boden bekommen – das Zelt steht aber auch so recht gut.

Tag vier – Lyon

IMG_1474In Lyon haben wir einen längeren Stopp eingeplant – es entfällt also ersteinmal das Zelt abzubauen, was dann doch recht angenehm ist. Wir nutzen die Möglichkeit einmal richtig auszuschlafen – bis wir mit dem Frühstück fertig sind, ist es kurz nach zwölf. Aber dafür hat man ja Urlaub. Mit dem Bus geht es direkt ab dem Campingplatz ins Zentrum bzw. an die Metro – sehr praktisch, denn einen Parkplatz in Lyon zu suchen stelle ich mir recht anstrengend vor. Wir besichtigen Notre Dame de Fourvière, diese liegt auf einem kleinen Berg oberhalb der Saône und ist mit einer Seilbahn zu erreichen. Das Verkehrssystem ist super ausgereift, sogar die Seilbahn ist inklusive. Das kennnen wir von anderen Reisen wesentlich schlechter … Die Basilika ist neueren Datums aber dennoch sehr eindrucksvoll. Im Anschluss besichtigen wir noch die beiden Amphitheater bzw. das was davon noch steht.

IMG_1489Nun geht es erstmal wieder den Berg runter – durch den Rosengarten unterhalb der Basilika, in Richtung Altstadt. Die Siedlung dort gab es schon zur Römerzeit und war eine der wichtigsten Städte für die Verwaltung der gallischen Regionen – mit Ausnahm eines kleinen Dorfes … Das Stadtviertel ist heute sehr touristisch geprägt aber immer noch nett anzuschauen. Anstelle eines Mittagessens machen wir eine Pause in einem Eiscafé (Terre adélice) mit 96 verschiedenen Sorten Eis, davon rund 50 Sorten aus ökologisch nachhaltig produzierten Rohstoffen. Entsprechend sind die Preise, aber die Sorte sind einfach zu verlockend. Ich lasse mir vier verschiedene Sorten auf der Zunge zergehen, darunter unter anderem
Roquefort und Ingwer – beides nicht gerade die typischen Sorten, aber einfach nur lecker.

Die letzte größere Station ist die Insel mit der modernen Innenstadt. Wir besichtigen den „Place Bellecour“ der zweitgrößte Platz in Frankreich überhaupt – er ist tatsächlich riesengroß, aber auch leider etwas arg steril, einizige  Auflockerung bringt die Statue des Namensgebers in der Mitte. Über den Jakobinerbrunnen schlendern wir zum Rathaus – im Gegensatz zur Altstadt finden sich hier die ganzen Designer-Läden und vor allem Ketten. Das ist eigentlich schade, denn man braucht nur durch eine europäische Innenstadt gelaufen zu sein und man kennt fast alle Geschäfte – unterschiedliche regionale Angebote gibt es dann natürlich nicht.

IMG_1509Vor dem Rathaus machen wir nochmal kurz Pause, werfen einen abschließenden Blick auf die Rhône bevor wir mit U-Bahn und Bus zurück an den Campingplatz fahren. Die Strecke kennen wir ja schon, aber im Bus spüren wir diesmal jedes Schlagloch irgendwie umso mehr – die Straßen sind auch nicht besser als in Deutschland.

Tag fünf – Vichy

Wir bauen unsere Lager in Lyon ab und setzen Kurs auf Vichy, das unter anderem berühmt ist für seine Heil-Quellen. Auf dem Weg zur Fernstraße machen wir noch einen Einkauf – die französischen Supermärkte überwältigen mich jedesmal wieder aufs neue. Von der Größe her kennt man das in Deutschland aufgrund der Übermacht der Discounter kaum noch. Real und Marktkauf kommen noch am ehesten an das Angebot heran, aber das Sortiment ist gefühlt um ein Vielfaches vielfältiger, alleine das Angebot an frischem Gemüse und Obst. Natürlich darf auch eine gut sortierte Fischtheke nicht fehlen. Das Sortiment an Käse (insbesondere Weichkäse wie Camenbert) ist gigantisch. Ich wage den Selbstversuch und kaufe eine Portion Maroilles (den Käse aus „Willkommen bei den Sch’tis“).

IMG_1526Vichy ist ein ganz nettes Städtchen – vergleichbar für mich am ehesten mit Bad Dürkheim (inklusive einer Spielbank für die Kurgäste). Das Tourismusbüro ist gut versteckt und wenn man der Beschilderung folgt, läuft man erst einmal um den Kurpark und hat damit schon die Hälfte der Innenstadt gesehen. Dennoch gehen wir die beiden kostenfreien Besichtigungstouren ab – diese sind ganz klar an die Kurgäste gerichtet und nicht sonderlich lang. Das Wasser der Celestinen-Quelle probieren wir auch – nicht so wirklich mein Geschmack, an die anderen kommt man leider nicht heran.

Bis an unsere Übernachtung bei Evaux les Bains (auch wieder ein Kurort) sind es noch einige Kilometer. Diesmal ist es kein direkter Campingplatz sondern „Camping à la ferme“ also Camping auf der Farm. Bauerhöfe liegen in Frankreich meist irgendwo weit abseits und so werden die Straßen am Ende immer schmaler und die Umgebung immer ländlicher. Ohne Navi wäre das wohl spannend, aber mit moderner Technik findet man wirklich auf Anhieb bis vor die Haustüre. Die Anfahrtsbeschreibung der Farm liest sich dennoch etwas abenteuerlich: Nach dem Bahnübergang die erste links und dann einen Kilometer gerade aus. Das Angebot wird rege genutzt ist aber nicht überlaufen. Nachts ist es angenehm ruhig.

Tag sechs – Limoges

Nachts ist es ruhig, aber morgens gibt es einen ganz tollen und nicht urlaubstauglichen Wecker auf der Farm: Es gibt gleich mehrere Hähne, die machen sich ab Sonnenaufgang gegenseitig den Rang streitig. Anfänglich empfindet man es vielleicht noch als Landidyll aber irgendwann denkt man nur noch daran, wie man so ein Hähnchen wohl am besten zubereitet. Wir passen eine kurze Regenpause ab um zu frühstücken.

IMG_1537Als Zwischenziel haben wir Limoges ausgewählt. Die Stadt ist für ihr Porzellan bekannt. Auf dem Weg dorthin regnet es eine ganze Weile, aber je näher wir dem Ort kommen, umso besser wird das Wetter. In Limoges selbst ist es dann wieder richtig schwül und heiß. Gut, dass wir im Auto eine Klimaanlage haben. Ausgangspunkt unserer Erkundung wird ein Einkaufszentrum, dort lassen wir das Auto im Parkhaus, dazu gibt es gratis Toiletten.

IMG_1551Wir beginnen die Suche nach dem „Office de Tourisme“ – und laufen prompt daran vorbei nachdem wir schon beim Vorbeifahren das Gebäude nicht wahrgenommen haben. Eigentlich ist es nicht zu übersehen. So sehen wir bereits vorher das herrliche Rathaus der Stadt mit dem prunkvollen Brunnen davor. Im dritten Anlauf finden wir dann das Informationszentrum. Ausgerüstet mit einem Plan besichtigen wir die Kathedrale (die wievielte war das diesen Urlaub eigentlich schon?) und die Gärten, bevor wir an den Fluss Vienne hinunter steigen. Dort geht es über die alte Pilgerbrücke. Früher endete hier die Flößerei der Baumstämme für die Porzellanherstellung. Wir gehen entlang des Ufers zur zweiten mittelaterlichen Brücke um dort den Fluss wieder zu kreuzen. Auf dem Weg sehen wir wieder einmal jede Menge Hinweise auf den Jakobsweg, der hier durch viele Städte in Richtung Santiago de Compostella führt.

IMG_1569Vom Fluss geht es steil bergan in die Altstadt, nochmal vorbei am Rathaus. Wir streifen kurz durch das ehemalige „Schlachterviertel“ – dort fühle ich mich natürlich gleich irgendwie heimisch. Von der Alstadt führt uns unser Weg noch zum Bahnhof der Stadt, welcher für seine Architektur bekannt ist. Wir lassen uns dabei Zeit, denn Marion trägt doch recht schwer an unserem Nachwuchs. Die Stopps bieten aber auch immer wieder die Möglichkeit Details der Stadt besser wahrzunehmen.

Von Limoges aus nehmen wir Périgueux als Fernziel, dort soll die Hochzeit stattfinden, um die wir die Reise herum geplant haben. Einquatiert haben wir uns wieder in einem Camping à la ferme, diesmal mit Gänsen als Haupterwerbsquelle. Die machen auch ganz schön Krach, wenn sie wollen, aber Nachts sind sie im Stall untergebracht. Die Anfahrt ist auch hier wieder reizvoll – das Navi führt uns zielsicher über verschiedenste kleine Straßen bis in den Zielort. Der Ort ist so klein, dass man keine weiteren Straßenangaben braucht, und noch dazu ist alles bestens ausgeschildert.

Tag sieben – Périgueux

Dank der Gänse sind wir recht zeitig auf den Beinen. Da am Tag der Hochzeit wahrscheinlich keine Zeit mehr bleiben wird die Stadt zu besichtigen, haben wir dafür einen Tag extra eingeplant. Neben den touristischen Attraktionen wollen wir auch herausfinden, wo das Rathaus mit dem Standesamt ist, nicht dass wir das tags drauf erst suchen müssen. Auf dem Weg geht es wieder mal durch einen Supermarkt, Vorräte auffüllen. In der Stadt selbst finden wir direkt ein passendes Parkhaus – das kostet zwar etwas, aber angesichts der engen und teilweise gesperrten Altstadt ist das wesentlich einfacher. Zudem ist das Parkhaus direkt am Tourismusbüro, auch wenn die Angebote dort nicht übermäßig sind.

IMG_1598Wir folgen stattdessen unserem Instinkt und der Empfehlung des Reiseführers: Einfach quer durch die Altstadt, verlaufen kann man sich angesichts der Größe kaum. Die Hauptkathedrale finden wir so auch recht schnell – diese hat im Laufe der Zeit einiges mitgemacht – teilweise nicht fertig gebaut, teilweise geplündert und abgerissen oder auch einfach im Stil der Zeit und nach Geldbeutel repariert. Dennoch ist der Bau natürlich eindrucksvoll zu betrachten.

Wir schlendern gemütlich durch die kleinen Gassen der Altstadt, über die vielen kleinen Plätze und natürlich auch durch die Rue de Limoges – der Touristenstraße mit den ganzen Souvenierläden rechts und links der Straße. Überall wird das Foie-Gras angeboten – Stopfleber, wahlweise von der Ente oder von der Gans. Marion mag diese Pastete und darf sie derzeit aktuell aber nicht essen, was sie etwas fuchst. Die Suche nach dem neuen Rathaus gestaltet sich etwas schwieriger, aber mit etwas Glück finden wir es dann doch ohne neuerlichen Abstecher ins Office de Tourisme. Es ist nur wenige Gehminuten von unserem Parkhaus entfernt, wir werden es also auch morgen wieder nutzen.

IMG_1606Es fehlt noch etwas die Außenbezirke mit der ehemaligen Hauptkirche St. Etienne – auch diese war einmal größer, heute fehlen zwei der insgesamt vier Kuppeln aus denen das Gebäude in byzantinischem Stil einmal bestand. In der Kirche ist es angenehm kühl im Gegensatz zur Schwüle außerhalb, die macht Marion noch mehr zu schaffen als mir. Dennoch verlassen wir das Gebäude und gehen zu den Wurzeln der Stadt aus der Römerzeit über: In einem Park gibt es die spärlichen Überreste des Amphitheaters der römischen Blütezeit zu sehen. Ebenso zerfallen zeigt sich das Chateau de la Barrière – das Gebäude besteht fast nur noch aus den Wänden und bietet ein eher trauriges Bild. Der Rückweg führt uns über das Gallo-Römische Museum am Tour de Vésone vorbei – auch dieser ist nicht mehr vollständig erhalten – als Baumaterial für einen Verteidigunswall benötigt wurde, bediente man sich einfach am Turm aus römischer Zeit.

Da sich am Himmel langsam aber sicher ein Gewitter zusammenbraut, beeilen wir uns zurück ans Auto zu kommen, das klappt als hätten wir es so geplant: Als wir mit dem Auto aus der Garage herausfahren regnet es. Bis an den Campingplatz hört es zwar wieder auf, aber es holt uns doch wieder ein. Der erste Versuch an der Gastätte im Ort, la vieille Forge (zur alten Schmiede) ist etwas entäuschend, es ist alles dunkel und die Gastätte scheint geschlossen zu haben – wir fahren zurück an den Campingplatz um die restlichen Alternativen vom schwarzen Brett abzulesen – diese sind allerdings alle etwas weiter weg. Auf Verdacht fahre ich durch den Regen nochmals am Restaurant vorbei – mittlerweile hat es offen. Durch den heftigen Regenguß laufen wir vom Parkplatz an den Eingang. Wir sind die ersten Gäste und ich lerne, dass man in der Region doch eher sehr spät isst: Das Restaurant öffnet erst gegen 19 Uhr 30 am Abend.

Das Essen ist vorzüglich – wir genehmigen uns ein mehrgängiges Menü, beginnend mit einer Vorspeise aus Foie-Gras für mich, begleitet von einem leckeren Apéritif des Hauses. Nach weiteren kleinen Vorspeisen wie einer Tasse Fischsuppe geht es an den Hauptgang – Fisch des Tages (ein Merlan) auf feinem Gemüse. Der Koch versteht sein Handwerk – es ist alles spitzenmäßig zu genießen und jeder Gang ist mit viel Liebe zum Detail angerichtet. Nach der Käseplatte folgt noch ein Dessert, für Marion Pfirsisch, für mich eine Schokoladenvariaton. Günstig ist der Spaß nicht, aber der Preis ist absolut gerechtfertigt und das Restaurant ein echter Geheimtipp.

 

IPv6 – das „neue“ Internet-Protokoll und der steinige Weg dorthin

Nun habe ich am 22. und 23.05.2014 die Möglichkeit bekommen am IPv6-Kongress in Frankfurt teilzunehmen. So langsam aber sicher wird es Zeit sich um das neue Internet-Protokoll zu kümmern und damit vertraut zu werden. In erster Linie ist es natürlich ein berufliches Interesse, hier am Ball zu bleiben. Aber auch für mich privat als „digital Native“ bis „Nerd“ – irgendwo dazwischen liege ich wohl – ist es natürlich interesant zu wissen was als nächstes kommt.

Nun ersteinmal: Warum das ganze? Nun, das Internet ist langsam aber sicher gewachsen, schneller als man es ursprünglich einmal gedacht hat und noch dazu in Ausdehnungen die sich früher kein Mensch so recht vorstellen konnte. Wichtigstes Prinzip war immer die sogenannte Ende-zu-Ende Kommunikation nach dem Best-Effort-Prinzip: Jeder leitet alle Daten zielführend und so gut es geht weiter, die kleinste Einheit dafür sind sogenannte Pakete. Egal was man an Daten im Internet verschicken möchte, alles wird in kleine Häppchen zerlegt und vom Sender zum Empfänger transportiert. Dabei ist es (fast) unerheblich was transportiert wird: Sprache, Text, Bilder, Videos, Dateien etc.: Alles wird auf die Pakete verteilt – man kann es wie das Versenden einer umfangreichen Lieferung sehen: Was auf einen LKW passt wird auf einen geladen und verschickt, wenn es mehr wird, teilt man es auf. Vorteil: Wenn mal tatsächlich etwas nicht ankommt, muss man nur den fehlenden Teil der Daten nachschicken (da wird es dann mit den LKWs ggf. etwas schwierig).
Was braucht man um Pakete zu verschicken? Richtig, eine Adresse damit der Postbote oder Paketdienst weiß wohin mit der Lieferung. Dazu wurde das Internet-Protokoll entwickelt, kurz IP. Derzeit werden Adressen mit 32 bit Länge verwendet, geschrieben in 4 Blöcken zu je 8 Bit. Das gibt dann Angaben wie 192.168.10.74. Diese Adressen werden gemäß ihrer Historie als IPv4 (vierte Revision des Protokolls in Verbindung mit TCP) bezeichnet.

Nun funktioniert das ja momentan schon, weshalb also ein neues Protokoll einführen? Never touch a running system bzw. never change a winning team…. Nun es gibt gute Gründe dafür, denn das Netz ist seit der letzten Protokollversion immens gewachsen. Niemand hätte anfänglich davon zu träumen gewagt, dass IP derartig populär und weltweit im Einsatz sein würde. Auch waren 32 Bit zu dem Zeitpunkt ein nahezu unvorstellbar großer Zahlenbereich.
Heute hat fast jeder mindestens einen PC, Laptop und ein Smartphone ggf. noch weitere Geräte wie Netzwerkdrucker, IP-Telephone, IP-Webcams, Internetfähige Fernseher etc. Für jedes Gerät wird eine eigene Adresse benötigt… Wenn jeder Mensch auf der Erde ein Gerät hat, dann reicht es schon nicht mehr…
Für den Gebrauch in abgeschlossenen Netzwerken gibt es Adressen, die nicht weltweit eindeutig sind – so lange die Netzwerke nicht miteiander kommunizieren müssen ist das auch legitim. Die bekannstesten Adressen für diesen Fall sind die der Class C: 192.168.x.y, für größere gibt es die Class b (172.16.0.0 bis 172.32.255.255), in großen Unternehmen gibt es meist Class A (10.x.y.z).
Schon früh hat man Methoden entwickelt um Internet-Anschlüsse für mehrere Rechner auf einmal nutzbar zu machen. Einige alte Hasen erinnern sich unter Linux noch an ipfwadm, später ipchains und heute iptables. Die Werkzeuge können noch viel mehr aber eben auch IP Masquerading bzw. Network-Address-Translation (NAT). Noch heute kommen genau die gleichen Mechanismen zum Einsatz, meist hübsch verpackt in einem Multifunktionsgerät das viele als Router bezeichnen (was technisch nur teilweise korrekt ist). Netter Nebeneffekt: ohne besondere Einstellungen (z.B. Portweiterleitungen) sind die Geräte im Netz auch erst mal vor Zugriffen von außen geschützt.
Im öffentlichen Internet dürfen die oben genannten Bereiche nicht verwendet werden, sie fallen (wie einige andrere Bereiche mit speziellen Funktionen) aus den zur Auswahl stehenden IP-Adressen heraus. Es wird also noch knapper.
Nun kann man ja sagen: was einmal klappt, geht auch zweimal… Also schachteln wir doch ein Netz mittels IP Masquerading in ein anderes. Das funktioniert (leider) recht gut. Zudem erhöht es die Sicherheit, sollte man meinen. Schwierig wird es dann aber Geräte in der zweiten Ebene anzusprechen: am eigenen Router kann man noch Portweiterleitungen einrichten, ein Provider mit mehreren tausend kunden kann das nicht. Insgesamt wird also das Ende zu Ende Prinzip ausgehebelt. Im kleinen ist das ja noch ok, aber weltweit wird es schwierig… Denn ein Fernzugriff aus die zentrale Dateiablage daheim ist sehr praktisch (dann muss man die Dateien nicht irgendwelchen Clouddiensten anvertrauen). Genau das klappt dann aber eben nicht mehr.
Es gibt noch einige gute Gründe mehr weshalb IPv4 ersetzungsreif ist, aber das würde den Rahmen hier sprengen.

Nun gut, ich bin technisch ja durchaus interessiert, also würde ich IPv6 dann auch gerne baldest möglich nutzen. Zumal ein Parallelbetrieb ja sogar explizit vorgesehen und möglich ist. Das brauche ich beispielsweise für meinen gut gedienten Netzwerkdrucker, für diesen wird es keine Softwareaktualisierung geben, die ihn  IPv6 fähig macht. Aber der Rest meines Geräteparks ist soweit eigentlich fit. Bis auf … wer hätte es gedacht? Den Router. Nun gut, der hat auch schon einige Jahre auf dem Buckel und es gab ihn bereits bei Vertragsabschluss als Endgerät.

Also frage ich erst mal bei meinem Provider nach, wie es denn aussieht mit IPv6 und vor allem ob es eine Möglichkeit wieder ein subventioniertes Gerät zu erhalten. Fragen kostet nichts und man kann nur Erkenntnis gewinnen. Prompt habe ich die Antwort, das er Ersatz des Routers wahrscheinlich möglich sei, aber ich möge doch bitte nochmal in der Technik anrufen. Gesagt getan. Dort verweißt man mich dann aber doch in die Vetragsbetreuung. Dort heißt es dann, dass ein Upgrade des Routers nur gegen Zuzahlung von 90 EUR möglich ist, was mir für das kleinste Gerät mit Branding dann doch etwas viel Geld ist. Ich lehne das Angebot also erst einmal ab und schaue mich derweil bei den Gerbauchtgeräten um.

