Ja die Straßen von Philadelphia, der sagenumwobenen Stadt des
Streichkäses kenne ich jetzt auch … meine Füße bedanken sich gerade
noch immer ganz herzlich dafür, und grüßen mit eine paar Blasen.
Nachdem ich ja entgegen meiner Planung kein Hostel für 2 Nächte bekommen
habe, bin ich am Samstag im Laufe der Vormittags mit dem Bus von
Washington DC aufgebrochen. Schon lustig wo hier die Busse halten.
Direkt an einem großen Parkplatz. Dort steht dann einfach ein Schild
„Mega-Bus Bus-Stop“ … aber es läuft sehr relaxed wie man das hier in
Amerika ja doch gewohnt ist. Es funktioniert einfach. Eine Viertelstunde
vor Abfahrt taucht dann ein Mitarbeiter auf, man bildet zwei Schlangen –
auf der linken Seite bitte die Leute nach New York, auf der rechten die
Leute nach Philadelphia. Ebenso entspannt verläuft dann das Boarding –
keiner drängelt, Ticket vorzeigen, abhaken lassen, Gepäck zum Verstauen
abgeben, einsteigen fertig. Ich habe nur den Fehler gemacht und mich in
direkter Nähe zur Klima-Anlage platziert – nicht sonderlich toll, denn
das Ding macht nen Haufen Krach.
Die Fahrt verlief denn auch typisch amerikanisch – man macht das was man
hier am besten kann auf den Highways – man steht im Stau. Daher bin ich
denn auch rund 2h später in Philadelphia aufgeschlagen als geplant. Aber
alles halb so wild – die Stadt läuft einem ja so schnell nicht weg.
Nachdem man schon im Reiseführer davor gewarnt wird, dass es um den ÖPNV
in Philadelphia nicht rosig steht und man sich eher auf ein „geregeltes
Chaos“ einstellen sollte, habe ich die Karte konsultiert und
beschlossen: Die 2 $ pro Fahrt (auch beim Wechsel des Verkehrsmittels
oder sogar der Buslinie zu zahlen) kannst du dir sparen, und erläufst
die Stadt. Übermäßig groß ist sie ja nicht und dank Lauftraining bin ich
doch ganz gut zu Fuß, auch wenn Rucksack mit ein paar Ersatzklamotten
und Hygieneartikeln, Foto-Tasche und mein Manfrotto-Stativ definitiv
keine Fortbewegung mehr im Marathon-Tempo erlauben – wobei vielleicht
das Tempo, das ich nach rund 23 km in Frederick angeschlagen habe,
könnte durchaus passen.
Einen ersten Eindruck hatte ich ja schon von der Anfahrt mit dem Bus –
da sah die Stadt doch sehr sehr nach Industrie-Moloch aus – eine ganze
Menge Petro-Chemie und Raffinerien gab es da zu sehen – nicht gerade
einladend wenn man aus dem Fenster guckt. Die Skyline die man sieht wenn
man aus der 30th Street Station (dem großen Bahnhof in Philadelphia)
tritt, entschädigt dafür dann doch etwas. Es sieht gar nicht mehr so
industrielastig aus, eher hat es was von New York im Miniatur-Format.
Sehr viele Hochhäuser, weniger das was man von der Beschreibung aus dem
Reiseführer als „historisch geprägt und verwurzelt erwarten würde. Ich
bin die Market-Street, eine der Magistralen der Stadt (näherungsweise
Ost-West, das Gegenstück dazu ist die Broad-Street mit näherungsweise
Nord-Süd) entlang gelaufen – alles recht locker. Als Ziel hatte ich die
Liberty Mall mit ihrem Park ins Auge gefasst, dort ist alles versammelt
was sich um die Geschichte der amerikanischen Unabhängigkeit und die
Verfassung dreht. Auf dem Weg dorthin kommt man an der City Hall vorbei.
Normalerweise bietet die ein observation deck, von dem aus man sich
einen schönen Überblick verschaffen kann. Leider derzeit wegen
Renovierung geschlossen – schade drum.
