Mannheim Marathon 2015

Schon praktisch so ein Marathon direkt vor der Haustüre bzw. direkt in der Region – auch in diesem Jahr habe ich mich wieder für den Mannheimer Marathon angemeldet – in gewisser Weise hat die Strecke für mich ja auch eine historische Dimension – mit der Teilnahme am Team-Marathon 2007 habe ich den Einstieg in die Laufszene gefunden. Seither bin ich in Mannheim immer mal wieder dabei gewesen, wenn auch nicht durchgängig – z.B. wenn der Wettkampf mit anderen Terminen kollidierte (z.B. die geplante Teilnahme in Biel, die dann auch noch ins Elbehochwasser gefallen ist …).

Seitens der Veranstalter lagen die Messlatten sehr hoch – im vergangenen Jahr gab es ein Debakel um fehlgeleitete Läufer, die Strecke war nicht eindeutig genug gekennzeichnet – nicht wenige Läufer liefen daher zu wenig, oder zu viel. Zudem gab es massive Kritik an der Streckenführung (die es aber auch bewerkstelligen musste, mit einem Kurs ein Angebot für Halb-Marathon, Marathon, Inline-Marathon und Handbike-Marathon zu vereinigen).  Schon aus diesem Grund hatte ich ein Interesse an der Teilnahme.

Auch bei mir gab es Änderungen – seit ich Papa bin, habe ich mein Training mehr oder weniger eindampfen müssen – auch der persönliche Foto-Service durch meine Partnerin war damit nicht mehr so einfach möglich (wobei ich im vergangenen Jahr einfach viel zu schnell unterwegs war, im Vergleich zu dem was ich vorhatte …). Immerhin treffen wir uns vorher noch mit anderen Eltern aus der Krabel- und PEKIP-Gruppe – noch ein Papa läuft mit, wenn auch nur beim Team-Marathon (aber das ist ja die Einstiegsdroge wie ich weiß).

Der Start wurde verlegt – das Läuferfeld startet nicht mehr in Richtung Augusta-Anlage sondern aus der Augusta-Anlage heraus mit einer Ehrenrunde um den Wasserturm. Insgesamt keine schlechte Idee – allerdings sollte es um die Startblöcke herum auch noch Dixi-Toiletten geben, nicht wenige Läufer müssen vor Aufregung nochmal – ich mache daher noch einen Abstecher ins Kongress-Zentrum auch wenn das ein Umweg ist – aber ich habe ja genügend Puffer eingeplant. Der Start aus den Blöcken verläuft reibungslos – allerdings gibt es direkt nach der Startlinie in der ersten Kurve einen Stau – da muss nächstesmal noch nachgebessert werden.

Nach der Ehrenrunde geht es auf altbekannter Strecke durch die Augusta-Anlage gen Osten, die Sonne im Rücken. Meine Jacke habe ich dabei, aber ich binde sie mir recht bald um, trotz Wind ist es mir nach dem Start gut warm. Marion und Nachwuchs stehen noch in der Augusta-Anlage an der Strecke und feuern mich lautstark an. Kurz darauf überhole ich Jürgen aus meiner Ultra-Laufgruppe, er will diesmal nur einen lockeren Halbmarathon laufen. Den Pacemaker für 4:00h habe ich da auch schon überholt. Der Pacer für 3:45 folgt noch vor Kilometer 2 in der Nähe des Planetariums.

Ab Neuostheim geht es die neue Streckenführung entlang – über die A656 nach Neuhermsheim und dann durch die Gärten parallel zur Autobahn – die Büsche schirmen den Lärm doch recht gut ab. Das erste Zwischenziel kommt bald darauf in Sichtweite, die SAP-Arena – diesmal geht es nicht im Stockdunkeln hindurch sondern nur daran vorbei. Die Wechselstation ist einen knappen Kilometer später vor dem Maimarkt-Gelände – ich kann es kaum glauben, aber es sind schon 7 km gelaufen und ich bin in Sichtweite des 3:30h Pacemakers. Innerlich zögere ich noch etwas ihn zu überholen, aber nach mehreren Blicken auf die Pulsuhr wage ich dann doch denn Versuch.

Die Strecke führt durch die Felder der Einflugschneise des Flughafens (Hubschrauber-Anflug gibt es als Gratis-Dreingabe) auf Seckenheim zu. Dort treffen wir wieder auf die alte Streckenführung – der zusätzliche Haken im Industriegebiet von einigen wenigen 100m ist einfach nur lästig – da sollte man im kommenden Jahr mal versuchen ob man nicht an anderer Stelle die notwendigen Meter noch einfügen kann, ohne U-Turn.

Das Feld ist gut bestückt aber nicht mehr so dicht wie beim Start, als wir in Seckenheim durch die Badener Straße laufen – die Stimmung im Vorort ist wie immer absolut spitze – die Menschen stehen an der Strecke und feuern jeden Läufer an – so macht das richtig Spaß. Es ist fast schon schade wieder hinaus zu laufen – nun geht es erstmal der Sonne entgegen, die steht so ungünstig, dass man fast die Menschen am Rand nicht mehr wahrnimmt, nur noch als Schatten und das trotz Sonnenbrille. An der Versorgung habe ich noch versucht meine Flasche wieder aufzufüllen, aber das gestaltet sich bei dem Tempo doch etwas schwieriger als gedacht – mit ein zwei Bechern reicht es gerade mal für ne halbe Portion, danach ist man schon vorbei – von der Möglichkeit zudem noch etwas zu Essen abzugreifen mal ganz zu schweigen. Aber noch ist alles ok, und die nächste Versorgung ist ja auch nicht weit.

Die Strecke bis an die Wechselstation am Flughafen in Neuostheim zieht sich ein wenig, aber es stehen immer wieder Leute an der Strecke – auch Peter und Gudrun aus der Ultra-Laufgruppe feuern mich kräftig an. Die Strecke führt fast kerzengerade auf den Fernmeldeturm zu – dort erwartet mich ein persönliches Highlight, denn die DJK Feudenheim besetzt dort die Wasserstelle – entsprechend freudig werde ich begrüßt und bekomme Wasser gereicht.

In mehreren Kurven geht es nun wieder in Richtung Wasserturm – an den Kreuzungen stehen unter anderem noch meine Trainingspartner der DJK, die machen mir nochmal richtig Dampf – wenn die wüssten, dass ich eigentlich viel zu schnell unterwegs bin … kurz vor dem Wasserturm an der Versorgung greife ich eine ganze Banane ab – der inoffizielle Name der folgende Straße „Fressgasse“ bekommt da eine ganz neue Bedeutung. Bereits von weitem sieht und hört man diesmal die Aufteilung der Läufer in Marathonis und Teams sowie Halbmarathonis. Für die Halben geht es links ab, der Rest darf gerade aus weiter laufen.

CIMG0299Kurz vor der nächsten Kurve stehen dann auch meine Eltern und feuern mich lautstark an – für mich geht es jetzt ans Eingemachte der Pacemaker ist immer noch hinter mir – 20 km sind gelaufen  – fast die Hälfte. Kurz vor der Halbmarathonmarke gesellt sich eine Duo-Marathon-Läuferin zu mir – ich laufe angeblich genau ihr Tempo mit um die 5 min/km – sie hängt sich also erst mal an mich dran – mir macht das nichts aus. Nach der Halbzeit geht es die erste nennenswerte Steigung hoch – nicht wie sonst über die Kurt-Schuhmacher-Brücke, sondern diesmal über die Konrad-Adenauer-Brücke nach Ludwigshafen. Der Ausblick auf den Rhein ist dennoch ganz gut, der Anstieg ist vergleichsweise kurz und knackig.

In Ludwigshafen geht es die Brücke hinunter und dann entlang des Rheins gen Süden – die Sonne ist gerade am untergehen und taucht die Szenerie in schöne Farben. Die nächste Steigung ist auch schon in Sicht, die sogenannte Schneckennudel-Brücke auf die Rheininsel in Ludgwigshafen – ihren Namen hat sie wegen der Bauform – auf beiden Seiten des Hafenbeckens schraubt man sich in 2 Kreisen nach oben bzw. wieder nach unten. Sieht aber schlimmer aus als es ist, auch wenn der Puls klar zu erkennen gibt: Das ist schwieriger als geradeaus laufen.

An der Uferpromenade des dortigen Neubaugebiets stehen jede Menge Leute – ein Kleinkind reißt sich los und rennt ohne sich umzuschauen quer über die Bahn und mir fast vor die Füße mit Mühe kann ich einen Sturz verhindern – die Eltern und der Filius bekommen von mir eine lautstarke Meinungsäußerung zu solchem Verhalten zu hören, das kostet aber auch Kraft. Auch wenn das nicht schön ist und vielleicht unangemessen wirkt, sollte der Veranstalter überlegen ob er hier im kommenden Jahr mehr Ordner oder gar Absperrungen einsetzt.

Die Strecke schlängelt sich noch etwas durchs Wohngebiet und quert wenig später wieder das Hafenbecken – diesmal ohne Steigung. Kilometer 26 liegt hinter mir als wir das Südwest-Stadion und somit die nächste Versorgung und Wechselzone erreichen – es ist immer noch vergleichweise viel los, was auch daran liegt, dass die Strecke von nun ab eine Pendelstrecke ist, der Wendepunkt liegt noch ca. 4km entfernt. Ein echtes Hindernis haben die Macher an der nächsten größeren Straßenquerung eingebaut – es geht einige Stufen hoch und über eine schmale Fußgängerbrücke, die ich absolut nicht im Kopf hatte – die kostet nochmals zusätzlich Kraft und Zeit aber noch läuft alles recht gut.

Durch den Stadteil Mundenheim stehen noch einige wenige Zuschauer an der Strecke – am Ende der Bebauung geht es unter der B44 hindurch – unter der Brücke ist es schon merklich dunkel – vorbei an der Großbäckerei Görtz – die haben schon die Produktion für Sonntag angefahren und über die Strecke weht ein Duft von frisch gebackenem Brot – darauf hätte ich in dem Moment echt Lust – aber es gibt leider keine spezielle Versorgung – immerhin in der Ferne ist schon Rheingönnheim zu sehen und vor allen Dingen zu hören. Die Stimmung dort ist wie immer super – viel Musik und jede Menge Leute an der Strecke – vor lauter Leuten sieht man die Kilometerschilder nicht und ich wundere mich ein wenig … nach dem Wendepunkt und etwas Wasser und Iso an der Versorgung geht es zurück in Richtung Ludwigshafen Zentrum.  Dort taucht auch endlich wieder ein Kilometerschild auf – noch 11km. Also nur noch ein ganz kurzer Trainingslauf … dafür noch 3 Steigungen die mir auf Anhieb einfallen.

Unter der Brücke der B44 ist es jetzt stockfinster – etwas mehr Beleuchtung würde an dieser Stelle nicht schaden, auch wenn gleich dahinter die Straßenbeleuchtung wieder für Licht sorgt. Es laufen uns noch jede Menge Läufer entgegen unter anderem bekomme ich den 3:45 Pacemaker nochmal von vorne zu Gesicht – noch geht es mir gut – auch die kleine Fußgängerbrücke kann mich nicht mehr wirklich schocken – direkt am Fuß der selben steht ein Motivationsschild: 33km geschafft! Die Brücke ist scheinbar aber gar nicht für Läufermassen ausgelegt – während ich darüber laufen habe ich das Gefühl als würde sie wackeln wie der berühmte Kuhschwanz … kein gutes Gefühl, aber es sind ja nur wenige Meter. Nach der Brücke kann man schon die nächste Wechselzone sehen, es gibt nochmal Wasser und Iso für mich – ich hätte zwar auch gerne etwas zu Essen abgegriffen, aber ich bin einfach zu schnell.

Das mit dem Essen rächt sich denn auch recht bald – bis Kilometer 34 zieht sich die Strecke gefühlt ewig – kurz nachdem wir wieder auf der Rheininsel sind bekomme ich dann auch den Hinweis, dass ich deutlich langsamer geworden bin – jetzt nicht mehr um die 5 min/km sonder deutlich darüber. Aber ich kann nicht mehr viel schneller – es fehlt mir die Energie. Ich lasse die Duo-Marathon-Läuferin ziehen – immerhin hat sie ja 19km weniger in den Beinen als ich, da hätte ich auch noch Energie.

Neben mir rauscht der Rhein entlang, an einigen wenigen Stellen der Promenade stehen noch Zuschauer, diese sind aber auch noch voller Energie und feuern jeden Läufer an – einige Team-Läufer überholen mich zügigen Schrittes – unschön und frustrierend aber nicht zu ändern. Der Abzweig zur Schneckennudelbrücke ist nicht gut gelöst – von der Promenade mit ihrer Beleuchtung geht es ins Dunkle hinein und den Rheindamm hoch – zwei Polizisten mühen sich mit Taschenlampen ab den Weg halbwegs auszuleuchten – hier muss im kommenden Jahr definitiv eine Beleuchtung hin. Direkt danach und somit doch recht überraschend kommt die nächste Versorgung. Ich greife bei Iso und Cola zu, das gibt immerhin wieder einen Schub. Die Brücke meistere ich erstaunlich gut, das von mir befürchtete Chaos mit entgegenkommenden Läufern bleibt aus – die sind alle schon durch. Nach der Brücke sind es noch 5 km bis ins Ziel – man kann Mannheim auf der anderen Seite des Rheins schon sehen. Ebenfalls sieht man auch die Konrad-Adenauer-Brücke, die es nochmals zu erklimmen gilt …

Ich kämpfe mich vorwärts – „es ist ja nicht mehr weit“ wird zu meinem Mantra für die letzten Kilometer. Vor der letzten Steigung steht nochmal eine Versorgung – komischerweise aber keine Kilometerangabe mehr – zumindest keine die ich wahrnehme. Ich kippe nochmal ne Mischung aus Cola und Iso in den Rachen (und teilweise auch aufs Trikot). Dann nehme ich die Steigung in Angriff und siehe da, es geht und ich kann sogar noch Läufer einholen.

Die letzte wichtige Steigung ist überwunden, jetzt folgen nur noch „Scheinbuckel“ – aber erst mal gibts noch Sightseeing – einmal vorm Schloss in Mannheim vorbei und durch den Ehrenhof – an der Versorgung gibts nochmal Wasser – noch immer habe ich kein Kilometerschild gesehen, aber gefühlt sind es noch 3 oder weniger Kilometer – kurz nach dem Schloss, an der Uni-Mensa steht dann endlich das erlösende Schild: 40km sind geschafft. So langsam bereite ich mich auf den Endspurt vor – mahne mich aber, es nicht zu übertreiben – die allerletzte kleine Steigung vor der alten Sternwarte ist auch geschafft – jetzt ist alles topfeben. Vorbei am Amtsgericht und Stadthaus auf die Zielgerade in der Kunststraße – noch 1km. Ich sauge mich nach und nach an die verbliebenen Läufer heran – das Publikum wird immer mehr, am Wasserturm ist richtig Stimmung – es trägt mich um den Friedrichsplatz zum Ziel.

Warum der Moderator gerade ausgerechnet als ich einlaufe eine Schwächephase hat und Helene Fischer mit „Atemlos“ spielen muss, ist mir ein absolutes Rätsel – denn ich bin noch mehr als gut bei Puste als ich die Ziellinie überquere. Gleich darauf der Blick zurück auf die Uhr und eine riesige Freude: Brutto 3:28:21 zeigt die Uhr wenige Sekunden nachdem ich über die Matte bin – die 3:30 ist also endlich gefallen – neue persönliche Bestzeit.

Nach der Versorgung und etwas Pause mache ich mich auf den Weg zu meinen Eltern – ich bin (wie schon häufiger) völlig ausgepowert und mir ist anfänglich richtig kalt – aber mit jedem Schritt wird es wieder besser. Beim Blick auf die Ergebnisse kann ich es dann fast nicht glauben: Angeblich bin ich in 3:11h den Marathon gelaufen – zu gut um wahr zu sein. Das kommt mir noch etwas komisch vor. Am nächsten Tag hat sich die Lage dann geklärt – wie es aussieht wurden versehentlich prognostizierte Daten angezeigt – denn wenn ich mit dem Durchschnitt bis zur letzten Zwischenmatte in Rheingönnheim bei Kilometer 31 weiter gelaufen wäre, hätte es auch für die 3:11 gereicht … aber netto sind es immer noch 3:26 und man braucht ja neue Ziele – die 3:20 oder die 3:15 sind die nächsten Kandidaten – und das obwohl ich dieses Jahr weniger trainiert hatte – allerdings war ich eine Woche vorher auch nur einen Halbmarathon laufen und nicht zwei Wochen vorher 73km über den Rennsteig – wer weiß inwiefern das eine Rolle spielt.

Weltkulturerbelauf Bamberg 2015

Nur alle zwei Jahre findet der Weltkulturerbelauf in Bamberg statt – jedes Mal ist er dafür innerhalb weniger Stunden komplett ausgebucht, wegen der engen Gassen gilt ein Teilnehmerlimit. Um so schöner, dass es auch dieses Jahr für mich geklappt hat einen der begehrten Startplätze zu ergattern. Ist es doch der Traditionslauf für „Helgas Lauffreunde“ – die kleine Laufgruppe mit der ich einstmals „Laufen gelernt“ habe.

In zwei Jahren ändert sich eine Menge – bei der letzten Teilnahme war noch nicht einmal zu erahnen, dass ich Papa sein werde – daher habe ich diesmal auch meine Familie persönliche Support-Crew dabei. Damit es etwas weniger stressig wird, haben wir auch noch einen Zwischenstopp bei meiner Schwester in Würzburg eingeplant – dank Feiertag bietet sich das natürlich an. Für weitere Entspannung sorgen Helga und Heinrich von Helgas Lauffreunde – sie holen für die Gruppe schon am Vortag die Startunterlagen ab – somit müssen wir nicht schon vor Mittag in Bamberg sein, nur um die Unterlagen zu holen. Noch etwas hat sich verändert: In Bamberg wird fleißig gebaut: Zielsicher steuere ich (wie bisher immer) das P+R Parkhaus Breitenau an (direkt an der Autobahn, von dort mit dem Shuttle-Bus ist der Plan) – nur leider existiert das Parkhaus nicht mehr … stattdessen gibt es eine Parkmöglichkeit im Industriegebiet vor einer großen Baumarkt-Kette und von dort einen Shuttle – wer die FAQ vorab liest ist klar im Vorteil.

Und noch ein Novum gibt es, allerdings eines der weniger erfreulichen Art: Zum ersten Mal haben wir beim Weltkulturerbelauf schlechtes Wetter. Schon auf der Anfahrt hat es immer wieder Schauer gegeben, aber im Gegensatz zu den vergangenen Malen will es auch bis Bamberg nicht aufhellen – sonst hat es immer geklappt: Egal wie widrig das Wetter auf der Strecke war, zum Lauf war dann alles sonnig.

Bereits am Shuttle-Bus treffe ich Robert von der Laufgruppe, gemeinsam ziehen wir durch Bamberg zur Umkleide, dort trennen wir uns erst einmal, denn ich habe mich bereits am Auto umgezogen. Wir finden bei der Gelegenheit gleich passende Stellen für den Fan-Tross (Mama und Sohnemann) zum Anfeuern bei ca. Kilometer 17. Am vereinbarten Treffpunkt am Start warten bereits Helga und Heinrich. Übermäßig viel Zeit für einen Schwatz und Austausch haben wir nicht, auch nach dem Lauf werden wir uns angesichts des Wetters wahrscheinlich nicht wieder treffen (im Wind kühlt man doch sehr schnell aus und eine Erkältung will sich keiner holen). Außerdem habe ich wie immer das Problem den letzten Shuttle-Bus noch zu erreichen, der fährt um 19:00h, der Halbmarathon startet als letzter Lauf um 15:30. Wenn man von einem langsamen Läufer ausgeht der ca. 3h für die Strecke benötigt wird es mit Bekleidung abholen und Duschen doch recht knapp – zumal die Wege zwischen den Stationen in Bamberg nicht unbedingt die kürzesten sind. Hier wäre es schön wenn der Shuttle-Bus auch noch länger verkehren würde – dann würde ich mir auch überlegen den Abend noch in Bamberg zu verbringen. Kurz vor dem Start noch ein Gruppenfoto, dann versuchen wir uns im Startbereich aufzustellen – ich komme nicht so weit vor, wie ich das gerne würde, angepeilt habe ich etwas um die 1:45h als Zielzeit, im Startpulk komme ich allerdings gerade so bis auf Höhe des Blocks 2:00h, danach ist es einfach zu dicht. Aber dank Netto-Zeitmessung ist mir das ja eigentlich egal und am Anfang sind die Wege noch breit genug, dass ich ggf. auch überholen kann.

Der Startschuss kracht und es tut sich erst einmal gar nichts … es dauert fast 9 Minuten bis ich über die Startlinie komme. Durch den schmalen Durchlass verteilt sich das Läuferfeld danach aber recht gut – man kann sich in aller Ruhe „einsortieren“. Ehe ich es mich versehe ist der erste Kilometer an mir vorbeigeflogen und es geht die erste Steigung hinauf – an der Strecke selbst ist trotz des immer noch regnerischen Wetters jede Menge los – die Leute lassen sich die gute Laune einfach nicht verderben – ganz getreu dem Motto: „Es gibt kein unpassendes Wetter, nur die falsche Bekleidung“. Das erste Zwischen-Ziel in Bamberg ist für mich (und viele andere) immer die Altenburg – die höchste Erhebung der gesamten Strecke (etwas mehr als 380 Meter über N.N. also rund 140 Höhenmeter gegenüber dem Start) auf dem Weg dorthin gibt es aber bereits einige An- und Abstiege – an die meisten kann ich mich noch erinnern und von daher die Kräfte richtig einteilen. Die Altenburg verschwindet fast schon in den Wolken – über dem Läuferpulk steigt auf dem letzten Anstieg gut sichtbar Dampf auf – auch ich bin nach den 5km auf Betriebstemperatur gekommen.