Am nächsten Tag erfolgt ein weiterer Anruf, man signalisiert beim Router Entgegenkommen und senkt die Hürde auf 49 EUR – immer noch zu viel wie ich finde – die Geräte gehen bei ebay für um die 35 EUR über den virtuellen Tresen und Versandkosten hätte ich in beiden Fällen. Also ordere ich erst mal eine FritzBox mit IPv6-Fähigkeit – immer in dem Glauben, dass dies das Tor zur IPv6-Welt aufstoßen wird.

Einige Tage vergehen, ich bin auch sonst gut ausgelastet, aber einige Wochen danach komme ich dann endlich dazu die Box anzuschließen. Erste Ernüchterung bei den Fähigkeiten: Bisher gab es zwei normale analaoge Anschlüsse intern, jetzt nur noch einen, der andere ist für ein Fax reserviert (TAE-N-Anschluss) – die Software lässt sich auch nicht überreden den Anschluss zweckentfremdet zu nutzen. Das ist ärgerlich, denn mittlerweile haben wir ja zwei Telefone die wir auch beide parallel nutzen möchten und bisher konnten. Aber egal: Jetzt will ich erst einmal wissen wie es um IPv6 steht und für einen Test ist das Setup ja durchaus geeignet.

Doch was muss ich feststellen: Ich bekomme keine IPv6-Adresse bzw. ein entsprechendes Präfix zugeteilt. Das ist ein Problem des Providers, weshalb ich den wieder kontaktiere. Die Antwort ist diesmal ernüchternd: IPv6 gibt es nur für einige Kunden mit V-DSL und in einem Pilotprojekt. Ein allgemeiner Start ist noch nicht in Aussicht.

Also wird es erst mal nichts mit IPv6 bei mir. Auf eine Lösung mit Tunnel möchte ich eigentlich ungern setzen, die Option Dualstack-Lite wäre für mich ja auch noch OK gewesen. Was bleibt ist ein schaler Beigeschmack über das Verhalten meines Providers bezüglich des Routers – wollte man mir hier einfach nur ein Neugerät verkaufen oder ist das nur ein Kommunikationsproblem gewesen. Ersteres fände ich reichlich dreist, letzteres ist wohl aber in modernen Unternehmen immer wieder der Fall. Warten wir also ab, was kommen wird – vielleicht auch irgendwann IPv6.

 

Die 100 Kilometer von Biel

 

Nachdem der letzte Versuch in Biel die 100km zu Laufen im wahrsten Sinne des Wortes ins (Elbe-Hoch)-Wasser gefallen ist, und ich freundlicherweise einen Freistart für 2014 erhalten habe, war es nun endlich so weit: Die Bieler-Lauftage 2014 standen an. Mit jeder Menge Trainings-Einheiten und Vorbereitungsläufen (Rodgau 50km, Rennsteig 72,9km und Mannheim 42,2km) habe ich mich auf die Ultra-Distanz vorbereitet.

IMG_1030Die Anreise in die Schweiz ist kein Thema, auch wenn wir reichlich im Reiseverkehr feststecken und die ersten 50km schon mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen. Kurz vor Biel bereiten wir uns auf den Endanflug vor – gar nicht so leicht wie sich heraus stellt, denn das Kartenmaterial im Netz und in der Ausschreibung ist für einen Neuling nur bedingt tauglich. Die ganzen Umleitungen und Sperrungen sind auch nicht eingezeichnet. So wird es nervenaufreibend bis wir in der Nähe des Kongress-Zentrum uns aufteilen – Marion wartet am Auto, ich suche nach dem Anmeldeschalter. Dort bekomme ich dann auch die Info wo man eigentlich Zelten und Parken könnte (Expo-Gelände). Marion hat derweil das Parkhaus am Bahnhof mit brauchbaren Preisen entdeckt. Das liegt so gut, dass wir erst gar nicht mehr nach einer anderen Alternative suchen. Ich ziehe mich auch direkt am Auto um. Danach letzte Planungen für die Fotos an der Strecke und die Treffpunkte (wo und wann ungefähr).

IMG_1034So richtig entspannen und vorher noch einige Stunden schlafen, wie ich das in Ulm gemacht habe, klappt leider nicht. Kurz vor 22h sind wir dann am Start. Es ist deutlich voller als in Ulm, die Stimmung ist gut, aber nicht so locker und gelöst wie ich es aus Ulm kenne. Punkt 22h kracht dann auch der Startschuss. Es geht auf die erste Runde durch Biel hindurch, einmal Stadtbesichtigung im Schnelldurchlauf – da die Marathonstrecke auch hier entlang führt steht jeden Kilometer ein Schild. Ich versuche nicht zu schnell unterwegs zu sein, aber das will mir nur teilweise gelingen – der Puls ist etwas zu hoch und die Geschwindigkeit gefühlter Maßen auch – GPS habe ich ja immer noch nicht. Die Stimmung ist an einigen Stellen richtig gut, aber es gibt auch gleich zu Beginn Streckenabschnitte an denen fast nichts los ist.

Nach Kilometer 4 geht es aus der Innenstadt hinaus durch die Vororte – dort stehen reihenweise Menschen und vor allem Kinder zum Abklatschen rechts und links. Es geht auf den ersten Anstieg zu – Port heißt der Ort und ist auf dem Höhenprofil eigentlich nichts dramatisches, aber irgendwie zieht sich der Hügel (von Bergen kann man bei 495 Höhenmetern insgesamt ja nicht sprechen) verdammt in die Länge – noch jogge ich das recht gut.

Nach Port geht es weiter in Richtung Kappelen – die Bebauung lassen wir hinter uns, und es geht in die dunkle Schweizer Nacht, gut das ich meine Kopfleuchte dabei habe, ohne die wäre es jetzt schwierig. Auf dem Weg taucht dann auch das erste größere Motivationsschild auf – 10km liegen bereits hinter uns. In Kappelen wartet Marion auf mich und feuert mich an, für Bilder ist es leider zu dunkel. Vorher mache ich noch einen kurzen Stop an der Versorgung –  es gibt Brot, Riegel, Banane und Iso-Getränk – ich bin mal gespannt wie gut ich das angebotene Produkt vertrage – rebellierender Magen über 100km macht keine Freude.

Ins Dunkel entschwinden wir dann auch wieder, es geht entlang des Landstraße – dort steht wieder ein Schild:15km. Ich habe das Schild nur wenige Minuten passiert, da gibt es Rufe von hinten – die Spitze des Marathons, der eine Viertel Stunde nach uns gestartet ist, und noch dazu eine Extra-Runde in Biel laufen durften nähert sich. Von nun an überholen uns häufiger Marathonis und Halbmarathonis – denn die sind deutlich schneller unterwegs.

Für die Kurzdistanz Halbmarathon ist dann auch schon bald das Ziel in Sicht. In Aarberg geht es über die historische Brücke, eine tolle Holzkonstruktion. Es stehen jede Menge Menschen an der Strecke und die Stimmung ist absolut spitze. Für die Halbmarathonis ist auf dem Marktplatz das Ziel errreicht. Für alle anderen geht es wieder aus der Stadt raus, vorbei an der nächsten Versorgung. Zwischen Aarberg und Lyss haben wir dann auch endlich die 20km erreicht.

In Lyss warten die Begleitradler auf ihre Läufer, denn wie in Ulm begleiten die Radler erst, wenn sich das Feld etwas aufgelockert hat. Es geht im Ort eine Steigung hoch, die etwas steiler ist, ich bin anfänglich noch versucht zu joggen, aber die Ultra-Erfahrung sagt ganz klar: nichts überstürzen und langsam angehen lassen, Kräfte richtig einteilen, also die Steigung gehen.

Das nächste Ziel für mich ist Amerzwil – dort wartet Marion wieder auf mich zum Unterstützen. Dort steht auch wieder eine Versorgungsstation. Kurz nach Lyss steht im Wald eine Kontrollstelle – einmal Stempel auf die Startnummer und weiter geht es. Vor der Versorgung geht es nochmal zwei Steigungen nach oben. Ich nutze die Gelegenheit und trinke meine Flasche leer. An der Versorgung mache ich etwas langsam und nutze einen Mauervorsprung um einen Mitreisenden der unliebsamen Art los zu werden – auf dem Waldweg hatte ein Steinchen den Weg in den Schuh gefunden. Marion steht eine Kurve weiter und gibt mir seelische Nahrung für die nächsten Kilometer.

Es geht durch Grossafoltern und dann durch die Felder zum nächsten Verpflegungspunkt in Scheunenberg. Kurz davor steht ein wichtiges Motivationsschild, 30km habe ich bisher zurück gelegt, fast ein Drittel. Nach der Verpflegung, an der ich wieder Riegel, Banane und Iso auftanke geht es eine schier endlose Gerade entlang, wenn man von einigen Verschwenkungen an den Kreuzungen absieht. Es geht beständig ganz leicht bergauf, das Gegenteil von dem was gerade in meinem Kopf geschieht – dort fahre ich gefühlsmäßig Achterbahn, demenstprechend schlecht läuft es sich auch, denn jeder Langstreckenlauf beginnt im Kopf. Aber noch kann ich ohnehin nicht aussteigen. Also mache ich mal weiter. Marion kündigt per SMS den nächsten Treffpunkt an.

Die Strecke an sich wird fast nur von Läufern und Begleitradlern gefüllt, Besucher sind fast keine mehr an der Strecke zu finden. Für Motivation sorgt das 35km Schild. Zudem steht für die Marathonis das Schild für den Endspurt – 40km haben die schon in den Beinen. Dafür sind sie aber auch bald im Ziel. Das liegt im Ort Oberramsern – ich freue mich hingegen auf die nächste Versorgung, die sich direkt nach dem Marathonziel befindet. Im Ort findet dann auch endlich ein Richtungswechsel statt und es geht ein wenig bergab.

Marion erwartet mich im nächsten Ort, Mülchi, kurz vor dem Ort überschreite ich dann auch de 40km Marke. Von Marion gibt es Spezial-Nahrung für Ultra-Läufer: Gummibärchen, zudem lasse ich mir noch etwas Wasser geben, denn trotz Auffüllen an der Versorgung habe ich die Flasche schon wieder gelehrt. Noch immer fährt der Kopf ein wenig Achterbahn, aber es geht langsam etwas besser. Passend dazu ist die Strecke „the only way is up“ es geht nach dem Ort recht steil bergauf. Ich hole einen Läufer ein, der ebenfalls geht. Er ist der Meinung es sei viel zu früh zum Gehen, aber da ich die Strecke nicht kenne, macht mir das überhaupt nichts.

Nach der Steigung geht es erst mal wieder flacher weiter – ich schalte wieder auf Joggen um, zumindest bis Etzelkofen, dort raus geht es wieder über einen Bergkamm drüber. Auch diese Steigung bewältige ich wieder im Gehen, wie jetzt auch viele andere Läufer um mich herum. Klar, denn mittlerweile sind nur noch 100km Läufer oder Staffeln unterwegs – die Staffelläufer haben noch Kraft und können sich ihre Kräfte anders aufteilen. Im nächsten Gehöft steht wieder eine Versorgung bereit, zum ersten Mal erspähe ich Brühe bzw. Bouillon, leider frisch angerührt mit kaltem Wasser – geschmacklich absolut grauenhaft, aber ich weiß wie wichtig das Salz beim Langstreckenlauf ist. Also trinke ich doch gleich zwei Becher. Zum Abgewöhnen dazu gibt es dann Pepsi-Cola und Iso.

Es geht wieder durch den Wald, und es ist nun auch richtig dunkel, ohne Stirnlampe geht nichts. Ein wenig erinnert mich das Stück an die ersten Kilometer in Ulm, es fehlt anfänglich nur das Kilometerschild (in Ulm das für 10km), aber selbst das gibt es hier, 45km zeigt es. Also schon fast Halbzeit. Irgendwo auf der Strecke ist auch der innere Schweinehund im Kopf dann endlich weg, scheinbar habe ich ihm irgendwo einen Tritt verpasst, dass er sich endlich in seine Ecke verzogen hat und mich nicht mehr weiter beheligt.

In Jegenstorf gibt es schon weider etwas zu Essen und zu trinken – diesmal ist die Bouillon sogar warm, da schmeckt sie gleich mal viel besser. Die Kilometer ziehen sich nun scheints ewig, aber es geht vorran. Kurz vor dem nächsten Treffpunkt mit Marion in Kernenried ist die Halbzeitmarke überschritten. Wesentlich unspektakulärer als in Ulm, wo man zur 50km-Marke ins Donaustadion einläuft. Hier nur ein schlichtes Kilometerschild mitten im Nirgendwo. Kurz nach dem Foto-Shooting steht auch Marion bereit. Es gibt wieder Gummibärchen für mich. Marion wird nun erst einmal etwas Pause machen und wir wollen uns kurz nach Kilometer 70 wieder treffen. Für mich sind es bis dahin ja nur 20km, ich schätze vorsichtig auf 2 Stunden.

Nun habe ich ersteinmal die nächste große Versorgungsstation im Blick, Kirchberg – nicht zu verwechseln mit Iller-Kirchberg in Ulm wirklich viel gemeinsam haben die Orte dann auch nicht – Kirchberg liegt nicht auf dem Berg sondern im Emme-Tal (wobei mir endlich einmal bewusst wird wo der berühmte Käse herkommen muss). Kurz nach dem Schild für 55km überqueren wir den Fluss.

An der Versorgung greife ich überreichlich zu, zu viel wie ich wenige Meter später merke, ich verschlucke mich und wenn man schon mal am Husten ist, dann meinte der Magen auch noch seine Meinung zur bisherigen Ernährung abzugeben. Also hänge ich etwas auf halb-acht in der Botanik, danach geht es allerdings auch gleich wieder und ich laufe weiter.

Es folgt ein Stück, das liebvoll der Hô-Chi-Minh-Pfad genannt wird. Die Radler sind auf diesem Teilstück außen vor, anfänglich will ich das noch nicht so recht verstehen, denn die Strecke entlang der Emme bzw. dem Emmedamm ist ganz ähnlich dem was Ulm von Kilometer 50 bis ca. 55 zu bieten hat – grob geschottert und flach, wenn auch nicht ganz so breit. Nach einigen Kilometer wird es dann allerdings richtig übel – der Pfad läuft die ganze Zeit auf dem Damm und ist rechts und links von Wald umgeben. Überholen ist fast nicht möglich – ich reihe mich hinter einem Läufer ein. Der Untergrund ist absolut uneben und man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht den Knöchel vertritt.

Der Trail zieht sich scheinbar endlos hin – an einer etwas breiteren Stelle mache ich etwas langsamer und informiere Marion über den aktuellen Stand, noch liegen rund 10km bis zum nächsten Treffpunkt vor mir, ungefähr die Hälfte davon auf dem schwierigen Trail. Ich hänge mich nach der kurzen Erhohlungsphase wieder an eine Läufergruppe an, begleitet wird das von der erwachenden Vogelwelt rund um den Damm in den Büschen – es zwitschert von allen Seiten. Kurze Zeit später gibt es die nächste Versorgung, direkt unter einer Brücke – eine interessante Location, das muss man lassen. Danach wird es von der Strecke etwas besser – der Damm ist nun erst mal asphaltiert, aber immer noch recht schmal. Auch die Kulisse ist nicht unbedingt ein Augenschmaus, es geht vorbei an einer Papierfabrik, inklusive dem dazugehörigen Klärwerk.

Kurz vor der nächsten Verpflegung erfolgt die Wiedervereinigung von Läufern und Radlern, diese warten am Streckenrand und feuern jeden Läufer an der vorbei kommt, das ist echt sympathisch. Die Versorgung ist dann auch das Ende des Trails. Eine schmale Brücke überspannt die Emme, noch wenige hundert Meter geht es dann entlang des Flusses, dann geht es mit einer leichten Steigung aus dem Tal heraus. In Biberist gibt es eine Haarnadelkurve, diese leitet den Heimweg ein, nun geht es fast konsequent gen Westen nach Biel.

Die Strecke führt nun durch die Felder, immer entlang des kleinen Dorfbach, in der Ferne ist schon bald der nächste Ort zu erkennen, Lohn heißt er. Man könnte es auch als Lohn der Mühen im Emmetal bzeichnen. Kurz nach der Überquerung des Bachs gibt es wieder ein wichtiges Schild: 70km liegen hinter mir, es ist also fast nur noch eine normale Samstags-Trainingseinheit die vor mir liegt, also sollte das alles machbar sein. Weg sind die Gedankenspiele vom Anfang, es gibt nur noch eines: Nach vorne blicken, es sieht gut aus und das Ziel in machbare Nähe gerückt.

IMG_1039Nach dem Bahnübergang in Lohn geht es weiter auf den nächsten Treffpunkt mit Marion in Lüterkofen zu. Kurz vor dem Treffpunkt kündigt sich eine lästige Pflicht an – nachdem ich ständig Kalorien und Flüssigkeit in mich hinein geschoben habe, muss ich nun langsam aber sicher auch an die Entsorgungsproblematik denken, mein Verdauungstrakt macht da im wahrsten Sinne des Wortes mächtig Druck. Gut das auf einer Baustelle am Rand ein Dixi bereit steht – unverschlossen und sauber, das muss dann erst mal herhalten. Natürlich meldet sich Marion etwas besorgt genau nachdem ich gerade die Türe verschlossen habe. Ich lasse die Antwort sein, und laufe weiter, denn es kann sich nur noch um einige Minuten handeln bis wir uns sehen. Tatsächlich, nach der nächste Kurve auf einem großen Parkplatz steht Sie und freut sich, dass ich auftauche. Nochmal Gummibärchen, dann geht es weiter. Noch eine leichte langezogene Steigung, dann geht es etwas bergab an die nächste Versorgung.

Ich trinke reichlich Wasser, Iso, Cola und wieder Brühe. Auch die Flasche wird wieder aufgefüllt. Nun folgen ca. 5km relativ eben bis nach Bibern. Was mir nunmehr auch zu schaffen macht ist die Sonne, diese sorgt für angenehme Temperaturen, aber mit der Zeit wird es auch unangenehm warm. Ich ziehe die Jacke aus und binde sie mir um die Hüfte. Anfänglich noch etwas frisch gewöhne ich mich recht bald an das Laufen ohne Jacke. In Bibern erwarten uns jede Menge Menschen an der Strecke, dort ist auch die letzte Wechselstation für die Staffeln. Die Staffeln sind auch die Teilnehmer, die noch genügend Kraft haben die anstehende Steigung zu joggen. Die Ultra-Läufer um mich herum gehen alle und haben sich an der Theke noch etwas zu Futtern mitgenommen. Marion kündigt an, dass sie im nächsten Ort an einer Gefällestrecke steht. Das motiviert natürlich, und das Gefälle beginnt dann auch bald. Zudem steht nach einigen Kilometern noch ein Motivationsschild, 80km habe ich nun in den Beinen. Ich muss an Ulm denken, dort befindet sich dieser Kilometermarker an der Wilhelmsburg gemeinsam mit einer Versorgung – hier steht er, wie schon die Halbmarke irgendwo einfach an der Strecke.

IMG_1047Der nächste Ort ist Arch, irgendwie hat man im fortgeschrittenen Ultra-Marathon-Stadium komische Assoziationen, in Ulm ist es der Ort Lehr, hier Arch. In Ulm fühlt man sich leer, in Biel ist man einfach im Allerwertesten. Da hilft auch der Gedanke, dass die größeren Steigungen nun endlich hinter mir liegen nicht viel. Schon interessanter ist die Uhr an einer Tankstelle im Ort – sie zeigt kurz vor sieben Uhr in der Frühe. Das weckt Ambitionen ob es doch noch möglich ist unter 11 Stunden ins Ziel zu kommen, allerdings weiß ich auch, dass die letzten 20km noch einmal richtig Kraft kosten werden. Aber dafür steht ja Marion bereit – sie versorgt mich nochmals mit Gummibärchen, bevor es an die nächste Versorgung geht, dort greife ich auch nochmal zu, Wasser, Iso, Cola, Tee und Brühe, dazu nochmal Bananen und Müsli-Riegel. So gestärkt geht es dann an die Aare, entlang dieses Flußes oder dessen Kanal verlaufen die letzten Kilometer der Strecke bis Biel.

Auf dem Feldweg durch die Auen hänge ich mich an einen Läufer und dessen Begleitung, wir pushen uns gegenseitig Kilometer um Kilometer, für mich ist es teilweise recht hart und ich lasse ihn auch teilweise ziehen, nur um ihn kurz später dann doch wieder einzuholen. Zwischenzeitlich passieren wir Kilometer 85. Zudem gibt es eine etwas trickreiche Brücke – zwei Läufer bringen die ziemlich genau in Resonanz, was dann zu unliebsamen Effekten führt, denn entweder kommt der Boden einem beim Auftreten zu früh oder zu spät unter den Fuß, beides ist nicht so wirklich gut für die Gelenke.