Weiter auf der Market-Street wird das Treiben langsam bunter – man
streift China-Town und es wird deutlich touristischer. Man kommt netter
Weise auch an der Zentrale von SEPTA, der regionalen ÖPNV-Gesellschaft
vorbei. Und oh Wunder – die machen Samstags schon mittags dicht – recht
ungewöhnlich für die USA muss ich schon sagen. Dort gibt es auch eine
kurze Ausstellung über die Straßenbahn und die Entstehung der
U-Bahn-Systems. Ich hab das aber nur kurz durchgelesen – so sehr stand
mir der Sinn nach Straßenbahnkunde denn doch nicht. Auch hat es nicht
wirklich zur Entwirrung beigetragen, dass die in Philadelphia für mich
ungewohnte Unterscheidungen haben: Regional Railway, Subway, Express
Railway, Railway und Bus. Insgesamt hat das Center da aber keinen guten
Eindruck hinterlassen – so etwas wie einen Netzplan hat man vergeblich
gesucht. Ich hatte ja vorsichtshalber mal den Fahrplan der Buslinie zum
Hostel ausgedruckt.
Weiter auf dem Weg durch die angenehm warme Stadt – es war nicht
wirklich drückend und übermäßig heiß. Vorbei am Hard-Rock-Cafe und dem
Convention Center und ehe man es sich versieht, steht man an der Liberty
Mall. Dort habe ich mich gleich mal ins Visitor-Center gestürzt – eine
recht moderne Einrichtung, wenn auch von außen auf „alt“ getrimmt und in
Backstein gehalten. Das Innere kann sich wirklich sehen lassen, diverse
kostenlose Infos, auch zwei Filme zur Entwicklung der Unabhängigkeit und
der Besatzung während des Unabhängigkeitskrieges werden geboten. Alles
natürlich wieder etwas patriotisch angehaucht. Aber ich muss sagen: Man
hat es hier recht gut getroffen und es trieft nicht so überschwänglich
wie an manch anderer Stelle. Ich habe die Chance genutzt und mich mit
Postkarten für nach Hause eingedeckt.
Anschließend der obligatorische Besuch an der Liberty Bell, jener sagen
umwobenen Glocke mit dem berühmten Riss. Ich muss echt mal nachschauen,
ich glaube ich habe ein Modell davon daheim in Mannheim auf dem
Schreibtisch stehen – als Bleispitzer. Ist mir nur nie aufgefallen
:shock:. Auch das Gebäude ist nagelneu und gut gemacht – da es sich um
ein wichtiges Nationales Denkmal handelt, ist eine Taschenkontrolle
unausweichlich – und das bei meinem Gepäck – aber es geht schneller als
man denkt.
Die Glocke an sich ist dann auch ganz nett anzuschauen. Wobei sie nie
die Rolle gespielt hat, die man ihr zudenken würde. Erstens ist es schon
die dritte Version der Glocke, man hat nur jedesmal die alte
eingeschmolzen und eine neue gegossen. Die erste Version entstand in
London. Bis sie in Philadelphia ankam, hatte sie einen Sprung. Also hat
man sie eingeschmolzen und eine neue daraus gegossen – dummerweise hat
man sich verrechnet und die Glocke klang einfach nur dumpf (ich sage ja
immer, diese Maßeinheiten hier verleiten echt zu Fehlern …). Erst die
Version 3.0 war akzeptabel und tat auch recht lange Dienst als Glocke im
Parlament zu Philadelphia, daher heißt sie ursprünglich auch
„State-House“-Bell. Leider ist die Metallmischung aber doch recht
spröde, und irgendwann zeigte sich ein Haar-Riss. damit der nicht weiter
wächst hat man ihn versucht zu reparieren. Das gelang auch ganz gut. Man
hat die mittlerweile als Liberty-Bell bekannte Glocke aber nur noch zu
besonderen Anlässen angeschlagen. So unter anderem bei ihrem letzten
Einsatz: Zum Geburtstag von George Washington, dem ersten Präsidenten.