Nach der Burg geht es erst einmal entspannt bergab – gut dass ich mittlerweile regelmäßig im Odenwald trainiere – so fällt mir das bergablaufen vergleichsweise leicht und ich kann weiterhin jede Menge Läufer überholen. Es geht wieder in die Bebauung von Bamberg hinein – diverse Kurven und Steigungen inklusive – hier kommen mir einige „neu“ vor bzw. ich hatte sie so nicht mehr im Gedächtnis. So etwa den Kilometer 7 – dort ist immer Stimmung und jedesmal ein anderes lustiges Plakat – diesmal mit der Aufschrift „Ziel …. in 14km“ – und es stehen trotz Nieselregen immer noch fast überall Menschen an der Strecke. Andere Stellen hingegen habe ich in bester Erinnerung unter anderem den Ausflug über die Insel zwischen den Regnitz-Armen.

Nun folgt eine lange flache Passage – es geht entlang der Regnitz in den Luisenhain – insgesamt ist das der eher ruhige Teil der Strecke, nachdem man in den Gassen an jeder Ecke angefeuert wurde. Ich mache mich schon auf einen langwierigen, nassen bis eintönigen Teil gefasst (auch wenn mir etwas Ruhe und ein gleichmäßiger Untergrund gerade ganz recht sind). Aber weit gefehlt – auch im Luisenhain trotzen etliche Menschen dem schlechten Wetter und feuern die Läufer lautstark an – da merkt man als Läufer fast nicht mehr, dass es regnet – echt eine super Atmosphäre.

Kurz vor dem Inselspitze zwischen den beiden Regnitz-Armen erreiche ich Kilometer 11 – in diesem Jahr fliegen die Kilometer nur so an mir vorbei – ich kann mich erinnern, dass ich mich schon deutlich mehr gequält habe. Kurzer Blick auf die Pulsuhr – alles ok und die Zeit ist absolut im Rahmen – Bestzeit ist angesichts des Strecken-Profils ohnehin nicht zu erwarten. Kurz vor der Schleuse ist nochmal ein echtes Highlight an der Strecke: eine Samba-Band trotz dort dem widrigen Wetter und heizt den Läufer und sich selbst ganz ordentlich ein. Danach schwenkt die Strecke parallel zur Regnitz ein – am Ufer entlang geht es wieder in Richtung Bamberg-City. Auch hier ist die Stimmung großartig – immer wieder Menschen an der Strecke die einen weiter antreiben. So fliege ich auch am Kilometer 14 vorbei – zwei Drittel und die Zeit ist immer noch super.

Langsam aber sicher nähert sich die flache Phase des Laufs ihrem Ende – es geht weg von der Regnitz, ganz leicht bergauf – noch etwas mehr als 5 Kilometer liegen vor mir. Diesmal klappt es auch mit dem Abgreifen des Rauchbieres, das es kurz nach Kilometer 16 gibt – an der Versorgung sind diesmal transparante Becher im Einsatz – man kann also zielstrebig den richtigen Tisch ansteuern und einen Becher mit dem leckeren Iso-Getränk greifen. Sonst habe ich immer nur das Ende des Tresens erwischt – dort gibt es aber nur Wasser. Das nehme ich diesmal aus der Gürtelflasche, denn etwas zum Runterspülen brauche ich dann doch. Über die Kettenbrücke geht es in die Altstadt – am Kilometer 17 halte ich Ausschau nach dem Fan-Block, aber der ist nicht da – ich vermute, dass ich mal wieder „zu schnell“ war, der Blick auf die Uhr bestätigt mir das für den Moment auch erst einmal. Nach einigen Kurven sehe ich immerhin nochmal Heinrich an der Strecke stehen, er macht fleißig Fotos. Noch etwas mehr als drei Kilometer sind zu bewältigen. Ich weiß aus Erfahrung, dass der Lauf ein „dickes Ende“ hat: Kurz vor dem Ziel geht es nochmal den Bischofsberg hoch – nur etwa 20 hm hoch und auch wieder runter – aber man hat ja auch schon einige Kilometer in den Beinen, noch dazu jede Menge Kopfsteinpflaster.

Aber ich bin gut trainiert und nehme die Steigung ab Kilometer 19 dann doch recht gelassen hin (auch weil ich weiß, dass sie bald ein Ende hat) – als Ultra-Läufer habe ich dann auch noch die notwendigen Konditionsreserven um direkt nach der Steigung wieder anziehen zu können – kleinere Senken nutze ich gekonnt zum Schwung holen soweit das irgendwie möglich ist. Runter vom Berg und rein die Menschenmassen: Ab Kilometer 20 ist die Strecke komplett mit Menschen gesäumt – noch immer ist das Wetter feucht und es nieselt, aber die Stimmung kocht derart, dass man fast meint die Regentropfen kommen erst gar nicht am Boden an. Ich setze zum Schlusssprint an und sauge mich noch an eine ganze Menge Läufer heran – nur noch die Kurve am Marktplatz und durch den Zielbogen. Die Zieluhr zeigt brutto 1:48 an – da kann ich echt zufrieden sein.

Die Versorgung im Ziel ist wie immer in Bamberg ausgezeichnet – Obst, Gebäck und alkoholfreies Weizenbier – da bleibt kein Wunsch offen. Bei schönem Wetter warte ich sonst im Zielbereich auf die weiteren Läufer von Helgas Lauffreunden, aber diesmal wird mir bereits nach 10 Minuten im Regen und Wind doch etwas kalt und ich mache mich auf den Weg zur Umkleide. Dort wartet bereits Marion auf mich. Flugs duschen und dann wollen wir eigentlich nur noch heim – das Wetter ist noch etwas ungemütlicher geworden.

Auf dem Weg zum ZOB für den Shuttle-Bus sehen wir noch den letzten Läufer auf der Strecke (er wird am Ende etwas länger als 3h brauchen) – am Shuttle-Stopp ist es rappelvoll – wir lassen zwei Busse fahren, beim dritten zwängen wir uns samt Kinderwagen mit hinein. Es ist mir irgendwie unverständlich, dass die Verkehrsbetriebe in Bamberg alle zwei Jahre mit dem Ansturm der Läufer überfordert sind – zwei Shuttle-Busse zu den zwei P+R-Möglichkeiten sind zu den Spitzenzeiten einfach zu wenig. Getopt wird die ganze Sache dann nur noch durch den Kreislauf-Kollaps einer Teilnehmerin im Bus – gut das ich auch ausgebildeter Ersthelfer bin, auch wenn ich auf die Aktion mit samt Nothalt des Bus gerne verzichtet hätte. Wenige Minuten später geht es ihr schon wieder besser und die Fahrt geht weiter bis an den Parkplatz.

Fazit: Auch bei schlechtem Wetter ist in Bamberg die Stimmung beim Lauf erstklassig. Für die Fans ist das Wetter natürlich eine zusätzliche Belastung, denn wer steht schon gerne im Regen nur um einige wenige „Verrückte“ zu sehen, die sich trotz „Sauwetter“ über die 21,1km antun? All den Helfern und Unterstützern sei hier nochmals ganz herzlich „DANKE!“ gesagt für Ihr Engagement. Wenn alles klappt, sehen wir uns in 2 Jahren wieder – dann hoffentlich auch wieder bei besserem Wetter.

Rheintalquerung 2015

tmp_7091-IMG_20150228_0751293771344Nun ist es Tradition, zumindest mal für mich, für andere war es das ja schon: Am vergangegenen Wochenende trafen sich wieder eine Reihe handverlesener Lauffanatiker um die etwas mehr als 43km von Leutershaisen an der Bergstraße bis nach Bad Dürkheim an der Weinstraße anzugehen. Die Veranstaltung ist rein privat organisiert und alles, nur kein Wettkampf. Der Spaß am Laufen und der Ausstausch nach der Winterpause (sofern man eine solche überhaupt macht, denn laufen kann man bei jedem Wetter: Es gibt nur unpassende Kleidung, aber doch kein unpassendes Wetter …)

Die Versorgung entlang der Strecke ist auch immer ein Highlight: Einige Unterstützer (Familie, Freunde, etc.) fahren mit einem Kleinbus verschiedene Punkte an der Strecke an. Passend zur kühlen Jahreszeit gibt es dann warmen Tee. Ich habe auch dieses Jahr wieder einen Energieriegel vom Blech, sprich einen Schokokuchen beigesteuert – der wurde auch gleich beim Start nachgefragt: „Ohne den laufe ich nicht …“

tmp_7091-IMG_20150228_084050994491734Pünktlich um 8:00 setzt sich der Tross in Bewegung – noch haben wir alle Energie und das Wetter ist vorzüglich: schönster Sonnenschein, wenn auch etwas frisch. In Heddesheim stößt als Neuerung Franks Vater mit dem Rad zu uns – er will mal sehen wie weit er mithalten kann, immerhin ist er der mit Abstand älteste Teilnehmer.

Noch nicht mal eine Stunde ist vergangen und die erste Versorgungsstation in Ilvesheim kommt in Sicht – ich habe eigentlich noch keinen Hunger und auch wenig Drust, aber ich weiß ja was kommt, also doch ein wenig Kalorien zu sich nehmen. Weiter geht es entlang des Neckars-Kanals, in der Ferne sehen wir schon den Fernmeldeturm in Mannheim – rund 3 km dahinter liegt schon der nächste Versorgungspunkt. Das Feld zieht sich vergleichsweise stark auseinander – jeder läuft mit der für ihn angenehmen Geschwindigkeit – für mich heißt das fast immer in der Spitzengruppe unterwegs zu sein, auch wenn ich das nicht unbedingt vorhatte. Entlang des Neckars kann man erste ganz zaghafte Versuche des Frühlings sehen – alles wartet scheints nur noch auf etwas wärmere Temperaturen.

tmp_7091-IMG_20150228_095936-1691766784Am Fuß der Kurt-Schumacher-Brücke in Mannheim machen wir nochmal Rast. Scherzhaft erfolgt eine Abfrage ob denn auch jeder die notwendigen Papiere für die Einreise nach Rheinland-Pfalz dabei hat. Die nun folgende Etappe ist das längste Teilstück – von Mannheim bis nach Ruchheim – etwa 15km liegen vor uns. Leider nicht mehr so malerisch und naturnah wie am Neckar – sondern durch die Industrielandschaft und Wohnbebauung in Ludwigshafen. Besondere Herausforderung: die Strecke nach Oggersheim – kerzengerade und fast keine Abwechslung, wenn man von den verschiedenen Autohäusern und Werkstätten einmal absieht. An der BG-Klinik gibt es immerhin noch was zu sehen – der Rettungshubschrauber startet zum Einsatz als wir vorbei laufen. Ich habe mit einem „Halbstreckler“, der in Mannheim begonnen hat die Führung übernommen. Wir sind soweit voraus, dass wir im Zentrum Ogggersheims erst einmal auf den Rest der Gruppe warten.

tmp_7091-IMG_20150228_113547_1312982119Mit einigen Schlenkern geht es aus Oggersheim langsam heraus – die Umgebung wird wieder ländlicher bzw. landwirtschaftlicher – wir durchlaufen die Gemüseäcker der Region – noch sind die Felder fast alle kahl, aber bereits in einigen Wochen wird hier wieder Salat und Gemüse geerntet. Das Wetter spielt weiterhin mit. Die Sonne ist so kräftig, dass ich die Jacke um die Hüft schlingen kann. Am Ortseingang Ruchheim postiere ich mich dann für ein gesammeltes Foto-Shooting. Zwischen der Spitze und der Nachhut der Gruppe liegen satte 10 Minuten … mich beschleicht das Gefühl, dass ich wohl mal wieder zu schnell an die Sache heran gegangen bin, aber noch ist ja alles gut. Außerdem ist die Versorgung auch nicht mehr weit. Diesmal habe ich auch richtig Hunger und Durst.

tmp_7091-IMG_20150228_113746457152875In der nächsten Etappe bezwingen wir die letzten Höhenmeter des heutigen Tages: Es geht über die A67 (also rund 7 Höhenmeter) nach Maxdorf. Dieser Ort ist ein klassisches Straßendorf – nicht zu sehr in die Breite gewachsen, dafür aber in die Länge. Gut, dass es immerhin eine paralelle Straße durch die Bebauung gibt, entlang der Hauptstraße wollte ich das nicht laufen. Gegen Ende plagt mich dann auch mein Magen etwas – normalerweise habe ich doch keine Probleme mit Magenkrämpfen. Die Versorgung liegt am Ende des Ortes – ich nutze die Chance, dass dort schon wieder Acker, Weinberge und Hecken vorhanden sind. Nach dem Bescuh im Tempel der Erleichterung bin auch wieder deutlich entspannter. Laufen wenn man eigentlich aufs Klo müsste iest einfach nur anstrengend. Daher mag ich auch eher Läufe durch die Natur 😉

Kaum zu glauebn, wir haben bereits etwas mehr als 30km hinter uns gebracht, und es geht auf die letzte Etappe bis nach Bad Dürkheim. Die Strecke ist flach und verläuft in wenigen schnurgeraden Abschnitten, also nochmal etwas für den Kopf des Läufers. Im Industriegebiet von Bad Dürkheim laufen wir dieses Jahr ein wenig anders als bisher. Anstelle der Magistralen zu folgen schwenken wir auf den Radweg entalng des Bachs ein – vielleicht einige hundert Meter mehr zu laufen, aber deutlich angenehmer. In der Ferne kann man schon die Ausläufer des Pfälzer Walds sehen. Bis ins Zentrum an die Saline am Festparkplatz sind es nur noch drei Kilometer – kurz vor dem Ziel heißt es dann wie jedes Jahr: „call me Ultra“ – wir überschreiten die  „magische“ Marke von 42.195km. Der Vollständigkeit halber laufe ich auch noch ein wenig weiter als den Parkplatz, um dem Motto der Querung „von der Berg- an die Weinstraße“ gerecht zu werden.

Zum Abschluss heißt es Entspannen im Thermalbad bzw. der Sauna. Marion stößt dann kurz vor dem Abendessen im großen Fass auf dem Festplatz zu uns. Ich plane mit den PULTlern eigentlich noch am Sonntag von Mannheim wieder mit der Straßenbahn nach Bad Dürkheim zu fahren und die Strecke auch zurück zu laufen – zumindest ein gutes Stück. Grudrun, Peter und Jürgen haben sich für die Nacht ein Zimmer genommen.

Als es dann am Sonntag früh um kurz nach sechs für mich heißt: Aufstehen! Fällt mein Blick aus dem Fenster – es gießt gerade wie aus Eimern – da vergeht selbst mir die Lust auf den Lauf (wenn man wenigstens im Trockenen startet ist alles kein Ding, aber schon durchfeuchtet starten ist nicht mein Ding). Daher sage ich die Rückrunde ab. Im Luafe des Vormittags hört es zwar dann recht bald auf zu regnen, aber richtig schön wird das Wetter auch nicht. Rein von der Kondition und dem Muskelnkater her könnte ich das ohne Probleme laufen. Soviel ist sicher, nachdem ich nachmittags im Schwimmbad noch einige Bahnen als Ersatz schwimme.

Stadtlauf Nürnberg 2014

Ja ist den schon wieder Oktober … ja ist es und somit für mich wieder höchste Zeit nach Nürnberg aufzubrechen. Immerhin der einzige Lauf an dem ich seit 2007 jedes Jahr teilgenommen habe – sogar bei der Planung für meine Rückkehr aus den USA und dem Abschluss meines Studiums hatte ich den Lauf berücksichtigt. So gar nicht auf dem Schirm hatte ich den Lauf allerdings bezüglich des Geburtstermin meines Sohnes. Von daher lief die Planung diesmal sehr spontan ab. Kurz vor knapp habe ich mich noch angemeldet – weniger als 12h vor dem Start. Denn: Es hätte ja passieren können, dass mein Nachwuchs den Tag der deutschen Einheit zum Tag der Familien-Vereinigung (oder Vervollständigung?) nutzen möchte.

So bin ich dann auch recht knapp und nach reiflicher Überlegung in Mannheim aufgebrochen um die knapp 300km Fahrstrecke zurück zu legen. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass man es normalerweise in 3h gut schafft. Nur diesmal war echt der Wurm drin – ständig Staus und stockender Verkehr bereits wenige Kilometer nach Mannheim und es wurde nicht besser. Gut, dass ich noch rechtzeitig von der Vollsperrung der A6 gehört habe – dank Ortskenntnis zweige ich gerade noch am Stauende in Schwabach ab und fahre über die Landstraße. Die Strecke kenne ich als Alternative seit meinem Praxis-Semester. Dennoch wird die Zeit knapp – Gegen die Uhr schon vor dem Wettkampf – das ist nervig. Noch 30 Minuten bis zum Start als ich in Röthenbach ins Parkhaus fahre – mit der U-Bahn geht es dann zügig und fast schon entspannt bis ans Opernhaus. Unterlagen abholen (und wie jedes Jahr ein orangenes Trikot) – noch flott in die Tiefgarage, die Tasche unterstellen und auf zum Start. Ich bin gespannt ob der Lauf genauso zügig weiter geht wie er gerade schon anfängt.

Auf dem Weg zum Start treffe ich noch kurz Erwin und sage auch beim Team Bittel kurz „Hallo“ bevor ich mich auf die Suche nach den Mitstreitern aus meiner Praktikumszeit, Helgas Lauffreunde, mache. Leider ist die Suche „in der Nähe des 2:00h-Pacers“ nicht erfolgreich. Ein letzter Blick aufs Handy – in Mannheim ist alles ruhig, noch kein Baby-Alarm. Beherzt setze ich mich mit der Masse nach dem Startschuss in Bewegung – immer mit dem Hintergedanken – das Handy kann dich jederzeit aus dem Rennen holen… Ich musste versprechen, dass ich bei Anruf so schnell als möglich nach Mannheim komme. Es bleibt die Hoffnung, dass es auf der zweiten Runde nach dem Wendepunkt an der Pegnitz passiert, dann ist die schnellste Option einfach der Strecke zu folgen (von einigen Minuten die man am Opernhaus in die U-Bahn noch abknapsen könnte, aber wegen 500 fehlenden Metern ein „DNF“ (did not finish) wäre einfach nur peinlich.

Ehe ich es mich versehe sind wir schon an der Pegnitz und ich überhole den Pacemaker mit 1:45. Ich frage mich innerlich ein wenig ob ich das Tempo durchstehen kann, aber irgendwie pusht mich der Gedanke mit dem Handy einfach nach vorne. Schon kommt die erste Versorgung am Altersheim in Sicht – kurz danach geht es über die erste Steigung. Alles fliegt heute schon fast an mir vorbei. Ich schau auch nur kurz auf die Uhr – der Puls liegt da wo ich ihn vermutet habe: Viel zu hoch, aber irgendwie will ich heute nicht nach Puls laufen müssen. Vorbei an den Hochhäusern an der Wöhrder Wiese, um die Baustelle dort herum – und schon wieder eine Versorgung – ich greife kurz bei ISO zu ohne Tempo abzubauen.

Es geht in die Innenstadt auf die erste und einzige große Steigung des Laufs zu: Der Nonnensteig hinter der Lorenzkirche. Kurz davor steht wie immer das 8km-Schild. Mehr als ein Drittel ist schon geschafft – und das Handy hat sich noch nicht gemeldet. Der Nonnensteig ist zwar steil, aber nach meiner Trailerfahrung beim Churfrankenlauf ist er fast nur ein „lauwarmer Aufguss“. Ich kann auch oberhalb durch die City recht flott wieder Tempo aufnehmen. Schon geht es auf das Opernhaus zu, nicht mehr lange und Runde zwei beginnt. Heinrich (ebenfalls Helgaslauffreunde, er hat vorher am 10,5km Lauf teilgenommen) steht kurz vor der Senke an der U-Bahn-Station und macht Fotos.

Beim Durchlauf werfe ich einen Blick auf die Brutto-Zeit: Rund 50 Minuten sind seit dem Start verstrichen. Ich liege für meine Ambition: „Ein kurzer Trainingslauf“ doch recht gut in der Zeit. Wieder geht es am Bahnhof vorbei an die Pegnitz – 11km habe ich bereits hinter mir. Ich denke ein wenig an letztes Jahr, da stand an der Pegnitz meine Partnerin und machte Fotos. Kurz nach Kilometer 13 fasse ich nochmal ISO und Wasser nach, bisher kein Anruf und selbst wenn er jetzt käme würde ich wohl ob der Masse Läufer hinter mir schlecht rumdrehen können … Kurz darauf erschreckt mich etwas: Es klingt wie mein Handy, aber es ist nur ein Passant, der mit einer Plastiktröte fast genau den Ton und die Frequenz meines Wehen-Alarms getroffen hat. Und ich hatte schon ans Handy gegriffen – um zu merken, dass es nicht vibriert… Es geht wieder über die Brücke und ich mache mich auf die Extra-Schleife gefasst, aber wegen der Baustellen und einer kleinen Änderung am Nonnensteig ist dieses Schleifchen dieses Jahr nicht notwendig. Stattdessen kann ich mich richtig über das 15km Schild freuen – von nun an ist sicher: Zu Ende bringen werde ich den Lauf.

Das gibt innerlich nochmal einen gigantischen Motivationsschub den ich so nicht für möglich gehalten hätte. Von nun an fliegen die Kilometerschilder förmlich an mir vorbei – ehe ich es mich versehe stehe ich wieder vor dem Nonnensteig, kurz vor Kilometer 19 – das Schild dazu findet sich fast direkt nach dem Anstieg und noch vor der Lorenzkirche. Ich nehme nochmal alles zusammen was ich habe – nur nicht langsamer werden. Innerlich verfluche ich es, heute keinen Traubenzucker griffbereit zu haben, da muss ich jetzt einfach so durch – aber 2km sind ja für mich keine Distanz mehr.

Kurz nach der 20km-Marke steht nochmal Heinrich – ich gebe ihm kurz Antwort wo wir uns nach dem Lauf treffen wollen und mache mich auf die letzte Senke zu bezwingen. Aus der Senke geht es vom U-Bahn-Niveau auf Straßenniveau garniert mit einer 180°-Kurve mit der man auf die Zielgerade einbiegt. Dort sehe ich den Zielbogen und schon bald auch das 21km Schild: Ich gebe nochmal richtig Gas – die Energie fliegt mir irgendwie gerade so zu. Geschafft – und das ohne klingelndes Handy – 1:40 lese ich auf der Brutto-Uhr ab, gar nicht so verkehrt für einen kurzen Trainingslauf.