In Büren gibt es wieder etwas zu trinken, es ist mittlerweile derart warm, dass meine Flasche immer gerade so von Station zu Station reicht. Dankbar fülle ich diese auf, wie üblich ungefähr 80% Wasser und 20% Iso-Getränk. Das Iso-Getränk ist mir sonst immer deutlich zu süß und geschmacklich ist es auch nicht unbedingt mein Fall. Wir queren die Aare, und es folgt eine lange Strecke immer enlang des Kanals. Sie erinnert mich an die „Schlachtergerade“ im Nürnberg, sie ist fast genauso lang. An der vorletzten Versorgung wartet nochmal Marion auf mich, ich greife nochmal Getränke und Essen ab, und schiebe mir etwas Traubenzucker und ein Bonbon in den Mund um den Zuckerspiegel hoch zu halten – nicht das mir jetzt auf die letzten Kilometer noch etwas anbrennt. Es sind jetzt weniger als 10, die noch zu laufen sind.

Die Kilometer ziehen sich gefühlt übermäßig zäh hin, im Gegensatz zu Ulm gibt es nicht die letzten 10km schon jeden Kilometer Hinweisschilder, so freue ich mich natürlich um so mehr, als ich das Schild für 95km und wenige hundert Meter später die letzte Versorgung erreiche. Die Streckenposten und einige Menschen an der Strecke motivieren – nur noch 4,5km bis ins Ziel. Das hört sich richtig gut an – und die Strecke ist noch immer flach. Ich laufe weiter, mahne mich allerdings zur Vorsicht – denn auch wenn es nur noch so wenig Kilometer sind, einbrechen kann man immer noch, wenn man sich verschätzt. So geht es wohl vielen entlang der Strecke, ich sammle immer mehr Läufer ein und werde nur noch selten von einigen flotten Staffel-Läufern überholt. Zur Sicherheit gebe ich mir nochmal einen Zuckerschub in Form eines Bonbon und Traubenzucker, noch während ich auf dem Zucker herumkaue kommt das Kilometerschild 96 in Sichtweite – noch 4km.

IMG_1064Biel ist schon mal erreicht, es geht schon durch die Vororte – noch immer entlang der Aare, ein weiteres Schild kündigt an: noch 3km bis ins Ziel. Ich mahne mich, dennoch jetzt nur nicht zu beschleunigen, denn irgendwie schwant mir, dass da noch etwas lauern könnte. Mein Bauchgefühl behält recht, kurz nachdem man von der Aare abgezweigt ist, geht es nochmal über eine Brücke – diesmal gehe ich die Steigung nicht und sammle dabei nochmal allerhand Läufer ein. Das gibt einen richtigen Schub, jedesmal wenn man noch an jemandem vorbeiziehen kann, egal wie entkräftet man eigentlich schon ist. Nach der Brücke geht es durch die Bebauung – einige Leute stehen an der Strecke und feuern an. Es geht nochmal einen knackige Steigung hoch, ich ärgere mich erst ein wenig, denn das muss ja nun nicht sein, noch auf den letzten Kilometern irgendwelche Höhenmeter-Ambitionen, aber es gibt mir ja auch nochmals die Chance einige Läufer zu überholen. Es geht entlang der Bahnstrecke, nur noch 1km liegt jetzt vor mir, runter vom Bahndamm, unter der Bahn durch, die letzten Höhenmeter des Laufs, dann wird es flach. Die letzten drei Kehrungen durch Biel hindurch ziehen sicIMG_1069h scheinbar endlos, obwohl ich laut Pulsuhr deutlich flotter laufe. Immerhin habe ich mittlerweile wieder Orientierung und sehe den markanten Turm des Kongress-Zentrums: Da muss ich hin! Nach der vorletzten Kurve stehe ich dann auch schon vor dem Turm, eine Kurve trennt mich noch vom Ziel – vorher noch durch das Bierzelt mit der Kantine wo es schon herrlich nach Essen duftet – aber egal, jetzt nochmal die Beine in die Hand genommen und durchgespurtet – nur nicht von der Zeitmessmatte täuschen lassen die da im Zelt liegt, noch war da keine Ziellinie oder eine Medaillen-Ausgabe. Das alles kommt zusammen mit dem Ziel-Tor-Bogen nach der letzten engen Kurve ins Blickfeld – nochmal Tempo steigern und dann ist es auch geschafft – 100km. Ich kann es selbst kaum glauben. Marion steht am Zieleinlauf und hat reichlich Fotos gemacht. Ich genehmige mir erst einmal zwei kühle isotonische alkoholfreie Weizenbier – lecker und erfrischend nach der ganzen Lauferei.

Jetzt ist erstmal Zeit zum Ausruhen, vor dem Congress-Zentrum verschnaufe ich etwas und versuche zu entspannen, aber die Muskulatur rächt sich nun für die ganzen Kilometer – weniger mit Krämpfen als mit Muskelkater. Nach einer Viertelstunde mache ich mich dann ganz langsam auf den Weg in Richtung T-Shirt-Ausgabe, Medaillengravur und Duschen. In der Halle ist es etwas chaotisch, aber am Ende habe ich alles was ich brauche – zwei Urkunden und ein T-Shirt. Die Medalliengravur fällt scheinbar aus, die zuständige Firma hat den Veranstalter wohl im Stich gelassen. Immerhin ist man bemüht und notiert sich die Starternummer, die Medallie soll dann nachgeschickt werden. Da man das aber noch nicht versprechen kann, soll ich meine ungravierte erst einmal behalten – zwei Medalien für einen Lauf – auch mal was neues. Mit meiner Zielzeit von 11:09:29 bin ich absolut zufrieden – persönliche Bestzeit in Biel sowieso und noch dazu deutlich schneller als in Ulm. 243. in der Gesamtklassierung von 845 angekommenen Männern, und 18. in meiner Alterklasse, in der 53 Läufer ins Ziel gekommen sind.

Die Duschen befinden sich im Untergeschoss – ich bin natürlich nicht zimperlich und nehme die Treppen, auch wenn das etwas schmerzhaft ist, aber der Schmerz vergeht ja bekanntlich, der Stolz bleibt.

Fazit zum Lauf: Biel ist mittlerweile sehr bekannt und berühmt – in diesem Jahr wurde der Abwärtstrend bei den Teilnehmern insgesamt und auch bei den 100km gestoppt – insgesamt waren 1360 Teilnehmer am Start, die 100km erfolgreich absolviert haben 1013 Läufer innerhalb des Zeitlimits. Das ist eine ganz andere Veranstaltungsklasse als Ulm, das muss man ganz klar anerkennen – mit der steigenden Läuferzahl steigt logischerweise auch der logistische Aufwand den man als Veranstalter betreiben muss.

Von der Strecke her lassen sich die beiden Läufe finde ich sehr schwierig vergleichen – ich denke jede hat ihre Berechtigung, ihre Mankos und Längen, aber eben auch echte Highlights. Biel ist insgesamt etwas urbaner geprägt als es bei der Laufstrecke in Ulm der Fall ist. Man läuft doch mehr Kilometer in dicht besiedeltem Gebiet und hat gefühlt auch etwas mehr Industrie und Kläranlagen entlang der Strecke. Ulm kann hier einige Pluspunkte mit einer eher ländlichen Strecke gut machen. In Biel ist ein Großteil der Strecke sehr gut ausgebaut – die allermeiste Zeit sind es Straßen oder breite Feldwege, oftmals sogar asphaltiert oder zumindest befestigt. In Ulm sind die meisten Wege zwar auch befestigt, aber es sind mehr Anteile die eher einem Trail-Lauf gerecht werden enthalten, was auch seinen Reiz hat. In Biel ungünstig gelöst finde ich den Emmedamm – auch in Ulm gibt es ein Stück das ähnlich ist (ab ca. 50km bis ungefähr 55km), jedoch ist das noch deutlich angenehmer da nicht ganz so dunkel und mit genügend Möglichkeiten zum Überholen und Überholen-Lassen. Der Ho-Chi-Minh-Pfad ist hingegen so schmal, das dies nicht geht, noch dazu ist es aufgrund der Auenbewaldung an einigen Stellen stockduster.

Was mir auch aufgefallen ist: In Ulm wurde mit sehr viel Liebe zum Detail die Strecke ausgestaltet und wichtige Kilometermarken mit entsprechenden Versorgungsstationen ausgestattet – klassiche Punkte sind hierbei das Donau-Stadion bei Kilometer 50 oder auch die Wilhelmsburg als Augenweide bei Kilometer 80. In Biel liegen die Kilometer irgendwo mitten im Nirgendwo – für die Strecke an und für sich unerheblich und auch ob die Versorgung nun einige Kilometer früher oder später liegt ist im Prinzip nachrangig, aber es motiviert einfach deutlich besser wenn man an solchen Punkten auch etwas zu erleben hat.

Die Versorgung ist auch deutlich unterschiedlich – während man in Ulm auf etwas wie am Rennsteig setzt, also durchaus „feste“ Nahrung mit Kuchen, Schokolade und Wurst (ganz zu schweigen vom Aufgebot bei Kilometer 75 – jeder der dort einmal gelaufen ist kennt den Punkt auch als Schlemmer-Buffet), am Rennsteig war das Angebot leicht anders aber auch abwechslungsreich und mit genügend Auswahl für jeden Geschmack. Biel hingegen gibt sich hier sehr purisitisch – Iso in zwei Varianten, Tee, Wasser, Cola, Brühe, dazu jedesmal Riegel, Banane, Äpfel. Das geht auch, was mir gut gefallen hätte wäre etwas Salz pur gewesen, so muss man das über die Brühe aufnehmen. Wenn die Brühe dann auch noch kalt ist, macht das den Geschmack nicht unbedingt besser.

Ich bin dieses Jahr ohne Begleitradler unterwegs gewesen, Marion wollte urpsrünglich als Radler mitmachen, aber schwanger so lange Strecken radeln ist einfach ein No-Go. Die punktuelle Versorgung hat auch so sehr gut geklappt.

Mittlerweile ist Montag, der Muskelkater hat sich nach dem Lauf erstaunlich in Grenzen gehalten, auch wenn ich nach dem Lauf einigen Stunden an einem Rastplatz einfach nur geschlafen habe vor lauter Erschöpfung. Treppensteigen geht schon Sonntags wieder recht gut, ein wenig merke ich es auch heute noch, aber es ist kein Vergleich zu früheren 100km-Läufen. Das Training mit der Gruppe PULT hat mich dann doch entsprechend abgehärtet.  Auch die knappe Abfolge von drei Wettkämpfen in sechs Wochen und regelmäßigem Training unter der Woche hat keine negativen Auswirkungen gehabt.

Ob ich den Lauf jedes Jahr machen möchte weiß ich noch nicht, das muss ich erst noch sehen, wie sich die Laufambitionen fürs nächste Jahr entwickeln – außerdem muss ich ab Oktober ja auch auf meinen anstehenden Nachwuchs Rücksicht nehmen. Das erschwert die Teilnahme an Wettkämpfen dann doch ein wenig. Aber man wird sehen.

 

Dämmermarathon Mannheim

Der Rennsteiglauf liegt zwei Wochen zurück und schon geht es weiter mit dem nächsten Wettkampf. Der SAP-Arena-Marathon in Mannheim. Ehemals hieß der Lauf auch MLP-Marathon, aber der Finanzdienstleister hatte nur einen Werbevertrag für 10 Jahre, den er nicht verlängert hat. Nicht verändert wurde hingegen das Konzept des Dämmermarathons – gestartet wird in den Abend hinein.

Da der Lauf direkt vor der Haustüre stattfindet entfällt die Anfahrt. Meine Eltern sind in Urlaub und ich muss ohnehin dort zweimal täglich vorbei um unsere Katze zu füttern – also richte ich mir die Wohnung als Basis ein – hat auch den Vorteil dass man nachts nach dem Zieleinlauf nicht mehr lange nach einer passenden Bahn Ausschau halten muss um wieder nach Hause zu kommen.

Für mich steht der Lauf gar nicht im Sinne eines Wettkampfes auf dem Programm, denn in zwei Wochen findet in Biel der 100km Lauf statt, den ich dieses Jahr nachholen will (letztes Jahr fiel er ja bekanntlich ins Elbehochwasser). Aber da unsere Laufabteilung/Triathlon wieder eine der Wasserstationen besetzt gab es als Dankeschön einige Freistarts. Ich habe lange überlegt und mich erst kurz vor Ablauf der Frist gemeldet, als klar war, dass sonst keiner mehr teilnehmen möchte – aber verfallen lassen muss man das Angebot ja nun wirklich nicht. Außerdem: Wann hat man die Chance zu einem Training mit Versorgung direkt an der Strecke, Zuschauern und allem was dazu gehört? Noch dazu gibt es etwas reizvolles an dem Lauf: Mit dem neuen Veranstalter wurde die Strecke angepasst – die sieht interessant aus, auch weil einige etwas öde Teil wegfallen.

Somit ist von vorneherein klar: Das soll keine Bestzeit werden, sondern einfach eine lange Trainingseinheit. Ich stelle mich daher in den Startblock mit den Pacemakern 4:00h bzw. sogar hinter den Pacemaker 4:15 wie sich kurz vor dem Start ergibt. Die Position ist sowieso ungefähr die, an der ich bisher jedesmal gestartet, wenn ich teilgenommen habe und nicht in einer Staffel war. Es ist nun schon sieben Jahre her, das meine Lauferei mit der Teilnahme an einer 4er Staffel am Dämmermarathon ihren Anfang nahm.

Genug der Romantik und Nostalgie, der Startschuss ist gefallen und es tut sich … nichts, gefühlt dauert es eine halbe Ewigkeit, bis der Pulk sich überhaupt in Bewegung setzt. Die Stimmung an der Strecke ist gut, auch wenn der Moderator einige Leute wiederholt auffordern muss, doch etwas beizutragen und die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Bereits als wir den Friedrichsplatz verlassen und auf die Augusta-Anlage einbiegen merke ich: So langsam wie mein Umfeld kann ich gar nicht laufen – das ist nicht entspannt sondern nur noch verkrampft für mich … also überhole ich den Pacemaker für 4:15h noch vor dem ersten Kilometerschild und lasse mich in ein Tempo fallen bei dem ich mich wohlfühle. Es ist irgendwie ein komisches Gefühl keine direkte Zeitvorgabe zu haben und sich daher etwas mehr auf die Strecke und das drum herum konzentrieren zu können.

Eigentlich erwarte ich Marion zum Fotografieren auf Höhe des Carl-Benz-Stadions bei ca. 2km. Ich ordne mich daher rechts ein, wie abgesprochen, als wir die Augusta-Anlage verlassen und in einer langen rechts-links-Kombination Kurs auf Neuostheim nehmen. Leider sehe ich Marion nicht an der Strecke, aber das Feld ist auch noch verdammt dicht und ständig zischen noch Läufer rechts und links an einem vorbei. So recht im Feld angekommen bin ich auch noch nicht, ich überhole immer noch einige. In Neuostheim wohnen Nico’s Eltern – sie stehen auf dem Balkon … ein kurzer Ruf und die Anfeuerungsrufe werden nochmal lauter – Danke dafür. Ich mache mir einen Knoten in den Hinterkopf nächstes Mal vorher Bescheid zu geben, vielleicht klappt es dann mit einem Foto. Das ist ein gutes Stichwort – ich schreibe während des Laufens Marion eine SMS, damit sie weiter zum nächsten Fotopunkt ziehen kann und nicht mehr vergeblich auf mich wartet.

Noch sind wir auf alt bekannter Strecke, es geht entlang des Flughafens durch Neuostheim, in Richtung Seckenheim, nach der Unterquerung der Bundesstraße folgt eine lange Gerade vorbei am Industriegebiet und der DHBW. Dort stehen auch noch reichlich Leute und feuern an. Kurz vor der Autobahnbrücke beginnt dann ein neuer Streckenabschnitt. Anstelle gerade aus nach Seckenheim auf die Ortsumgehung geht es zurück ins Industriegebiet und hinaus ins angrenzde Bösfeld – dem Anflug-Korridor auf den Flughafen – prompt landen natürlich auch zwei Maschinen – schon imposant, aber das kenne ich aus Nürnberg besser – dort sind die Vögel einfach viel größer.

In der Ferne kann man das Maimarkt-Gelände und die namensgebende SAP-Arena sehen. Gelaufen sind mittlerweile etwas mehr als 6km und ich fühle mich richtig gut. Kurz nach dem Maimarkt ist die erste bemerkbare Steigung, es geht unter der Autobahn durch und dann die Auffahrt zur SAP-Arena hoch. Vor der Arena steht nochmal eine Versorgung – ich greife zu einer Banane, aber nicht nur ein Stück, sondern eine ganze. Diese esse ich dann im Laufen – das finde ich praktischer als stehen zu bleiben. Es folgt die angekündigte Passage durch die Arena – es geht unter dem Fanblock hindurch, über diesen Eingang wird bei Konzerten die Technik angefahren. Dann geht es über die Arena-Fläche – die momentan kein Eis trägt, es ist ja keine Eishockey-Saison, wobei so eine Rutschpartie vielleicht doch lustig wäre. Auf der Fläche ist die erste Wechselstation für Staffeln. Was mich stört ist, dass es in der Halle stockduster ist – etwas spärliches Licht und flackernde Lichter. Vielleicht nett gemeint, aber zum Laufen nicht wirklich sinnvoll. Auch die Staffeln haben ihre Probleme, ettliche suchen ihre Partner und finden sie dank Dunkelheit nicht so recht. Immerhin hat der Spuk bald ein Ende und es geht wieder hinaus – über die Aufstellfläche der Mannheimer Adler, hier stehen die Profis also vor Spielbeginn.

Die Strecke führt wieder ins Bösfeld in Richutng Maimarkt-Gelände, diesmal ans hintere Ende und nicht unter der Autobahn durch, sondern obendrüber. Aber auch das keine wirklich erwähnenswerte Steigung. Von der Brücke geht es steil bergab und dann gleich rechts, Kurs direkt auf Seckenheim – der Wasserturm „Glatzkopf“ ist schon zu sehen. Bei Kilometer 9 sehe ich meinen Trainingspartner Rolf an der Strecke stehen – er hat Oberschenkelprobleme die sich ausgeweitet haben, er wird den Lauf abbrechen. Schade, denn im Training sah es schon wieder gut aus. Der Dritte im Bunde, Andreas, muss also noch vor mir sein – mal sehen ob ich ihn noch einhole – allerdings läuft er nur einen Halbmarathon und ist dementsprechend zügig unterwegs. Immerhin sind wir jetzt wieder fast auf bekannter Strecke – anstelle direkt auf der Umgehung um Seckenheim wird diesmal aber auf dem breiten Radweg daneben gelaufen.

In Seckenheim selbst ist die Stimmung wie immer richtig gut, viele Menschen an der Strecke die anfeuern. Ein wenig lästig ist das Schleifchen am Ortseingang, dass die Veranstalter eingebaut haben um auf die volle Marathon-Distanz zu kommen – nunja sei es drum. Kurz vor de r nächsten Versorgung erspähe ich Irmgard. Sie versorgt sich, ich mache etwas langsam und lasse sie aufholen. Kurzer Check, es läuft, wenn auch nicht so rund … ich ziehe daher meines Weges. Nun geht es wieder auf die Stadt zu, immer entlang der Überland-Straßenbahn-Linie OEG in Sichtweite des Neckars.

Wieder geht es durch Neuostheim, auch hier stehen wieder reichlich Leute an der Strecke und feuern an. Das ist absolut klasse. Nach der Riedbahn-Querung folgt eine ganz sachte Steigung auf den Fernmeldeturm in Mannheim zu – rechts die OEG-Trasse und der Neckar, links der Luisenpark – ein schöner Park der zur Bundesgartenschau 1975 entstand und den wir später auch noch durchlaufen werden. Diesmal klappt es mit dem Foto – Marion steht an der Strecke, feuert an und macht Fotos kurz winken und Irmgard ankündigen, und schon bin ich wieder weiter – vorbei am Fernmeldeturm und rein in die Stadt.