Irgendwie fühlte ich mich bei der Geschichte schmunzelnd an Camillo und
Pepone erinnert … denn während der Feierlichtkeiten hat die Glocke
ihren jetzigen großen Riss bekommen – zum Anschlagen nicht mehr
geeignet. Mittlerweile hat man einiges getan um die Glocke vor dem
Verfall zu retten – etwa ein Stützgerüst von innen. Außerdem wird der
Raum in dem sie aufbewahrt wird klimatisiert. Zudem regelmäßige
Untersuchungen inklusive Röntgenbildern damit man sieht ob sich neue
Risse gebildet haben. Zur Erstürmung der Normandie am D-Day hat man die
Glocke nochmal angeschlagen – klingt aber halt nicht wirklich toll,
dennoch wollte es unbedingt damals jeder scheints im Radio hören. Wem es
gefällt – von mir aus.
Auf dem Weg ins erste Parlamentsgebäude (das eigentlich mal der Kolonie
Pennsilvenia diente) habe ich nochmal eine Freirude Dr. Pepper – einem
der Colo-Konkurrenten abgegriffen, diesmal eine andere Sorte, aber
beides nicht mein Geschmack. Aber einem geschenkten Barsch schaut man ja
nicht hinter die Kiemen. Vor dem Gebäude habe ich wieder den
Sicherheitscheck über mich ergehen lassen und dann mit einer bereits
vertrauten Gattung von Lebewesen hier nähere Bekanntschaft gemacht, der
„serpentis humanis“ (dt. Menschenschlange) – in diesem Fall ein
besonders stattliches Exemplar das sich über den ganzen Vorplatz wand.
Aber man ist ja geduldig und es die Schlangen hier in Amerika stehen
recht locker – kein Gedränge kein Geschiebe. In Deutschland wäre die
Schlange wahrscheinlich um die Hälfte kürzer gewesen, zu dem Preis das
man nur noch seitlich umfallen kann. Aber es ging denn auch immer in
großen Schüben zu je um die 70 Personen ins Innere – es war ja nur die
Schnellführung – für die etwas längere braucht man eine vorherige
Anmeldung. Alles praktischer Weise kostenlos vom National Park Service
organisiert und in Stand gehalten.
Ein Blick aufs Zeiteisen meinte dann – so langsam ist es an der Zeit mal
an den Weg in Richtung Hostel zu denken, so kurz nach halb sieben. Also
zurück zur Market Street, und dort an die Bushaltstelle mit der Linie 38
– lustigerweise hält hier nämlich nicht jeder Bus an jeder möglichen
Haltestelle in der Straße. Dort hoffte ich dann einen Fahrplan zu
finden, aber sowas wie ein Kursbuch mit detaillierten Tabellen, wie man
sie im ordentlichen Deutschland als Fahrplan kennen würde gibts hier
nicht. Stattdessen Angaben: von 12 Mittags bis 18:30 h kommt
durchschnittlich alle 20 Minuten ein Bus, danach bis um 10 abends im
Durchschnitt alle 30 Minuten. Schon eine etwas ungewohnte Art sowas
anzugeben. Aber ich habe mich auf den Ausdruck zurück besonnen. Denkste!
Der war auch nicht viel besser – dort sind nur einige wenige
Haltestellen angegeben und wann der Bus dort vorbeikommt. Eine Abfolge
der Haltestellen – wozu? Weiß doch jeder wo er raus will, zumindest
scheint das der Gedankengang der Betreiber zu sein 😕
Immerhin kommt dann ein Bus – was die Frage aufwirft: Wann muss ich denn
eigentlich aussteigen? Aber egal – laut Plan dauert das etwas länger,
also schauen wir mal wo wir denn so rumgekurvt werden – durch die
Innenstadt, am Museum of Arts vorbei – alles sehr manierlich – aber kaum
kommt man über die Bahntrasse wandelt sich das Bild aber total. Die
Vororte sind teilweise derart herunter gekommen, aber es scheint alles
in bester Ordnung zu sein, alle im Bus verhalten sich gesittet, und
diverse Leute in edlerer Abendgaderobe machen auch nicht den Eindruck
als das irgendwas nicht stimmt. Insgeheim verfluche ich die Wahl meines
Hostels so weit abseits. Nach rund 20 Minuten kommen wir am „please
touch museum“ vorbei. Jetzt habe ich zum ersten Mal wieder einen
Anhaltspunkt wo ich mich überhaupt befinde. Ich komme mit ein paar
Leuten um mich rum ins Gespräch, während wir durch den Park braußen. Als
ich meine: Da in das Hostel will ich heißt es dann: Oh, da hättest du
gerade eben aussteigen müssen. Aber kein Thema, der Bus hält an der
nächsten Kreuzung eh schon wieder. Ich steige aus. Und stehe scheints im
Nirgendwo. Mein ausgedruckter Google-Maps-Plan bringt mir nichts, denn
irgendwie hatte ich eine andere Buslinie oder Haltestelle ausgesucht.