Ich hole etwas Luft und treffe im Zielbereich kurz Heinreich, er geht dann wieder an seine Foto-Stelle um die restlichen Läufer von Helgas Lauffreunde zu fotografieren. Ich trinke ausgiebig ISO und gönne mir etwas zu Essen. Zudem melde ich mich kurz per Textnachricht bei Marion – an Telefonieren ist in dem Trubel hinter dem Ziel nicht zu denken. Es ist vergleichsweise leer im Zielbereich, man kommt noch sehr gut an alle Stände heran – ich decke mich mit Apfelsaftschorle und reichlich alkoholfreien Weizenbier ein. Lange verweilen kann ich nicht – ich soll ja wieder nach Mannheim sobald ich fertig bin, auch wenn die letzte Meldung weiterhin heißt: alles ruhig.

Ich hole meine Sachen und versuche Heinrich zu finden – am Foto-Standort ist er nicht mehr, dafür kommt Robert gerade die Strecke entlang. Wir treffen uns kurz darauf hinter der Ziellinie wieder. In den wenigen Minuten dazwischen rufe ich kurz in Mannheim an: Weiterhin alles in bester Ordnung, kein Grund zu übermäßiger Eile. Wir finden dann auch recht bald Helga und Heinrich im Versorgungsbereich. Wir unterhalten uns noch kurz, bevor wir alle Richtung Straßenbahn bzw. U-Bahn machen. Das Abendessen in der Pizzeria fällt dieses Jahr leider aus (auch wenn das immer sehr lecker und kohlenhydratreich ist). Die U-Bahn bringt mich zügig wieder ins Parkhaus. Noch kurz die verschwitzten Sachen gegen etwas trockenes tauschen, damit ich mich auf der Fahrt nicht erkälte, dann schwinge ich mich auch schon wieder auf die Autobahn (das Auto kennt den Weg aus Praxis-Semester ja immer noch von selbst…).

Auch auf der Strecke bis Mannheim bleibt das Handy ruhig – auch als ich diesen Bericht schreibe ist es noch immer nicht so weit, es kann also beim Traditionslauf in Nürnberg am 3. Oktober für mich bleiben, auch wenn ich jetzt erst mal keine größeren Planungen für die Saison mehr habe und mich dann voll und ganz auf den Papa-Athlon (oder wie nennt man die Vaterschaft als Läufer sonst?) konzentrieren kann.

Churfranken Trail Run von Miltenberg nach Sulzbach

Nachdem unserer „großer Navigator“ Peter von der Laufgruppe PULT (Peters Ultra Lauf Treff) verletzungsbedingt eine Weile nicht trainieren konnte, standen die Chancen schlecht den geplanten Churfrankentrail mit seinen 74km und 1800 Höhenmetern anzugehen. Bis wenige Wochen vor dem Start hat sich Peter wieder an seine Form herangekämpft, aber den Lauf wollte er dann vorsichtiger Weise nicht antreten. So bin ich kurzerhand zu einem weiteren Ultralauf gekommen. Wobei gleich vorweg zu schicken ist: ich bin gut trainiert, aber ich habe auch drei Tage nach dem Lauf noch Muskelkater….

Bereits die Anreise ist ungewöhnlich, Miltenberg liegt nur rund 120km von Mannheim entfernt. Der Einfachheit halber und der Umwelt zu Liebe bildet PULT eine Fahrgemeinschaft – mit dabei sind Gudrun, Jürgen, Peter und meiner einer. Abfahrt ist um kurz nach 4 in Mannheim. Um kurz nach drei quäle ich mich aus dem warmen Bett und mache mich soweit fertig, das Wetter verheist nichts Gutes: Es gießt wie aus Eimern. Ich verwerfe den Gedanken die 1,5km bis zum Treffpunkt mit dem Rad zurück zu legen. Auch ist mein restlicher Körper noch nicht so ganz wach – ich überlege recht lange ob ich etwas frühstücken will, aber ich entscheide mich dagegen – überhaupt kein Appetit, kein Hunger. Naja, ich habe am Vortag ja geschaufelt wie ein Scheunendrescher – reichlich Nudeln, das muss einfach reichen.

Da ich nicht fahren muss, nutze ich die Zeit noch für ein wenig Entspannung, aber so richtig fest kann ich im Auto nicht schlafen – die restlichen Läufer im Auto fachsimpeln über den Trail und legen sich Strategien zurecht. Den Startpunkt in Miltenberg am Berliner Platz übersehen wir in der Dunkelheit beinahe – wir sind unter den ersten und noch sind die Helfer damit beschäftigt, den Startbereich einzurichten. Ich mache einen ersten Gang aufs stille Örtchen – danach habe ich sogar etwas Hunger und gönne mir in der Kantine erstmal einen Kaffee. Inzwischen ist auch die Startnummernausgabe eingerichtet und wir holen die Unterlagen ab – die Ummeldung geht ganz unproblematisch – auch wenn man mir nicht versprechen kann, dass die Aktualisierung rechtzeitig bis zum Zieleinlauf im System ist. Aber halb so wild – auch auf der Startnummer steht ja Peter als Vorname.

IMGP0189Noch Umziehen am Auto während es langsam dämmert – um uns herum tauchen immer mehr Läufer auf, der Platz füllt sich langsam. Kurz vor dem Start werden alle Läufer in die Startbox gebeten – nochmal überprüft ob alle Startnummern auch anwesend sind und schon steht dem Start um 7:15h in der Frühe nichts im Wege. Die 5er-Staffeln haben noch etwas mehr Zeit, sie starten mit 15 Minuten Verzögerung, aber erfahrungsgemäß sind die ja auch deutlich schneller.

IMGP0192Es geht über die Mainbrücke in Miltenberg und gleich darauf ist volles Programm angesagt was die Höhenmeter betrifft: es geht hinauf zur Monbrunner Höher. Erst noch durch die Innenstadt von Miltenberg, dort auf den Burgweg mit einem kleinen Panorama über den Main und schon bald lerne ich, was der Unterschied zwischen einem Trailrun und einem gewöhnlichen Lauf ist. Es geht runter von den breiten Waldwegen und einen schmalen Wanderweg ziemlich zügig nach oben – laut Ausschreibung um die 100hm. Ich lasse mich nicht hetzen und gehe den steilen Anstieg hoch, auf dem nächsten breiten Waldweg gehe ich wieder ins Joggen über. Meine Muskulatur in den Waden ist noch nicht ganz warm – es zwickt ganz vernehmlich im Achilles-Ansatz und auf der Knie-Rückseite – ich drossle daher das Tempo und hoffe das es besser wird. Es geht in mehreren Serpentinen nach oben. Kurz vor Kilometer fünf muss ich nochmal in die Hecke – der Kaffee will schon wieder in die Natur – danach laufe ich gefühlt deutlich weniger verkrampft. An der ersten Versorgung hole ich das Frühstück ein wenig nach – ein paar Riegelstücke, Banane und dann geht es erst mal wieder abwärts an den Main. Auch hier ist ein nettes Trailstück mit eingebaut auf dem man höllisch aufpassen muss, dass man nicht auf seinen vier Buchstaben landet. Danach geht es über Schotter und Asphaltwege auf die erste Wechselstation in Großheubach zu. Wir überqueren die Müd, die bei Miltenberg in den Main mündet – die historische Brücke ist recht nett anzuschauen. Weniger nett finde ich, dass mein Inneres gerade rebelliert – in mir geht und brodelt es – ausgerechnet jetzt wo überall Bebauung ist. Ich quäle mich bis zur Wechselstation – ich fühle mich nicht sonderlich und bin kurz davor auszusteigen – auch wenn mir das vom Kopf her nicht passen will. An der Versorgung mache ich daher einen Abstecher auf die Toilette. Der Zeitverlust fürs Anstehen ist mir da erst einmal egal. Gudrun und Jürgen habe ich seit dem Start nicht mehr gesehen – ich vermute sie knapp hinter mir.

IMGP0207Nach den 5 Minuten Entspannung im „Tempel der Erleichterung“ geht es mir deutlich besser – die Energie ist wieder da und auch der Mut weiter zu machen. Ich schnappe mir noch etwas Wegzehrung und laufe weiter – wieder über den Main. Auf der anderen Seite erwartet mich bereits Peter mit dem Foto kurzer Check und weiter gehts. Immerhin weiß ich jetzt das Jürgen und Gudrun noch immer hinter mir sein müssen. Ein gutes Gefühl von der Zeit her. Die Strecke zieht sich nun durch die Weinberge – ich laufe auf eine Staffelläuferin in der 2er-Wertung und ihren Partner auf dem Rad auf – gemeinsam lösen wir nebenher noch ein mathematisches Rätsel: Wie schnell müsste ihr Verfolger laufen, wenn er als Staffelläufer in einer 5er Staffel mit 15 Minuten Abstand startet und sie an der ersten Versorgung bei ca. 11km eingeholt haben will (was nicht geklappt hat – bei einer notwendigen Geschwindigkeit von etwas unter 5 Minuten bei dem Streckenprofil wäre es selbst als Staffel verwunderlich). Am Waldrand ist für den Radler Schluss, es gibt nochmal eine Versorgungstation und dann folgt schon bald die nächste Trail-Passage: Es geht hinauf zum Eselsweg – ein schmaler Pfad schlängelt sich fast direkt auf dem Bergrücken nach oben – an einer Stelle sind sogar Kletterkünste gefragt. Die Muskulatur ist mittlerweile gut warm, auch wenn einige Partien bereits Erholungsbedarf anmelden. Am Ende es Trails geht es auf den Eselsweg – man fragt sich unwillkürlich ob man zu dieser Sorte Tiere gehört – denn irgendwie ist das schon ein wenig schräg sich diesen Trail anzutun. Andererseits sind Esel ja auch bekannt dafür dass sie ziemlich starrköpfig bis stur sein können – genau die Eigenschaft die man hier auch braucht um durchzuhalten.

Ich erreiche die nächste Verpflegungsstation auf der Solhöhe – hier kommt man später nochmals vorbei – man läuft nun eine Schleife von rund 20km und gefühlt nochmal so vielen Höhenmetern – einmal runter an den Main und wieder hoch. Der Abstieg ist ähnlich heftig wie der Anstieg auf den Eselsweg – mittendrin gibt es auch noch ein Blitzlichtgewitter – gut getarnt lauert die „Foto-Falle“ für schnelle Läufer. Es geht stetig bergab und ich überwinde einige ziemlich schwierige Passagen: ein Quergraben, rutschige steile Abstiege und jede Menge Gehölz und Geröll auf dem Weg verlangen volle Konzentration. Ich bin froh als es bald wieder auf einen breiten Forstweg geht. Ich hänge mich an zwei Läufer an, die ungefähr mein Tempo laufen. Sie haben gegenüber mir einen Vorteil: Sie laufen die Strecke nicht zum ersten Mal. Ich mache mir ihre Erfahrung zu Nutze – auch sie gehen die folgenden steileren Ansteige konsequent – um Kraft zu sparen. Die braucht man angeblich noch für die Königs-Etappe nach Collenberg. Nach dem Anstieg wird wieder gejoggt – es geht wieder einen herrlichen Trail bzw. Reiterweg entlang. Aus dem Wald raus und schon sieht man in etwas Entfernung die Burgruine Freudenberg – einer der schönen Anblicke auf der Strecke die schlagartig alle Quälerei bisher vergessen lässt. Auf der nördlichen Mainseite in Kirschfurt ist auch wieder eine Versorgung eingerichtet. Wie ich feststellen muss, gibt es dieses Jahr wohl gar kein Iso-Getränk – was mich dann doch ziemlich fuchst, gehört das doch selbst bei kleineren und kürzen Läufen eigentlich zum Standard-Angebot. Einige hundert Meter weiter wartet Peter mit dem Foto – er fragt nach was ich brauche – ich beauftrage ihn, wenn möglich irgendwie ein isotonisches Getränk zu organisieren, denn nur mit Salz und Cola bekomme ich wahrscheinlich meinen Elektrolyt-Haushalt nicht in den Griff.

Es folgt eine Erhohlungsphase – es geht gemütlich am Main entlang – einige Läufer meckern darüber ich finde die Abwechslung ok. Nach einigen Kilometern ist dann auch die zweite Etappe überstanden. An der Wechselstation ist richtig viel los – die Staffelläufer liegen aktuell ungefähr gleich auf mit mir – einige haben mich bereits überholt – ich lasse sie aber bewusst ziehen – denn im Gegensatz zu ihnen habe ich noch nicht einmal die Hälfte der Strecke hinter mir. An der Wechselstelle sind es ziemlich genau 28km – immerhin mehr als ein Drittel motiviere ich mich. Weniger motivierend finde ich die Aussage, dass an der Versorgung schon das Cola zur Neige geht – die Organisation der Versorgung ist wohl ziemlich chaotisch. Ich schaufle nochmal Gurke und Tomate mit reichlich Salz und soviel Cola wie ich kriegen kann in mich hinein. Auf geht es zur Königsetappe.

IMG_20140921_102424Wie in der Streckenbeschreibung angekündigt, gibt es nicht lange zu verschnaufen nach der Versorgung – im Ort kann man anfänglich noch Joggen, dann geht es steil bergan in den Wald – ich steige sehr früh um auf Gehen, wie sich zeigt die richtige Wahl – denn die nächsten fast fünf Kilometer gilt: „The only way is up“ – immer höher schraubt sich der Weg. Regelmäßig überholen mich Läufer – aber wie ich jedes Mal an der Startnummer ersehen kann sind es Staffelläufer, die hier noch frisch und ausgeruht ans Werk gehen und wissen, dass nach knapp 19km ihre Etappe zu Ende ist. War es bisher größtenteils trocken oder allenfalls mal einige wenige Regentropfen vom Himmel, so wird es nun deutlich herbstlicher: Es sind Wolken aufgezogen und sie hängen so tief über dem Main, dass man von unten die Bergkuppe nicht mehr sehen kann. Im Nebel selbst sieht man auch nicht mehr all zu weit – teilweise ein komisches Gefühl, wenn man vor und hinter sich keinen Läufer mehr sieht. Auf ungefähr der Hälfte des Anstiegs steht ein Motivationsschild: 30km liegen hinter mir. Der Weg steigt zwar immer noch an, aber es gibt zwischendrin auch mal wieder flachere Stellen zum Joggen. Was anfänglich nur feuchter Nebel war, artet nun aber zu einem handfesten Regenguß aus – ich verfluche es, meine Jacke nicht mitgenommen zu haben. Aber jetzt gibts nur eines: Weitermachen und nicht stehen bleiben.

IMG_20140921_111637Am Ende der Steigung steht wieder eine Versorgung bereit, liebevoll mit einem Schild „Restaurant zum Wadenpicker“ angekündigt. Die Helfer sind reichlich durchgefeuchtet und sichtlich nicht auf Regen eingestellt – das Buffet schwimmt schon fast vom Tisch. Wir witzeln, dass die Müsliriegel dann wenigstens nicht so trocken sind und das Salz nicht mehr so viel Wasser zum Runterspülen braucht. Danach schwenkt die Route wieder auf den Eselsweg in Richtung Solhöhe ein – es geht ganz leicht bergab – mir ist fast schon kalt, weil das nasse T-Shirt trotz Funktionsstoff nicht so recht wärmt. Ein Läufer vor mir verpasst beinahe die Abzweigung auf den nächsten Trail-Abschnitt – immerhin schirmen die Bäume jetzt den Regen etwas ab, aber der Boden ist schon total durchgeweicht, an einer Stelle hole ich mir dann auch noch das obligatorische Fußbad bei solchen Aktionen ab. Der Weg führt mit einigem Auf und Ab wieder an die Solhöhe – an der Versorgung lange ich wieder zu – der Fotograf steht auch diesmal wieder bereit. Der Regen ist mittlerweile einfach nur noch lästig – die Helfer sind dennoch guter Laune.

IMG_20140921_111648Nun ist es aber endgültig gut mit dem Eselsweg – es geht runter von selbigem und bergab auf Röllbach zu. Der Regen hat etwas nachgelassen und es wird gefühlt sogar halbwegs warm – das T-Shirt trocknet langsam wieder und ich fühle mich nicht mehr ganz so ausgekühlt. Vor Röllbach geht es nach links und gleich wieder durch einen kleinen Durchschlupf nach rechts ins Industriegebiet – und ich hatte schon vermutet, man müsse jetzt den ganzen Hügel noch nach oben… Nach der Querung der Hauptstraße steht Peter bereit. Er hat tatsächlich ein Iso-Getränk auftreiben können – die Hälfte trinke ich sofort, der Rest wandert in meine Gürtelflasche – das Gemisch aus Wasser, Cola und Iso zu ungleichen Teilen ist geschmacklich nicht der Hit, enthält aber alles was man als Läufer so braucht. Am nächsten Anstieg überholt mich eine Läuferin einer Duo-Staffel – oben überhole ich wieder, kurz nach dem 40km Schild. Mehr als die Hälfte ist geschafft.  Die Staffeläuferin sehe ich bis ans Ende des Laufs immer mal wieder – einmal bin ich einige Meter voraus, ein andermal einige Meter hinter ihr. Wenn wir mal wieder auf gleicher Höhe sind, motivieren wir uns gegenseitig und helfen uns bei der Orientierung und ggf. schwierigen Abschnitten.

Anspruchsvoll ist die Strecke besonders wieder nach der Versorgung: Es geht einen Hohlweg entlang der mehr einem Bachbett als allem anderen gleicht. Gefühlt mache ich drei Schritte um zwei voran zu kommen. Der Matsch hängt an den Schuhen und verhindert dass man auch nur ein wenig Grip bekommt. Ich bin sichtlich erleichtert als es wieder auf einen Forstweg geht. Von da ab ist erstmal etwas Entspannung angesagt – nur wenige Höhenmeter und fester Untergrund. So mache ich recht flott Boden gut, das Wetter hat aufgeklart und so kann ich das Panorama durch die Weinberge bis zur Clingenburg absolut genießen. Bis dorthin geht es fast nur noch leicht bergab. Ein wenig kann man den Abschnitt mit dem Philosophenweg in Heidelberg vergleichen. An der Versorgung mache ich etwas länger Rast – der Laufkollege von vor Collenberg trifft ein als ich mich gerade wieder auf den Weg mache. Auf Nachfrage gibt es sogar warme Bouillon – auch das ist für mich ein Novum – zumindest ein Schild, dass es das gibt wäre nicht verkehrt.

IMG_20140921_124400Mehr als die Hälfte der Strecke liegt nun hinter mir – kurz vor der Clingenburg habe ich das Schild für die 45km-Marke gesehen. Dem kräftigen Abstieg (der total überlaufen und mit Autos zugeparkt ist) nach der Burg folgt der notwendige Anstieg auf den Fuß. Ich schalte wieder einen Gang runter und gehe die Steigung, diese geht dann auch noch in eine Treppe über – bald habe ich aber den Weg oberhalb des Maintals wieder erreicht und kann wieder weiter joggen. Die Strecke zweigt nach einem guten Kilometer nach rechts ab – über den nächsten Berg – auf dessen Kuppe steht aber ein weiteres Motivationsschild: 50km sind geschafft. Da kann auch die folgende Strecke durchs Feld und eine Senke die Stimmung nicht trüben.

Im nächsten Weiler steht wieder die Feuerwehr und sichert die Querung der Läufer über die Straße ab. Hut ab vor dem Standvermögen der Helfer – denn die Läufer kommen nicht wie am Fließband sondern immer wieder vereinzelt. Mit der nun scheinenden Sonne ist es am Waldrand richtig angenehm, selbst wenn ein ganz leichter Wind geht. Meine Beine sind bis auf die Oberschenkel noch recht fit, bergab macht mir aber schon fast keinen Spaß mehr, auch wenn man denkt dass es ja eigentlich leichter gehen sollte. In der Entfernung kann ich einen Läufer sehen, dem Trikot nach ist es wahrscheinlich der Läufer von LC Michelstadt, der mir am Anfang davon gesprintet ist. Mit einer Spitzkehre geht es wieder in den Wald hinein und direkt auf die nächste Versorgung zu – aufgebaut direkt vor dem nächsten Trail. Ich greife nochmal ordentlich zu bei Salz, Cola, Wasser und einigen Stücken Obst.

Am Ende des Trails stoße ich tatsächlich auf den Läufer aus Michelstadt – ihm geht es gar nicht gut, Helfer vom bayrischen roten Kreuz kümmern sich um ihn – er hat Krämpfe, will aber auch noch nicht aufgeben. Ich nehme mir vor, auch weiterhin genügend Salz als Elektrolyt zu mir zu nehmen – auf die letzten Kilometer Krämpfe, das ist das letzte was man gebrauchen kann. Der Weg wird nun recht monoton – immer den Forstwegen nach, fast schon schnurgerade aus. Ein wenig fühle ich mich an meine erste Trainingseinheit in Nürnberg und die „Schlachtergerade“ erinnert – ich fühle mich genauso schlapp wie damals – mit dem Unterschied, dass ich mittlerweile schon fast das vierfache an Kilometern in den Beinen habe. Von der Kuppe bis zur nächsten Versorgung kurz vor dem Waldrand geht es nur bergab, aber ich kann es nicht laufen lassen wie ich möchte – zu sehr schmerzen die Oberschenkel – es fehlt jede Elastizität zum Einfedern – also kleine Schritte machen, damit es nicht so sehr weh tut.