Es geht nun auf die mehrfach genutzte Strecke zwischen Luisenpark und Innenstadt, ca. 3km muss man zweimal unter die Füße nehmen. Die Strecke ist immer noch mit reichlich Menschen gesäumt, und es überholen sogar schon Läufer die auf dem zweiten Durchlauf sind. Es folgt das Kongresszentrum Rosengarten, und dann geht es in die „Fressgass“ – die Straße heißt so, weil eine Fressbude neben der anderen ist man sich also förmlich durchfressen könnte. Momentan ist dort eine große Baustelle für einen neuen Block – man sieht aktuell vor allem die Kräne, die Arbeiten sind aktuell beim 2. Untergeschoss der Tiefgarage angelangt. Kein überragender Anblick, aber es folgt ja auch bald die Weiche für die erste Runde. Fußgängerzone kreuzen, vor Mannheims größtem Sportgeschäft vorbei und auf den Start-Ziel-Bereich am Wasserturm zu. Dort ist gute Stimmung und die nächste Weiche – diesmal rechts halten für die Marathonis, die Halben zweigen ab.

In der Augusta-Anlage wird es daher diesmal deutlich ruhiger – klar es sind ja hier nur die Marathonis noch unterwegs – am Ende werden es etwas mehr als 750 sein, die ins Ziel kommen – im Vergleich zu den mehr als 12 Gesamt-Teilnehmern erstaunlich wenige – der Trend zu Staffeln und Halbmarthon ist also auch in Mannheim zu spüren. Dabei kommt doch nun das Beste: Die Wasserstation der DJK-Feudenheim und der Weg durch den Luisenpark. An der Wasserstation werde ich freudig begrüßt, zwei Becher Wasser und schon geht es weiter. An den anderen Versorgungen habe ich auch reichlich zugegriffen – Wasser, Iso und wann immer angeboten: Banane im Ganzen.

Der Pfad durch den Park ist herrlich – ich kenne ihn noch aus der Kindheit – vorbei an all den Spielplätzen und Brunnen – ich kenne sie alle noch und sie sind auch alle noch da. Auf was man achtet, wenn man demnächst Vater wird … Im Park selbst sind nur noch wenige Besucher – ich glaube mich zu erinnern, dass er um 18:00h offiziell schließt. Einige stehen dennoch an der Strecke und feuern an. Die Kilometer fliegen gerade so an mir vorbei – am Parkeingang haben wir die 23km-Marke passiert und es fühlt sich noch immer alles super an.

Nun geht es auf die doppelt genutzte Strecke zurück – ich erwarte eigentlich, dass Marion sich dort irgendwo positioniert hat – leider hat das wohl nicht geklappt – wie ich später erfahre haben wir uns wohl um wenige Minuten verpasst, da ich deutlich schneller unterwegs bin als gedacht – von wegen Trainingslauf. Den Pacemaker für 3:45 habe ich auch irgendwo gesehen – in der Ferne sehe ich einige Ballons und überlege ob das schon die des 3:30h-Pacers sind. Das wäre absolute Spitzenzeit für mich. Aber ich lasse mich nicht hetzen, immerhin sind noch 18km zu laufen und es sollte doch ein Trainigslauf werden. Zudem kommt das dicke Ende mit der Brücke nach Ludwigshafen ja auch noch …

Immerhin bis an die Weiche in der Fressgasse ist die Strecke wieder gut besucht, und es sind noch jede Menge Läufer auf der ersten Runde. Dachte ich zumindest … plötzlich wird von hinten gehupt und aufgefordert Platz zu schaffen – ein Rettungswagen ist es nicht – stattdessen überholt der erste Mann samt Begleitradler … ich bin etwas ratlos was da genau passiert ist. Ich prüfe ob ich nicht falsch abgebogen bin, aber die Kilometerschilder und die Zeiten passen. Also laufen wir einfach mal weiter.

Nach dem Abzweig in der Fressgasse wird es merklich leerer. Nur noch die Marathonis und die Staffeln sind hier unterwegs. Kurz nach Kilometer 27 gibt es die erste Bergwertung der Strecke – es geht auf die Kurt-Schuhmacher-Brücke hinauf. Wir sind wieder auf der alten Streckenführung – damals fand sich die Halbmarathon-Marke in der Steigung.

Das Wetter ist fast einen Tick zu warm und es ist ein wenig windig, das merke ich auf der Hochstraße um so mehr. Es gibt fast kein Publikum mehr, nur noch einige Streckenposten stehen an den Abfahrten und stellen sicher, dass niemand falsch abbiegt. Die Kilometer sind etwas gummiartig, aber es lässt sich noch recht gut laufen. Ich scherze mit einem Läufer der sich über die öde Strecke ärgert – so ist Ludwigshafen nunmal – mal sehen wo wir in einigen Jahren laufen wenn die Hochstraße abgerissen ist, vielleicht wird es ja dann besser. Immerhin nach einem U-Turn hat die Brücke erstmal ein Ende. Es geht bergab und in die Innenstadt von Ludwigshafen. An der Versorgung hole ich mir nochmal Iso-Getränk und Wasser.

Die Stadt ist recht ruhig, am Berliner Platz wird es wieder etwas belebter – mit den Toten Hosen und „an Tagen wie diesen…“ laufe ich dort vorbei. Bald darauf folgt ein erlösendes Schild – 32km sind gelaufen – nur noch 10km. Das motiviert natürlich, auch wenn die Strecke ansonsten wenig Reize bietet – das kleine Volkfest am Rande der Strecke ist gut gemeint, aber die meisten Leute sitzen in den Zelten und nur wenige stehen an der Strecke. Immerhin kann man sich schon mal anschauen, wo man nachher entlang laufen muss, denn die Strecke ist hier größtenteils als Pendelstrecke aufgebaut. Die Wendeschleife zieht sich um mehrere Blocks und mittlerweile merke ich deutlich dass es ein Dämmermarathon oder vielmehr ein Dunkelmarathon ist. Stellenweise ist es verdammt dunkel, und ich würde mir meine Stirnleuchte von den Nachtläufen wünschen, die Straßenbeleuchtung ist da nicht immer ganz ausreichend. Immerhin gibt es nochmal eine Wasserstelle – ich lasse mir meine Flasche auffüllen – etwas mehr Iso wäre gut gewesen, aber egal es wird schon reichen.

Die gleiche Strecke die wir gekommen sind, geht es auch wieder zurück. Auf dem Pendelstück treffe ich Irmgard – sie ist also ca. einen Kilometer hinter mir. Am Berliner Platz ist gerade Pause für die Musik – die Ansage mit den Infos zur Strecke und der Werbung für die Website des Laufes wirkt deplaziert. Aber das ist mir auch reichlich egal. Ich konzentriere mich auf die nächste Steigung die vor mir liegt: Die Brücke die wir gekommen sind, müssen wir auch wieder hoch – immerhin weniger als auf der alten Strecke – und die kleine aber miese Senke am Rathaus-Center lassen wir auch gekonnt aus – wir kommen genau im Tiefpunkt zurück auf die alte Strecke. Man hat nun einen herrlichen Ausblick auf das beleuchtete Mannheim – und es sind nur noch 5km bis ins Ziel.

Ich lasse es weiter laufen, auch wenn ich langsam merke, dass die Waden die Steigung nicht so toll fanden. Als schnelle Gegenmaßnahme kippe ich mir das Iso-Wasser-Gemisch in den Hals, als ich die Landesgrenze nach Baden-Württemberg überschreite. Nun ist es eigentlich nicht mehr weit – bei der alten Streckenführung war es nur noch ein kleiner Zacken den man an der Jesuiten-Kirche vorbei musste. Diesmal passt das nicht von den Kilometern – stattdessen hat der Veranstalter noch eine Schleife durch den Schlosspark eingebaut – dort habe ich früher trainiert – die Strecke an sich ist eigentlich kein Problem, aber sie enthält nochmal ordentlich Steigungen und das so kurz vor dem Ziel, das müsste eigentlich nicht sein, wenn man mich fragt.

Die Schleife führt als Pendelstrecke durch den Park und macht eine Runde ums Schloss. Es stehen zwar einige Scheinwerfer, aber insgesamt ist es doch recht dunkel. Die bunte Beleuchtung vor dem Schloss ist zwar gut gemeint und sieht schick aus, aber der Belag ist etwas uneben, von daher wäre etwas mehr Licht sicherlich kein Fehler. Nun geht es nochmal bergab an der Mensa vorbei, die letzte Steigung der Strecke nach oben und entlang der Jesuiten-Kirche. Nun ist die Strecke wieder bekannt – vorbei am Landgericht, auf den Paradeplatz zu. Rein in die Kunststraße, die als Zielgerade fungiert. Es sind noch 2km bis ins Ziel. Meine Wade zwickt aber etwas, und das so knapp vor Schluss. Ich trinke den letzten Rest aus der Flasche und wäre gerade richtig dankbar, wenn es an der Versorgung irgendwo auch Salz gegeben hätte – ich nehme mir vor, für den nächsten Lauf selbst ein wenig einzupacken.

Die Stimmung wird besser, je näher man an den Wasserturm kommt. Noch ein Kilometer, ich motiviere mich nochmal. Als ich die Quadrate verlasse und den Ring überquere steht das Schild 42km. Nach der Mathematik müsste also in 100m das Ziel sein, aber es gibt ja noch den Puffer bei der Strecke, den muss man jetzt noch auslaufen. Das Banner oberhalb der Strecke gibt an „noch 400m“ – auch das kann nicht ganz stimmen, aber die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Die Meute an der Strecke peitscht einen regelrecht ins Ziel. Ein Mitläufer posiert mit hochgereckten Armen auf der Zielgeraden, ich nutze das um ihn auf den letzten 50m noch zu überholen. Endlich im Ziel, gerade noch passend, viel länger hätte ich das nicht durchgehalten was meine Wade anbelangt.

Im Zielbereich versorge ich mich, Marion wartet bereits auf mich. Aber vorher gibt es erstmal jede Menge Iso-Getränk, Apfelsaftschorle, Wasser und alkoholfreies Weizen. Für Brühe oder gesalzene Banane wäre ich jetzt auch zu haben, aber die gibt es leider nicht. Marion teilt mir dank Tracking-App dann auch noch meine Zielzeit mit: 3:36:36 – deutlich flotter als für einen Trainingslauf gedacht, aber insgesamt ok für mich. Ich muss noch schauen ob ich besser oder schlechter geworden bin. Es könnte sogar fast eine neue persönliche Bestzeit für die Strecke sein … soviel zum Training – harte Sprinteinheiten muss man auch mal machen und was anderes ist ein Marathon im Vergleich zu Biel oder Rennsteig ja nun wirklich nicht 😉

Fazit des Laufes: Training war das wohl nur sehr grob angenähert. Die neue Strecke ist ganz interessant, hat aber noch Ecken und Kanten an denen nachgebessert werden sollte. Das zeigt sich auch daran, dass der führende die Abzweigung verpasst hat und daher erst nach Ludwigshafen gelaufen ist, um im Anschluss durch den Luisenpark zu laufen. Das war ca. ein Kilometer mehr und dennoch ist die Führungsgruppe mit deutlichem Vorsprung eingelaufen. Am Ende gibt es zwei Sieger: einen für die Original-Strecke (der Läufer stammt aus der Region – ob das ein Vorteil war?) und einen für die Alternative (Ultra?)-Strecke.Ob das der Auftakt zu einer Ultra-Serie in Mannheim ist, wird sich wohl zeigen müssen.

Für mich ist die Strecke durchaus eine Abwechslung und hat reizvolle Elemente. Aber die Arena sollte das nächste Mal deutlich heller beleuchtet werden oder zumindest die Helligkeit einigermaßen an die Lichtverhältnisse draußen angepasst werden. Die Schleife durch den Luisenpark ist schön, man muss sich überlegen ob man sie an anderer Stelle einbaut und vielleicht auch die Halbmarathonis in den Genuss des Parks bringt. Die Doppelstrecke mit der Weiche ist nicht unbedingt optimal, vielleicht lässt sich hier noch etwas machen.

Die Strecke über die Brücke nach Ludwigshafen ist fester Bestandteil des Laufes und sollte beibehalten werden, auch wenn er etwas lang werden kann – hier sollte man sehen wie man mehr Publikum an die Strecke bringt. Das betrifft aber nicht nur die Strecke auf der Brücke, auch insgesamt muss sich Ludwigshafen etwas einfallen lassen um mehr Stimmung an die Strecke zu bringen – stellenweise war es fast unerträglich ruhig und dunkel.

Schön wäre auch, wenn man auf die Extra-Schleife um das Mannheimer Schloss verzichten könnte, sonderlich hitverdächtig ist die Führung dort nicht und es gibt sicherlich Möglichkeiten die Strecke an anderer Stelle zu verlängern. Wenn es unbedingt am Schloss vorbei soll, dann wenigstens keine Pendelstrecke – die breite Straße runter bis ans Stadthaus ist eigentlich sehr schön, auch wenn der direkte Weg von der Brücke an den Wasserturm natürlich den Charakter einer echten Zielgeraden verstärken würde.

Ob ich den Lauf jedes Jahr machen möchte weiß ich noch nicht, aber als Trainingseinheit kann man ihn sicherlich nochmal mitnehmen wenn er sich anbietet.

Wochenend-Urlaub rund um den Rennsteiglauf (72,9km)

Lange hat es gedauert, lange habe ich mir den Lauf am Rennsteig aufgespart, aber dieses Jahr sollte es dann soweit sein. Zwar hatte ich ihn nicht von Anfang an im Plan, aber spätestens als meine Partnerin Vorbereitungen getroffen hat am 17.04.2014 auf die Supernatural Convention „Asylum 12“ zu fahren, war für mich klar: Sie Supernatural, für mich Supermarathon. Also ein Wochenenden mit dem jeweiligen Hobby – warum nicht.

Den ersten Teil der Anfahrt können wir noch gemeinsam zurück legen – zusammen mit einer Freundin fahre ich Marion nach Frankfurt an den Flughafen. Da es keinen Sinn macht von dort aus wieder nach Mannheim zu fahren, nur um einen halben Tag später wieder gen Norden auf zu brechen, geht es für mich weiter nach Eisenach bzw. Herleshausen. Der Verkehr ist herrlich flüssig, keinerlei Stau oder sonstwas – wenn ich das mit dem vergleiche was ich vor einigen Jahren auf der gleichen Routen freitags mehrfach erleben musste, hat sich das frühe Aufstehen echt gelohnt. Als ich Frankfurt hinter mir lasse ist es gerade mal kurz nach 8h in der Frühe. T-22h bis zum Start in Eisenach. Dennoch mache ich kurz nach dem Kirchheimer Dreieck eine etwas längere Pause – das frühe Aufstehen habe ich irgendwie nicht mehr so drauf wie früher. Aber ich habe ja Zeit und nach einer halben Stunden „Power-Napping“ fahre ich ganz entspannt weiter die letzten knapp hundert Kilometer bis Eisenach.

Die Startnummernausgabe ist erst ab 14:00h geöffnet – ich nutze die Zeit mir ein zweites Frühstück zu gönnen. Die Kalorien brauche ich dann aber nicht erst am nächsten Tag sondern fast direkt im Anschluss: Wenn man schon mal an solch historischen Orten ist, sollte man dort nicht nur durchrennen sondern sich diese auch anschauen. Also mache ich eine kurze Tour durch Eisenach mit Ziel an der Wartburg. Natürlich laufe ich den Berg hoch und nehme nicht das Auto oder den Bus – es sind vom Zentrum 1,5km und einige saftige Höhenmeter, aber so ein ganz leichtes Training zur Einstimmung sind sicherlich nicht verkehrt.

Die Wartburg ist einen Besuch wert, die Führung ist gut gemacht und geht trotz 9 EUR Eintritt absolut in Ordnung. Man erhält einen tollen Einblick in die verschiedenen Räumlichkeiten und das Leben auf der Burg im Mittelalter – alles andere als angenehm. Eine Altersklasse M40 oder W40 hätte es damals wohl seltenst gebraucht, die Lebenserwartung lag bei ca. 30 Jahren. Zudem versucht die Fremdenführerin ein wenig eine Vorstellung für die Mobilität von damals zu schaffen: Motorisierung gab es nicht – und Luther ist wohl vor der Bibelübersetzung ins Deutsche durch fast ganz Deutschland herum gekommen – gewandert. An die 1500km lassen sich historisch nachweisen. Spontan kommt mir der Song von den Proclaimers – I would (walk 500 miles). Im Text heißt es: „I would walk 500 miles .. and I would walk 500 more….“ umgerechnet kommt man dann auf um die 1600km. Auch wenn das für einen normalen Wettkampf keine machbare Distanz ist – das TransEuropeFootrace oder TransAmerica zeigen klar: über mehrere Tage verteilt geht fast jede Distanz. Aber zurück auf die Wartburg – so richtig schockieren kann die Schilderung nur etwa die Hälfte der anwensenden Personen. Die andere Hälfte sind alles Teilnehmer am Rennsteiglauf über 72,9km – gut zu erkennen an den Sportschuhen und den Champion-Chips am Schuh.

Kurz nach der Führung melden sich Helga und Heinrich bei mir, sie sind ebenfalls in Eisenach eingetroffen. Wir verabreden uns an der Startnummernausgabe – so haben die beiden Zeit alles im Hotel zu regeln und etwas zu entspannen, während ich eine erste Übung in bergablaufen mache. An der Ausgabe ist es voll, aber es geht doch sehr zügig voran. Immerhin müssen rund 1700 Leute ihren Beutel mit Startnummer und Zusatzinfos abholen. Zu dritt machen wir noch einen Bummel durch die Innenstadt, ich gönne mir einen kleinen Snack in Form von Thüringer Bratwürsten. Bei einem italienischen Restaurant reservieren wir für den Abend noch einen Platz – ich muss mich dann auf den Weg machen. Mein Hotel liegt etwas außerhalb in Herleshausen ca. 15km von Eisenach entfernt (wenn man wollte könnte man sich vor dem Wettkampf schonmal warmlaufen (auch wenn es dann immer noch nicht für einen 100er reicht – da müsste man auch den Weg zurück mitmachen …). Das Hotel Schneider bietet alles was der Läufer für den Rennsteiglauf braucht: Ein Bett und vor allem ein frühes Frühstück – für den Rennsteiglauf gibt es einen Extras-Service: Bereits ab 4:30h in der Frühe gibt es Frühstück für die Sportler. Zum Abendessen fahre ich dann wieder nach Eisenach zum Nudeln essen, damit für den kommenden Tag auch die Kohlenhydratspeicher vollständig gefüllt sind. Da ich den Lauf nur aus Beschreibungen und Berichten kenne weiß ich nicht genau auf was ich mich einstellen soll – aber das ist ja bei jeder erstmaligen Teilnahme der Reiz. Um wirklich ausgeruht zu sein, lassen wir den Abend nicht all zu lang werden, um kurz nach acht am Abend bin ich im Hotel und gehe ins Bett.

Der Wecker holt mich zuverlässig aus dem Bett – normalerweise dusche ich ja nach dem Sport und nicht davor – aber diesmal brauche ich eine kalte Dusche um erst mal wach zu werden. Dann geht es schon viel leichter: Laufklamotten an, ich entscheide mich für meine Ultra-Wettkampf-Hose (eine altbewährte graue Leggins – nicht modisch aber praktisch) und das Teilnehmer-Shirt der ersten Ulmer-Laufnacht (mein erster 100km Lauf). Weiteres Equipment neben den Schuhen: Pulsuhr, lange dünne Jacke und Getränkegürtel. Den Sack für ans Ziel packe ich mit allem notwendigen: Handtuch, Seife und trockener Bekleidung inklusive winddichter Jacke. Nach dem Frühstück geht es nach Eisenach, parken und zum Start laufen. Dort warten bereits die Tranfer-LKW für die Bekleidungsbeutel. Ich gebe meinen Beutel ab und begebe mich ins Startfeld. Obwohl ich Ausschau halte, sehe ich Helga vor dem Start nicht, aber halb so wild – im Ziel haben wir einen festen Treffpunkt ausgemacht. Es ist kurz vor sechs Uhr, es ist leicht windig und doch recht frisch. Ich bin froh um Jacke und lange Hose.

Pünktlich um 6:00h fällt der Startschuss, und das Feld kommt langsam in Bewegung – auf dem ersten Kilometer durch die Fußgängerzone stockt es immer mal wieder ein wenig, es sind einfach zu viele Läufer auf zu wenig Straße. Aber bereits am Stadttor wird es besser. Dort beginnt der Anstieg zum eigentlichen Rennsteig. Der Wanderweg beginnt nämlich ca. 10km außerhalb von Eisenach und die Laufstrecke vereinigt sich erst an der „hohen Sonne“ mit dem Wanderweg. Es geht in Serpentinen nach oben und aus Eisenach heraus in die Felder und Wälder. Der Untergrund ist teilweise asphaltiert, teilweise geschottert und es gibt die ersten Trailpassagen bereits vor Kilometer 2. Auf diesem Stück gibt es auch immer mal wieder etwas Rückstau, wenn der Pfad zu schmal ist. Aber alles läuft sehr ordentlich ab, keiner drängelt oder schiebt. Auf den breiteren Forstwegen sortiert sich das Feld dann langsam. Aber selbst an der ersten Versorgung bei Kilometer 6,9 am Waldsportplatz ist das Feld noch gut beieinander.