Auf dem Flyer vom Hostel ist dann dankenswerter Weise eine kurze
Wegbeschreibung zu finden, mit Kartenskizze – wenn die vollständig wäre,
würde sie auch noch mehr helfen. Aber irgendwann taucht dann nach etwas
Rätselraten und „auf Verdacht mal die Richtung“ laufen ein kleiner
Tunnel, der auch in der Wegbeschreibung eingetragen ist. Dennoch zieht
sich die angekündigte Meile wie Kaugummi. Von der Umgebung und der
Landschaft her fühle ich mich dezent an meine Zeit in Nürnberg Netzstall
erinnert – nach dem letzten Busstop noch rund 2km durch die Landschaft
… und tatsächlich am Ende der Straße steht tatsächlich die
Jugendherberge – typisch dort wo man sie in Deutschland auch vermuten
würde – abgelegen und auf dem Berg/Hügel.
Die Abgelegenheit hat ja was für sich, es ist wunderbar ruhig – allerdings ist der nächste Supermarkt auch entsprechend weit weg. Aber in den internationalen Jugendherbergen in den USA gibt es ja eine Einrichtung für solche Fälle – nennt sich „free food shelf“ – dort landen alle angebrochenen Nahrungsmittel, die jemand nicht mehr mitnehmen möchte auf den Trip (was bei den üblichen Familienpackungen hier schneller passiert als man denkt) – auch hier war das gut angefüllt mit einer Menge Toastbrot, Erdnussbutter, Marmelade und im dazu gehörigen Kühlschrank fand sich dann auch noch Marmelade und Streichkäse.
Nochmal abends in die Stadt fahren habe ich dann nicht riskiert, denn wer weiß wie die das mit dem Bus nachts handhaben. Untergebracht war ich im ehemaligen Stallgebäude, nicht schlecht, auch wenn die Mitbewohner irgendwie noch nichts von Kollegialität gehört haben… Türen leise schließen ist eine seltene Sportart. Und ich lag auch noch direkt neben der Tür … und zudem habe ich das Bett erwischt, bei dem man nachts auch noch schockgefroren wird, die Klima-Anlage bläst einem richtig gut gekühlte Luft um die Ohren. Ich weiß jetzt, dass man hier auch im Sommer bei 28°C Außentemperatur die Pferdedecke gut gebrauchen kann. Aber es war ja nur für eine Nacht.
Morgens wollte ich eigentlich noch frühstücken, aber leider kommt man vor 9:00h nicht ins Hauptgebäude rein, also habe ich das Frühstück sein gelassen und mich auf den Weg gemacht. Diesmal an eine andere Bushaltestelle – nämlich die an der ich ursprünglich aussteigen wollte. Nicht viel weiter, immer gerade aus von der Herberge. Neben mir lief noch ein Radrennen, ich habe aber nur noch den hinteren Teil des Feldes und den Besenwagen gesehen. Aber absolut verständlich, dass die das so früh gemacht haben – ich weiß ja wie warm es hier werden kann und wie quälend es sein kann bei der Hitze. So bin ich in den Genuss eines Teils des Fairmount-Parks gekommen. Ganz nett.