Wie geplant nehme ich wieder reichlich Salz, Wasser und Cola zu mir – als ich losmache holt mich der Läufer aus Michelstadt wieder ein – er nimmt diesmal auch reichlich Salz – ob es so spät noch etwas bringt, weiß ich nicht. Die Strecke führt aus dem Wald durch die Felder, vorbei an Streuobstwiesen – ich bin ja fast schon versucht einen der Äpfel einmal zu probieren. Am Waldrand holt mich eine Staffelläuferin aus Rodgau ein – an einer Abzweigung sind wir kurze Zeit ratlos, bis wir die Markierung dann doch noch erspähen. Als Staffelläuferin, erzählt sie mir, hat man um so mehr Respekt vor den Ultras, denn so wie sie sich gerade fühlt, möchte sie erst gar nicht wissen wie es sich anfühlt nochmal 30km mehr in den Beinen zu haben. Das baut irgendwie total auf, im Gegenzug motiviere ich sie auch etwas, denn jeder der hier auch nur einen Teil der Strecke in Angriff nimmt zeigt dass er sich einer großen Herausforderung stellt – auf dem Sofa liegen und Passiv-Sport kann jeder. Einen Marathon können einige, Ultra-Marathons sind für viele unvorstellbar und das Ganze noch dazu mit einem anspruchsvollen Profil, da muss man schon aus besonderem Holz geschnitzt sein.

Landschaftlich ist die Strecke jetzt sehr abwechslungsreich – nach dem Wald folgt wieder ein Stück über freies Feld. Mitten im gefühlten Nirgendwo steht dann auch wieder eine Kilometerangabe: 60km liegen hinter mir – innerlich rechne ich ja der Einfachheit und der Motivation halber mit 75km Gesamtstrecke – es bleiben also noch etwas um die 15km zu bewältigen. Ich motiviere mich damit, dass dies ja „nur noch“ eine kurze Trainingseinheit ist, die nun folgt. Diese führt nun wieder etwas bergan, diese Stück gehe ich wieder bis es am Waldrand wieder flacher wird – ich ertappe mich dabei, wie ich dem Veranstalter immer das schlimmste unterstelle – im Zweifel den steileren Weg nehmen.

Es naht Kleinnwallstadt und somit die letzte Wechselstation, nochmal die Chance Energie, Flüssigkeit und Elektrolyte zu tanken – ich lasse mir dafür auch entsprechend Zeit, bevor es weiter geht. Einige hundert Meter nach der Versorgung wartet Peter an einer Abzweigung – aber nicht nur Peter steht dort, als ich näher komme sehe ich, dass Gudrun etwas zerknirscht neben ihm steht. Sie erzählt, dass sie bei Röllbach eine Abzweigung verpasst hat und als sie es gemerkt hat, war sie schon zu weit gelaufen um noch vor dem Besenwagen wieder auf der Strecke zu sein. Sehr ärgerlich, mich würde das total aufregen, Gudrun nimmt es scheints recht gelassen. Ich verabschiede mich auf das letzte Stück der Strecke – in rund 90 Minuten will ich im Ziel sein.

Vor dem Ziel sind aber nochmal Höhenmeter zu bewältigen – teilweise mit Stufen geht es direkt senkrecht zu den Höhenlinien auf den Plattenberg hoch – natürlich auch wieder mit reichlich Hohlwegen und schwierigem Untergrund. Auf der Kuppe ist dann erst mal Entspannung angesagt – zudem hängt dort das 65km Schild – also nur noch 10km, das ist doch nun wirklich nicht mehr viel – in mir steigen Bilder aus Ulm, Biel und vom Rennsteig hoch. Ein Staffelläufer sprintet mir davon, aber das ist für mich absolut nebensächlich – ich muss mich darauf konzentrieren jetzt nicht zu früh schon einen Endspurt einzuläuten – denn ich ahne, dass da möglicherweise noch ein paar kleine Schmackrl in der Pipeline sind. So gehe ich zügig den Kreuzweg zur Kapelle. Ich bin dafür, dass die Schaubilder für den Lauf abgewandelt werden – so in etwa: Der Läufer fällt mehr über die Ziellinie als das er läuft, aber einige Schaubilder später sieht man ihn schon wieder trainieren und sich für den nächsten, noch härteren Ultra anmelden …

Nach der Kapelle folgt ein Abschnitt, der den Fango-Classics im Odenwald Konkurrenz macht – die Brühe steht quer über den Weg und ich frage mich, was härter ist: Der Strong-Man-Run oder der Churfrankenlauf – sicherlich hat der Strongman noch einige Hindernisse mehr zu bieten, aber dafür ist er ja auch nicht so lange. Meine Schuhe sind total verdreckt und beim durchqueren der Pfützen fülle ich dann auch beide Schuhe mit Wasser und Erde. Erstaunlicherweise macht mir das nichts mehr aus – es ist einfach so und das wird schon wieder irgendwie trocknen. Ich nehme an, die Füße sind einfach so warm, dass die Flüssigkeit gleich wieder verdampft …

Am Waldrand steht wieder eine Versorgung – es geht wieder durch die Felder und nach Dornau durch einen Hohlweg stetig bergab, dieser wird recht bald wieder breiter, man läuft durch einen duftenden Holzlagerplatz – und nur wenig später taucht auch schon das 70km Schild auf. Ich freue mich schon, dass es jetzt ja wirklich nicht mehr weit ist. Aber die Freude wird jäh unterbrochen – es geht nicht wie erwartet jetzt gemütlich und endspurt-tauglich zum Ziel, sondern es gibt nochmal einen recht steilen Trail. Im Höhenprofil ist das bei weitem nicht mehr so schlimm wie die ersten drei Anstiege, aber die Streckenlänge fordert auch ihren Tribut. Zudem ist der Untergrund absolut glitschig – mit jedem Schritt muss man aufpassen nicht auf er Nase zu liegen. An Joggen ist hier ohnehin nicht mehr zu denken.

Ich motiviere mich, dass es nun ja nicht mehr so viele Kilometer sind und versuche auf den folgenden Waldwegen wieder etwas zu Joggen – so lange diese nicht zu sehr ansteigen geht das auch recht gut, aber selbst moderate Steigungen muss ich jetzt gehen. Dafür hole ich noch einen Staffelläufer ein – der ist total überrascht, dass ich als Ultra ihn hier noch überholen kann – er motiviert mich außerdem, dass es jetzt wohl nur noch etwas mehr als 1 bis 1,5km seien – zumindest lauf seinem GPS. Ein letztes Mal zweigt die Strecke in einen Trail ab – es kommen mir schon jede Menge Staffelläufer entgegen, die mit ihren Partnern durchs Ziel laufen wollen. Weit kann es also nicht mehr sein. Am Wegesrand hängt ein Schild „noch 500m“ – dem will ich gerne glauben und gebe noch ein wenig Gas.

Raus aus dem Wald und von wegen 500m – gefühlt sind es die längsten 500m die ich je gelaufen bin. Es geht auf der Straße bergab und rein aufs Schulgelände – vor mir noch eine Staffelgruppe die es erfolgreich verhindert, dass ich ein schönes Zielfoto bekomme – aber das ist mir sowas von Jacke wie Hose – Hauptsache ankommen. Ziemlich zeitgleich mit meiner Zieldurchquerung setzt auch ein ordentlicher Platzregen ein – es gießt mal wieder wie aus Eimern. Ich flüchte mich unter den Schirm der Brauerei und lasse mir mehrere alkoholfreie Weizen durch die Kehle rinnen – endlich ISO-Getränk.

Die Zielzeit ist mit 8:23h dann doch ganz ansehnlich. Leider hat es doch nicht so ganz geklappt mit der Ummeldung und so ist für das System doch Peter Müller als dritter in der Altersklasse M55 anstelle von Kai Schlachter in der M30 durchs Ziel gelaufen. Ich habe den Veranstalter jetzt nochmals kontaktiert und um Korrektur gebeten – ich denke das bekommen die schon noch hin. Für die Siegerehrung hat es leider nicht mehr gereicht – obwohl ich mich da hätte wirklich freuen können: Altersklassen-Sieger, wenn auch ohne Konkurrenz, denn in der M30 ist außer mir kein Läufer gestartet.

Im Ziel machen schon Gerüchte die Runde, dass der Lauf im kommenden Jahr abgewandelt werden soll. Die Strecke soll etwas gekürzt werden um mehr Läufer zur Teilnahme zu motivieren. Ich finde das eigentlich etwas schade und auch etwas gewagt: Wenn es schon bei so wenigen Läufern mit der Versorgung so knapp und eigentlich unzureichend (Stichwort ISO) war, wie will man es dann bei mehr Läufern besser machen?

Fazit: Ein landschaftlich sehr abwechslungsreicher aber auch sehr anspruchsvoller Lauf. Sicherlich nichts für Neueinsteiger im Langstreckenlauf (hier empfehle ich erst einmal Strecken mit weniger Trail-Anteilen, die dürfen dann gerne auch länger sein, z.B. Biel, Ulm oder auch der AULA als Benefiz-Lauf in Amberg) – aber wer mal wieder nach der nächsten Steigerung sucht und sich bei Distanzen jenseits der 100km noch nicht recht wohl fühlt ist hier richtig aufgehoben. Die Beschilderung ist ausreichend, an einigen wenigen kritischen Stellen (wie bei Röllbach) wäre es gut, wenn die Hinweise noch prägnanter wären. Entgegen der Erfahrungen aus den letzten Jahren und den Berichten, muss ich sagen: Die Versorgung hat noch deutlich Potential nach oben. ISO-Getränk zum Anrühren ist vergleichsweise günstig, da wurde am falschen Ende gespart. Es bleibt abzuwarten in welcher Form der Lauf im kommenden Jahr stattfindet, ich fände es nicht verkehrt weitere Einstiegspunkte zu schaffen um mehr Läufer zu begeistern, mit dem Einstieg an den 4 möglichen Wechselstationen kann auch für weniger ambitionierte Trailläufer ein tolles Event geschaffen werden.

Für mich muss ich sagen: Das Training für den Lauf habe ich etwas „nebenher“ gemacht und mich nicht wirklich „intensiv“ und konzentriert auf den Lauf vorbereitet. Das hat sich teilweise etwas gerächt, aber mit meiner vorhandenen Kondition habe ich das dann doch ganz gut bewältigt bekommen. Es ist lange her, dass ich auch drei Tage nach dem Lauf noch Muskelkater habe und meine Trainingsrunde nach drei Kilometern abbrechen muss.

Firmen-Ultra in Darmstadt

Abwechslung im Training macht dieses interessanter – und ein etwas anderer Wettkampf kann daher auch nicht schaden. Bereits zum vierten Mal habe ich mich daher breit erklärt für meinen Arbeitgeber beim Firmen-Ultra-Triathlon mit zu machen.

Da das Schwimmbad in Pfungstadt derzeit saniert wird, ist die Veranstaltung nach Darmstadt umgezogen und heißt jetzt auch ein klein wenig anders: Firmen-Datterich Darmstadt. Der Datterich ist ein Stück aus der lokalen Folklore- und Theaterlandschaft.

Nicht geändert hat sich die Aufteilung des Wettkampfs: Immer Teams aus mindestens 10 und maximal 11 Personen absolvieren in Summe einen Ironman-Triathlon, also insgesamt 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42,195km Laufen.  Gewertet werden immer die 10 Besten eines Teams (der elfte läuft praktisch als Redundanz mit, falls etwas schiefgeht oder zum Wettkampftag unerwartet jemand krank wird). Für den Einzelnen stehen also 380m Schwimmen, 18km Radfahren und  4,2km Laufen auf der Tagesordnung.

Insgesamt finde ich die Location in Darmstadt etwas besser, da sie weitläufiger ist, es ist nicht alles so gedrängt wie in Pfungstadt. Allerdings waren die Unterlagen nicht wirklich aussagekräftig und ein paar Schilder haben auf solchen Veranstaltungen schon echt Wunder gewirkt. So ist es am Anfang doch etwas chaotisch bis man alles findet.

Einräumen der Wechselzone kenne ich ja bereits, ich ordne alle meine Sachen so an, wie ich sie später entnehmen möchte, nur keine Zeit beim Wechseln verschenken. Für mich neu ist, dass ich dieses Jahr kein Rennrad ausgeliehen habe, den Wettkampf also auf meinem guten Tourenrad absolvieren muss – alles was mit vertretbarem Aufwand abzumontieren geht, habe ich auch abgeschraubt. Aber es bleibt doch ein signifikant höheres Gewicht übrig. Ist mir aber für das Event, bei dem es vorrangig um den Spaß und die Gemeinschaft innerhalb der Firma geht, auch nicht sonderlich wichtig.

IMG_2135Pünktlich geht es los mit dem Schwimmen, ich muss feststellen, dass ich dieses Jahr nicht so gut in Form bin – ich kann nicht wie geplant die Hälfte der Strecke im Kraulstil zurücklegen, sondern muss bereits nach 150m zum Brustschwimmen übergehen. An meiner Position innerhalb der Gruppe ändert das nichts – ich bin und bleibe auf Platz zwei. Die Schwimmbrille lege ich bei einer Wende meiner Partnerin vor die Füße, denn sie läuft leider ständig mit Wasser voll, was mich einfach nur nervt und somit nichts bringt.

Aus dem Becken in die Wechselzone – der Weg ist etwas länger und ich bemerke recht bald einen Fehler in der Vorbereitung: Ich habe es versäumt die Schuhe vorher aufzuschnüren und entsprechend „weit“ zu machen, dass man auch mit nassen Füßen gut hineinkommt. Nach etwas Quälerei stecke ich dann aber doch sicher in meinen Radschuhen mit Klick-Untersatz (das Gegenstück habe ich immerhin auch am Tourenrad) – auch die Strecke zum Rad ist etwas länger geworden.

Ich schnappe mein Rad und begebe mich auf die Strecke – vier Runden müssen wir diesmal absolvieren anstelle der früher zwei. Nicht verändert hat sich ein Ärgernis auf der Strecke: Es gibt wieder zwei U-Turns – diese rauben einem jedes Mal Schwung und kosten Kraft  – von der Unfallgefahr mal ganz zu schweigen.

IMG_2236Als weitere Erschwernis gibt es jede Menge Wind – mal ist er angenehm im Rücken und ich erreiche die 40km/h-Marke – in der Gegenrichtung geht es dafür um so schwerer. Der „Rüssel“ jeweils ans Schwimmbad zurück und an der Wechselzone hat einige nette Kurven und sorgt für Abwechslung. Zusätzlich kann ich mich jedesmal über Fotos freuen: Marion steht an der Strecke und dokumentiert das Radeln.

Recht fix habe ich die vier Runden hinter mich gebracht -gut dass ich einen Tacho habe und somit weiß wie viel Kilometer ich bereits gefahren bin – einige Leute kämpfen bereits auf dem Rad derart mit dem Laktat im Blut, dass selbst das Zählen von Runden schwierig wird.

Wieder durch die Wechselzone – diesmal nur die Schuhe wechseln, denn mit den Radschuhen läuft es sich nicht gut – und auf zu meiner Parade-Disziplin (wobei ich eigentlich ja unter 10km gar nicht erst anfange von Strecke zu sprechen) – auch hier hat sich die Rundenanzahl verändert: Hier muss man eine Runde weniger laufen, also nur noch zweimal (was das Zählen wieder deutlich leichter macht, außerdem gibt es hier Bändchen für jede Runde).

IMG_2412Die Laufstrecke ist abwechslungsreich und gefällt mir besser als die Strecke in Pfungstadt. Zwar führt sie nicht so schön durch den Wald, aber dafür durch den Stadtpark und an den Sportanlagen vorbei. Zudem gibt es einige Hügel zu bewältigen, was mir richtig Laune macht, andere verfluchen mehr oder weniger leise die Anstiege. Marion hat es auch hier wieder geschafft einen guten Platz fürs Foto-Schießen zu ergattern und macht fleißig Fotos aller Läufer die ihr bekannt vorkommen.

Ehe ich mich versehe laufe ich schon durchs Ziel – 1:06:52h stehen auf der Uhr – meinen Traum von unter 60 Minuten habe ich also nicht realisieren können, aber ich komme gefühlt jedes Jahr einen Ticken näher dran – stete Übung macht auch den Triathlon irgendwann mürbe …

Abschließend sitzen wir noch ein wenig mit den Kollegen zusammen und mache ein paar Bilder vorm Event. Chaotisch läuft es auch diese Jahr wieder beim Essen und Trinken ab – die jeweils einzigen Stände sind total überlaufen und überlastet – es bilden sich lange Schlangen, obwohl das Essen eigentlich nicht ganz verkehrt ist (ob Curry-Wurst mit Pommes nach dem Triathlon so das gelbe vom Ei ist, muss jeder für sich entscheiden).

Einen Tag später sind auch die Detailergebnisse verfügbar. 85. Mannschaft sind wir geworden – immerhin etwas und gerade noch so in der ersten Hälfte von 176 vollständig im Ziel angekommenen Mannschaften – viele waren gar nicht erst vollzählig angetreten. Mal sehen ob ich nächstes Jahr wieder dabei bin – spaßig ist die Veranstaltung ja mal auf alle Fälle.

Die 100 Kilometer von Biel

 

Nachdem der letzte Versuch in Biel die 100km zu Laufen im wahrsten Sinne des Wortes ins (Elbe-Hoch)-Wasser gefallen ist, und ich freundlicherweise einen Freistart für 2014 erhalten habe, war es nun endlich so weit: Die Bieler-Lauftage 2014 standen an. Mit jeder Menge Trainings-Einheiten und Vorbereitungsläufen (Rodgau 50km, Rennsteig 72,9km und Mannheim 42,2km) habe ich mich auf die Ultra-Distanz vorbereitet.

IMG_1030Die Anreise in die Schweiz ist kein Thema, auch wenn wir reichlich im Reiseverkehr feststecken und die ersten 50km schon mehr als eine Stunde in Anspruch nehmen. Kurz vor Biel bereiten wir uns auf den Endanflug vor – gar nicht so leicht wie sich heraus stellt, denn das Kartenmaterial im Netz und in der Ausschreibung ist für einen Neuling nur bedingt tauglich. Die ganzen Umleitungen und Sperrungen sind auch nicht eingezeichnet. So wird es nervenaufreibend bis wir in der Nähe des Kongress-Zentrum uns aufteilen – Marion wartet am Auto, ich suche nach dem Anmeldeschalter. Dort bekomme ich dann auch die Info wo man eigentlich Zelten und Parken könnte (Expo-Gelände). Marion hat derweil das Parkhaus am Bahnhof mit brauchbaren Preisen entdeckt. Das liegt so gut, dass wir erst gar nicht mehr nach einer anderen Alternative suchen. Ich ziehe mich auch direkt am Auto um. Danach letzte Planungen für die Fotos an der Strecke und die Treffpunkte (wo und wann ungefähr).

IMG_1034So richtig entspannen und vorher noch einige Stunden schlafen, wie ich das in Ulm gemacht habe, klappt leider nicht. Kurz vor 22h sind wir dann am Start. Es ist deutlich voller als in Ulm, die Stimmung ist gut, aber nicht so locker und gelöst wie ich es aus Ulm kenne. Punkt 22h kracht dann auch der Startschuss. Es geht auf die erste Runde durch Biel hindurch, einmal Stadtbesichtigung im Schnelldurchlauf – da die Marathonstrecke auch hier entlang führt steht jeden Kilometer ein Schild. Ich versuche nicht zu schnell unterwegs zu sein, aber das will mir nur teilweise gelingen – der Puls ist etwas zu hoch und die Geschwindigkeit gefühlter Maßen auch – GPS habe ich ja immer noch nicht. Die Stimmung ist an einigen Stellen richtig gut, aber es gibt auch gleich zu Beginn Streckenabschnitte an denen fast nichts los ist.

Nach Kilometer 4 geht es aus der Innenstadt hinaus durch die Vororte – dort stehen reihenweise Menschen und vor allem Kinder zum Abklatschen rechts und links. Es geht auf den ersten Anstieg zu – Port heißt der Ort und ist auf dem Höhenprofil eigentlich nichts dramatisches, aber irgendwie zieht sich der Hügel (von Bergen kann man bei 495 Höhenmetern insgesamt ja nicht sprechen) verdammt in die Länge – noch jogge ich das recht gut.

Nach Port geht es weiter in Richtung Kappelen – die Bebauung lassen wir hinter uns, und es geht in die dunkle Schweizer Nacht, gut das ich meine Kopfleuchte dabei habe, ohne die wäre es jetzt schwierig. Auf dem Weg taucht dann auch das erste größere Motivationsschild auf – 10km liegen bereits hinter uns. In Kappelen wartet Marion auf mich und feuert mich an, für Bilder ist es leider zu dunkel. Vorher mache ich noch einen kurzen Stop an der Versorgung –  es gibt Brot, Riegel, Banane und Iso-Getränk – ich bin mal gespannt wie gut ich das angebotene Produkt vertrage – rebellierender Magen über 100km macht keine Freude.

Ins Dunkel entschwinden wir dann auch wieder, es geht entlang des Landstraße – dort steht wieder ein Schild:15km. Ich habe das Schild nur wenige Minuten passiert, da gibt es Rufe von hinten – die Spitze des Marathons, der eine Viertel Stunde nach uns gestartet ist, und noch dazu eine Extra-Runde in Biel laufen durften nähert sich. Von nun an überholen uns häufiger Marathonis und Halbmarathonis – denn die sind deutlich schneller unterwegs.

Für die Kurzdistanz Halbmarathon ist dann auch schon bald das Ziel in Sicht. In Aarberg geht es über die historische Brücke, eine tolle Holzkonstruktion. Es stehen jede Menge Menschen an der Strecke und die Stimmung ist absolut spitze. Für die Halbmarathonis ist auf dem Marktplatz das Ziel errreicht. Für alle anderen geht es wieder aus der Stadt raus, vorbei an der nächsten Versorgung. Zwischen Aarberg und Lyss haben wir dann auch endlich die 20km erreicht.

In Lyss warten die Begleitradler auf ihre Läufer, denn wie in Ulm begleiten die Radler erst, wenn sich das Feld etwas aufgelockert hat. Es geht im Ort eine Steigung hoch, die etwas steiler ist, ich bin anfänglich noch versucht zu joggen, aber die Ultra-Erfahrung sagt ganz klar: nichts überstürzen und langsam angehen lassen, Kräfte richtig einteilen, also die Steigung gehen.