Noch geht es stetig weiter bergauf, erst kurz vor der Einmündung auf den Rennsteig geht es ein wenig bergab. Ich schaue immer mal wieder auf die Pulsuhr und mahne mich, ja nichts zu überstürzen und vor allen Dingen aufzupassen – denn die kurzen Passagen auf den schmalen Pfaden sind doch nicht ohne. An der nächsten Versorgung gibt es warmen Tee – eine Wohltat für die doch etwas klammen Finger. Die erste Stunde ist schon rum und ich fühle mich noch immer gut. Auch die Stimmung im Feld ist gut, und es läuft einfach so vor sich hin. Scheinbar geht es einigen Läufern wie mir selbst: Wir sind alle noch nicht so ganz wach – wer bricht sonst Samstags früh um kurz nach sieben Uhr schon durch den Wald um mehr als 42,195 Kilometer zu laufen …

Ein erstes kleineres Problem kündigt sich an – ich habe meinen Füßen etwas zu viel Luft gelassen – bei der Abwärtspassage merke ichdeutlich wie ich mir langsam aber sicher eine Blase laufe … bevor das weiter geht mache ich einen Stopp und ziehe die Bindung etwas fester – gar nicht so leicht mit klammen Fingern. Dabei fällt mir dann auch die Startnummer in die Hände … da ich sie unter der Jacke getragen habe, ist sie total durchgeweicht und die Sicherheitnadeln sind ausgerissen – an wieder anpinnen ist nicht zu denken, dafür fehlt das Gefühl in den Fingern – also packe ich die Nummer in die Tasche und muss sie nun jedesmal rausholen wenn es Fotos gibt. Aber auch das geht. Der Chip am Fuß sorgt ja für die korrekte Zeitnahme.

Auf die nächste Versorgung an der Glasbachwiese freue ich mich besonders: Dort hat sich Heinrich mit Kamera positioniert und diesmal klappt es auch mit der Kommunikation, ich drehe vor der Kamera noch einige Runden bis ich alles beisammen habe was ich an der Versorgung mitnehmen wollte: Tee, Schmalzbrot und zum ersten mal den Haferschleim mit Blaubeeren. Erster Eindruck: Sieht komisch aus. Zweiter Eindruck: Sehr praktischer Engergiedrink mit angenehmen Geschmack. Für auf den Weg gibt es noch ein Stück Banane mit Salz (damit ich keine Krämpfe bekomme – Erfahrung macht klug). Vor der Versorgung ging es erst gefühlt zum ersten Mal etwas länger sachte bergab. Aber danach geht es natürlich auch wieder hoch, diesmal ein richtig trailiges Stück mit Waldboden und Wurzeln.

Noch jogge ich tapfer jede Steigung hoch, sie sind alle nur „Scheinbuckel“ wie Peter von Peter Ultra Lauf Treff (PULT) es nennen würde – sie werden zum Ende hin alle flacher. An der Getränkestelle am Dreiherrenstein haben wir bereits die ersten zwanzig Kilometer zurück gelegt und haben deutlich an Höhe gewonnen. Ich bin mittlerweile etwas mehr als zwei Stunden unterwegs. Kurz nach der Wasserstelle geht es dann zum ersten Mal ans Eingemacht – es geht dem großen Inselsberg entgegen. Im Kopf läuft die Melodie aus Jim Knopf & Lukas der Lokomotiv-Führer „eine Insel mit zwei Bergen … denn wo es einen großen Inselsberg gibt, gitb es natürlich auch einen kleinen Bruder dazu. Die Strecke nach oben ist sehr steil und ich schalte in einer Kehre um auf Gehen, das ist aber kein Problem, denn um mich rum kann das Ding auch sonst keiner Joggen. Es geht in den Nebel, es wird feucht und kühl, teilweise hatte man vorher schon immer mal wieder den Atemhauch einiger Läufer gesehen. Kurz vor dem Inselsberg rutsche ich dann auf einer Wurzel weg und küsse den Boden. Aber nichts passiert – aufstehen und weiterlaufen – es tut auch nichts weh – nur die Hände sind schmutzig – aber Wasser aus der Trinkflasche drüber und abgespült – schon ist die Welt wieder in Ordnung und ich dank Adrenalinkick auch richtig wach. Wir laufen derweil weiter im Nebel an den Sendeanlagen vorbei.

Nach der Kuppe geht es richtig kräftig bergab bis an die nächste Versorgung 26,8km liegen hinter mir. Also etwas mehr als ein Drittel, das motiviert mich. Die Strecke ist nunmehr vergleichsweise flach – es gibt immer mal wieder ein paar Höhen und Senken, aber insgesamt sehr gut und entspannt zu laufen. Im Kopf rumort es etwas ob ich das überhaupt schaffen kann, wenn das so weiter geht, denn die Muskeln melden ganz klar, dass sie die Idee mit den Bergläufen zwar toll finden, aber mittlerweile die Grenze des Trainings fast erreicht ist. Aber es gibt erstmal nur eine Richtung und die heißt weitermachen. So kommt denn nach einer Kuppe ein Betonweg und kurz nach dessen Beginn das ersehnte Motivationsschild: 30km sind geschafft, jetzt ist es nur noch minimal mehr als ein Marathon – und Marathon kann ich laufen, also alles im Lot. Ich muss an meine Kollegen denken die sich wohl gerade eben auf eine neue Runde mit PULT aufgemacht haben. Mal sehen was die nächstes Mal berichten – 73km werden sie wohl keine laufen.

Das nächste innerliche Ziel setze ich mir bei der Halbzeit – an der Ebertswiese bei Kilometer 37,4 – das ist zwar etwas mehr als die Halbzeit, aber so ist das bei Landschaftsläufen – man muss auch den Platz für die Versorgung haben. Die Strecke ist noch immer leicht wellig, aber es lässt sich alles noch ganz gut laufen. Sogar das Wetter macht langsam mit, nachdem es lange Zeit grau und bedeckt war, spitzt nun an einigen Stellen schon die Sonne durch. Der Wind ist zwar immer noch frisch, aber mit der Sonne läuft es sich dann doch gleich viel angenehmer. Ein erstes Hinweisschild kündigt den nahenden Verpflegungspunkt an: Noch ein Kilometer. An der Versorgung mache ich etwas länger Pause – gönne mir ausreichend Wasser, Tee, Isogetränk, Schmalzbrot und Wiener Würstchen – ja all das kann man essen während einem Lauf.

Nach der Versorgung geht es erst mal wieder etwas steiler bergauf, ich nutze die Zeit mich etwas zu sortieren während ich den Anstieg hochgehe (wie fast alle um mich herum auch). Gefühlt ist es ja nicht mehr weit bis zur Marathon-Marke – nur noch etwa fünf Kilometer. Es geht weiter auf dem Bergrücken entlang – immer mal wieder gibt es eine Lichtung – ich ziehe die Jacke aus und binde sie mir um die Hüfte. Im ersten Moment ist das etwas frisch, gerade wenn der Wind mal wieder kräftig pfeift, aber in der Sonne wäre es mir jetzt in der Jacke zu warm.

Nächste Getränkestelle ist die neue Ausspanne nach insgesamt 40,8km. Dorthin geht es wunderbar bergab, aber nach der Versorgung auch gleich wieder entsprechend bergauf. An dieser Stelle erkenne ich, warum das wohl Rennsteig heißt: Entweder man rennt bergab oder man steigt bergauf. Ein Zwischending gibt es sehr sehr selten. Aber wenn alle gehen, dann ist es ja auch erträglich – nicht so wie wenn ständig Leute an einem vorbeiziehen (das frustriert eher). Ich kann dank passendem Training auch im Gehen noch recht flott den Berg hoch und hole dabei selbst immer wieder Läufer ein. Das Feld ist immer noch zusammenhängend, auch wenn die Abstände zwischen den Läufern mittlerweile deutlich länger geworden sind.

Nachdem die Marathonmarke hinter mir liegt peile ich nun innerlich den Grenzadler als nächsten „magischen“ Punkt an – dort wartet wieder Heinrich. Noch bevor ich an der Neuhöfer Wiese zum nächsten Mal Energie tanken kann – mache ich einen Abstecher in die Botanik – das ist das praktische am Lauf immer quer durch den Wald … es gibt fast ständig die Option der sanitären Erleichterung rechts und links des Weges. So erleichtert läuft es sich dann doch viel besser.

An der Neuhöfer Wiese gibt es dann wieder allerlei zu Futtern – wenn ich nicht wüsste das es biologisch unmöglich ist, würde ich fast sagen: Ich bin schwanger – denn die Kombinationen des Essens werden jetzt richtig abenteuerlich – gesalzene Banane kannte ich ja schon, aber gesalzenes Nutella-Brot ist noch ne Stufe besser. Dazu wieder reichlich Tee und Iso. Cola spare ich mir noch auf, damit der Koffeinschub erst am Schluss kommt. Für auf den Weg noch eine Art Hartwurst zum Kauen und schon geht es weiter – erst recht eben, aber bald kommt die nächste Steigung an der wieder alle gehen.

Den nächsten Versorgungspunkt hört man schon von weitem – dort ist die Stimmung richtig gut und es stehen viele Leute die anfeuern an der Strecke – ist auch verständlich, denn mittlerweile ist es irgendetwas um elf Uhr herum – die meisten Leute haben also ihr Samstagsprogramm gestartet. Schon etwas länger begleiteten uns weitere Strecken: Die Wanderer und auch die Nordic-Walker. Wobei das mit den Stöcken teilweise schon problematisch bis nervig sein kann. Vor allem wenn man dann immer den direkten Vergleich der Leute sieht die es richtig und schwungvoll machen und denen die die Stöcke nur als Deko benutzen. Ja man fühlt sich schon etwas erhaben wenn man nach mehr als 45km noch an Leuten locker flockig vorbeiziehen kann. Auch so kann Motivation aussehen.

Nun ist es wirklich nicht mehr weit bis zum Grenzadler – nicht einmal 4km sind noch zu bewältigen. Allerdings gibt es auch auf dieser Strecke nochmal Trailanteile, diesmal auch mit Fango-Einlage und nassen Schuhen. Aber das Wetter macht ja immer mehr auf, wenn jetzt noch der Wind etwas nachließe dann wäre es ein wunderschöner Sommerlauf. Aber andererseits ist es auch angenehm dass es nicht zu heiß ist. Als wir uns dem Grenzadler und somit Oberhof nähern kreuzen wir mehrfach die Trainingsstrecken der Biathleten bzw. der Langläufer auf Skiern. Langlaufen kann auch anders aussehen, nämlich so wie wir das gerade machen. Zur Versorgung geht es nochmal ein kleines Trailstück bergab, ich erspähe schon von weitem Heinrich und setze nach Möglichkeit mein Lächeln auf. Aber die Wiese ist schon gut zertrampelt und dank der vielen Feuchtigkeit superglitschig. Daher konzentriere ich mich lieber auf das Laufen denn auf das Lächeln.

Nun sind es nicht mal mehr zwanzig Kilometer – ich schaufle nochmal reichlich Kalorien in mich hinein, Haferschleim, gesüßter Tee und Salz, nochmal kurz Heinrich Zeichen geben, dass alles ok ist und schon geht es weiter. Ich habe das Profil nicht mehr genau im Kopf, aber eine Gruppe neben mir schaut gerade in die Profilkarte – so bekomme ich mit, dass die letzte große Steigung bei Kilometer 61,2 liegen soll – also nicht mal mehr 9km vor uns – also ungefähr die Hälfte der verbleibenden Strecke. Ich teile mir also meine Kräfte entsprechend ein und mahne mich zur Vorsicht. Nach knapp vier Kilometern gibt es nochmal etwas zu trinken, auch Bier wird angepriesen, aber ich lasse es dann doch sein.

Es geht nochmal eine langgezogene Steigung nach oben – immer den höchsten Punkt der Strecke an Plänckers Aussicht im Kopf. Ich motiviere mich damit, dass es nur noch etwas mehr als drei Kilometer bis zu diesem Punkt sind, danach soll es größtenteils abwärts gehen. Am höchsten Punkt liegen dann tatsächlich rechts und links der Strecke noch zwei kleine Schneehäufchen – damit hätte ich nun Mitte Mai nicht mehr gerechnet – aber es zeigt wie frisch das Klima hier oben doch sein kann. Ganz im Gegenteil zu dem wie das Wetter aktuell ist – in der Sonne ist es fast schon zu warm, zudem schwitzt man als Läufer nach der Steigung natürlich um so mehr. Aus der Flasche hole ich mir noch eine Portion Erfrischung.

Nun geht es rasant bergab – die vorletzte Versorgung vor dem Ziel in Schmücke wartet. Die Strecke parallel zur Straße ist nochmal übersäht mit Wurzeln und Stolperfallen – aber irgendwie kann ich das trotzdem sehr gut laufen. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern – immer mehr gehen auch bergab. Die Wiese vor Schmücke ist nochmal eine Herausforderung: nass, glitschig und absolut uneben. Ich greife nur kurz bei der Cola zu und schon geht es weiter. Die Aussicht, dass es nunmehr nicht mal mehr 10km sind, beflügelt mich doch ganz erheblich.

Kurze Zeit später kommt schon das Schild für Kilometer 65. Ich blicke auf die Uhr – fast genau 7 Stunden bin ich unterwegs als ich das Schild passiere. Im Kopf läuft die Rechenmaschinerie an – geplant hatte ich etwas zwischen 6 und 7 Minuten pro Kilometer. Wie schnell ich tatsächlich bin kann ich nur grob abschätzen – ich laufe ohne großen technischen Schnickschnack wie GPS oder Fußsensor. Grob angenähert laufe ich etwas um die 6:30 min/Kilometer. Also mal kurz überschlagen: Noch 8 km, mal 7 Minuten – die 8h Marke sollte also auf alle Fälle drin sein, zumal es ja stetig bergab geht. Ich bin schon versucht es einfach laufen zu lassen, aber ich mahne mich zur Vorsicht: Das dicke Ende kommt womöglich noch. Optimistisch rechne ich mit 6 min/km und komme somit auf 42 Minuten bis ins Ziel – es könnte also auch noch für die 7:45 reichen – wenn ich mich ein wenig beeile und nichts unvorhergesehenes kommt.

Das kommt kurz vor der Versorgungsstelle Kreuzwege, es geht nochmal eine Steigung hoch, nachdem es vorher ganz ordentlich bergab geht. Die Stelle heißt praktischer Weise auch noch Mordfleckenwand. Das sagt doch schon alles. An der Versorgung gibt es noch einen Schluck Cola, aber ich halte nicht mehr an, zu verlockend ist das nahende Ziel. Nur noch rund 5km! Das beflügelt mich noch weiter – und es geht immer noch weiter bergab. Zudem motiviere ich mich anhand der Kilometrierung des Halbmarathons, da der ins gleiche Ziel einläuft sollte das ungefähr passen, auch wenn die Kilometerangaben sich nicht so ganz decken wollen. Aber so hat man immerhin jeden Kilometer den man geschafft hat einen Hinweis. Wie weit es dann noch ist kann man sich auch ausrechnen.

Im Tal kann man außerdem seit langem mal wieder etwas anderes als Wiesen und Felder sehen – da stehen tatsächlich Häuser – die Strecke führt immer näher an die Zivilisation heran. Noch drei Kilometer – ich schaue nicht mehr auf die Uhr sondern laufe zügig weiter – über die gesperrte Straße noch eine Kehre und dann beginnt schon gleich Schmiedefeld. Die Menschen stehen an der Strecke und feuern an, die Stimmung ist gigantisch. Auf den letzten Kilometern nehme ich gefühlt mehr als ein Dutzend Läufer mit – viele müssen gehen – ich kann mir nicht ganz erklären warum, es geht doch fast ständig bergab und die Strecke ist wunderbar breit. In Schmiedefeld gibt es noch einen kleinen Buckel, der allerletzte kleine Anstieg vor dem Ziel – garniert mit dem Schild für Kilometer 72 – jetzt kann ich nochmal richtig loslaufen. Das Portal zum „Einsortieren“ der Klassen kommt, ganz klar: Mir gehört die mittlere Spur für Supermarathon – in der Ferne ist das Ziel schon zu sehen. Es geht bergab und ich sehe noch einen Läufer vor mir auf den letzten Metern. Also nochmal die Beine in die Hand genommen, den kriege ich auch noch. Durchs Ziel und anhalten – geschafft. Bruttozeit 7:46:06 – es könnte also gereicht haben.

Im Ziel treffe ich Endere wieder, ihn hatte ich beim Rodgaulauf getroffen und zwischenzeitlich hatte er mich überholt – er ist schon seit ca. 15 Minuten im Ziel. Aber mir ist das völlig egal. Ich hole mir nochmal Tee und etwas zu Essen. Danach informiere ich Marion per SMS – zumindest versuche ich es – ich muss feststellen, dass wohl die meiste Zeit des Laufes kein Netz vorhanden war – der Akku ist fast leer und bricht beim Versand der SMS vollständig zusammen. Ob es geklappt hat, weiß ich erst mal nicht.

Die Organisation im Ziel ist super – auf der Gepäckwiese hole ich meinen Beutel und begebe mich zur Dusche – dort ist es zwar voll, aber jeder kommt mal dran. Frisch geduscht hole ich dann mein Finisher-Shirt, die Urkunde und das Gratis-Köstritzer ab. Beim Anstellen für die Urkunde erspähe ich dann auch schon Heinrich, dank Hut und großem Stativ ist er auch in großen Menschenmassen gut zu finden. Er gibt mir die Info, das Helga wohl noch etwas braucht und ich daher wohl noch etwas warten muss bis das Spezial-Taxi nach Eisenach fährt. Aber das ist halb so wild – ich lege mich auf die Wiese und entspanne einfach nur. Zur weitern Stärkung hole ich mir dann zwischenzeitlich eine Bratwurst und esse meine mitgebrachten Gummibärchen.

Helga kommt nach etwas mehr als 10 Stunden ins Ziel – auch das eine sehr achtbare Leistung – Heinrich weckt mich rechtzeitig und so kann ich nochmal kräftig anfeuern als sie aufs Ziel zuläuft.

Insgesamt: Ein toller Lauf, auch wenn ich sagen muss, dass ich im Nachhinein mich an wenige Passagen direkt erinnern kann. Die Versorgung ist super, die Organisation läuft wie geschmiert und die vielen Leute an der Strecke die einen immer wieder anfeuern – das macht einfach Laune. Der Lauf kommt auf alle Fälle auf die Liste der zur Wiederholung empfohlenen Wettkämpfe. Ob es gleich nächste Jahr ist muss ich noch sehen, das hängt sehr stark davon ab, was mein anstehender Nachwuchs bis dahin so macht – wenn ich den Lauf mache, habe ich mir vorgenommen ihn auf alle Fälle die letzten Meter durchs Ziel zu tragen – mal schauen ob das was wird.

 

Qudadratur des Kreises oder wie man Räder an einem Fiesta wechselt

Der Titel trifft es schon recht gut, ich habe in den vergangenen Wochen mehrere Anläufe genommen um auf dem Wagen meiner Freundin endlich die Sommerreifen zu montieren. Dabei waren die Räder gefühlt aber eben eckig und nicht rund, denn rund und flott lief bei der Aktio überhaupt nichts – zumindest nicht auf Anhieb. Dieser Beitrag ist auch für die Leute gedacht die vor ähnlichen Aufgaben stehen – mit etwas Vorbereitung geht es ja auch recht leicht – nur die muss man eben machen.

Erster Versuch vor rund einem Monat: Bei meinem geschätzten Opel Corsa B, Baujahr 97 habe ich die Reifen gewechselt, es wurde ja langsam warm. Alles schon mehrfach gemacht, kein Hexenwerk – Räder aus dem Lager bzw. Keller, Wagenheber rausholen, Fahrzeug am jeweiligen Anhebepunkt mit dem Wagenheber hochbocken, Schrauben raus, Rad runter, Rad drauf, festschrauben, Ablassen, nochmal Kontrollanziehen, nächstes Rad. Gesamte Aktion etwas unter einer Stunde. Nach 50km nochmal Kontrolle der Radmuttern.

Nun für den Wagen meiner Freundin meinte ich, das ginge doch wohl ähnlich fix. Also das Fahrzeug ans Lager geholt, die Reifen bereit gelegt und dann den Wagenheber gesucht … vergeblich! Es stellt sich heraus, dass bei Ford die Wagenheber, ebenso wie ein Reserverad zum Sonderzubehör erklärt wurden. Das Starthilfekabel und Abschleppseil/Abschleppstange nicht Standard sind war mir ja bekannt. Das Reserve-Räder auch nicht mehr so ganz gängig sind eventuell auch noch (teilweise kann ich die Argumente ja sogar nachvollziehen) – aber so etwas simples wie ein passender Wagenheber und einen Schlüssel für die Radmuttern – das ist doch nun wirklich nicht zu viel verlangt. Also erst mal wieder Reifen in den Keller.