Beim Anblick der Haltestelle habe ich dann doch etwas geschluckt – sie kam mir irgendwie vor wie aus den 13,5 Leben des Käpt’n Blaubär: Eine Tornado-Haltestelle ist der Beschreibung nach ähnlich. Mitten im Nirgendwo steht ein Schild und eine Betonbank. Noch nicht mal ein Fahrplan hängt da. Gut das ich den Ausdruck dabei habe … und tatsächlich nach ner Viertelstunde kommt dann auch wirklich ein Bus. Praktischerweise war der Automat zum Bezahlen defekt, also gabs ne Freifahrt – das nimmt man mit …
Ausgestiegen bin ich wieder an der Indepence Mall – und habe da weiter gemacht, wo ich aufgehört hatte. Ich habe den Rest des Indepence-Parks abgeklappert – alles noch reichlich verschlafen. Penn’s Landing habe ich mir angeschaut, aber wirklich einladend ist das nicht, wenn auch die Geschichte der Irischen Einwanderer ganz gut erklärt wird. Danach gings in die Altstadt, richtig alt für amerikansiche Verhältnisse, alles in Backstein gehalten und größtenteils auf originialgetreu getrimmt. Richtig erholsam und so langsam ist die Stadt dann auch zum Leben erwacht. In einem der vielen Cafés habe ich das ausgefallene Frühstück nachgeholt – Bagel mit Ei und Käse, dazu eine Tasse Kaffee – echt lecker. Zudem kostenloses WLAN für die weitere Planung – mit Erstaunen habe ich festgestellt: Für mein altes Handy gibt es tatsächlich eine Google-Maps-Variante , die sich sogar sehr gut benutzen lässt. Zumindest so lange man WLAN hat. UMTS-Verbindungen sind hier einfach zu teuer. Zumindest mit dem Prepaid-Vetrag von T-Mobile…
Auf dem Weg in Richtung China-Town und Terminal Market bin ich noch an diversen Sehenswürdigkeiten vorbei gekommen, etwa dem Grab von Benjamin Franklin (ich muss bei der ganzen Geschichte hier immer wieder an „Day of Tentacle“ denken) und einigen weiteren Parks. Chinatown ist recht klein und auch hier ist wieder alles in Chinesisch ausgeschildert, zusätzlich zu den Schildern in English. Terminal Market ist eine riesige Markthalle mit allerhand frischem Gemüse, Fisch und allem was man sich so vorstellen kann – Hamburger Fischmarkt überdacht und etwas kleiner.
Nächstes Ziel war das Zentrum der Stadt, die alte Stadthalle, dort war ich zwar schon am Vortag, aber diesmal habe ich mir etwas mehr Zeit genommen. Der Park nebenan ist auch sehenswert, mit der LOVE-Plastik, die man hier überall und immer wieder findet. Mit ein wenig Geduld bekommt man da auch anständige Bilder zu Stande, wenn nicht gerade laufend jemand ins Bild mit dem Selbsterlöser laufen würde..
Nun war ich mir nicht ganz schlüssig was ich mir noch anschauen wollte/sollte – in der Ferne konnte ich das Art Muesum sehen – der Benjamin Franklin Parkway ist etwas an die Prachtstraßen in Paris oder auch Berlin angelehnt – wenn auch etwas größer und mehr für Autos ausgelegt denn für Fußgänger. Insgesamt aber sehr schön anzuschauen. Am Art-Muesum steht die übergroße Statue von „Rocky“, wie ich lernen musste wurde Rocky III zum Großteil hier in Philadelphia gedreht und die morgendlichen Laufrunden von Rocky endeten oberhalb der Stufen des Art-Museum. Frisch aufgetankt mit der passenden Musik im Kopf (Eye of the Tiger von Survivor) bin ich denn auch die Stufen hochgejoggt – trotz des ganzen Ballast – man lässt sich doch nicht von sowas aufhalten – zumal man ja weiß was man Laufen kann… Eine Runde ums Museum und man steht oberhalb des Skulpturen Parks – wirklich schön gemacht, auch wenn die Aussicht auf die anderen Stadtviertel und den Bahnhofsbereich alles andere als erquicklich ist fast kommt man sich an die innerdeutsche Grenze erinnert vor – auf der einen Seite wird alles gepflegt und in Stand gehalten, auf der anderen Seite verfällt alles mehr und mehr … irgendwie ein komischer Anblick.