Das nächste Ziel für mich ist Amerzwil – dort wartet Marion wieder auf mich zum Unterstützen. Dort steht auch wieder eine Versorgungsstation. Kurz nach Lyss steht im Wald eine Kontrollstelle – einmal Stempel auf die Startnummer und weiter geht es. Vor der Versorgung geht es nochmal zwei Steigungen nach oben. Ich nutze die Gelegenheit und trinke meine Flasche leer. An der Versorgung mache ich etwas langsam und nutze einen Mauervorsprung um einen Mitreisenden der unliebsamen Art los zu werden – auf dem Waldweg hatte ein Steinchen den Weg in den Schuh gefunden. Marion steht eine Kurve weiter und gibt mir seelische Nahrung für die nächsten Kilometer.

Es geht durch Grossafoltern und dann durch die Felder zum nächsten Verpflegungspunkt in Scheunenberg. Kurz davor steht ein wichtiges Motivationsschild, 30km habe ich bisher zurück gelegt, fast ein Drittel. Nach der Verpflegung, an der ich wieder Riegel, Banane und Iso auftanke geht es eine schier endlose Gerade entlang, wenn man von einigen Verschwenkungen an den Kreuzungen absieht. Es geht beständig ganz leicht bergauf, das Gegenteil von dem was gerade in meinem Kopf geschieht – dort fahre ich gefühlsmäßig Achterbahn, demenstprechend schlecht läuft es sich auch, denn jeder Langstreckenlauf beginnt im Kopf. Aber noch kann ich ohnehin nicht aussteigen. Also mache ich mal weiter. Marion kündigt per SMS den nächsten Treffpunkt an.

Die Strecke an sich wird fast nur von Läufern und Begleitradlern gefüllt, Besucher sind fast keine mehr an der Strecke zu finden. Für Motivation sorgt das 35km Schild. Zudem steht für die Marathonis das Schild für den Endspurt – 40km haben die schon in den Beinen. Dafür sind sie aber auch bald im Ziel. Das liegt im Ort Oberramsern – ich freue mich hingegen auf die nächste Versorgung, die sich direkt nach dem Marathonziel befindet. Im Ort findet dann auch endlich ein Richtungswechsel statt und es geht ein wenig bergab.

Marion erwartet mich im nächsten Ort, Mülchi, kurz vor dem Ort überschreite ich dann auch de 40km Marke. Von Marion gibt es Spezial-Nahrung für Ultra-Läufer: Gummibärchen, zudem lasse ich mir noch etwas Wasser geben, denn trotz Auffüllen an der Versorgung habe ich die Flasche schon wieder gelehrt. Noch immer fährt der Kopf ein wenig Achterbahn, aber es geht langsam etwas besser. Passend dazu ist die Strecke „the only way is up“ es geht nach dem Ort recht steil bergauf. Ich hole einen Läufer ein, der ebenfalls geht. Er ist der Meinung es sei viel zu früh zum Gehen, aber da ich die Strecke nicht kenne, macht mir das überhaupt nichts.

Nach der Steigung geht es erst mal wieder flacher weiter – ich schalte wieder auf Joggen um, zumindest bis Etzelkofen, dort raus geht es wieder über einen Bergkamm drüber. Auch diese Steigung bewältige ich wieder im Gehen, wie jetzt auch viele andere Läufer um mich herum. Klar, denn mittlerweile sind nur noch 100km Läufer oder Staffeln unterwegs – die Staffelläufer haben noch Kraft und können sich ihre Kräfte anders aufteilen. Im nächsten Gehöft steht wieder eine Versorgung bereit, zum ersten Mal erspähe ich Brühe bzw. Bouillon, leider frisch angerührt mit kaltem Wasser – geschmacklich absolut grauenhaft, aber ich weiß wie wichtig das Salz beim Langstreckenlauf ist. Also trinke ich doch gleich zwei Becher. Zum Abgewöhnen dazu gibt es dann Pepsi-Cola und Iso.

Es geht wieder durch den Wald, und es ist nun auch richtig dunkel, ohne Stirnlampe geht nichts. Ein wenig erinnert mich das Stück an die ersten Kilometer in Ulm, es fehlt anfänglich nur das Kilometerschild (in Ulm das für 10km), aber selbst das gibt es hier, 45km zeigt es. Also schon fast Halbzeit. Irgendwo auf der Strecke ist auch der innere Schweinehund im Kopf dann endlich weg, scheinbar habe ich ihm irgendwo einen Tritt verpasst, dass er sich endlich in seine Ecke verzogen hat und mich nicht mehr weiter beheligt.

In Jegenstorf gibt es schon weider etwas zu Essen und zu trinken – diesmal ist die Bouillon sogar warm, da schmeckt sie gleich mal viel besser. Die Kilometer ziehen sich nun scheints ewig, aber es geht vorran. Kurz vor dem nächsten Treffpunkt mit Marion in Kernenried ist die Halbzeitmarke überschritten. Wesentlich unspektakulärer als in Ulm, wo man zur 50km-Marke ins Donaustadion einläuft. Hier nur ein schlichtes Kilometerschild mitten im Nirgendwo. Kurz nach dem Foto-Shooting steht auch Marion bereit. Es gibt wieder Gummibärchen für mich. Marion wird nun erst einmal etwas Pause machen und wir wollen uns kurz nach Kilometer 70 wieder treffen. Für mich sind es bis dahin ja nur 20km, ich schätze vorsichtig auf 2 Stunden.

Nun habe ich ersteinmal die nächste große Versorgungsstation im Blick, Kirchberg – nicht zu verwechseln mit Iller-Kirchberg in Ulm wirklich viel gemeinsam haben die Orte dann auch nicht – Kirchberg liegt nicht auf dem Berg sondern im Emme-Tal (wobei mir endlich einmal bewusst wird wo der berühmte Käse herkommen muss). Kurz nach dem Schild für 55km überqueren wir den Fluss.

An der Versorgung greife ich überreichlich zu, zu viel wie ich wenige Meter später merke, ich verschlucke mich und wenn man schon mal am Husten ist, dann meinte der Magen auch noch seine Meinung zur bisherigen Ernährung abzugeben. Also hänge ich etwas auf halb-acht in der Botanik, danach geht es allerdings auch gleich wieder und ich laufe weiter.

Es folgt ein Stück, das liebvoll der Hô-Chi-Minh-Pfad genannt wird. Die Radler sind auf diesem Teilstück außen vor, anfänglich will ich das noch nicht so recht verstehen, denn die Strecke entlang der Emme bzw. dem Emmedamm ist ganz ähnlich dem was Ulm von Kilometer 50 bis ca. 55 zu bieten hat – grob geschottert und flach, wenn auch nicht ganz so breit. Nach einigen Kilometer wird es dann allerdings richtig übel – der Pfad läuft die ganze Zeit auf dem Damm und ist rechts und links von Wald umgeben. Überholen ist fast nicht möglich – ich reihe mich hinter einem Läufer ein. Der Untergrund ist absolut uneben und man muss höllisch aufpassen, dass man sich nicht den Knöchel vertritt.

Der Trail zieht sich scheinbar endlos hin – an einer etwas breiteren Stelle mache ich etwas langsamer und informiere Marion über den aktuellen Stand, noch liegen rund 10km bis zum nächsten Treffpunkt vor mir, ungefähr die Hälfte davon auf dem schwierigen Trail. Ich hänge mich nach der kurzen Erhohlungsphase wieder an eine Läufergruppe an, begleitet wird das von der erwachenden Vogelwelt rund um den Damm in den Büschen – es zwitschert von allen Seiten. Kurze Zeit später gibt es die nächste Versorgung, direkt unter einer Brücke – eine interessante Location, das muss man lassen. Danach wird es von der Strecke etwas besser – der Damm ist nun erst mal asphaltiert, aber immer noch recht schmal. Auch die Kulisse ist nicht unbedingt ein Augenschmaus, es geht vorbei an einer Papierfabrik, inklusive dem dazugehörigen Klärwerk.

Kurz vor der nächsten Verpflegung erfolgt die Wiedervereinigung von Läufern und Radlern, diese warten am Streckenrand und feuern jeden Läufer an der vorbei kommt, das ist echt sympathisch. Die Versorgung ist dann auch das Ende des Trails. Eine schmale Brücke überspannt die Emme, noch wenige hundert Meter geht es dann entlang des Flusses, dann geht es mit einer leichten Steigung aus dem Tal heraus. In Biberist gibt es eine Haarnadelkurve, diese leitet den Heimweg ein, nun geht es fast konsequent gen Westen nach Biel.

Die Strecke führt nun durch die Felder, immer entlang des kleinen Dorfbach, in der Ferne ist schon bald der nächste Ort zu erkennen, Lohn heißt er. Man könnte es auch als Lohn der Mühen im Emmetal bzeichnen. Kurz nach der Überquerung des Bachs gibt es wieder ein wichtiges Schild: 70km liegen hinter mir, es ist also fast nur noch eine normale Samstags-Trainingseinheit die vor mir liegt, also sollte das alles machbar sein. Weg sind die Gedankenspiele vom Anfang, es gibt nur noch eines: Nach vorne blicken, es sieht gut aus und das Ziel in machbare Nähe gerückt.

IMG_1039Nach dem Bahnübergang in Lohn geht es weiter auf den nächsten Treffpunkt mit Marion in Lüterkofen zu. Kurz vor dem Treffpunkt kündigt sich eine lästige Pflicht an – nachdem ich ständig Kalorien und Flüssigkeit in mich hinein geschoben habe, muss ich nun langsam aber sicher auch an die Entsorgungsproblematik denken, mein Verdauungstrakt macht da im wahrsten Sinne des Wortes mächtig Druck. Gut das auf einer Baustelle am Rand ein Dixi bereit steht – unverschlossen und sauber, das muss dann erst mal herhalten. Natürlich meldet sich Marion etwas besorgt genau nachdem ich gerade die Türe verschlossen habe. Ich lasse die Antwort sein, und laufe weiter, denn es kann sich nur noch um einige Minuten handeln bis wir uns sehen. Tatsächlich, nach der nächste Kurve auf einem großen Parkplatz steht Sie und freut sich, dass ich auftauche. Nochmal Gummibärchen, dann geht es weiter. Noch eine leichte langezogene Steigung, dann geht es etwas bergab an die nächste Versorgung.

Ich trinke reichlich Wasser, Iso, Cola und wieder Brühe. Auch die Flasche wird wieder aufgefüllt. Nun folgen ca. 5km relativ eben bis nach Bibern. Was mir nunmehr auch zu schaffen macht ist die Sonne, diese sorgt für angenehme Temperaturen, aber mit der Zeit wird es auch unangenehm warm. Ich ziehe die Jacke aus und binde sie mir um die Hüfte. Anfänglich noch etwas frisch gewöhne ich mich recht bald an das Laufen ohne Jacke. In Bibern erwarten uns jede Menge Menschen an der Strecke, dort ist auch die letzte Wechselstation für die Staffeln. Die Staffeln sind auch die Teilnehmer, die noch genügend Kraft haben die anstehende Steigung zu joggen. Die Ultra-Läufer um mich herum gehen alle und haben sich an der Theke noch etwas zu Futtern mitgenommen. Marion kündigt an, dass sie im nächsten Ort an einer Gefällestrecke steht. Das motiviert natürlich, und das Gefälle beginnt dann auch bald. Zudem steht nach einigen Kilometern noch ein Motivationsschild, 80km habe ich nun in den Beinen. Ich muss an Ulm denken, dort befindet sich dieser Kilometermarker an der Wilhelmsburg gemeinsam mit einer Versorgung – hier steht er, wie schon die Halbmarke irgendwo einfach an der Strecke.

IMG_1047Der nächste Ort ist Arch, irgendwie hat man im fortgeschrittenen Ultra-Marathon-Stadium komische Assoziationen, in Ulm ist es der Ort Lehr, hier Arch. In Ulm fühlt man sich leer, in Biel ist man einfach im Allerwertesten. Da hilft auch der Gedanke, dass die größeren Steigungen nun endlich hinter mir liegen nicht viel. Schon interessanter ist die Uhr an einer Tankstelle im Ort – sie zeigt kurz vor sieben Uhr in der Frühe. Das weckt Ambitionen ob es doch noch möglich ist unter 11 Stunden ins Ziel zu kommen, allerdings weiß ich auch, dass die letzten 20km noch einmal richtig Kraft kosten werden. Aber dafür steht ja Marion bereit – sie versorgt mich nochmals mit Gummibärchen, bevor es an die nächste Versorgung geht, dort greife ich auch nochmal zu, Wasser, Iso, Cola, Tee und Brühe, dazu nochmal Bananen und Müsli-Riegel. So gestärkt geht es dann an die Aare, entlang dieses Flußes oder dessen Kanal verlaufen die letzten Kilometer der Strecke bis Biel.

Auf dem Feldweg durch die Auen hänge ich mich an einen Läufer und dessen Begleitung, wir pushen uns gegenseitig Kilometer um Kilometer, für mich ist es teilweise recht hart und ich lasse ihn auch teilweise ziehen, nur um ihn kurz später dann doch wieder einzuholen. Zwischenzeitlich passieren wir Kilometer 85. Zudem gibt es eine etwas trickreiche Brücke – zwei Läufer bringen die ziemlich genau in Resonanz, was dann zu unliebsamen Effekten führt, denn entweder kommt der Boden einem beim Auftreten zu früh oder zu spät unter den Fuß, beides ist nicht so wirklich gut für die Gelenke.

In Büren gibt es wieder etwas zu trinken, es ist mittlerweile derart warm, dass meine Flasche immer gerade so von Station zu Station reicht. Dankbar fülle ich diese auf, wie üblich ungefähr 80% Wasser und 20% Iso-Getränk. Das Iso-Getränk ist mir sonst immer deutlich zu süß und geschmacklich ist es auch nicht unbedingt mein Fall. Wir queren die Aare, und es folgt eine lange Strecke immer enlang des Kanals. Sie erinnert mich an die „Schlachtergerade“ im Nürnberg, sie ist fast genauso lang. An der vorletzten Versorgung wartet nochmal Marion auf mich, ich greife nochmal Getränke und Essen ab, und schiebe mir etwas Traubenzucker und ein Bonbon in den Mund um den Zuckerspiegel hoch zu halten – nicht das mir jetzt auf die letzten Kilometer noch etwas anbrennt. Es sind jetzt weniger als 10, die noch zu laufen sind.

Die Kilometer ziehen sich gefühlt übermäßig zäh hin, im Gegensatz zu Ulm gibt es nicht die letzten 10km schon jeden Kilometer Hinweisschilder, so freue ich mich natürlich um so mehr, als ich das Schild für 95km und wenige hundert Meter später die letzte Versorgung erreiche. Die Streckenposten und einige Menschen an der Strecke motivieren – nur noch 4,5km bis ins Ziel. Das hört sich richtig gut an – und die Strecke ist noch immer flach. Ich laufe weiter, mahne mich allerdings zur Vorsicht – denn auch wenn es nur noch so wenig Kilometer sind, einbrechen kann man immer noch, wenn man sich verschätzt. So geht es wohl vielen entlang der Strecke, ich sammle immer mehr Läufer ein und werde nur noch selten von einigen flotten Staffel-Läufern überholt. Zur Sicherheit gebe ich mir nochmal einen Zuckerschub in Form eines Bonbon und Traubenzucker, noch während ich auf dem Zucker herumkaue kommt das Kilometerschild 96 in Sichtweite – noch 4km.

IMG_1064Biel ist schon mal erreicht, es geht schon durch die Vororte – noch immer entlang der Aare, ein weiteres Schild kündigt an: noch 3km bis ins Ziel. Ich mahne mich, dennoch jetzt nur nicht zu beschleunigen, denn irgendwie schwant mir, dass da noch etwas lauern könnte. Mein Bauchgefühl behält recht, kurz nachdem man von der Aare abgezweigt ist, geht es nochmal über eine Brücke – diesmal gehe ich die Steigung nicht und sammle dabei nochmal allerhand Läufer ein. Das gibt einen richtigen Schub, jedesmal wenn man noch an jemandem vorbeiziehen kann, egal wie entkräftet man eigentlich schon ist. Nach der Brücke geht es durch die Bebauung – einige Leute stehen an der Strecke und feuern an. Es geht nochmal einen knackige Steigung hoch, ich ärgere mich erst ein wenig, denn das muss ja nun nicht sein, noch auf den letzten Kilometern irgendwelche Höhenmeter-Ambitionen, aber es gibt mir ja auch nochmals die Chance einige Läufer zu überholen. Es geht entlang der Bahnstrecke, nur noch 1km liegt jetzt vor mir, runter vom Bahndamm, unter der Bahn durch, die letzten Höhenmeter des Laufs, dann wird es flach. Die letzten drei Kehrungen durch Biel hindurch ziehen sicIMG_1069h scheinbar endlos, obwohl ich laut Pulsuhr deutlich flotter laufe. Immerhin habe ich mittlerweile wieder Orientierung und sehe den markanten Turm des Kongress-Zentrums: Da muss ich hin! Nach der vorletzten Kurve stehe ich dann auch schon vor dem Turm, eine Kurve trennt mich noch vom Ziel – vorher noch durch das Bierzelt mit der Kantine wo es schon herrlich nach Essen duftet – aber egal, jetzt nochmal die Beine in die Hand genommen und durchgespurtet – nur nicht von der Zeitmessmatte täuschen lassen die da im Zelt liegt, noch war da keine Ziellinie oder eine Medaillen-Ausgabe. Das alles kommt zusammen mit dem Ziel-Tor-Bogen nach der letzten engen Kurve ins Blickfeld – nochmal Tempo steigern und dann ist es auch geschafft – 100km. Ich kann es selbst kaum glauben. Marion steht am Zieleinlauf und hat reichlich Fotos gemacht. Ich genehmige mir erst einmal zwei kühle isotonische alkoholfreie Weizenbier – lecker und erfrischend nach der ganzen Lauferei.

Jetzt ist erstmal Zeit zum Ausruhen, vor dem Congress-Zentrum verschnaufe ich etwas und versuche zu entspannen, aber die Muskulatur rächt sich nun für die ganzen Kilometer – weniger mit Krämpfen als mit Muskelkater. Nach einer Viertelstunde mache ich mich dann ganz langsam auf den Weg in Richtung T-Shirt-Ausgabe, Medaillengravur und Duschen. In der Halle ist es etwas chaotisch, aber am Ende habe ich alles was ich brauche – zwei Urkunden und ein T-Shirt. Die Medalliengravur fällt scheinbar aus, die zuständige Firma hat den Veranstalter wohl im Stich gelassen. Immerhin ist man bemüht und notiert sich die Starternummer, die Medallie soll dann nachgeschickt werden. Da man das aber noch nicht versprechen kann, soll ich meine ungravierte erst einmal behalten – zwei Medalien für einen Lauf – auch mal was neues. Mit meiner Zielzeit von 11:09:29 bin ich absolut zufrieden – persönliche Bestzeit in Biel sowieso und noch dazu deutlich schneller als in Ulm. 243. in der Gesamtklassierung von 845 angekommenen Männern, und 18. in meiner Alterklasse, in der 53 Läufer ins Ziel gekommen sind.

Die Duschen befinden sich im Untergeschoss – ich bin natürlich nicht zimperlich und nehme die Treppen, auch wenn das etwas schmerzhaft ist, aber der Schmerz vergeht ja bekanntlich, der Stolz bleibt.

Fazit zum Lauf: Biel ist mittlerweile sehr bekannt und berühmt – in diesem Jahr wurde der Abwärtstrend bei den Teilnehmern insgesamt und auch bei den 100km gestoppt – insgesamt waren 1360 Teilnehmer am Start, die 100km erfolgreich absolviert haben 1013 Läufer innerhalb des Zeitlimits. Das ist eine ganz andere Veranstaltungsklasse als Ulm, das muss man ganz klar anerkennen – mit der steigenden Läuferzahl steigt logischerweise auch der logistische Aufwand den man als Veranstalter betreiben muss.

Von der Strecke her lassen sich die beiden Läufe finde ich sehr schwierig vergleichen – ich denke jede hat ihre Berechtigung, ihre Mankos und Längen, aber eben auch echte Highlights. Biel ist insgesamt etwas urbaner geprägt als es bei der Laufstrecke in Ulm der Fall ist. Man läuft doch mehr Kilometer in dicht besiedeltem Gebiet und hat gefühlt auch etwas mehr Industrie und Kläranlagen entlang der Strecke. Ulm kann hier einige Pluspunkte mit einer eher ländlichen Strecke gut machen. In Biel ist ein Großteil der Strecke sehr gut ausgebaut – die allermeiste Zeit sind es Straßen oder breite Feldwege, oftmals sogar asphaltiert oder zumindest befestigt. In Ulm sind die meisten Wege zwar auch befestigt, aber es sind mehr Anteile die eher einem Trail-Lauf gerecht werden enthalten, was auch seinen Reiz hat. In Biel ungünstig gelöst finde ich den Emmedamm – auch in Ulm gibt es ein Stück das ähnlich ist (ab ca. 50km bis ungefähr 55km), jedoch ist das noch deutlich angenehmer da nicht ganz so dunkel und mit genügend Möglichkeiten zum Überholen und Überholen-Lassen. Der Ho-Chi-Minh-Pfad ist hingegen so schmal, das dies nicht geht, noch dazu ist es aufgrund der Auenbewaldung an einigen Stellen stockduster.

Was mir auch aufgefallen ist: In Ulm wurde mit sehr viel Liebe zum Detail die Strecke ausgestaltet und wichtige Kilometermarken mit entsprechenden Versorgungsstationen ausgestattet – klassiche Punkte sind hierbei das Donau-Stadion bei Kilometer 50 oder auch die Wilhelmsburg als Augenweide bei Kilometer 80. In Biel liegen die Kilometer irgendwo mitten im Nirgendwo – für die Strecke an und für sich unerheblich und auch ob die Versorgung nun einige Kilometer früher oder später liegt ist im Prinzip nachrangig, aber es motiviert einfach deutlich besser wenn man an solchen Punkten auch etwas zu erleben hat.