Von einem Arbeitskollegen habe ich mir dann einen Hydraulikheber ausgeliehen, zudem noch der Umzug und einiges anderes – aber so langsam ist nun wirklich Schluss mit Winter, die Räder müssen also gemacht werden. Nächster Anlauf vor dem Lager diesmal mit dem besagten Heber. Erstes Problem: Wo sind eigentlich die Anhebepunkte für das Fahrzeug … im Gegensatz zu dem was ich von VW am Passat oder bei mir am Corsa gewohnt bin, gibt es keine eindeutige Kennzeichnung wo der Wagenheber denn nun hingehört. Das was im ersten Moment nach einenm Ansatzpunkt aussieht gibt mir bereits beim ersten Ansetzen deutlich zu stark nach – das war nicht der Punkt!

Also das Handbuch zum Fahrzeug rausgeholt – da sollte es ja drinstehen. Es steht auch drin, allerdings nur so ungefähr. Die Zeichnung kann man glatt den Hasen geben – es ist als würde man mit einer einem groben Schraubendreher versuchen die Anschlussverdrahtung eines modernen Mikrokontrollers zu realisieren. Immerhin klappt es hinten mit der vermuteten Stelle dann doch ganz gut, auch wenn mir etwas mulmig ist und im Nachhinein muss ich sagen: Es war auch nicht die richtige. Noch mehr ärgert mich der Federweg des Fahrzeugs – erst nachdem ich zwei Latten Holz unter den Heber lege reicht es mit Ach und Krach. Damit sind die hinteren Räder erledigt. Es klappt ja doch, zumindest dachte ich das es nunmehr bald geschafft sei. Aber weit gefehlt: Vorne suche ich erst vergeblich nach einem passenden Punkt und hebe dann auf Verdacht dort an wo es wohl sein müsste, das klappt auch, zumindest soweit wie der Heber reicht – das ist aber nicht genug um das Rad zu wechseln. Innerlich bin ich schon ganz ordentlich gefrustet.

Aber das hilft ja nix – also erstmal alles zusammenpacken, die noch fehlenden Räder in den Kofferraum. Erst mal erledigen wir das was noch zu tun ist bevor die Geschäfte zumachen: Einkaufen, das geht auch mit gemischten Reifenpaaren. Während wir einkaufen überlege ich was man tun kann. Die Lösung ist mir recht bald klar – ich muss wohl einen Abstecher zu meinem Freund Martin nach Lampertheim machen, der hat einen passenden Wagenheber, das weiß ich.

Also machen wir noch eine nette Tour nach Lampertheim – so weit ist ja nicht. Dort finde ich zwar recht fix den Wagenheber, aber der Ansatzpunkt den ich dachte gefunden zu haben, erweist sich als Trugschluss. Nach ettlichen Foren im Internet ist mir klar: Der Wagenheber muss unter den Längsfalz des Fahrzeugs, nur mit einem einfachen Öldruckheber da ansetzen, das missfällt mir dann doch. Im Netz schreiben einige dann, dass man ein Holz unterlegen sollte, einige empfehlen sogar eines mit passendem Einschnitt. In dem Moment bin ich dann echt froh, gleich zu Martin gefahren zu sein. In seiner gut sortierten Werkstatt steht auch eine Kreissäge, und im Restholz finde ich was ich suche: Ein Stück Hartholz das die passenden Maße hat. Aus diesem fertige ich mir einem passenden Adapter an.

Mit dem Adapter und den nunmehr stabilen Ansatzpunkten ist das Wechseln der Räder vorne innerhalb einer Viertelstunde erledigt. Warum denn nicht gleich so?

Was habe ich aus der Aktion gelernt?

Erstens: Ich werde beim Autokauf darauf achten, dass wenigstens ein Wagenheber dabei ist der zum Fahrzeug passt – sei es ein Nachkauf mit Adapter oder ein Original. Die Unsitte, den Autofahrer für jeden Pups in die Fachwerkstatt bzw. sogar Vertragswerkstatt zu zwingen geht mir verdammt auf den Sender. Die Argumente für den Verzicht auf ein Reserverad kann ich ja noch nachvollziehen: Gewicht, das man unnötig umherfährt, das kostet Sprit… Überalterte und nicht gefüllte Reserveräder helfen bei einer Panne nichts: Da ist was dran, aber die Lösung mit Hartgummi-Notlaufrädern (wirklich für den Notfall) ist da doch ein gangbarer Kompromiss. Das Reifendichtmittel mit Kompressor halte ich hingegen für Augenwischerei und Geldmacherei: Man muss hinterher meist die komplette Felge entsorgen (und natürlich gibt es das Modell dann nicht mehr – ergo man kauft dann wieder 2 oder 4 Stück) und es hilft wirklich nur bei kleineren Löchern wie einem Nagel. Schon bei Scherben ist meistens Schluss, ganz zu schweigen wenn der Reifen komplett zerlegt ist. Dieses Feigenblatt könnte man sich genausogut sparen.

Zweitens: Man lasse sich beim Kauf vom Fachhändler den Wagenheber vorführen oder gleich zeigen wo die Anhebpunkte sind – am besten man markiert diese dann auch gleich mit einer passenden Farbe, damit man sie im Zweifel auch wieder findet. Am Unterboden schaden die paar Flecken in Neongelb oder Neonpink wirklich nicht. Schöner wäre es natürlich wenn die Hersteller wieder Aussparungen oder eingestanzte Kennzeichnungen verwenden würden.

Drittens: Ich habe mir ein zusätzliches Handbuch für Reparaturen zu dem Fahrzeugtyp bestellt. Das habe ich für die größeren Reparaturen am meinem Auto auch schon, dort hauptsächlich wegen der größeren Menge an Reparaturen die ich mir noch selbst zutraue. Das man so etwas für einen einfachen Reifenwechsel braucht finde ich mehr als ärgerlich.

Viertens: Den angefertigten Holzklotz führen wir vorsichtshalber immer mit, einen passenden Wagenheber (ob nun ein Original, einen mechanischen oder doch einen hydraulischen sei erst einmal dahin gestellt) – denn Reifen wechseln, dafür muss ich nicht noch einer Fachwerkstatt zwingend Geld in die Hand drücken, von der Flexibilität und dem Komfort es dann machen zu können wenn es ohnehin passt mal ganz abgesehen.

Insgesamt wirft die ganze Aktion ein schlechtes Licht auf die aktuellen Trends bei den Fahrzeugen – der Fahrer mehr und mehr entmündigt, für alles und jedes braucht man Spezialwerkzeug und selbst für einfachste Dinge soll man in der Werkstatt Geld locker machen. Das erinnert irgendwie an die Tintenpartronen bei den Druckern: Die Geräte spottbillig, die Verschleißmaterialien oder sinnvolles Zubehör schweineteuer. Das gefällt mir einfach nicht. Sicherlich sollte man bestimmte Arbeiten einem Fachmann überlassen, an Bremsen oder Getriebe wage ich mich bei meinem Auto auch nicht heran. Aber ein Reifenwechsel oder auch ein Ölwechsel sollten eigentlich Dinge sein, die mit Standard-Werkzeug und ein wenig Beschreibung machbar sein sollten. Der Gesetzgeber hat es in der EU regeln müssen, dass Lampen an Fahrzeugen mit dem Bordwerkzeug in annehmbarer Zeit selbst gewechselt werden können. Vielleicht muss sowas jetzt auch noch für den Radwechsel erfolgen.

Momentan schaue ich ja (für den Fall, dass mir mein treuer Diener demnächst auseinader fällt) auch mal nach möglichen Nachfolgern. Bisher haben mir da verschiedene Modelle von Ford recht gut zugesagt, zumindest von außen. Im Fiesta habe ich im Inneren dann schon das ein oder andere (sicherlich verschmerzbare) Detail wie einen Außenthermometer vermisst (der Corsa hatte sowas 97 schon serienmäßig in der kleinsten Ausstattung – heute steht es bei einigen Herstellern auf der Zubehörliste), die Anzeige der Kühlmitteltemperatur ist auch nicht zwingend notwendig aber sie gehört meines Erachtens einfach dazu. Über die Bedien und Anzeigekonzepte für sonstige Daten kann man herrlich philosohieren, das ist wohl Geschmackssache – aber ein einzeiliges 8-Segment-Display passt da auch nicht mehr ganz in die Zeit. Von daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es ein Ford wird eher gesunken den gestiegen, auch wenn ich natürlich beim Probefahren nach solchen Dingen fragen werde – aus Schaden wird man klug.

Auch muss ich sagen, dass mir nach der Aktion die Lust auf ein neues Auto fast vergangen ist: Da können die Preise noch so verlockend sein, und Extras wie Klimanalage oder auch die paar PS mehr noch so freundlich von der Werbeanzeige winken – mein jetziges Fahrzeug hat mich treu begleitet und sehr viel mitgemacht – mehr als 150.000km habe ich damit zurück gelegt – außer einigen Verschleißteilen habe ich nie Probleme gehabt und Verschleißteile heißen so, weil sie irgendwann verschlissen sind und ersetzt werden müssen. Das tritt bei jedem Fahrzeug auf. Von daher hoffe ich jetzt erst mal, dass er mir noch eine Weile erhalten bleibt. Zumindest so lange bis die Hersteller mal wieder Autos produzieren die nicht nur billig und hübsch anzuschauen sind, sondern auch einen echten Nutzwert haben.

In diesem Sinne, allen die Klein-Reparaturen noch selbst durchführen: Viel Erfolg beim Schrauben!

 

Weinstraßen-Marathon 2014

Nur alle zwei Jahre findet der Weinstraßen-Marathon in der Pfalz statt. Nachdem ich schon einmal dabei war, und mir der Lauf sowohl landschaftlich als auch von der Stimmung an der Strecke her sehr gut gefallen hat, war klar: Da mache ich wieder mit. Nicht so ganz eingeplant waren bei der Anmeldung zwei Faktoren: Einerseits der kurze zeitliche Abstand zum Urlaub (nur ca. 1,5 Wochen) und eine Verletzung am Fuß, knapp eine Woche vor dem Event. Dennoch habe ich mich nicht abhalten lassen. Um es gleich klarzustellen: Ich habe auf Doping verzichtet – entweder es geht oder ich gebe auf, das war die Prämisse.

Auf alle Fälle war mir von vorneherein klar: Es wird ein Genußlauf und kein Lauf um eine Bestzeit, das konnte ich angesichts der Vorbereitung, der Verletzung und auch dem Höhenprofil der Strecke auch nicht erwarten.

Die Anreise ist sehr kurz, in knapp 30 Minuten bin ich am Parkplatz, von dort aus geht es mit dem Shuttle nach Bockenheim an den Start. Startnummer und Unterlagen abholen, Tasche abgeben und schon ist man startbereit. Im Gegensatz zum letzten Mal gibt es diesmal Startnummern mit integriertem Chip, anstelle des Championchips – das merke ich allerdings erst als ich mich mit einigen Leuten am Start unterhalte. Bleibt nur zu hoffen, dass die Zeitmessung durch den Championchip nicht durcheinander kommt, aber es laufen ja auch genügend andere Läufer mit, die ihn dauerhaft im Schuh eingebunden haben.

Pünktlich um 10:00h steigt eine weiße Rauchsäule vor der dem Haus der deutschen Weinstraße auf – der Startschuss. Ich habe mich vorsichtshalber weit hinten angestellt, von daher dauert es noch gefühlt eine kleine Ewigikeit bis ich die Startlinie überquere. Ganz bewusst lasse ich mich nicht gehen, sondern laufe gezielt im Pulk langsam mit – ein wenig macht sich der Fuß bemerkbar, aber die gute Stimmung an der Strecke macht das locker wett.

Es geht durch die enge Hauptstraße von Bockenheim auf das Ortsende zu, dort ist der erste Weinberg, sprich die erste Steigung in der Strecke. Hier kommt es zur ersten nennenswerten Umsortierung des Feldes – ich fühle mich gut und arbeite mich nach vorne durchs Feld. Trotz der Verletzung kann ich mein Tempo auch in der Steigung ganz gut halten, wobei ich auch immer mal wieder einen Blick auf die Pulsuhr werfe, zu klar und deutlich sind mir die Bilder von vor zwei Jahren im Kopf, bei denen ich mich am Anfang habe verleiten lassen um kurz nach der Hälfte einen herben Einbruch zu erleben. Als Richtwert laufe ich um die 5:30-5:40 – also deutlich langsamer als ich einen Marathon im Flachen angehen würde, aber auch deutlich schneller als ich es bei den 100km Läufen angehen lasse.

Kurz nach Kilometer 2 treffe ich meine Vereinskollegin Lore, sie macht heute nur einen Halbmarathon und lässt es auch gemütlich angehen. Immerhin wirbt der Lauf ja auch damit ein Genuß-Marathon zu sein. Auch ich nehme mir das zu Herzen und lenke meinen Blick immer mal wieder weg von der Strecke in die Landschaft. Im Vergleich zum Urlaub vor rund 14 Tagen in den USA ist die Natur hier bereits deutlich weiter – die Bäume blühen in allen Farben und das herrliche Wetter mit Temperaturen im zweistelligen Bereich – so kann man den Lauf wirklich genießen.

Nach der ersten Kuppe geht es nach Asselheim, die berüchtigte Asselheimer Wand hinunter, die es am Ende auch wieder hochgeht – abwärts ist die aber noch kein Problem, zumal ja gerade mal etwas mehr als 3km gelaufen sind. In Asselheim selbst steht schon die erste Versorgungsstation, ich lasse das Gedränge rechts liegen und bezwinge die langgezogene Steigung durch den Ort. An deren Kuppe ist man schon in Grünstadt und es geht langsam wieder bergab ins Zentrum.

Kurz vor der nächsten Versorgung hole ich Jürgen ein, mit ihm laufe ich regelmäßig Samstags durch den Odenwald. Er begleitet seinen Bruder über den Halbmarathon, an der Versorgung machen die beiden Pause, ich laufe weiter. Den Durst stille ich erst einmal aus meinem Gürtel. Aus Grünstadt raus gibt es etwas seltenes entlang der Strecke – sie ist ausnahmsweise mal fast eben, bis es kurz nach der Autobahnunterquerung wieder hügelig wird.

In sanften Wellen geht es durch die Weinberge, die Steigungen spürt man zwar, aber sie sind nicht dramatisch. Kurz vor Kleinkarlbach geht es steil bergab. Am Ende des Gefälles steht eine wichtige Entscheidung an – Halb- oder Vollmarathon. Ich biege rechts ab, ich mache heute keine halben Sachen. Der Fuß gibt seit einigne Kilometern Ruhe, das ist ein gutes Zeichen. Kurz nach der Trennung führen die Strecken nochmal zusammen an einer Versorung vorbei. Ein Wechsel ist hier zwar möglich, allerdings nur mit Disqualifikation, denn im Vergleich zur Marathonstrecke müssen die Halbmarathonis ein Schleifchen mehr durch Kleinkarlbach laufen, etwa einen Kilometer. Nach der Versorgung ist die endgültige Trennung angesagt. Ich kenne die Kreuzung noch vom letzten Mal: nach links weg als Marathoni und man steht vor der nächsten steilen Steigung. Das Ortsschild spricht Bände: Es geht nach Bobenheim am Berg.

Nachdem Bobenheim erreicht ist, wird es wieder etwas flacher, man ist auf dem Berg und es geht weiter mit Bergen: Der nächste Ort ist Weisenheim am Berg. Dort wartet auch schon wieder ein Team an der Versorgungsstation – ich greife ordentlich zu bei Banane und Apfelstückchen. Apfel mag ich zwar eigentlich, aber irgendwie liegen mir die hinterher für einige Kilometer doch etwas im Magen. Ich laufe mit einer kleinen Gruppe die sich kurz vor Leistadt wieder zerstreut. Mittlerweile sind die Abstände dann doch etwas größer geworden, man läuft bei weitem nicht mehr so beengt wie zu Beginn im Feld. So erreiche ich Leistadt – dort fülle ich nochmal Wasser nach, 15km habe ich jetzt geschafft. Mehr als ein Drittel und noch läuft es sich sehr angenehm.

Nach Leistadt muss man ein wenig aufpassen – es geht bis zum südlichen Wendepunkt der Strecke in Bad Dürkheim eigentlich nur bergab, und das auch noch nahezu konstant. Wer nicht gewohnt ist lange abwärts zu laufen bekommt es hier in den Oberschenkeln zu spüren. Ich selbst achte darauf nicht schneller zu werden, auch wenn die Strecke es ja eigentlich gut hergeben würde – ich weiß dass der anstrengende Teil noch vor mir liegt, ganz getreu dem Motto: „What goes up must come down“, gilt hier das Analoge: „Was man runter läuft muss man hinterher auch wieder hoch …“. Die Strecke liegt relativ frei zwischen den Weinbergen und die Sonne heizt mir auch ganz schön ein – ich nutze die entspannte Phase des Laufens zum Trinken. In Bad Dürkheim gibt es einen kleinen Anstieg in der Innenstadt bevor man die Versorgung erreicht. Dort greife ich wieder Energie und Wasser ab.

Nun folgt ein sehr unterhaltsamer Abschnitt der Strecke: Es geht durch den Kurpark von Bad Dürkheim – dort sind jede Menge Menschen unterwegs – und machen richtig Stimmung, an jeder Bank sitzen Leute und feuern die Leute an, mit Klatschen, Klopfen, Laola-Wellen und Kuhglocken. Richtig klasse. Ab dem Gradierwerk wird es dann wieder etwas ruhiger – ich muss mich ein wenig konzentrieren, nicht das ich wie bei der Rheintalquerung jetzt ins Schwimmbad zur Sauna und Entspannung abbiege. Mit dem Ende des Gradierwerks ist auch die Halbmarathon-Marke erreicht. Diesmal ist der Umbau am Kurpark fertig, man muss also nicht mehr durch eine Baustelle laufen.

Was nun folgt ist eine weniger schöne Teilstrecke, entlang der Bundesstraße gilt es ein Schleifchen von ca. 4 km zu bewältigen. Alles relativ flach, die höchste Erhebung ist die Brücke über die Bundesstraße. Nach dieser Brücke gibt es schon wieder eine Versorgungsstation, ich greife dankbar zu, denn bald geht es ja wieder bergauf, da ist jede Energieform recht. In Sichtweite des Gradierwerks geht es dann wieder weg von der Bundesstraße, anfänglich noch flach, aber spätestens wenn man in Ungstein ankommt merkt man die Steigung. Die Hauptstraße zieht sich scheinbar endlos den Berg hoch. Es ist keine starke Steigung, aber eben lang. Als Krönung gibt es kurz vor Kallstadt noch einmal Nachschlag und die Strecke wird deutlich steiler. Dafür kann man im Ort auch wieder auftanken – die Versorgungstationen stehen immer dann bereit wenn man sie braucht und auch aufnahmefähig ist. Ich könnte während einer langen Steigung keine Banane essen, jetzt wo es einigermaßen flach ist.

Das ändert sich nach dem Ortsausgang natürlich gleich wieder – in der Ferne kann man schon die Halle der Winzergenossenschaft Herxheim am Berg sehen – die steht oben auf dem Berg und mahnt einen gleich: Da musst du auch noch hoch … Ich denke zurück an den letzten Marathon hier, und fühle mich richtig gut: Im Gegensatz zu damals kann ich noch joggen, wenn auch langsam. Gegenüber der Winzergenossenschaft gibt es nochmal was zu trinken – nicht wie man erwarten könnte heimischen Wein oder Traubensaft – nur Wasser. Aber auch das erfrischt. Auf den Wein muss man noch etwas warten – etwas mehr als 2 km. Mit einem kleinen Schlenker geht es durch den Ort Dackenheim – es geht ganz leicht bergab, das lässt sich angenehm laufen. Kurz nach der Versorgung in Dackenheim, auf der Kuppe am Golfplatz steht dann der Eimer mit dem Highlight der Strecke: Der Riesling-Schwamm. Letztes Mal ging es mir so schlecht, da wollte ich das nicht riskieren – diesmal greife ich zu. Ergebnis: Lecker, aber das Trinken aus dem Schwamm muss man vorher wohl noch üben, so einfach ist das nicht und wenn man nicht aufpasst landet ein Teil ungewollt auf dem Trikot.

