Objektorientierte Entwicklung ist mittlerweile der Standard wenn es um Geschäftslogiken geht. Für verschiedene weitere Anwendungszwecke gibt es auch immer noch gute Funktionale Programmiersprachen. Jede Herangehensweise hat ihre Vor- und Nachteile.
Wie immer sind Programmierer komische Wesen und würden an einigen Stellen gerne das Beste aus beiden Welten haben, auch wenn diese sich eigentlich gegenseitig ausschließen.
Aktuell hatte ich mal wieder einen solchen Fall: Es gibt eine „fertige“ PHP-Bibliothek zum Erzeugen von PDF-Dokumenten (diese eigenen sich in der Regel besser zum Ausdrucken als HTML-Seiten) – etabliert hat sich hier FPDF bzw. dessen Fork TCPDF. TCPDF ist die aktuellere und modernere Fassung, sie unterstützt unter anderem die Verwendung von UTF-8-Zeichensätzen. Daher musste ich mich auch „mal wieder“ mit schon lange gepflegten und eigentlich abgeschlossenen PDF-Routinen beschäftigen: FPDF kann mit UTF8 nicht richtig umgehen, somit sehen die erzeugten PDFs aus wie Kraut und Rüben sobald Umlaute oder Sonderzeichen im Spiel sind.
Beim Umstellen gibt es ein paar Feinheiten, aber nichts was einen wirklich davon abhält die Umstellung halbwegs zügig durchzuführen. Die meisten Probleme erkennt man einmal und kann sie dann in den Folgedateien direkt korrigieren.
In diesem Zusammenhang habe ich mich mal wieder etwas geärgert: Viele unserer Dokumente enthalten Tabellen. Soweit so langweilig. Aus Mangel an Alternativen haben wir häufig den Code einfach von der einen eigenen Klasse in die nächste mit kopiert. Das Ergebnis ist altbekannt. Wenn man einen Fehler beseitigen will, muss man alle Kopien mit durcharbeiten. Effizient ist das nicht gerade.
Eine mögliche Option ist es eine eigene Klasse dazwischen zu setzen, die solche Funktionen realisiert. Aber was ist mit den Dokumenten wo man dann gar keine Tabelle braucht – da hat man Pech gehabt? Fazit das geht, aber richtig schön finde ich das auch nicht. Mehrfach-Vererbung kennt PHP nicht – aus gutem Grund (Diamond-Problem). Für meinen Fall hätte ich mir etwas gewünscht wie eine Art Plugin oder von mir aus auch eine Art „include“ das entsprechende Funktionen einbindet wenn sie benötigt werden. Vergleichbar mit dem was ein Präprozessort für C erreichen kann: Macro-mäßig das einfügen was gerade gebraucht wird – bei compilierten Sprachen eine sehr feine Sache, bei Skripten leider kein gangbarer Weg.
Was braucht man eigentlich genau? bzw. was wünsche ich mir? – Das waren meine Fragen. Damit man eine Tabelle einfach einbauen kann braucht man Zugriff auf einige Klassenvariablen – man könnte sich ggf. behelfen, eine Referenz an eine Tabellenklasse zu übergeben und dort den notwendigen Code zu schreiben. Aber eine Tabelle ist ja auch nur wieder eine Sammlung von einfacheren PDF-Elementen – würde also auch wieder aus der TCPPDF-Klasse erben müssen, davon den Code in die andere Klasse zu übergeben mal ganz abgesehen. Eine Art „Nachbau“ des Präprozessors wäre es wenn man hergehen könnte und an der benötigten Stelle in der Klasse einfach per include die Funktionen einbaut die man braucht. Das geht natürlich so nicht, auch weil es im Tabellencode ja durchaus sinnvoll ist, diesen strukturiert zu halten und keinen Spaghetti-Code zu erzeugen, den keiner mehr durchschaut. Auch die Nutzung von Klassenvariablen innerhalb der Tabelle wäre doch praktisch. Kurzum: ein simples Include kann das nicht leisten und sollte es auch nie.
Nun ist es ja aber bei weitem kein super exotisches Problem, mit dem wir hier konfrontiert sind: Modulbauweise mit Blackboxes die nur definierte Schnittstellen haben ist ja auch in anderen Bereichen üblich: Keiner entwickelt heute mehr für jedes Auto Standard-Komponenten vollständig neu – vielmehr werden Grundelemente mit einen neuen Aufsatz versehen oder neu miteinander kombiniert. PHP löst das Dilemma mit sogenannten Traits – ich vergleiche das gerne mit Matrix-Vererbung – um ein Gesamtpaket zu erhalten markiert man einfach die Zusatzfunktionen die das Ergebnis haben soll. Klingt kompliziert – ist es aber nicht.
Einen Trait programmiert man fast wie eine ganz normale Klasse – abgesehen, davon dass sie keinen eigenen Konstruktor enthält, gibt es alles was man sonst auch kennt: Funktionen, Zugriffsbeschränkungen (public,private,protected) und Klassenvariablen. Kurzum man kann alles was man immer wieder braucht damit sauber realisieren – in meinem Fall, habe ich alles was ich für eine Tabelle benötige im Trait verpackt. Man hat sogar Zugriff auf die Methoden und Variablen der Klasse in der man den Trait am Ende einsetzen will – hier ist die Unterstützung der Entwicklungsumgebung natürlich nicht so gut wie in einer vererbten Klasse, denn der Trait kann ja in jeder beliebigen Klasse verwendet werden – von daher etwas mehr Denkarbeit. Ich habe vieles direkt aus der bisherigen Realisierung übernehmen können, das macht es etwas leichter.
Was man noch beachten muss: Gleichnamige Funktionen in der übernehmenden Klasse „überdecken“ bzw. überschreiben die Funktionen des Traits (vergleichbar mit dem was man aus der Vererbung kennt: Es wird immer die „nächstliegende“ Funktion genommen, es sei denn man gibt den Namespace bzw. die Elternklasse mit an (parrent::) . Für mich hat es sich bewährt im Trait die Funktionen als solche entsprechend zu bennen – sie bekommen alle den Prefix „pdf_table_trait_“ – die Wahrscheinlichkeit, dass man somit ungeplant etwas überschreibt ist vergleichsweise gering. Die Programmiersprache nimmt einem eben nicht alles ab und etwas Coding-Disziplin hat noch keinem Entwickler geschadet.
Insgesamt habe ich nun mit dem Trait das was ich gesucht habe: Einen Code-Block, den ich separat warten kann – wenn ich einen Fehler in der Tabellenerzeugung beseitige, dann muss ich das nur noch an einer Stelle tun, nicht mehr in jedem Dokument. Zudem habe ich es so realisiert, dass ich den Code sogar innerhalb einer Klasse mehrfach aufrufen kann um verschiedene Tabellen zu zeichnen (das hatte ich vorher mit etwas Verrenkungen unsauber gelöst). Man sollte natürlich jetzt nicht alles und jedes zwingend in einen Trait auslagern, nur weil es geht – mit Maß und Ziel das richitige Werkzeug an der richtigen Stelle ansetzen. Traits gehören dabei eindeutig in die Kiste mit der Aufschrift „Spezialwerkzeuge“ – man braucht sie nicht all zu häufig, aber wenn man weiß dass es sie gibt und wie man sie richtig einsetzt, geht vieles sehr elegant zu lösen.