Die Versorgung ist auch deutlich unterschiedlich – während man in Ulm auf etwas wie am Rennsteig setzt, also durchaus „feste“ Nahrung mit Kuchen, Schokolade und Wurst (ganz zu schweigen vom Aufgebot bei Kilometer 75 – jeder der dort einmal gelaufen ist kennt den Punkt auch als Schlemmer-Buffet), am Rennsteig war das Angebot leicht anders aber auch abwechslungsreich und mit genügend Auswahl für jeden Geschmack. Biel hingegen gibt sich hier sehr purisitisch – Iso in zwei Varianten, Tee, Wasser, Cola, Brühe, dazu jedesmal Riegel, Banane, Äpfel. Das geht auch, was mir gut gefallen hätte wäre etwas Salz pur gewesen, so muss man das über die Brühe aufnehmen. Wenn die Brühe dann auch noch kalt ist, macht das den Geschmack nicht unbedingt besser.

Ich bin dieses Jahr ohne Begleitradler unterwegs gewesen, Marion wollte urpsrünglich als Radler mitmachen, aber schwanger so lange Strecken radeln ist einfach ein No-Go. Die punktuelle Versorgung hat auch so sehr gut geklappt.

Mittlerweile ist Montag, der Muskelkater hat sich nach dem Lauf erstaunlich in Grenzen gehalten, auch wenn ich nach dem Lauf einigen Stunden an einem Rastplatz einfach nur geschlafen habe vor lauter Erschöpfung. Treppensteigen geht schon Sonntags wieder recht gut, ein wenig merke ich es auch heute noch, aber es ist kein Vergleich zu früheren 100km-Läufen. Das Training mit der Gruppe PULT hat mich dann doch entsprechend abgehärtet.  Auch die knappe Abfolge von drei Wettkämpfen in sechs Wochen und regelmäßigem Training unter der Woche hat keine negativen Auswirkungen gehabt.

Ob ich den Lauf jedes Jahr machen möchte weiß ich noch nicht, das muss ich erst noch sehen, wie sich die Laufambitionen fürs nächste Jahr entwickeln – außerdem muss ich ab Oktober ja auch auf meinen anstehenden Nachwuchs Rücksicht nehmen. Das erschwert die Teilnahme an Wettkämpfen dann doch ein wenig. Aber man wird sehen.

 

Dämmermarathon Mannheim

Der Rennsteiglauf liegt zwei Wochen zurück und schon geht es weiter mit dem nächsten Wettkampf. Der SAP-Arena-Marathon in Mannheim. Ehemals hieß der Lauf auch MLP-Marathon, aber der Finanzdienstleister hatte nur einen Werbevertrag für 10 Jahre, den er nicht verlängert hat. Nicht verändert wurde hingegen das Konzept des Dämmermarathons – gestartet wird in den Abend hinein.

Da der Lauf direkt vor der Haustüre stattfindet entfällt die Anfahrt. Meine Eltern sind in Urlaub und ich muss ohnehin dort zweimal täglich vorbei um unsere Katze zu füttern – also richte ich mir die Wohnung als Basis ein – hat auch den Vorteil dass man nachts nach dem Zieleinlauf nicht mehr lange nach einer passenden Bahn Ausschau halten muss um wieder nach Hause zu kommen.

Für mich steht der Lauf gar nicht im Sinne eines Wettkampfes auf dem Programm, denn in zwei Wochen findet in Biel der 100km Lauf statt, den ich dieses Jahr nachholen will (letztes Jahr fiel er ja bekanntlich ins Elbehochwasser). Aber da unsere Laufabteilung/Triathlon wieder eine der Wasserstationen besetzt gab es als Dankeschön einige Freistarts. Ich habe lange überlegt und mich erst kurz vor Ablauf der Frist gemeldet, als klar war, dass sonst keiner mehr teilnehmen möchte – aber verfallen lassen muss man das Angebot ja nun wirklich nicht. Außerdem: Wann hat man die Chance zu einem Training mit Versorgung direkt an der Strecke, Zuschauern und allem was dazu gehört? Noch dazu gibt es etwas reizvolles an dem Lauf: Mit dem neuen Veranstalter wurde die Strecke angepasst – die sieht interessant aus, auch weil einige etwas öde Teil wegfallen.

Somit ist von vorneherein klar: Das soll keine Bestzeit werden, sondern einfach eine lange Trainingseinheit. Ich stelle mich daher in den Startblock mit den Pacemakern 4:00h bzw. sogar hinter den Pacemaker 4:15 wie sich kurz vor dem Start ergibt. Die Position ist sowieso ungefähr die, an der ich bisher jedesmal gestartet, wenn ich teilgenommen habe und nicht in einer Staffel war. Es ist nun schon sieben Jahre her, das meine Lauferei mit der Teilnahme an einer 4er Staffel am Dämmermarathon ihren Anfang nahm.

Genug der Romantik und Nostalgie, der Startschuss ist gefallen und es tut sich … nichts, gefühlt dauert es eine halbe Ewigkeit, bis der Pulk sich überhaupt in Bewegung setzt. Die Stimmung an der Strecke ist gut, auch wenn der Moderator einige Leute wiederholt auffordern muss, doch etwas beizutragen und die Hände aus den Hosentaschen zu nehmen. Bereits als wir den Friedrichsplatz verlassen und auf die Augusta-Anlage einbiegen merke ich: So langsam wie mein Umfeld kann ich gar nicht laufen – das ist nicht entspannt sondern nur noch verkrampft für mich … also überhole ich den Pacemaker für 4:15h noch vor dem ersten Kilometerschild und lasse mich in ein Tempo fallen bei dem ich mich wohlfühle. Es ist irgendwie ein komisches Gefühl keine direkte Zeitvorgabe zu haben und sich daher etwas mehr auf die Strecke und das drum herum konzentrieren zu können.

Eigentlich erwarte ich Marion zum Fotografieren auf Höhe des Carl-Benz-Stadions bei ca. 2km. Ich ordne mich daher rechts ein, wie abgesprochen, als wir die Augusta-Anlage verlassen und in einer langen rechts-links-Kombination Kurs auf Neuostheim nehmen. Leider sehe ich Marion nicht an der Strecke, aber das Feld ist auch noch verdammt dicht und ständig zischen noch Läufer rechts und links an einem vorbei. So recht im Feld angekommen bin ich auch noch nicht, ich überhole immer noch einige. In Neuostheim wohnen Nico’s Eltern – sie stehen auf dem Balkon … ein kurzer Ruf und die Anfeuerungsrufe werden nochmal lauter – Danke dafür. Ich mache mir einen Knoten in den Hinterkopf nächstes Mal vorher Bescheid zu geben, vielleicht klappt es dann mit einem Foto. Das ist ein gutes Stichwort – ich schreibe während des Laufens Marion eine SMS, damit sie weiter zum nächsten Fotopunkt ziehen kann und nicht mehr vergeblich auf mich wartet.

Noch sind wir auf alt bekannter Strecke, es geht entlang des Flughafens durch Neuostheim, in Richtung Seckenheim, nach der Unterquerung der Bundesstraße folgt eine lange Gerade vorbei am Industriegebiet und der DHBW. Dort stehen auch noch reichlich Leute und feuern an. Kurz vor der Autobahnbrücke beginnt dann ein neuer Streckenabschnitt. Anstelle gerade aus nach Seckenheim auf die Ortsumgehung geht es zurück ins Industriegebiet und hinaus ins angrenzde Bösfeld – dem Anflug-Korridor auf den Flughafen – prompt landen natürlich auch zwei Maschinen – schon imposant, aber das kenne ich aus Nürnberg besser – dort sind die Vögel einfach viel größer.

In der Ferne kann man das Maimarkt-Gelände und die namensgebende SAP-Arena sehen. Gelaufen sind mittlerweile etwas mehr als 6km und ich fühle mich richtig gut. Kurz nach dem Maimarkt ist die erste bemerkbare Steigung, es geht unter der Autobahn durch und dann die Auffahrt zur SAP-Arena hoch. Vor der Arena steht nochmal eine Versorgung – ich greife zu einer Banane, aber nicht nur ein Stück, sondern eine ganze. Diese esse ich dann im Laufen – das finde ich praktischer als stehen zu bleiben. Es folgt die angekündigte Passage durch die Arena – es geht unter dem Fanblock hindurch, über diesen Eingang wird bei Konzerten die Technik angefahren. Dann geht es über die Arena-Fläche – die momentan kein Eis trägt, es ist ja keine Eishockey-Saison, wobei so eine Rutschpartie vielleicht doch lustig wäre. Auf der Fläche ist die erste Wechselstation für Staffeln. Was mich stört ist, dass es in der Halle stockduster ist – etwas spärliches Licht und flackernde Lichter. Vielleicht nett gemeint, aber zum Laufen nicht wirklich sinnvoll. Auch die Staffeln haben ihre Probleme, ettliche suchen ihre Partner und finden sie dank Dunkelheit nicht so recht. Immerhin hat der Spuk bald ein Ende und es geht wieder hinaus – über die Aufstellfläche der Mannheimer Adler, hier stehen die Profis also vor Spielbeginn.

Die Strecke führt wieder ins Bösfeld in Richutng Maimarkt-Gelände, diesmal ans hintere Ende und nicht unter der Autobahn durch, sondern obendrüber. Aber auch das keine wirklich erwähnenswerte Steigung. Von der Brücke geht es steil bergab und dann gleich rechts, Kurs direkt auf Seckenheim – der Wasserturm „Glatzkopf“ ist schon zu sehen. Bei Kilometer 9 sehe ich meinen Trainingspartner Rolf an der Strecke stehen – er hat Oberschenkelprobleme die sich ausgeweitet haben, er wird den Lauf abbrechen. Schade, denn im Training sah es schon wieder gut aus. Der Dritte im Bunde, Andreas, muss also noch vor mir sein – mal sehen ob ich ihn noch einhole – allerdings läuft er nur einen Halbmarathon und ist dementsprechend zügig unterwegs. Immerhin sind wir jetzt wieder fast auf bekannter Strecke – anstelle direkt auf der Umgehung um Seckenheim wird diesmal aber auf dem breiten Radweg daneben gelaufen.

In Seckenheim selbst ist die Stimmung wie immer richtig gut, viele Menschen an der Strecke die anfeuern. Ein wenig lästig ist das Schleifchen am Ortseingang, dass die Veranstalter eingebaut haben um auf die volle Marathon-Distanz zu kommen – nunja sei es drum. Kurz vor de r nächsten Versorgung erspähe ich Irmgard. Sie versorgt sich, ich mache etwas langsam und lasse sie aufholen. Kurzer Check, es läuft, wenn auch nicht so rund … ich ziehe daher meines Weges. Nun geht es wieder auf die Stadt zu, immer entlang der Überland-Straßenbahn-Linie OEG in Sichtweite des Neckars.

Wieder geht es durch Neuostheim, auch hier stehen wieder reichlich Leute an der Strecke und feuern an. Das ist absolut klasse. Nach der Riedbahn-Querung folgt eine ganz sachte Steigung auf den Fernmeldeturm in Mannheim zu – rechts die OEG-Trasse und der Neckar, links der Luisenpark – ein schöner Park der zur Bundesgartenschau 1975 entstand und den wir später auch noch durchlaufen werden. Diesmal klappt es mit dem Foto – Marion steht an der Strecke, feuert an und macht Fotos kurz winken und Irmgard ankündigen, und schon bin ich wieder weiter – vorbei am Fernmeldeturm und rein in die Stadt.

Es geht nun auf die mehrfach genutzte Strecke zwischen Luisenpark und Innenstadt, ca. 3km muss man zweimal unter die Füße nehmen. Die Strecke ist immer noch mit reichlich Menschen gesäumt, und es überholen sogar schon Läufer die auf dem zweiten Durchlauf sind. Es folgt das Kongresszentrum Rosengarten, und dann geht es in die „Fressgass“ – die Straße heißt so, weil eine Fressbude neben der anderen ist man sich also förmlich durchfressen könnte. Momentan ist dort eine große Baustelle für einen neuen Block – man sieht aktuell vor allem die Kräne, die Arbeiten sind aktuell beim 2. Untergeschoss der Tiefgarage angelangt. Kein überragender Anblick, aber es folgt ja auch bald die Weiche für die erste Runde. Fußgängerzone kreuzen, vor Mannheims größtem Sportgeschäft vorbei und auf den Start-Ziel-Bereich am Wasserturm zu. Dort ist gute Stimmung und die nächste Weiche – diesmal rechts halten für die Marathonis, die Halben zweigen ab.

In der Augusta-Anlage wird es daher diesmal deutlich ruhiger – klar es sind ja hier nur die Marathonis noch unterwegs – am Ende werden es etwas mehr als 750 sein, die ins Ziel kommen – im Vergleich zu den mehr als 12 Gesamt-Teilnehmern erstaunlich wenige – der Trend zu Staffeln und Halbmarthon ist also auch in Mannheim zu spüren. Dabei kommt doch nun das Beste: Die Wasserstation der DJK-Feudenheim und der Weg durch den Luisenpark. An der Wasserstation werde ich freudig begrüßt, zwei Becher Wasser und schon geht es weiter. An den anderen Versorgungen habe ich auch reichlich zugegriffen – Wasser, Iso und wann immer angeboten: Banane im Ganzen.

Der Pfad durch den Park ist herrlich – ich kenne ihn noch aus der Kindheit – vorbei an all den Spielplätzen und Brunnen – ich kenne sie alle noch und sie sind auch alle noch da. Auf was man achtet, wenn man demnächst Vater wird … Im Park selbst sind nur noch wenige Besucher – ich glaube mich zu erinnern, dass er um 18:00h offiziell schließt. Einige stehen dennoch an der Strecke und feuern an. Die Kilometer fliegen gerade so an mir vorbei – am Parkeingang haben wir die 23km-Marke passiert und es fühlt sich noch immer alles super an.

Nun geht es auf die doppelt genutzte Strecke zurück – ich erwarte eigentlich, dass Marion sich dort irgendwo positioniert hat – leider hat das wohl nicht geklappt – wie ich später erfahre haben wir uns wohl um wenige Minuten verpasst, da ich deutlich schneller unterwegs bin als gedacht – von wegen Trainingslauf. Den Pacemaker für 3:45 habe ich auch irgendwo gesehen – in der Ferne sehe ich einige Ballons und überlege ob das schon die des 3:30h-Pacers sind. Das wäre absolute Spitzenzeit für mich. Aber ich lasse mich nicht hetzen, immerhin sind noch 18km zu laufen und es sollte doch ein Trainigslauf werden. Zudem kommt das dicke Ende mit der Brücke nach Ludwigshafen ja auch noch …

Immerhin bis an die Weiche in der Fressgasse ist die Strecke wieder gut besucht, und es sind noch jede Menge Läufer auf der ersten Runde. Dachte ich zumindest … plötzlich wird von hinten gehupt und aufgefordert Platz zu schaffen – ein Rettungswagen ist es nicht – stattdessen überholt der erste Mann samt Begleitradler … ich bin etwas ratlos was da genau passiert ist. Ich prüfe ob ich nicht falsch abgebogen bin, aber die Kilometerschilder und die Zeiten passen. Also laufen wir einfach mal weiter.

Nach dem Abzweig in der Fressgasse wird es merklich leerer. Nur noch die Marathonis und die Staffeln sind hier unterwegs. Kurz nach Kilometer 27 gibt es die erste Bergwertung der Strecke – es geht auf die Kurt-Schuhmacher-Brücke hinauf. Wir sind wieder auf der alten Streckenführung – damals fand sich die Halbmarathon-Marke in der Steigung.

Das Wetter ist fast einen Tick zu warm und es ist ein wenig windig, das merke ich auf der Hochstraße um so mehr. Es gibt fast kein Publikum mehr, nur noch einige Streckenposten stehen an den Abfahrten und stellen sicher, dass niemand falsch abbiegt. Die Kilometer sind etwas gummiartig, aber es lässt sich noch recht gut laufen. Ich scherze mit einem Läufer der sich über die öde Strecke ärgert – so ist Ludwigshafen nunmal – mal sehen wo wir in einigen Jahren laufen wenn die Hochstraße abgerissen ist, vielleicht wird es ja dann besser. Immerhin nach einem U-Turn hat die Brücke erstmal ein Ende. Es geht bergab und in die Innenstadt von Ludwigshafen. An der Versorgung hole ich mir nochmal Iso-Getränk und Wasser.

Die Stadt ist recht ruhig, am Berliner Platz wird es wieder etwas belebter – mit den Toten Hosen und „an Tagen wie diesen…“ laufe ich dort vorbei. Bald darauf folgt ein erlösendes Schild – 32km sind gelaufen – nur noch 10km. Das motiviert natürlich, auch wenn die Strecke ansonsten wenig Reize bietet – das kleine Volkfest am Rande der Strecke ist gut gemeint, aber die meisten Leute sitzen in den Zelten und nur wenige stehen an der Strecke. Immerhin kann man sich schon mal anschauen, wo man nachher entlang laufen muss, denn die Strecke ist hier größtenteils als Pendelstrecke aufgebaut. Die Wendeschleife zieht sich um mehrere Blocks und mittlerweile merke ich deutlich dass es ein Dämmermarathon oder vielmehr ein Dunkelmarathon ist. Stellenweise ist es verdammt dunkel, und ich würde mir meine Stirnleuchte von den Nachtläufen wünschen, die Straßenbeleuchtung ist da nicht immer ganz ausreichend. Immerhin gibt es nochmal eine Wasserstelle – ich lasse mir meine Flasche auffüllen – etwas mehr Iso wäre gut gewesen, aber egal es wird schon reichen.

Die gleiche Strecke die wir gekommen sind, geht es auch wieder zurück. Auf dem Pendelstück treffe ich Irmgard – sie ist also ca. einen Kilometer hinter mir. Am Berliner Platz ist gerade Pause für die Musik – die Ansage mit den Infos zur Strecke und der Werbung für die Website des Laufes wirkt deplaziert. Aber das ist mir auch reichlich egal. Ich konzentriere mich auf die nächste Steigung die vor mir liegt: Die Brücke die wir gekommen sind, müssen wir auch wieder hoch – immerhin weniger als auf der alten Strecke – und die kleine aber miese Senke am Rathaus-Center lassen wir auch gekonnt aus – wir kommen genau im Tiefpunkt zurück auf die alte Strecke. Man hat nun einen herrlichen Ausblick auf das beleuchtete Mannheim – und es sind nur noch 5km bis ins Ziel.

Ich lasse es weiter laufen, auch wenn ich langsam merke, dass die Waden die Steigung nicht so toll fanden. Als schnelle Gegenmaßnahme kippe ich mir das Iso-Wasser-Gemisch in den Hals, als ich die Landesgrenze nach Baden-Württemberg überschreite. Nun ist es eigentlich nicht mehr weit – bei der alten Streckenführung war es nur noch ein kleiner Zacken den man an der Jesuiten-Kirche vorbei musste. Diesmal passt das nicht von den Kilometern – stattdessen hat der Veranstalter noch eine Schleife durch den Schlosspark eingebaut – dort habe ich früher trainiert – die Strecke an sich ist eigentlich kein Problem, aber sie enthält nochmal ordentlich Steigungen und das so kurz vor dem Ziel, das müsste eigentlich nicht sein, wenn man mich fragt.

Die Schleife führt als Pendelstrecke durch den Park und macht eine Runde ums Schloss. Es stehen zwar einige Scheinwerfer, aber insgesamt ist es doch recht dunkel. Die bunte Beleuchtung vor dem Schloss ist zwar gut gemeint und sieht schick aus, aber der Belag ist etwas uneben, von daher wäre etwas mehr Licht sicherlich kein Fehler. Nun geht es nochmal bergab an der Mensa vorbei, die letzte Steigung der Strecke nach oben und entlang der Jesuiten-Kirche. Nun ist die Strecke wieder bekannt – vorbei am Landgericht, auf den Paradeplatz zu. Rein in die Kunststraße, die als Zielgerade fungiert. Es sind noch 2km bis ins Ziel. Meine Wade zwickt aber etwas, und das so knapp vor Schluss. Ich trinke den letzten Rest aus der Flasche und wäre gerade richtig dankbar, wenn es an der Versorgung irgendwo auch Salz gegeben hätte – ich nehme mir vor, für den nächsten Lauf selbst ein wenig einzupacken.

Die Stimmung wird besser, je näher man an den Wasserturm kommt. Noch ein Kilometer, ich motiviere mich nochmal. Als ich die Quadrate verlasse und den Ring überquere steht das Schild 42km. Nach der Mathematik müsste also in 100m das Ziel sein, aber es gibt ja noch den Puffer bei der Strecke, den muss man jetzt noch auslaufen. Das Banner oberhalb der Strecke gibt an „noch 400m“ – auch das kann nicht ganz stimmen, aber die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Die Meute an der Strecke peitscht einen regelrecht ins Ziel. Ein Mitläufer posiert mit hochgereckten Armen auf der Zielgeraden, ich nutze das um ihn auf den letzten 50m noch zu überholen. Endlich im Ziel, gerade noch passend, viel länger hätte ich das nicht durchgehalten was meine Wade anbelangt.

Im Zielbereich versorge ich mich, Marion wartet bereits auf mich. Aber vorher gibt es erstmal jede Menge Iso-Getränk, Apfelsaftschorle, Wasser und alkoholfreies Weizen. Für Brühe oder gesalzene Banane wäre ich jetzt auch zu haben, aber die gibt es leider nicht. Marion teilt mir dank Tracking-App dann auch noch meine Zielzeit mit: 3:36:36 – deutlich flotter als für einen Trainingslauf gedacht, aber insgesamt ok für mich. Ich muss noch schauen ob ich besser oder schlechter geworden bin. Es könnte sogar fast eine neue persönliche Bestzeit für die Strecke sein … soviel zum Training – harte Sprinteinheiten muss man auch mal machen und was anderes ist ein Marathon im Vergleich zu Biel oder Rennsteig ja nun wirklich nicht 😉

Fazit des Laufes: Training war das wohl nur sehr grob angenähert. Die neue Strecke ist ganz interessant, hat aber noch Ecken und Kanten an denen nachgebessert werden sollte. Das zeigt sich auch daran, dass der führende die Abzweigung verpasst hat und daher erst nach Ludwigshafen gelaufen ist, um im Anschluss durch den Luisenpark zu laufen. Das war ca. ein Kilometer mehr und dennoch ist die Führungsgruppe mit deutlichem Vorsprung eingelaufen. Am Ende gibt es zwei Sieger: einen für die Original-Strecke (der Läufer stammt aus der Region – ob das ein Vorteil war?) und einen für die Alternative (Ultra?)-Strecke.Ob das der Auftakt zu einer Ultra-Serie in Mannheim ist, wird sich wohl zeigen müssen.