Derart gestärkt überschreite ich die 32km Marke – jetzt sind es nur noch 10km, also kein Drama mehr was die Streckenlänge betrifft. Es geht wieder ganz leicht abwärts in den nächsten Ort an der Weinstraße: Kirchheim. In einigen Zacken geht es durch die Bebauung, und wieder auf Kleinkarlbach zu. Kurz nach dem Ortsausgang steht die Feuerwehr vor ihrem Gerätehaus und sperrt die Straße, es geht wieder in die Weinberge – erstmal runter bis an den Eckbach und natürlich nach der Brücke auch wieder bergauf. Viele Läufer müssen hier gehen. Ich kann noch langsam joggen und sammle immer wieder Läufer ein, was mich irgendwie innerlich motiviert. Noch dazu steht mitten in der Steigung das Schild für Kilometer 34 – was weiter motiviert. Bald darauf ist man wieder auf der Strecke die ich vor einigen Stunden in die Gegenrichtung entlang gekommen bin. Noch einen knappen Kilometer weiter kommt die Wiedervereinigung mit der Halbmarathon-Strecke – es riecht schon förmlich nach Zieleinlauf, auch wenn es noch fast 6km sind.

Langsam füllen sich die Straßen mit Schaulustigen, mit jedem Schritt den man in Richtung Grünstadt-Zentrum tut werden es mehr. Im Zentrum ist die Stimmung dann auf dem Hochpunkt, ich tanke nochmal Iso-Getränke und Banane bevor es wieder etwas einsamer wird an der Strecke. Es geht nun wieder, man ahnt es schon: bergauf – eine langgezogene Steigung führt an den Ortseingang von Asselheim. Bis an die Asselheimer Wand geht es dann wieder konstant abwärts – vorbei an Kilometer 39 – „noch 3km und eine Steigung lautet mein Mantra“. Nachdem das Wasser aus der Versorgung getrunken ist, ist sie auch schon da, die Asselheimer Wand – der berüchtigte Anstieg rund 2,5km vor dem Ziel. Viele müssen hier gehen, ich will mich aber nicht unterkriegen lassen und jogge stoisch weiter – immer die Kuppe und die Straßenmarkierungen im Blick. Endlich erreiche ich die Abzweigung auf die Bundesstraße – alles was jetzt an Steigungen folgt sind nur noch „Scheinbuckel“ und werden bei der Betrachtung der Strecke nicht weiter beachtet. Zudem sind es nur noch 2 km die es jetzt zu laufen gilt.

Diese laufe ich so entspannt wie möglich, die Steigung hat doch ihren Tribut gefordert, aber auch die Sonne macht sich auf der offenen Strecke nun um so mehr bemerkbar – gut das ich an der Versorgung nochmal meine Gürtelflasche aufgefüllt habe. Eigentlich erwarte ich meine Familie und meine Freundin kurz vor dem Ziel. Aber diesmal stehen sie schon bei Kilometer 41, direkt am Ortseingang in Bockenheim. Kurze Motivation, ein „High-Five“ und weiter geht es – meine Getränkeflasche fällt mir bei der Aktion aus dem Gürtel, aber sie wird gleich eingesammelt – so erleichtert laufe ich den letzten Kilometer ins Ziel. Die Anzeige lässt mich hoffen: 4:03h lese ich aus der Entfernung ab – bis ich im Ziel bin sind es etwas mehr 4:04:11 brutto – ich hoffe, das mein Start weit hinten mich doch noch die 4h-Marke knacken lässt. Wie sich später herausstellt leider nicht – ganze 36 Sekunden zu langsam – das schmerzt etwas, aber egal der Lauf war landschaftlich einfach toll und unter den gegeben Vorraussetzungen bin ich einfach froh es geschafft zu haben.

Duschen und Massage sind wieder hervorragend organisiert, da es deutlich weniger Marathonis als Halbmarathon-Läufer waren ist der große Ansturm auch schon durch als ich dort vorbeikomme. Frisch geduscht geht es mit meiner Freundin zurück ans Auto – ein Stück weit fahren wir noch die Strecke des Laufs ab um den Tag dann in Bad Dürkheim in einer Winzergaststätte ausklingen zu lassen. Natürlich mit Riesling-Schorle und den drei wichtigen Pfälzer Spezialitäten: Leberknödel, Saumagen und Bratwurst. Dazu Kartoffelbrei und Sauerkraut – alles was dem Läufer wieder Energie gibt. Wenn alles gut läuft bin ich in zwei Jahren auch wieder dabei!

Zeit der Heimkehr – Urlaubsende

Fast wie im Flug sind die Wochen vergangen. Der Urlaub nähert sich dem Ende als wir in Hartford am Motel aufbrechen. Ein wenig schade ist es schon, aber angesichts der Kälte freuen wir uns morgens schon auf unsere Ankunft in Deutschland als wie die Wettervorhersage lesen: 10°C.

Vor uns liegen noch etwa 150km Highway in Richtung New York City, an den JFK-Airport. In Bridgeport machen wir noch einmal Station, Mitagessen im Auto – es gilt die Reste unserer Vorräte zu vernichten, da Lebensmittel nicht eingeführt werden dürfen, bzw. nur unter recht strengen Auflagen, die man sich gar nicht alle merken will. Alles schaffen wir nicht, wir heben es auf für später am Tag.

Auf der Interstate kommen wir eigentlich ganz gut voran, das Navi schickt uns aber auch noch eine gut ausgebaute Abkürzung in Connecticut entlang. Mit der Nähe zu New York wird der Verkehr immer dichter, immer wieder gibt es Stau an Einmündungen. Das liegt vor allem daran, dass es keine echten Beschleunigsstreifen gibt, und an einigen Einmündungen auf die Autobahn sogar ein Stopp-Schild steht. In New York stehen wir dann natürlich richtig kräftig im Stau, bis wir eine Baustelle hinter uns gelassen haben. Diesmal haben wir uns für die kostenpflichtige Route entschieden, sie erspart uns den Umweg über Manhattan mit dem Feierabendverkehr. Kurz vor dem Flughafen wird der Verkehr wieder etwas besser – wir rollen nochmal an eine Tankstelle ran und füllen das Auto auf. Rund 6 Liter trotz Stau haben wir auf den letzten 150km benötigt. Das kann sich sehen lassen.

Nach dem Abgeben beginnt das große Warten – den Wagen mussten wir bis 16h abgeben, was wir fast exakt einhalten. Unser Flieger geht aber erst um kurz nach halb acht. Also jede Menge Zeit die es im Flughafen zu verbringen gibt. Als erstes entledigen wir uns unserer Koffer, nur mit dem Handgepäck sind wir deutlich flexibler unterwegs. Wir versuchen noch zwei Postkarten am Flughafen einzuwerfen, allerdings gibt es in keinem der Terminals Briefkästen (weshalb kann uns keiner recht erklären) aber der Mann am Visitor-Center ist so freundlich und nimmt die bereits frankierten Postkarten mit und wirft sie ein. Briefe gehen auf diese Art nicht, das dürfen die nicht annehmen.

Vor der Sicherheitskontrolle vernichten wir die letzten Reste Lebensmittel bis auf einen kleinen Teil Trailmix, den bekommt man ohne Probleme auch in den Sicherheitsbereich. Am Klo trinke ich noch einen letzten Schluck amerikanisches, chlorhaltiges Leitungswasser – zum Abgewöhnen. Die Schlange an der Kontrolle ist zwar lang, aber es geht recht zügig voran. Die Kontrollen sind im Vergleich oberflächlich – auf Liberty Island wurde gründlicher gesucht. Wir machen es uns am Abflug-Gate gemütlich. Noch sind es etwa anderthalb Stunden. Ich versuche ein wenig vorzuschlafen, aber das klappt auch nicht so recht.

Rund eine Stunde vor Boarding gibt es dann noch einmal Gate-Lotterie, wir nutzen die Chance und gehen noch im Duty-Free-Shop vorbei, allerdings gibt es nichts was wirklich günstig wäre – der Whiskey ist sogar teurer als auf der Fähre nach Schottland – außerdem gibt es keine Verkostungsoption. Das Boarding geht dann doch recht fix, allerdings sitzen wir noch einige Zeit am Gate fest, da auf einen Fluggast eines anderen Fluges gewartet wird. Mit rund 20 Minuten Verpätung heben wir ab, was uns aber nichts ausmacht, wir haben mehr als genügend Puffer für den Zug nach Mannheim eingeplant.

So schaue ich mir in aller gemütlichkeit nochmal „Despicable Me 2“ an – einfach als Ablenkung. Nach dem Essen schaue ich mir mit Marion dann „Frozen“ (die Eiskönigin) an. Den Film wollten wir eigentlich schon im Dezember im Kino sehen, allerdings gab es damals kein Angebot in Englisch. Somit holen wir das nun nach – in gewisser Weise passt das ja auch zu unserem Urlaub, es war ja die meiste Zeit einfach zu kalt. Der Film an sich ist einfach unterhaltsam, die Story einem Märchen nachempfunden. Die einzelnen Charaktere reißen es dann aber wieder raus – vor allem Olaf der Schneemann.

Für den Rest des Fluges versuche ich zu schlafen, aber das will nicht so recht etwas werden. Also schaue ich mir dann doch noch einen Film an – Startrek „First Contact“. Bis der Film fertig ist, haben wir Großbritannien schon überflogen und sind bereits wieder über europäischem Festland. Wenig später landen wir endlich in Frankfurt, auf der neuen Landebahn Nordwest. Die Einreise ist unkompliziert, allerdings sind die Wege recht lang – im Terminal 2 machen wir dann erst nochmal Pause nachdem wir alle Formalitäten hinter uns haben.

Die nächste Etappe ist die Strecke vom Terminal 2 bis an den Fernbahnhof – wir lassen uns Zeit und machen auch nochmal Pause vor dem Bahnhof. Es zieht sich alles wie Kaugummi – zu fast jedem Schritt müssen wir uns aufraffen. Kurz nach elf sitzen wir dann endlich im ICE nach Mannheim – nochmal eine halbe Stunde entspannen. Wir freuen uns aber über die Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug – endlich wieder moderner Schienenverkehr mit dem man auch voran kommt. Von den 200km/h zwischenzeitlich kann die amerikanische Eisenbahn Amtrak nur träumen.

In Mannheim gilt es nochmal eine halbe Stunde durchzuhalten – mit der Straßenbahn geht es in Richtung nördliche Stadtteile. Einerseits natürlich nicht so flott wie eine U-Bahn in New York, aber insgesamt moderner und angenehmer.

Endlich daheim – wir hauen uns nur noch aufs Ohr – obwohl es gerade mal kurz nach Mittag ist… Nun ist der Urlaub also endgültig vorbei. Anstrengend teilweise, vor allem frostig aber auch wunderschön.

Boston

IMG_0340Für die Metropole Boston haben wir zwei Tage eingeplant – vor allem weil am Sonntag die St. Patricks-Parade stattfindet. Wie wir es als Europäer gewohnt sind, erwarten wir in den Metropolen eigentlich ein gut ausgebautes und vernünftig nutzbares Nahverkehrskonzept. Immerhin hat das ja in New York (von wenigen Ausnahmen abgesehen) und Washington DC (auch da ist noch deutlich Luft nach oben) ganz gut geklappt. So recht klappen will es anfänglich in Boston nicht. Obwohl es von unserem Vorort bis in die Stadt noch nicht einmal 40 km sind, gibt es keine vernünftige Metro-Option – unter 90 Minuten bis in die City ab dem nächstgelegenen Bahnhof (der schon etwa 15km weit weg ist) geht nichts. Zudem gibt es für diese Tarifzone keine Tagespässe, insgesamt wirkt das System etwas unübersichtlich. Kurzerhand entscheiden wir uns, die Strecke bis zur ersten Metro-Station mit dem Auto zu fahren, wie wir nach einigem Suchen auch herausfinden gibt es dort sogar Park+Ride Parkplätze – wenn auch nicht kostenfrei, aber 6 US$ pro Tag sind vergleichsweise günstig. Von dort aus gibt es dann Tagespässe, entweder für einen Tag oder für sieben Tage – einen Dreitages-Pass als Mittelweg gibt es leider nicht. Aber für 17 US$ für sieben Tage ist man immer noch gut beraten.

IMG_0361Zielsicher steuern wir am Sonntag Vormittag den West-Broadway an, dort soll die Parade um ein Uhr starten, aber da es ein Highlight ist, wird es wahrscheinlich voll, also rechtzeitig da sein. Bereits etwa zwei Stunden vor Beginn ist es in der U-Bahn recht voll, aber noch gut erträglich, ebenso entlang der Strecke. Durch Zufall machen wir im Bereich des St. Patricks Day Race halt. Der Lauf geht über 5km – und ich hatte mich darüber nicht vorab informiert – ansonsten wäre ich da ja einfach aus Spaß an der Freude mitgelaufen. So ist es natürlich auch zu spät für eine Nachregistrierung (5km würde ich zur Not ja sogar in meinen Winterschuhen und Jeans packen). Also mache ich mal Bekanntschaft mit der Support-Perspektive eines Rennens. Ganz schön anstrengend für die etwa 2000 Läufer über eine Stunde lang zu klatschen … man bekommt bei dem kalten Wetter recht schnell kalte Pfoten, nächstes Mal besser mitlaufen. Der Lauf ist kein strikter Wettkampf – viele laufen ihn als Fun-Run in Verkleidung.

IMG_0661Wenig später geht es dann endlich mit der Parade los – wir haben uns eigentlich auf irgendeine Art Fastnachtsumzug mit irischem Einschlag und entsprechender Musik eingestellt. Was wir sehen entspricht nicht ganz den Erwartungen – zwar sind reichlich Leute an der Strecke, aber Stimmung wie in Deutschland bei einem Karnevalsumzug will sich nicht einstellen. Das liegt vielleicht auch daran, dass etliche Gruppen deutlich militärisch geprägt sind, sei es Werbung für die US-Army (was ich persönlich grenzwertig finde), oder historische Kostüme (was ganz nett rüber kommt). Zudem natürlich verschiedene andere Interessengruppen die für „ihre“ Sache werben. Das ist durchaus wörtlich zu nehmen – viele nutzen die Parade als Werbefläche für ihre Sponsoren.

IMG_0604Viele Gruppen entstammen der Feuerwehr – teilweise historisch, teilweise aktuell, das ist für mich dann schon wieder interessant und vom THW aus hatten wir sowas ja auch mal gemacht (als Transgalaktisches HilfsWerk). Hier geht es aber wirklich mehr ums Präsentieren als um die Spaß an der ganzen Sache. Musikgruppen gibt es natürlich auch, kombiniert mit einigen Garden, aber die Masse zieht nicht so mit wie man es bei uns gewohnt ist, was ich schade finde, aber eventuell auch der Musikauswahl geschuldet ist – eine Gruppe Guggemusiker könnte da locker mithalten und würde für mehr Stimmung sorgen.

Noch interessanter ist allerdings das Publikum bzw. was im Publikum passiert. Nachdem es sich anfänglich sehr stark drängelt wird es nach rund einer Stunde mehr und mehr luftiger in den Reihen, vielen ist einfach kalt und sie gehen. Was sonst noch passieren kann können wir aus nächster Nähe beobachten – da der Alkohol-Konsum in der Öffentlichkeit untersagt ist, kontrolliert die Polizei während der Veranstaltung stichprobenartig einzelne Gruppen die auffallen. Mitgebrachtes Bier wird direkt entsorgt (es ist ohnehin nur Budweiser …) und ein Strafzettel ausgestellt. Zudem werden natürlich sämtliche Rucksäcke der Gruppe gefilzt und auch die unverdächtigen Getränke kontrolliert (was man alles in Softdrinks verstecken kann ist ja hinlänglich bekannt). Insgesamt ist das Sicherheitsaufgebot auf der gesamten Veranstaltung enorm. Auf der einen Seite ist das nach den Anschlägen auf den Boston Marathon nachvollziehbar, aber wenn die wüssten wie ausgelassen und mit vergleichsweise wie wenig (bewaffnetem) Sicherheitspersonal ein Faschingsumzug bei uns über die Bühne geht…. noch dazu, wie es vergleichsweise gut funktioniert, dass die Leute dabei Getränke aller Art bei sich haben (vor allem Bier und andere „Aufwärmer“).

Mit dem Ende der Parade gehen wir wieder in Richtung U-Bahn. Womit wir nicht gerechnet hatten, war dass im Anschluss an die offizielle Parade noch eine Parade diverser Friedensgruppen ihre eigene Parade „hinten“ anhängen. Das wird uns dann aber doch etwas zu viel, vor allem sind wir vollkommen durchgefroren, kein Wunder, die Temperaturen sind immer noch unter 0°C. Die Kneipen entlang der Strecke sind hoffnungslos überfüllt, und den Zug darf man erst mal nicht queren. Darauf achtet die Polizei auch recht akribisch. Bei einer günstigen Gelegenheit ist der Druck beider Seiten zu groß und ein ganzer Pulk wechselt in einer Lücke die Straßenseite, zum Unmut der Polizei, aber wir schwimmen einfach mit. Insgesamt macht das den Eindruck der gekonnten Fun-Veranstaltung etwas zu nichte.

Aber es soll noch besser kommen – als wir an die Metro-Station kommen und dort hinein wollen, ist diese komplett abgesperrt, und nur als Ausgang aus der U-Bahn nutzbar – abgeriegelt durch Security und Polizei. Die Meute bahnt sich also den Weg zur nächsten Station, die rund 2km weiter ist. Das hat zwar den Vorteil, dass sich die Masse entzerrt, aber für uns ist es eindeutig: Der Sinn von Massentransportmitteln für Massenveranstaltungen ist hier wohl noch nicht ganz verstanden. Zumal es natürlich keine Hinweise oder Ausschilderungen zur nächsten U-Bahn gibt, wir haben aber einen Reiseführer mit Karte dabei. Alles was recht ist, aber einen derartigen Murks hätte ich nicht erwartet.

IMG_0732In der U-Bahn tauen wir allmählich wieder auf, wir fahren ins Zentrum und setzen uns in den erstbesten Starbucks gleich in der Nähe der Metrostation um etwas warmes zu trinken. Nachdem wir wieder aufgetaut und gestärkt sind, machen wir uns an die Erkundung des Innenstadtbereichs, besser gesagt der Markthallen bzw. Malls im Zentrum. Dort ist reichlich etwas los, vor vielen Kneipen stehen lange Schlangen. Nachdem wir einmal durch sind, steigen wir am „Haymarket“ (ja tatsächlich Heumarkt, nicht Strohmarkt wie in Mannheim) in die U-Bahn ein, genauer gesagt in die grüne Linie, die keine U-Bahn im engeren Sinne sondern nur eine tiefer gelegte Straßenbahn ist.Ziel für den Abend ist der Fenway-Park, das legendäre Baseball-Stadion der „Red Sox“.

IMG_0765Beim Rundgang um das Stadion stoßen wir auf die Bleacherbar, diese ist in einer ehemaligen Trainings- und Aufwärmzone untergebracht – mit direktem Blick aufs Spielfeld. Am Eingang erlebe ich eine Wiederholung von bereits bekanntem: Man fragt uns nach IDs wegen Alkoholausschank – kein Problem, ich zeige wie üblich meinen Perso vor, aber auch hier wird der nicht akzeptiert. Erst als ich aus der Foto-Tasche den Pass raushole klappt es. Die Sache mit dem Pass wird wohl zu einem Running-Gag für mich werden wenn immer wir essen gehen… Das Ambiente ist interessant, der Snack mit Pommes und frittierten Zwiebelringen (ja nicht an die Kalorien denken) ist sehr lecker, genauso wie das lokale Bier, ein Samuel Adams Seasonal.

Über Nacht hat sich meine Erkältung endgültig verabschiedet, dafür hängt Marion jetzt in den Seilen. Wir streichen daher das Programm für den Tag zusammen, Marion hat noch nicht einmal Lust auf Frühstück. Also gehe ich alleine, denn irgendwas brauche ich dann morgens doch im Magen, sonst wird das über den Tag nichts.

IMG_0769Wir starten um kurz nach elf in der Unterkunft, nachdem alles gepackt ist. Unser Ziel ist erst einmal wieder die U-Bahn-Station Oak Cove der Orange Line. Dort wollen wir wieder parken und mit der U-Bahn in die Stadt fahren. Die Parkplatzsuche an Wochentagen gestaltet sich etwas schwieriger als am Wochenende – die Park+Ride Plätze sind schon vollständig belegt als wir ankommen. Einige wenige zum Bezahlen gibt es noch entlang der Strecke – das ist ein etwas eigenartiges System: Die Plätze sind alle nummeriert und man steckt das Geld in eine Art Mini-Postfach um zu bezahlen. Immerhin funktioniert es problemlos – aber an den Fall kein passendes Wechselgeld zu haben möchte ich nicht denken.