Für mich ist die Strecke durchaus eine Abwechslung und hat reizvolle Elemente. Aber die Arena sollte das nächste Mal deutlich heller beleuchtet werden oder zumindest die Helligkeit einigermaßen an die Lichtverhältnisse draußen angepasst werden. Die Schleife durch den Luisenpark ist schön, man muss sich überlegen ob man sie an anderer Stelle einbaut und vielleicht auch die Halbmarathonis in den Genuss des Parks bringt. Die Doppelstrecke mit der Weiche ist nicht unbedingt optimal, vielleicht lässt sich hier noch etwas machen.

Die Strecke über die Brücke nach Ludwigshafen ist fester Bestandteil des Laufes und sollte beibehalten werden, auch wenn er etwas lang werden kann – hier sollte man sehen wie man mehr Publikum an die Strecke bringt. Das betrifft aber nicht nur die Strecke auf der Brücke, auch insgesamt muss sich Ludwigshafen etwas einfallen lassen um mehr Stimmung an die Strecke zu bringen – stellenweise war es fast unerträglich ruhig und dunkel.

Schön wäre auch, wenn man auf die Extra-Schleife um das Mannheimer Schloss verzichten könnte, sonderlich hitverdächtig ist die Führung dort nicht und es gibt sicherlich Möglichkeiten die Strecke an anderer Stelle zu verlängern. Wenn es unbedingt am Schloss vorbei soll, dann wenigstens keine Pendelstrecke – die breite Straße runter bis ans Stadthaus ist eigentlich sehr schön, auch wenn der direkte Weg von der Brücke an den Wasserturm natürlich den Charakter einer echten Zielgeraden verstärken würde.

Ob ich den Lauf jedes Jahr machen möchte weiß ich noch nicht, aber als Trainingseinheit kann man ihn sicherlich nochmal mitnehmen wenn er sich anbietet.

Wochenend-Urlaub rund um den Rennsteiglauf (72,9km)

Lange hat es gedauert, lange habe ich mir den Lauf am Rennsteig aufgespart, aber dieses Jahr sollte es dann soweit sein. Zwar hatte ich ihn nicht von Anfang an im Plan, aber spätestens als meine Partnerin Vorbereitungen getroffen hat am 17.04.2014 auf die Supernatural Convention „Asylum 12“ zu fahren, war für mich klar: Sie Supernatural, für mich Supermarathon. Also ein Wochenenden mit dem jeweiligen Hobby – warum nicht.

Den ersten Teil der Anfahrt können wir noch gemeinsam zurück legen – zusammen mit einer Freundin fahre ich Marion nach Frankfurt an den Flughafen. Da es keinen Sinn macht von dort aus wieder nach Mannheim zu fahren, nur um einen halben Tag später wieder gen Norden auf zu brechen, geht es für mich weiter nach Eisenach bzw. Herleshausen. Der Verkehr ist herrlich flüssig, keinerlei Stau oder sonstwas – wenn ich das mit dem vergleiche was ich vor einigen Jahren auf der gleichen Routen freitags mehrfach erleben musste, hat sich das frühe Aufstehen echt gelohnt. Als ich Frankfurt hinter mir lasse ist es gerade mal kurz nach 8h in der Frühe. T-22h bis zum Start in Eisenach. Dennoch mache ich kurz nach dem Kirchheimer Dreieck eine etwas längere Pause – das frühe Aufstehen habe ich irgendwie nicht mehr so drauf wie früher. Aber ich habe ja Zeit und nach einer halben Stunden „Power-Napping“ fahre ich ganz entspannt weiter die letzten knapp hundert Kilometer bis Eisenach.

Die Startnummernausgabe ist erst ab 14:00h geöffnet – ich nutze die Zeit mir ein zweites Frühstück zu gönnen. Die Kalorien brauche ich dann aber nicht erst am nächsten Tag sondern fast direkt im Anschluss: Wenn man schon mal an solch historischen Orten ist, sollte man dort nicht nur durchrennen sondern sich diese auch anschauen. Also mache ich eine kurze Tour durch Eisenach mit Ziel an der Wartburg. Natürlich laufe ich den Berg hoch und nehme nicht das Auto oder den Bus – es sind vom Zentrum 1,5km und einige saftige Höhenmeter, aber so ein ganz leichtes Training zur Einstimmung sind sicherlich nicht verkehrt.

Die Wartburg ist einen Besuch wert, die Führung ist gut gemacht und geht trotz 9 EUR Eintritt absolut in Ordnung. Man erhält einen tollen Einblick in die verschiedenen Räumlichkeiten und das Leben auf der Burg im Mittelalter – alles andere als angenehm. Eine Altersklasse M40 oder W40 hätte es damals wohl seltenst gebraucht, die Lebenserwartung lag bei ca. 30 Jahren. Zudem versucht die Fremdenführerin ein wenig eine Vorstellung für die Mobilität von damals zu schaffen: Motorisierung gab es nicht – und Luther ist wohl vor der Bibelübersetzung ins Deutsche durch fast ganz Deutschland herum gekommen – gewandert. An die 1500km lassen sich historisch nachweisen. Spontan kommt mir der Song von den Proclaimers – I would (walk 500 miles). Im Text heißt es: „I would walk 500 miles .. and I would walk 500 more….“ umgerechnet kommt man dann auf um die 1600km. Auch wenn das für einen normalen Wettkampf keine machbare Distanz ist – das TransEuropeFootrace oder TransAmerica zeigen klar: über mehrere Tage verteilt geht fast jede Distanz. Aber zurück auf die Wartburg – so richtig schockieren kann die Schilderung nur etwa die Hälfte der anwensenden Personen. Die andere Hälfte sind alles Teilnehmer am Rennsteiglauf über 72,9km – gut zu erkennen an den Sportschuhen und den Champion-Chips am Schuh.

Kurz nach der Führung melden sich Helga und Heinrich bei mir, sie sind ebenfalls in Eisenach eingetroffen. Wir verabreden uns an der Startnummernausgabe – so haben die beiden Zeit alles im Hotel zu regeln und etwas zu entspannen, während ich eine erste Übung in bergablaufen mache. An der Ausgabe ist es voll, aber es geht doch sehr zügig voran. Immerhin müssen rund 1700 Leute ihren Beutel mit Startnummer und Zusatzinfos abholen. Zu dritt machen wir noch einen Bummel durch die Innenstadt, ich gönne mir einen kleinen Snack in Form von Thüringer Bratwürsten. Bei einem italienischen Restaurant reservieren wir für den Abend noch einen Platz – ich muss mich dann auf den Weg machen. Mein Hotel liegt etwas außerhalb in Herleshausen ca. 15km von Eisenach entfernt (wenn man wollte könnte man sich vor dem Wettkampf schonmal warmlaufen (auch wenn es dann immer noch nicht für einen 100er reicht – da müsste man auch den Weg zurück mitmachen …). Das Hotel Schneider bietet alles was der Läufer für den Rennsteiglauf braucht: Ein Bett und vor allem ein frühes Frühstück – für den Rennsteiglauf gibt es einen Extras-Service: Bereits ab 4:30h in der Frühe gibt es Frühstück für die Sportler. Zum Abendessen fahre ich dann wieder nach Eisenach zum Nudeln essen, damit für den kommenden Tag auch die Kohlenhydratspeicher vollständig gefüllt sind. Da ich den Lauf nur aus Beschreibungen und Berichten kenne weiß ich nicht genau auf was ich mich einstellen soll – aber das ist ja bei jeder erstmaligen Teilnahme der Reiz. Um wirklich ausgeruht zu sein, lassen wir den Abend nicht all zu lang werden, um kurz nach acht am Abend bin ich im Hotel und gehe ins Bett.

Der Wecker holt mich zuverlässig aus dem Bett – normalerweise dusche ich ja nach dem Sport und nicht davor – aber diesmal brauche ich eine kalte Dusche um erst mal wach zu werden. Dann geht es schon viel leichter: Laufklamotten an, ich entscheide mich für meine Ultra-Wettkampf-Hose (eine altbewährte graue Leggins – nicht modisch aber praktisch) und das Teilnehmer-Shirt der ersten Ulmer-Laufnacht (mein erster 100km Lauf). Weiteres Equipment neben den Schuhen: Pulsuhr, lange dünne Jacke und Getränkegürtel. Den Sack für ans Ziel packe ich mit allem notwendigen: Handtuch, Seife und trockener Bekleidung inklusive winddichter Jacke. Nach dem Frühstück geht es nach Eisenach, parken und zum Start laufen. Dort warten bereits die Tranfer-LKW für die Bekleidungsbeutel. Ich gebe meinen Beutel ab und begebe mich ins Startfeld. Obwohl ich Ausschau halte, sehe ich Helga vor dem Start nicht, aber halb so wild – im Ziel haben wir einen festen Treffpunkt ausgemacht. Es ist kurz vor sechs Uhr, es ist leicht windig und doch recht frisch. Ich bin froh um Jacke und lange Hose.

Pünktlich um 6:00h fällt der Startschuss, und das Feld kommt langsam in Bewegung – auf dem ersten Kilometer durch die Fußgängerzone stockt es immer mal wieder ein wenig, es sind einfach zu viele Läufer auf zu wenig Straße. Aber bereits am Stadttor wird es besser. Dort beginnt der Anstieg zum eigentlichen Rennsteig. Der Wanderweg beginnt nämlich ca. 10km außerhalb von Eisenach und die Laufstrecke vereinigt sich erst an der „hohen Sonne“ mit dem Wanderweg. Es geht in Serpentinen nach oben und aus Eisenach heraus in die Felder und Wälder. Der Untergrund ist teilweise asphaltiert, teilweise geschottert und es gibt die ersten Trailpassagen bereits vor Kilometer 2. Auf diesem Stück gibt es auch immer mal wieder etwas Rückstau, wenn der Pfad zu schmal ist. Aber alles läuft sehr ordentlich ab, keiner drängelt oder schiebt. Auf den breiteren Forstwegen sortiert sich das Feld dann langsam. Aber selbst an der ersten Versorgung bei Kilometer 6,9 am Waldsportplatz ist das Feld noch gut beieinander.

Noch geht es stetig weiter bergauf, erst kurz vor der Einmündung auf den Rennsteig geht es ein wenig bergab. Ich schaue immer mal wieder auf die Pulsuhr und mahne mich, ja nichts zu überstürzen und vor allen Dingen aufzupassen – denn die kurzen Passagen auf den schmalen Pfaden sind doch nicht ohne. An der nächsten Versorgung gibt es warmen Tee – eine Wohltat für die doch etwas klammen Finger. Die erste Stunde ist schon rum und ich fühle mich noch immer gut. Auch die Stimmung im Feld ist gut, und es läuft einfach so vor sich hin. Scheinbar geht es einigen Läufern wie mir selbst: Wir sind alle noch nicht so ganz wach – wer bricht sonst Samstags früh um kurz nach sieben Uhr schon durch den Wald um mehr als 42,195 Kilometer zu laufen …

Ein erstes kleineres Problem kündigt sich an – ich habe meinen Füßen etwas zu viel Luft gelassen – bei der Abwärtspassage merke ichdeutlich wie ich mir langsam aber sicher eine Blase laufe … bevor das weiter geht mache ich einen Stopp und ziehe die Bindung etwas fester – gar nicht so leicht mit klammen Fingern. Dabei fällt mir dann auch die Startnummer in die Hände … da ich sie unter der Jacke getragen habe, ist sie total durchgeweicht und die Sicherheitnadeln sind ausgerissen – an wieder anpinnen ist nicht zu denken, dafür fehlt das Gefühl in den Fingern – also packe ich die Nummer in die Tasche und muss sie nun jedesmal rausholen wenn es Fotos gibt. Aber auch das geht. Der Chip am Fuß sorgt ja für die korrekte Zeitnahme.

Auf die nächste Versorgung an der Glasbachwiese freue ich mich besonders: Dort hat sich Heinrich mit Kamera positioniert und diesmal klappt es auch mit der Kommunikation, ich drehe vor der Kamera noch einige Runden bis ich alles beisammen habe was ich an der Versorgung mitnehmen wollte: Tee, Schmalzbrot und zum ersten mal den Haferschleim mit Blaubeeren. Erster Eindruck: Sieht komisch aus. Zweiter Eindruck: Sehr praktischer Engergiedrink mit angenehmen Geschmack. Für auf den Weg gibt es noch ein Stück Banane mit Salz (damit ich keine Krämpfe bekomme – Erfahrung macht klug). Vor der Versorgung ging es erst gefühlt zum ersten Mal etwas länger sachte bergab. Aber danach geht es natürlich auch wieder hoch, diesmal ein richtig trailiges Stück mit Waldboden und Wurzeln.

Noch jogge ich tapfer jede Steigung hoch, sie sind alle nur „Scheinbuckel“ wie Peter von Peter Ultra Lauf Treff (PULT) es nennen würde – sie werden zum Ende hin alle flacher. An der Getränkestelle am Dreiherrenstein haben wir bereits die ersten zwanzig Kilometer zurück gelegt und haben deutlich an Höhe gewonnen. Ich bin mittlerweile etwas mehr als zwei Stunden unterwegs. Kurz nach der Wasserstelle geht es dann zum ersten Mal ans Eingemacht – es geht dem großen Inselsberg entgegen. Im Kopf läuft die Melodie aus Jim Knopf & Lukas der Lokomotiv-Führer „eine Insel mit zwei Bergen … denn wo es einen großen Inselsberg gibt, gitb es natürlich auch einen kleinen Bruder dazu. Die Strecke nach oben ist sehr steil und ich schalte in einer Kehre um auf Gehen, das ist aber kein Problem, denn um mich rum kann das Ding auch sonst keiner Joggen. Es geht in den Nebel, es wird feucht und kühl, teilweise hatte man vorher schon immer mal wieder den Atemhauch einiger Läufer gesehen. Kurz vor dem Inselsberg rutsche ich dann auf einer Wurzel weg und küsse den Boden. Aber nichts passiert – aufstehen und weiterlaufen – es tut auch nichts weh – nur die Hände sind schmutzig – aber Wasser aus der Trinkflasche drüber und abgespült – schon ist die Welt wieder in Ordnung und ich dank Adrenalinkick auch richtig wach. Wir laufen derweil weiter im Nebel an den Sendeanlagen vorbei.

Nach der Kuppe geht es richtig kräftig bergab bis an die nächste Versorgung 26,8km liegen hinter mir. Also etwas mehr als ein Drittel, das motiviert mich. Die Strecke ist nunmehr vergleichsweise flach – es gibt immer mal wieder ein paar Höhen und Senken, aber insgesamt sehr gut und entspannt zu laufen. Im Kopf rumort es etwas ob ich das überhaupt schaffen kann, wenn das so weiter geht, denn die Muskeln melden ganz klar, dass sie die Idee mit den Bergläufen zwar toll finden, aber mittlerweile die Grenze des Trainings fast erreicht ist. Aber es gibt erstmal nur eine Richtung und die heißt weitermachen. So kommt denn nach einer Kuppe ein Betonweg und kurz nach dessen Beginn das ersehnte Motivationsschild: 30km sind geschafft, jetzt ist es nur noch minimal mehr als ein Marathon – und Marathon kann ich laufen, also alles im Lot. Ich muss an meine Kollegen denken die sich wohl gerade eben auf eine neue Runde mit PULT aufgemacht haben. Mal sehen was die nächstes Mal berichten – 73km werden sie wohl keine laufen.

Das nächste innerliche Ziel setze ich mir bei der Halbzeit – an der Ebertswiese bei Kilometer 37,4 – das ist zwar etwas mehr als die Halbzeit, aber so ist das bei Landschaftsläufen – man muss auch den Platz für die Versorgung haben. Die Strecke ist noch immer leicht wellig, aber es lässt sich alles noch ganz gut laufen. Sogar das Wetter macht langsam mit, nachdem es lange Zeit grau und bedeckt war, spitzt nun an einigen Stellen schon die Sonne durch. Der Wind ist zwar immer noch frisch, aber mit der Sonne läuft es sich dann doch gleich viel angenehmer. Ein erstes Hinweisschild kündigt den nahenden Verpflegungspunkt an: Noch ein Kilometer. An der Versorgung mache ich etwas länger Pause – gönne mir ausreichend Wasser, Tee, Isogetränk, Schmalzbrot und Wiener Würstchen – ja all das kann man essen während einem Lauf.

Nach der Versorgung geht es erst mal wieder etwas steiler bergauf, ich nutze die Zeit mich etwas zu sortieren während ich den Anstieg hochgehe (wie fast alle um mich herum auch). Gefühlt ist es ja nicht mehr weit bis zur Marathon-Marke – nur noch etwa fünf Kilometer. Es geht weiter auf dem Bergrücken entlang – immer mal wieder gibt es eine Lichtung – ich ziehe die Jacke aus und binde sie mir um die Hüfte. Im ersten Moment ist das etwas frisch, gerade wenn der Wind mal wieder kräftig pfeift, aber in der Sonne wäre es mir jetzt in der Jacke zu warm.

Nächste Getränkestelle ist die neue Ausspanne nach insgesamt 40,8km. Dorthin geht es wunderbar bergab, aber nach der Versorgung auch gleich wieder entsprechend bergauf. An dieser Stelle erkenne ich, warum das wohl Rennsteig heißt: Entweder man rennt bergab oder man steigt bergauf. Ein Zwischending gibt es sehr sehr selten. Aber wenn alle gehen, dann ist es ja auch erträglich – nicht so wie wenn ständig Leute an einem vorbeiziehen (das frustriert eher). Ich kann dank passendem Training auch im Gehen noch recht flott den Berg hoch und hole dabei selbst immer wieder Läufer ein. Das Feld ist immer noch zusammenhängend, auch wenn die Abstände zwischen den Läufern mittlerweile deutlich länger geworden sind.

Nachdem die Marathonmarke hinter mir liegt peile ich nun innerlich den Grenzadler als nächsten „magischen“ Punkt an – dort wartet wieder Heinrich. Noch bevor ich an der Neuhöfer Wiese zum nächsten Mal Energie tanken kann – mache ich einen Abstecher in die Botanik – das ist das praktische am Lauf immer quer durch den Wald … es gibt fast ständig die Option der sanitären Erleichterung rechts und links des Weges. So erleichtert läuft es sich dann doch viel besser.

An der Neuhöfer Wiese gibt es dann wieder allerlei zu Futtern – wenn ich nicht wüsste das es biologisch unmöglich ist, würde ich fast sagen: Ich bin schwanger – denn die Kombinationen des Essens werden jetzt richtig abenteuerlich – gesalzene Banane kannte ich ja schon, aber gesalzenes Nutella-Brot ist noch ne Stufe besser. Dazu wieder reichlich Tee und Iso. Cola spare ich mir noch auf, damit der Koffeinschub erst am Schluss kommt. Für auf den Weg noch eine Art Hartwurst zum Kauen und schon geht es weiter – erst recht eben, aber bald kommt die nächste Steigung an der wieder alle gehen.

Den nächsten Versorgungspunkt hört man schon von weitem – dort ist die Stimmung richtig gut und es stehen viele Leute die anfeuern an der Strecke – ist auch verständlich, denn mittlerweile ist es irgendetwas um elf Uhr herum – die meisten Leute haben also ihr Samstagsprogramm gestartet. Schon etwas länger begleiteten uns weitere Strecken: Die Wanderer und auch die Nordic-Walker. Wobei das mit den Stöcken teilweise schon problematisch bis nervig sein kann. Vor allem wenn man dann immer den direkten Vergleich der Leute sieht die es richtig und schwungvoll machen und denen die die Stöcke nur als Deko benutzen. Ja man fühlt sich schon etwas erhaben wenn man nach mehr als 45km noch an Leuten locker flockig vorbeiziehen kann. Auch so kann Motivation aussehen.

Nun ist es wirklich nicht mehr weit bis zum Grenzadler – nicht einmal 4km sind noch zu bewältigen. Allerdings gibt es auch auf dieser Strecke nochmal Trailanteile, diesmal auch mit Fango-Einlage und nassen Schuhen. Aber das Wetter macht ja immer mehr auf, wenn jetzt noch der Wind etwas nachließe dann wäre es ein wunderschöner Sommerlauf. Aber andererseits ist es auch angenehm dass es nicht zu heiß ist. Als wir uns dem Grenzadler und somit Oberhof nähern kreuzen wir mehrfach die Trainingsstrecken der Biathleten bzw. der Langläufer auf Skiern. Langlaufen kann auch anders aussehen, nämlich so wie wir das gerade machen. Zur Versorgung geht es nochmal ein kleines Trailstück bergab, ich erspähe schon von weitem Heinrich und setze nach Möglichkeit mein Lächeln auf. Aber die Wiese ist schon gut zertrampelt und dank der vielen Feuchtigkeit superglitschig. Daher konzentriere ich mich lieber auf das Laufen denn auf das Lächeln.

Nun sind es nicht mal mehr zwanzig Kilometer – ich schaufle nochmal reichlich Kalorien in mich hinein, Haferschleim, gesüßter Tee und Salz, nochmal kurz Heinrich Zeichen geben, dass alles ok ist und schon geht es weiter. Ich habe das Profil nicht mehr genau im Kopf, aber eine Gruppe neben mir schaut gerade in die Profilkarte – so bekomme ich mit, dass die letzte große Steigung bei Kilometer 61,2 liegen soll – also nicht mal mehr 9km vor uns – also ungefähr die Hälfte der verbleibenden Strecke. Ich teile mir also meine Kräfte entsprechend ein und mahne mich zur Vorsicht. Nach knapp vier Kilometern gibt es nochmal etwas zu trinken, auch Bier wird angepriesen, aber ich lasse es dann doch sein.