Mit der Subway geht es dann bis an die Park Street. Dort beginnt der Historic Trail – ein markierter Weg quer durch die Stadt, an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei. Die Markierung ist ein roter Backstein oder Farbstreifen auf dem Boden. Die Idee kenne ich bereits aus Hannover – simpel aber sehr praktisch. Leider muss ich bereits nach einigen Stationen feststellen, dass es keine ausführlichen Hinweistafeln zu jedem Punkt gibt. Es gibt zwar geführte Touren in Kostümen aus der Zeit der Unabhängigkeitserklärung, aber für diese sind wir zu spät dran. Außerdem ist Marion nicht so fit, dass sie da einfach Schritt halten könnte.

IMG_0770Die erste größere Sehenswürdigkeit ist das State Capitol, der Regierungssitz des Staates Massachusetts. Der Bau ist in mehreren Etappen entstanden und sehr eindrucksvoll aber nicht übertrieben pompös ausgestaltet. Im Vergleich zu Washington ist alles natürlich wesentlich kleiner aber auch wesentlich relaxter. Die Sicherheitskontrolle ist zwar notwendig, aber es gibt keine langen Schlangen. Die kostenlose Führung machen wir mit insgesamt fünf Personen. Der Guide ist richtig gut drauf und erzählt die ein oder andere Anekdote. Etwa dass der Haupteingang nur für besondere Gäste geöffnet wird, unter anderem für den amtierenden Präsidenten. John F. Kennedy wurde dieses Privileg verweigert, weil er zwar offiziell gewählt war, aber sein Amt noch nicht angetreten hatten – er war einfach zehn Tage zu früh. Also musste er wie jeder andere auch durch den Seiteneingang ins Gebäude.

Nachdem wir nun wieder etwas aufgetaut sind, geht es wieder hinaus in die Kälte – es bleibt auch diesen Tag die ganze Zeit unter 0°C, gefühlt ist es noch kälter. Auch mir geht die Kälte mittlerweile doch etwas auf den Zeiger. Ich wünsche mir innerlich wir hätten den Urlaub doch in Kalifornien verbracht. Es geht vorbei an den verschiedenen historischen Schauplätzen, unter anderem dem ehemaligen State House, das wir gestern schon gesehen hatten. Die Quincy Markets mit ihren Malls und dem Food-Court nutzen wir wiederrum um uns etwas aufzuwärmen und etwas zu Mittag zu essen. Wir essen Clam Chowder – eine Art Suppe bis Gulash, aber eben mit Krabbenfleisch und weißer Soße. Das gibt es praktischerweise im Brotleib, wie wir es auch schon in Mannheim auf den Weihnachtsmarkt für Suppen kennen gelernt haben. Zusammen mit dem Brot wird man richtig gut satt, außerdem taut man auch innerlich wieder etwas auf. Marion hat noch immer ein wenig einen dicken Kopf und fühlt sich träge, dennoch machen wir langsam weiter auf dem ausgeschilderten Trail.

Wir durchqueren das North-End von Boston – ein Stadtteil der stark italienisch geprägt ist, dort befinden sich auch etliche Gebäude die einst verschiedenen Nationalhelden wie Paul Revere gehörten. Diese spielten eine wichtige Rolle bei der Boston Tea Party und im späteren Unabhängigkeitskrieg. Insgesamt ist das Viertel sehr schön, mit vielen alten Backsteinhäusern. Im Sommer ist das sicherlich nochmal schöner, wenn nicht um jede Ecke ein kalter Wind pfeift.

IMG_0821Wir verlassen North-End nach Norden über den Fluss, in der Ferne sieht man die Leonard P. Zakim Bunker Hill Memorial Bridge, eines der modernen Wahrzeichen Bostons, das während einem Verkehrsprojekt zur Modernisierung der Stadtautobahnen entstanden ist. Umgangssprachlich wird das mittlerweile größtenteils abgeschlossene Projekt auch als Big Dig (das große Buddeln) bezeichnet. Wenn man sich die Probleme bei dem Projekt anschaut kommen einem automatisch Assoziationen an Mikis Zementidis „Minderwertiger Beton“ oder wenn es um die Ausführung, Verzögerungen und Kosten geht an Stuttgart21 … Immerhin ist die Brücke richtig nett anzuschauen, auch wenn ich mich irgendwie in Ludgwigshafen wähne, denn vom Stil her ist die Brücke ähnlich – und drum herum hat es jede Menge Hochstraßen (wie lange die wohl halten?).

IMG_0841Wir näheren uns endlich dem Ende des Trails. Das Memorial am Ende auf dem Bunker-Hill haben wir schon gestrichen, Marion ist einfach nur noch fertig und hat keine Lust mehr, nachdem ich weiß wie sehr ich mich vor einigen Tagen gequält habe, biegen wir ab zu USS Consitution, dem ersten Kriegsschiff der USA, damals natürlich noch ein Segelschiff. Im Museum tauen wir nochmal auf, bevor an den Fähranleger gehen. Von dort aus geht es zurück ins Zentrum bzw. an die U-Bahn. Die Überfahrt ist im 7-Tages Pass inbegriffen und auch von der Aussicht auf die Skyline sehr empfehlenswert. Zu finden ist der Anleger leider etwas schwierig, bei der Ausschilderung von Nahverkehrshaltepunkten hat Boston noch sehr viel Potential nach oben.

Trotz Rush-Hour kommen wir mit der U-Bahn recht zügig ans Auto. Vor uns liegt noch eine Etappe Autofahrt, damit wir morgen nicht so weit müssen. Ungefähr auf halber Strecke bis New York liegt Hartford. Damit entzerren wir den Tag morgen etwas und haben genügend Puffer für etwaige Staus auf dem Weg zum Flughafen.

Stau und stockenden Verkehr haben wir aber auch erstmal in Boston – das Navi lotst uns einmal quer durch die Stadt. Es sind nur rund 150 km bis ans Hotel von unserem Startpunkt aus, anfänglich rechnet das Navi schon knappe zwei Stunden Fahrzeit aus. Eigentlich hatte ich mit einer Route entlang der Interstate 90 gerechnet. Wie wir allerdings herausfinden, ist das eine Mautstraße, die in das System der Interstates integriert wurde. Da wir dem Navi die Nutzung solcher Straßen untersagt haben, führt es uns zielsicher auf etwas wie Bundes- oder Staatstraßen parallel zur Autobahn. Die sind eigentlich auch recht gut ausgebaut, teilweise sogar als Schnellstraße mit getrennten Fahrspuren. Ärgerlich sind die vielen vielen Ampeln die sich entlang der Strecke befinden, grüne Welle ist in den USA noch immer ein Fremdwort – jede Ampel tickt in der Regel für sich, meistens noch nicht einmal bedarfsgerecht geregelt bei Einmündungen, sondern stur nach Zeit. Da kommen recht flott deutlich Verzögerungen zusammen. Als wir endlich in den weniger besiedelten Gebieten ankommen wird es langsam besser, aber das Navi ist mittlerweile auch bei einer Reisezeit von 2,5h… Noch dazu nerven natürlich mal wieder die Speedlimits: Auf einer Schnellstraße mit getrennten Fahrspuren ist nur 70km/h erlaubt – dazu natürlich immer mal wieder ein Limit wegen einer Siedlung. Das schlaucht und auch der Tempomat bringt nur selten wirklich Entlastung.

Ich bin erleichtert als wir endlich auf der I-84 sind – immerhin 105 km/h auf einer dreispurig ausgebauten Autobahn sind erlaubt. Ich stelle mir innerlich vor, wie es wohl bei dem wenigen Verkehr in Deutschland auf dieser Autobahn zugehen würde… unter 100km/h bräuchte man wohl gar nicht drüber zu reden. Nach einer halben Stunden sind wir dann endlich am Ziel in Hartford. Das Hotel sollte eigentlich eine Klasse besser sein als die bisherigen, aber das war wohl ein Fehlgriff. Es ist genauso günstig wie alles was wir bisher auch hatten. Auch wenn der Preis mit unter 50 US$ pro Nacht ein echtes Schnäppchen ist. Mal wieder haben wir das Problem, einen ungeheizten Raum vorzufinden. Angeblich ist das eine Bemühung Energie zu sparen – von simplen Regelungen die Räume auf einer konstanten Temperatur automatisch zu halten brauche ich hier nicht zu träumen – das kommt wohl erst in einigen Jahren. Also bollert heute Abend mal wieder ganz kräftig die Elektroheizung des Heiz/Klima-Kombigeräts (ohne das die Luft da wirklich heiß rauskäme). Insgesamt merken wir immer mehr, wie sehr wir uns auf die Heimkunft freuen. Nicht wegen der Landschaft oder der Sehenswürdigkeiten, es sind die Kleinigkeiten die einem mit der Zeit auf den Nerv gehen.

Cape Cod rauf und runter und Pilgrim-Locations

Der Morgen beginnt eigentlich ganz gut, bis auf das ich mir eine Erkältung eingefangen habe, die Nase läuft und läuft und läuft… Aber egal, das Wetter ist gut, besser als erwartet – es ist sonnig wenn auch noch immer sehr kalt. Nachdem das Hotel nicht der Brüller ist, suchen wir nach Alternativen, aber es ist Nebensaison, ein Großteil der preiswerten Unterkünfte hat daher komplett zu. Andere haben auf, aber zu Mondscheinpreisen. Wir wollen ja nur eine Übernachtung – Pool und sonstige Annehmlichkeiten brauchen wir bei unserem Programm nicht. Am Ende landen wir bei der gleichen Kette, aber einem anderen Level und einige Meilen weiter in Richtung Festland.

IMG_0192Für heute haben wir uns der Ostseite und die Nordspitze von Cape Cod vorgenommen. Wir beginnen an der Südseite und fahren auf der Route MA28 gen Osten. Die Insel ist vollgepackt mit Ferienhäusern und Wochenenderesorts. Aufgrund der Kälte und der Jahreszeit sind viele derzeit nicht bewohnt. In Chatham machen wir den ersten größeren Stopp am Leuchtturm und spazieren dort über den Strand. Wenn es nicht so super windig und kalt wäre, der Strand ist wunderschön. Noch dazu sehen wir nicht nur die üblichen Möwen sondern auch einige Seelöwen die vor der Küste immer wieder ihren Kopf aus dem Wasser stecken. Nicht so viele wie auf den Farne Islands in Großbritannien, aber drollig anzuschauen sind sie allemal.

In Chatham machen wir unseren ersten Tankstopp der gesamten Reise – wir tanken 8 Gallonen (ca. 31l) für gerade mal 30 US$ – wann habe ich das letzte mal für unter 25 EUR ein Auto vollgetankt. Die Reichweite des Hybrids wird mit ca. 520 Meilen (also rund 840km) angegeben. Wenn alles glatt läuft brauchen wir nur vor dem Abgeben nochmal zu Tanken.

IMG_0223Nachdem wir nun an der südöstlichsten Spitze der Insel waren, geht es weiter nach Norden. Wir nehmen explizit nicht den Highway wo immer es sich vermeiden lässt. Den nächsten Stopp machen wir am Nauset Leuchtturm. Wie wir erfahren, waren das mal drei, auch bekannt als „Three Sisters“. Auf diese Art wurden früher 3 Lichtsignale in Folge erzeugt. Der Atlantik holt sich aber Stück für Stück, Welle für Welle das Land von Cape Cod. Daher sind die meisten Leuchttürme schon mehrfach weiter ins Landesinnere verlegt worden teilweise wurden sie durch moderne ersetzt. Zuletzt geschah das 1996. Wegen der fortschreitenden Erosion sind auch die Abgänge an den Strand einsturzgefährdet, somit gibt es derzeit keinen Zugang zum Strand. Was ich auch nicht wusste: An der gleichen Stelle wurde eines der ersten Unterssekabel von Europa nach Amerika verlegt. Das Gebäude in dem das Kabel ankam steht immer noch. Die Leitung führte von Brest nach Cape Cod. Etwas gewagt finde ich die Aussage, dass Kabel bald darauf ausgedient hätten – denn nur wenig weiter nördlich steht die Versuchstation von Marconi mit der per Funk der Atlantik überbrückt wurde. Ehrlich gesagt bin ich froh, dass die meiste Kommunikation heute auch noch über Kabel durch die Meere geht – Funk ist immer ein Shared Medium, da ist die Bandbreite irgendwann ausgeschöpft – mit einer Glasfaser geht einfach mehr.

IMG_0232Auf dem Parkplatz neben dem Leuchtturm essen wir auch gemütlich zu Mittag – angesichts des Windes und der Kälte allerdings im Auto. Danach geht es weiter mit Leuchttürmen – der dritte heißt Highland Light und bildet den letzten auf der Ostseite der Insel. Auch dort verweilen wir nicht übermäßig lang – es ist noch immer kalt und sehr windig.

IMG_0258Nun geht es ans Nordende, also direkt ans Kap, das der Insel ihren Namen gibt. Dieser Punkt heißt Race Point. Dort sind auch die bekannten Pilgerväter (Pilgrims) an Land gegangen – da die Insel wohl etwas zu zugig war, sind sie kurz darauf über die Lagune übergesetzt und haben sich in Plymouth niedergelassen. Wir wandern den Strand hinunter, es ist noch immer windig, der Sand wirbelt direkt über den Strand – Fußspuren sind recht schnell wieder verweht. Wir machen noch einige Bilder bevor wir wieder ans Auto gehen und den Rückweg auf der Westseite der Insel antreten. An den Racepoint Leuchtturm laufen wir nicht mehr hin – der liegt etwas vorgelagert und ist nur über einen Trampelpfad zu erreichen – wenn es wärmer wäre sicherlich ein toller Spaziergang, aber so ist es einfach zu kalt.

Wir fahren durch Provincetown – das ist die nördlichste Siedlung auf der Insel. Die ist allerdings bis auf wenige Stellen fast ausgestorben – ich will mir gar nicht vorstellen wie voll es hier sein muss, wenn im Sommer hier alle Urlaub machen wollen. Momentan sind viele Sehenswürdigkeiten und Parkplätze kostenfrei, aber zur Hauptsaison wird kräftig abkassiert – 15 US$ für einen Parkplatz sind da noch das kleinste Übel.

Auf dem Rückweg wollen wir noch den Sonnenuntergang am First Encounter Beach (dem Strand an dem die Pilgrims zum ersten Mal auf die Ureinwohner trafen – ich muss dabei immer an Bowling for Columbine denken …) – wir kommen gerade rechtzeitig, leider wird aus dem Bild dann doch nichts – es sind zu viele Wolken aufgezogen, der Sonnenuntergang fällt also ins Wasser.

Nachdem es dunkel ist und ohnehin nichts mehr auf unserer Liste für heute steht, das wir noch besichtigen wollen, fahren wir wieder Richtung Hyannis – diesmal auf dem Highway. Die knapp 30km ziehen sich scheinbar ewig hin, kein Wunder, die meiste Zeit darf man nur 80km/h fahren, auf einer Bundestraße mit zwei Fahrstreifen in beide Richtungen … Das Hotel finden wir ohne Probleme, der Check-In ist freundlich, und der Raum zumindest grundlegend geheizt, wenn auch nicht superwarm.

CIMG4752Wir fahren Abends noch ins Zentrum von Hyannis, dort wollen wir noch etwas essen. Leider hat unser erstes angesteuertes Restaurant geschlossen wegen Winterpause. Auf der Main-Street werden wir dann fündig bei „Britisch Beer Company„. Ich freue mich schon auf ein gutes Stück Fisch und ein Bier während wir warten bis ein Platz frei wird. Dann kommt die Ernüchterung – die Bedienung will meinen Ausweis sehen wegen Alkohol-Ausschank. Kein Problem, ich lege sowohl meinen deutschen Perso als auch meinen Führerschein vor. Beides wird von Ihr und der hinzugerufenen Managerin nicht akzeptiert – es muss zwingend ein Pass sein, oder eine amerikanische Fahrerlaubnis. Etwas frustriert bestelle ich einen Eistee. Solche Probleme sind mir in dem halben Jahr in den Staaten zur Diplomarbeit nicht untergekommen. Da reichte oftmals schon der deutsche Führerschein und der Hinweis wo das Geburtsdatum zu finden ist. Auf dem Perso stehen alle Einträge auch nochmal in Englisch. Man muss es also nicht verstehen warum die da so einen Heckmeck drum machen. Das Essen ist immerhin sehr lecker. Beim Aufbau für die Liveband steht dann aber der Hintereingang sperrangelweit offen und die Kälte zieht bis zu uns an den Tisch – und die Bedienung lässt sich mit dem Kassieren ordentlich Zeit. Es ist das erste Mal, dass wir exakt die 15% vorgeschriebenes Trinkgeld ausrechnen und auf den Rechnungsbetrag aufschlagen. So etwas unkooperatives habe ich auf der Reise bisher nur bei der Polizeikontrolle in Connecticut erlebt.

Die nächste Nacht war nicht besonders, die Erkältung fordert ihr Tribut, entsprechend schlecht schlafe ich. Es wird also recht spät bis wir endlich loskommen. Da wir noch einkaufen müssen, machen wir noch einen Abstecher bei Trader Joe’s, nachdem wir es in Alexandria nicht geschafft hatten. Für mich war Trader  Joe’s jeden Monat ein Highlight. Denn die Kette setzt auf Qualität, so bin ich wenigstens gelegentlich an guten Käse und vernünftigen Schinken heran gekommen. Wir decken uns nochmal mit Lebensmitteln für die letzten Tage ein.

IMG_0265Den Tag starten wir dann am John F. Kennedy Memorial, direkt daneben am Strand machen wir Frühstück. Die Sonne kommt sogar ein wenig raus, allerdings ist es noch immer unangenehm windig. Nach dem Frühstück wollen wir in das John F. Kennedy Museum in Zentrum von Hyannis – leider sind wir außerhalb der Saison, daher hat sogar das Museum geschlossen.

IMG_0278Wir fahren also weiter zum Scargo Tower ein Aussichtspunkt von dem man einen guten Überblick über Cape Cod hat. Zumindest wenn das Wetter mitspielt. Als wir auf dem Türmchen sind, kommt zwar dort die Sonne raus, aber viele Teile von Cape Cod liegen noch im Dunst.

IMG_0304Da wir auf Cape Cod nun so ziemlich alles gesehen haben, was entweder wenigstens offen hat oder kein Strand ist (bei der Kälte kommt einfach kein Strandfeeling auf), fahren wir wieder in Richtung Festland. Ziel für das Navi ist ein kleiner Ort, beinahe irgendwo im nirgendwo: „Marion“ – da muss Marion natürlich vorbeischauen, zumal es nur ein kleiner Umweg ist.

IMG_0323Das nächste touristische Ziel auf unserem Weg gen Boston ist Plymouth, der Ort an dem die Pilgrims 1620 angelandet sind. Auch dieser Ort befindet sich in einer Art Winterschlaf – zwar ist einiges los, aber sämtliche Parkuhren sind abgestellt und der große Rummel ist auch noch nicht eingekehrt, was auch daran liegen mag, dass die historischen Sehenswürdigkeiten erst gestern wieder eröffnet haben. Allerdings sind wir auch schon etwas spät dran, für den Nachbau der Mayflower (das Schiff mit dem Pilgrims angekommen sind) und die Plimouth Plantation bräuchte man mehr Zeit. Zudem sind die Preise etwas happig. Wir schauen uns daher den Nachbau der Mayflower nur von außen an und spazieren ein wenig durch die historischen Stadtkern, auch wenn dort kein einziges Haus mehr aus der Zeit steht.

IMG_0327Besonders interessant ist der Plymouth Rock – der Felsen an dem angeblich erstmals die neue Welt betreten wurde. Ein riesiger Hype um einen kleinen Felsbrocken aus Granit, von dem man noch nicht mal mit Sicherheit weiß ob es überhaupt dieser Felsen war (es wurde rund 100 Jahre später einfach so definiert…) – noch dazu hat man ihn zwischenzeitlich an einen besseren Platz bringen wollen und ihn dabei zerbrochen … mittlerweile liegt er dann geflickt da, geschützt durch einen tempelartigen Überbau.

IMG_0334Auf dem Rückweg ans Auto kommen wir an einem Restaurant vorbei, das lokales Bier anbietet – vorsichtshalber hole ich noch meinen Pass aus dem Auto. Aber: Diesmal wird noch nicht mal nach einer ID gefragt – verstehe das wer will.

Mit einsetzendem Regen verlassen wir Plymouth und nehmen Kurs auf Boston, genauer gesagt den Vorort Danvers. Dort haben wir noch ein Motel zu vertretbaren Preisen bekommen. Wie wir feststellen liegt das ein gutes Stück nördlich vom Stadtkern, fast direkt an der US Route 1. Das Zimmer ist sauber und diesmal auch angenehm vorgewärmt, was aber evtl. auch daran liegt, das es heute den ganzen Tag etwas aufgetaut ist.