Es geht nochmal eine langgezogene Steigung nach oben – immer den höchsten Punkt der Strecke an Plänckers Aussicht im Kopf. Ich motiviere mich damit, dass es nur noch etwas mehr als drei Kilometer bis zu diesem Punkt sind, danach soll es größtenteils abwärts gehen. Am höchsten Punkt liegen dann tatsächlich rechts und links der Strecke noch zwei kleine Schneehäufchen – damit hätte ich nun Mitte Mai nicht mehr gerechnet – aber es zeigt wie frisch das Klima hier oben doch sein kann. Ganz im Gegenteil zu dem wie das Wetter aktuell ist – in der Sonne ist es fast schon zu warm, zudem schwitzt man als Läufer nach der Steigung natürlich um so mehr. Aus der Flasche hole ich mir noch eine Portion Erfrischung.

Nun geht es rasant bergab – die vorletzte Versorgung vor dem Ziel in Schmücke wartet. Die Strecke parallel zur Straße ist nochmal übersäht mit Wurzeln und Stolperfallen – aber irgendwie kann ich das trotzdem sehr gut laufen. Im Gegensatz zu vielen anderen Teilnehmern – immer mehr gehen auch bergab. Die Wiese vor Schmücke ist nochmal eine Herausforderung: nass, glitschig und absolut uneben. Ich greife nur kurz bei der Cola zu und schon geht es weiter. Die Aussicht, dass es nunmehr nicht mal mehr 10km sind, beflügelt mich doch ganz erheblich.

Kurze Zeit später kommt schon das Schild für Kilometer 65. Ich blicke auf die Uhr – fast genau 7 Stunden bin ich unterwegs als ich das Schild passiere. Im Kopf läuft die Rechenmaschinerie an – geplant hatte ich etwas zwischen 6 und 7 Minuten pro Kilometer. Wie schnell ich tatsächlich bin kann ich nur grob abschätzen – ich laufe ohne großen technischen Schnickschnack wie GPS oder Fußsensor. Grob angenähert laufe ich etwas um die 6:30 min/Kilometer. Also mal kurz überschlagen: Noch 8 km, mal 7 Minuten – die 8h Marke sollte also auf alle Fälle drin sein, zumal es ja stetig bergab geht. Ich bin schon versucht es einfach laufen zu lassen, aber ich mahne mich zur Vorsicht: Das dicke Ende kommt womöglich noch. Optimistisch rechne ich mit 6 min/km und komme somit auf 42 Minuten bis ins Ziel – es könnte also auch noch für die 7:45 reichen – wenn ich mich ein wenig beeile und nichts unvorhergesehenes kommt.

Das kommt kurz vor der Versorgungsstelle Kreuzwege, es geht nochmal eine Steigung hoch, nachdem es vorher ganz ordentlich bergab geht. Die Stelle heißt praktischer Weise auch noch Mordfleckenwand. Das sagt doch schon alles. An der Versorgung gibt es noch einen Schluck Cola, aber ich halte nicht mehr an, zu verlockend ist das nahende Ziel. Nur noch rund 5km! Das beflügelt mich noch weiter – und es geht immer noch weiter bergab. Zudem motiviere ich mich anhand der Kilometrierung des Halbmarathons, da der ins gleiche Ziel einläuft sollte das ungefähr passen, auch wenn die Kilometerangaben sich nicht so ganz decken wollen. Aber so hat man immerhin jeden Kilometer den man geschafft hat einen Hinweis. Wie weit es dann noch ist kann man sich auch ausrechnen.

Im Tal kann man außerdem seit langem mal wieder etwas anderes als Wiesen und Felder sehen – da stehen tatsächlich Häuser – die Strecke führt immer näher an die Zivilisation heran. Noch drei Kilometer – ich schaue nicht mehr auf die Uhr sondern laufe zügig weiter – über die gesperrte Straße noch eine Kehre und dann beginnt schon gleich Schmiedefeld. Die Menschen stehen an der Strecke und feuern an, die Stimmung ist gigantisch. Auf den letzten Kilometern nehme ich gefühlt mehr als ein Dutzend Läufer mit – viele müssen gehen – ich kann mir nicht ganz erklären warum, es geht doch fast ständig bergab und die Strecke ist wunderbar breit. In Schmiedefeld gibt es noch einen kleinen Buckel, der allerletzte kleine Anstieg vor dem Ziel – garniert mit dem Schild für Kilometer 72 – jetzt kann ich nochmal richtig loslaufen. Das Portal zum „Einsortieren“ der Klassen kommt, ganz klar: Mir gehört die mittlere Spur für Supermarathon – in der Ferne ist das Ziel schon zu sehen. Es geht bergab und ich sehe noch einen Läufer vor mir auf den letzten Metern. Also nochmal die Beine in die Hand genommen, den kriege ich auch noch. Durchs Ziel und anhalten – geschafft. Bruttozeit 7:46:06 – es könnte also gereicht haben.

Im Ziel treffe ich Endere wieder, ihn hatte ich beim Rodgaulauf getroffen und zwischenzeitlich hatte er mich überholt – er ist schon seit ca. 15 Minuten im Ziel. Aber mir ist das völlig egal. Ich hole mir nochmal Tee und etwas zu Essen. Danach informiere ich Marion per SMS – zumindest versuche ich es – ich muss feststellen, dass wohl die meiste Zeit des Laufes kein Netz vorhanden war – der Akku ist fast leer und bricht beim Versand der SMS vollständig zusammen. Ob es geklappt hat, weiß ich erst mal nicht.

Die Organisation im Ziel ist super – auf der Gepäckwiese hole ich meinen Beutel und begebe mich zur Dusche – dort ist es zwar voll, aber jeder kommt mal dran. Frisch geduscht hole ich dann mein Finisher-Shirt, die Urkunde und das Gratis-Köstritzer ab. Beim Anstellen für die Urkunde erspähe ich dann auch schon Heinrich, dank Hut und großem Stativ ist er auch in großen Menschenmassen gut zu finden. Er gibt mir die Info, das Helga wohl noch etwas braucht und ich daher wohl noch etwas warten muss bis das Spezial-Taxi nach Eisenach fährt. Aber das ist halb so wild – ich lege mich auf die Wiese und entspanne einfach nur. Zur weitern Stärkung hole ich mir dann zwischenzeitlich eine Bratwurst und esse meine mitgebrachten Gummibärchen.

Helga kommt nach etwas mehr als 10 Stunden ins Ziel – auch das eine sehr achtbare Leistung – Heinrich weckt mich rechtzeitig und so kann ich nochmal kräftig anfeuern als sie aufs Ziel zuläuft.

Insgesamt: Ein toller Lauf, auch wenn ich sagen muss, dass ich im Nachhinein mich an wenige Passagen direkt erinnern kann. Die Versorgung ist super, die Organisation läuft wie geschmiert und die vielen Leute an der Strecke die einen immer wieder anfeuern – das macht einfach Laune. Der Lauf kommt auf alle Fälle auf die Liste der zur Wiederholung empfohlenen Wettkämpfe. Ob es gleich nächste Jahr ist muss ich noch sehen, das hängt sehr stark davon ab, was mein anstehender Nachwuchs bis dahin so macht – wenn ich den Lauf mache, habe ich mir vorgenommen ihn auf alle Fälle die letzten Meter durchs Ziel zu tragen – mal schauen ob das was wird.

 

Weinstraßen-Marathon 2014

Nur alle zwei Jahre findet der Weinstraßen-Marathon in der Pfalz statt. Nachdem ich schon einmal dabei war, und mir der Lauf sowohl landschaftlich als auch von der Stimmung an der Strecke her sehr gut gefallen hat, war klar: Da mache ich wieder mit. Nicht so ganz eingeplant waren bei der Anmeldung zwei Faktoren: Einerseits der kurze zeitliche Abstand zum Urlaub (nur ca. 1,5 Wochen) und eine Verletzung am Fuß, knapp eine Woche vor dem Event. Dennoch habe ich mich nicht abhalten lassen. Um es gleich klarzustellen: Ich habe auf Doping verzichtet – entweder es geht oder ich gebe auf, das war die Prämisse.

Auf alle Fälle war mir von vorneherein klar: Es wird ein Genußlauf und kein Lauf um eine Bestzeit, das konnte ich angesichts der Vorbereitung, der Verletzung und auch dem Höhenprofil der Strecke auch nicht erwarten.

Die Anreise ist sehr kurz, in knapp 30 Minuten bin ich am Parkplatz, von dort aus geht es mit dem Shuttle nach Bockenheim an den Start. Startnummer und Unterlagen abholen, Tasche abgeben und schon ist man startbereit. Im Gegensatz zum letzten Mal gibt es diesmal Startnummern mit integriertem Chip, anstelle des Championchips – das merke ich allerdings erst als ich mich mit einigen Leuten am Start unterhalte. Bleibt nur zu hoffen, dass die Zeitmessung durch den Championchip nicht durcheinander kommt, aber es laufen ja auch genügend andere Läufer mit, die ihn dauerhaft im Schuh eingebunden haben.

Pünktlich um 10:00h steigt eine weiße Rauchsäule vor der dem Haus der deutschen Weinstraße auf – der Startschuss. Ich habe mich vorsichtshalber weit hinten angestellt, von daher dauert es noch gefühlt eine kleine Ewigikeit bis ich die Startlinie überquere. Ganz bewusst lasse ich mich nicht gehen, sondern laufe gezielt im Pulk langsam mit – ein wenig macht sich der Fuß bemerkbar, aber die gute Stimmung an der Strecke macht das locker wett.

Es geht durch die enge Hauptstraße von Bockenheim auf das Ortsende zu, dort ist der erste Weinberg, sprich die erste Steigung in der Strecke. Hier kommt es zur ersten nennenswerten Umsortierung des Feldes – ich fühle mich gut und arbeite mich nach vorne durchs Feld. Trotz der Verletzung kann ich mein Tempo auch in der Steigung ganz gut halten, wobei ich auch immer mal wieder einen Blick auf die Pulsuhr werfe, zu klar und deutlich sind mir die Bilder von vor zwei Jahren im Kopf, bei denen ich mich am Anfang habe verleiten lassen um kurz nach der Hälfte einen herben Einbruch zu erleben. Als Richtwert laufe ich um die 5:30-5:40 – also deutlich langsamer als ich einen Marathon im Flachen angehen würde, aber auch deutlich schneller als ich es bei den 100km Läufen angehen lasse.

Kurz nach Kilometer 2 treffe ich meine Vereinskollegin Lore, sie macht heute nur einen Halbmarathon und lässt es auch gemütlich angehen. Immerhin wirbt der Lauf ja auch damit ein Genuß-Marathon zu sein. Auch ich nehme mir das zu Herzen und lenke meinen Blick immer mal wieder weg von der Strecke in die Landschaft. Im Vergleich zum Urlaub vor rund 14 Tagen in den USA ist die Natur hier bereits deutlich weiter – die Bäume blühen in allen Farben und das herrliche Wetter mit Temperaturen im zweistelligen Bereich – so kann man den Lauf wirklich genießen.

Nach der ersten Kuppe geht es nach Asselheim, die berüchtigte Asselheimer Wand hinunter, die es am Ende auch wieder hochgeht – abwärts ist die aber noch kein Problem, zumal ja gerade mal etwas mehr als 3km gelaufen sind. In Asselheim selbst steht schon die erste Versorgungsstation, ich lasse das Gedränge rechts liegen und bezwinge die langgezogene Steigung durch den Ort. An deren Kuppe ist man schon in Grünstadt und es geht langsam wieder bergab ins Zentrum.

Kurz vor der nächsten Versorgung hole ich Jürgen ein, mit ihm laufe ich regelmäßig Samstags durch den Odenwald. Er begleitet seinen Bruder über den Halbmarathon, an der Versorgung machen die beiden Pause, ich laufe weiter. Den Durst stille ich erst einmal aus meinem Gürtel. Aus Grünstadt raus gibt es etwas seltenes entlang der Strecke – sie ist ausnahmsweise mal fast eben, bis es kurz nach der Autobahnunterquerung wieder hügelig wird.

In sanften Wellen geht es durch die Weinberge, die Steigungen spürt man zwar, aber sie sind nicht dramatisch. Kurz vor Kleinkarlbach geht es steil bergab. Am Ende des Gefälles steht eine wichtige Entscheidung an – Halb- oder Vollmarathon. Ich biege rechts ab, ich mache heute keine halben Sachen. Der Fuß gibt seit einigne Kilometern Ruhe, das ist ein gutes Zeichen. Kurz nach der Trennung führen die Strecken nochmal zusammen an einer Versorung vorbei. Ein Wechsel ist hier zwar möglich, allerdings nur mit Disqualifikation, denn im Vergleich zur Marathonstrecke müssen die Halbmarathonis ein Schleifchen mehr durch Kleinkarlbach laufen, etwa einen Kilometer. Nach der Versorgung ist die endgültige Trennung angesagt. Ich kenne die Kreuzung noch vom letzten Mal: nach links weg als Marathoni und man steht vor der nächsten steilen Steigung. Das Ortsschild spricht Bände: Es geht nach Bobenheim am Berg.

Nachdem Bobenheim erreicht ist, wird es wieder etwas flacher, man ist auf dem Berg und es geht weiter mit Bergen: Der nächste Ort ist Weisenheim am Berg. Dort wartet auch schon wieder ein Team an der Versorgungsstation – ich greife ordentlich zu bei Banane und Apfelstückchen. Apfel mag ich zwar eigentlich, aber irgendwie liegen mir die hinterher für einige Kilometer doch etwas im Magen. Ich laufe mit einer kleinen Gruppe die sich kurz vor Leistadt wieder zerstreut. Mittlerweile sind die Abstände dann doch etwas größer geworden, man läuft bei weitem nicht mehr so beengt wie zu Beginn im Feld. So erreiche ich Leistadt – dort fülle ich nochmal Wasser nach, 15km habe ich jetzt geschafft. Mehr als ein Drittel und noch läuft es sich sehr angenehm.

Nach Leistadt muss man ein wenig aufpassen – es geht bis zum südlichen Wendepunkt der Strecke in Bad Dürkheim eigentlich nur bergab, und das auch noch nahezu konstant. Wer nicht gewohnt ist lange abwärts zu laufen bekommt es hier in den Oberschenkeln zu spüren. Ich selbst achte darauf nicht schneller zu werden, auch wenn die Strecke es ja eigentlich gut hergeben würde – ich weiß dass der anstrengende Teil noch vor mir liegt, ganz getreu dem Motto: „What goes up must come down“, gilt hier das Analoge: „Was man runter läuft muss man hinterher auch wieder hoch …“. Die Strecke liegt relativ frei zwischen den Weinbergen und die Sonne heizt mir auch ganz schön ein – ich nutze die entspannte Phase des Laufens zum Trinken. In Bad Dürkheim gibt es einen kleinen Anstieg in der Innenstadt bevor man die Versorgung erreicht. Dort greife ich wieder Energie und Wasser ab.

Nun folgt ein sehr unterhaltsamer Abschnitt der Strecke: Es geht durch den Kurpark von Bad Dürkheim – dort sind jede Menge Menschen unterwegs – und machen richtig Stimmung, an jeder Bank sitzen Leute und feuern die Leute an, mit Klatschen, Klopfen, Laola-Wellen und Kuhglocken. Richtig klasse. Ab dem Gradierwerk wird es dann wieder etwas ruhiger – ich muss mich ein wenig konzentrieren, nicht das ich wie bei der Rheintalquerung jetzt ins Schwimmbad zur Sauna und Entspannung abbiege. Mit dem Ende des Gradierwerks ist auch die Halbmarathon-Marke erreicht. Diesmal ist der Umbau am Kurpark fertig, man muss also nicht mehr durch eine Baustelle laufen.

Was nun folgt ist eine weniger schöne Teilstrecke, entlang der Bundesstraße gilt es ein Schleifchen von ca. 4 km zu bewältigen. Alles relativ flach, die höchste Erhebung ist die Brücke über die Bundesstraße. Nach dieser Brücke gibt es schon wieder eine Versorgungsstation, ich greife dankbar zu, denn bald geht es ja wieder bergauf, da ist jede Energieform recht. In Sichtweite des Gradierwerks geht es dann wieder weg von der Bundesstraße, anfänglich noch flach, aber spätestens wenn man in Ungstein ankommt merkt man die Steigung. Die Hauptstraße zieht sich scheinbar endlos den Berg hoch. Es ist keine starke Steigung, aber eben lang. Als Krönung gibt es kurz vor Kallstadt noch einmal Nachschlag und die Strecke wird deutlich steiler. Dafür kann man im Ort auch wieder auftanken – die Versorgungstationen stehen immer dann bereit wenn man sie braucht und auch aufnahmefähig ist. Ich könnte während einer langen Steigung keine Banane essen, jetzt wo es einigermaßen flach ist.

Das ändert sich nach dem Ortsausgang natürlich gleich wieder – in der Ferne kann man schon die Halle der Winzergenossenschaft Herxheim am Berg sehen – die steht oben auf dem Berg und mahnt einen gleich: Da musst du auch noch hoch … Ich denke zurück an den letzten Marathon hier, und fühle mich richtig gut: Im Gegensatz zu damals kann ich noch joggen, wenn auch langsam. Gegenüber der Winzergenossenschaft gibt es nochmal was zu trinken – nicht wie man erwarten könnte heimischen Wein oder Traubensaft – nur Wasser. Aber auch das erfrischt. Auf den Wein muss man noch etwas warten – etwas mehr als 2 km. Mit einem kleinen Schlenker geht es durch den Ort Dackenheim – es geht ganz leicht bergab, das lässt sich angenehm laufen. Kurz nach der Versorgung in Dackenheim, auf der Kuppe am Golfplatz steht dann der Eimer mit dem Highlight der Strecke: Der Riesling-Schwamm. Letztes Mal ging es mir so schlecht, da wollte ich das nicht riskieren – diesmal greife ich zu. Ergebnis: Lecker, aber das Trinken aus dem Schwamm muss man vorher wohl noch üben, so einfach ist das nicht und wenn man nicht aufpasst landet ein Teil ungewollt auf dem Trikot.

Derart gestärkt überschreite ich die 32km Marke – jetzt sind es nur noch 10km, also kein Drama mehr was die Streckenlänge betrifft. Es geht wieder ganz leicht abwärts in den nächsten Ort an der Weinstraße: Kirchheim. In einigen Zacken geht es durch die Bebauung, und wieder auf Kleinkarlbach zu. Kurz nach dem Ortsausgang steht die Feuerwehr vor ihrem Gerätehaus und sperrt die Straße, es geht wieder in die Weinberge – erstmal runter bis an den Eckbach und natürlich nach der Brücke auch wieder bergauf. Viele Läufer müssen hier gehen. Ich kann noch langsam joggen und sammle immer wieder Läufer ein, was mich irgendwie innerlich motiviert. Noch dazu steht mitten in der Steigung das Schild für Kilometer 34 – was weiter motiviert. Bald darauf ist man wieder auf der Strecke die ich vor einigen Stunden in die Gegenrichtung entlang gekommen bin. Noch einen knappen Kilometer weiter kommt die Wiedervereinigung mit der Halbmarathon-Strecke – es riecht schon förmlich nach Zieleinlauf, auch wenn es noch fast 6km sind.

Langsam füllen sich die Straßen mit Schaulustigen, mit jedem Schritt den man in Richtung Grünstadt-Zentrum tut werden es mehr. Im Zentrum ist die Stimmung dann auf dem Hochpunkt, ich tanke nochmal Iso-Getränke und Banane bevor es wieder etwas einsamer wird an der Strecke. Es geht nun wieder, man ahnt es schon: bergauf – eine langgezogene Steigung führt an den Ortseingang von Asselheim. Bis an die Asselheimer Wand geht es dann wieder konstant abwärts – vorbei an Kilometer 39 – „noch 3km und eine Steigung lautet mein Mantra“. Nachdem das Wasser aus der Versorgung getrunken ist, ist sie auch schon da, die Asselheimer Wand – der berüchtigte Anstieg rund 2,5km vor dem Ziel. Viele müssen hier gehen, ich will mich aber nicht unterkriegen lassen und jogge stoisch weiter – immer die Kuppe und die Straßenmarkierungen im Blick. Endlich erreiche ich die Abzweigung auf die Bundesstraße – alles was jetzt an Steigungen folgt sind nur noch „Scheinbuckel“ und werden bei der Betrachtung der Strecke nicht weiter beachtet. Zudem sind es nur noch 2 km die es jetzt zu laufen gilt.

Diese laufe ich so entspannt wie möglich, die Steigung hat doch ihren Tribut gefordert, aber auch die Sonne macht sich auf der offenen Strecke nun um so mehr bemerkbar – gut das ich an der Versorgung nochmal meine Gürtelflasche aufgefüllt habe. Eigentlich erwarte ich meine Familie und meine Freundin kurz vor dem Ziel. Aber diesmal stehen sie schon bei Kilometer 41, direkt am Ortseingang in Bockenheim. Kurze Motivation, ein „High-Five“ und weiter geht es – meine Getränkeflasche fällt mir bei der Aktion aus dem Gürtel, aber sie wird gleich eingesammelt – so erleichtert laufe ich den letzten Kilometer ins Ziel. Die Anzeige lässt mich hoffen: 4:03h lese ich aus der Entfernung ab – bis ich im Ziel bin sind es etwas mehr 4:04:11 brutto – ich hoffe, das mein Start weit hinten mich doch noch die 4h-Marke knacken lässt. Wie sich später herausstellt leider nicht – ganze 36 Sekunden zu langsam – das schmerzt etwas, aber egal der Lauf war landschaftlich einfach toll und unter den gegeben Vorraussetzungen bin ich einfach froh es geschafft zu haben.

Duschen und Massage sind wieder hervorragend organisiert, da es deutlich weniger Marathonis als Halbmarathon-Läufer waren ist der große Ansturm auch schon durch als ich dort vorbeikomme. Frisch geduscht geht es mit meiner Freundin zurück ans Auto – ein Stück weit fahren wir noch die Strecke des Laufs ab um den Tag dann in Bad Dürkheim in einer Winzergaststätte ausklingen zu lassen. Natürlich mit Riesling-Schorle und den drei wichtigen Pfälzer Spezialitäten: Leberknödel, Saumagen und Bratwurst. Dazu Kartoffelbrei und Sauerkraut – alles was dem Läufer wieder Energie gibt. Wenn alles gut läuft bin ich in zwei Jahren auch wieder dabei!