Langsam knurrte mir denn doch wieder der Magen – also Lonely Planet rausgeholt und mal geschaut was man hier so gegessen haben sollte (abgesehen vom Streichkäse …). Ergebnis: Pat’s King of Steak oder Geno’s Steak sollte man unbedingt probiert haben. Die beiden Betriebe liefern sich seit eh und jeh einen erbitterten Kampf um das beste Chese-Steak. Auf dem Weg zur Bushaltestelle, die ich mir aus Google Maps rausgesucht hatte, bin ich denn auch noch durch das Rittenhouse-Viertel geschlendert, das große Shopping Viertel der Stadt. Konnte mich allerdings nicht so richtig prickeln, wahrscheinlich auch deshalb weil Sonntag war. An der 8th-Street habe ich dann auf den Bus gewartet, die angeblich 3 Meilen wollte ich dann doch nicht laufen … also mal wieder auf gut Glück auf den Bus warten, Fahrplan gab es mal wieder keinen. Diesmal hatte ich echt Glück – bereits nach 10 Minuten tauchte der Bus auf … und wieder das leidige Spielchen – Augen auf, damit man die richtige Haltestelle nicht verpasst. Als ich ausgestiegen bin, dachte ich schon „wo bist du hier nur gelandet“, aber bereits eine Seitenstraße weiter wurde es deutlich besser. Die beiden Restaurants kann man nicht verfehlen, auch wenn sie an und für sich recht klein sind. Ich habe mich spontan für Pat’s King of Steak entschieden – und war etwas geschockt von der Schlange … die wand sich nämlich einmal um das gesamte dreieckige Gebäude und endete erst auf der Straße. Erinnerte mich irgendwie an die diversen „Goggelrobber“-Feste (Kleintierzüchter für die Nichtmannheimer) – nur leider war ich allein, also keiner der mal eben an die separate Getränke-Ausgabe geht und einem mit Getränken versorgt während man ansteht. Rund 20 Minuten Wartezeit waren es aber denn auch wert – auch wenn ich mir unter Steak was anders vorgestellt hatte: Das Chese-Steak ist eine besondere Art des Sandwichs. Italienisches getoastetes Weißbrot, gefüllt mit fein geschnittenem Beef, Zwiebeln und Käse drüber, fertig ist das Chese-Steak. Echt lecker muss ich sagen. Während ich gegessen habe wurde die Schlange langsam kürzer, dennoch wollte ich keine zweite Runde anstehen, also habe ich mir noch etwas zu Trinken und eine Portion amerikanische Sättigunsbeilage (Pommes) mit Käse geholt. Auch ganz lecker.
Nun war es schon gegen halb 4 und um sechs sollte ich am Bahnhof sein für meinen Bus. Da der lokale Bus gerade nicht zu sehen war, bin ich die 9th Street hochgelaufen, und habe an jeder Haltestelle geschaut ob er denn schon kommt. Auf diese Weise bin ich dann auch noch durch den Italien Market durchgekommen, ein ganzes Viertel in dem sich die ganzen Obst und Gemüsehändler befinden – teilweise mit ordentlich Auslagen und Angebot an frischem Obst und Gemüse. Ich habe bei einer Schachtel Brombeeren zugeschlagen, die waren reduziert weil nicht mehr lange haltbar – 1 Dollar für den Nachtisch sozusagen. Die Beeren waren wunderbar süß, auch wenn man bei der Auswahl schon aufpassen musste, keine schimmlige Box zu erwischen. Wobei der Händler sehr darauf bedacht war, die nach Möglichkeit denn auch gleich als unbrauchbar auszusortieren.
So bin ich immer weiter die 9th Street entlang und immer noch kein Bus zu sehen. Vor einem Cafe habe ich mich nochmal ins WLAN eingeklinkt und nachgeschaut wie weit es noch ist. Überraschung: So weit war das gar nicht, also habe ich den Rest der Strecke auch noch zu Fuß bewältigt – es waren definitiv keine 3 Meilen wie angegeben.
Den Washington Square mit dem Grab des unbekannten Soldaten für die Gefallenen des Revolutionskrieges habe ich mir noch angeschaut. Sehr schön gemacht und absolut nicht patriotisch – ich habe gedacht ich bin im falschen Film. Rein sachlich nüchtern. Wahnsinn, es geht also doch.
Noch hatte ich etwas Zeit und habe die genutzt um an einer Stelle auf der Independence Mall einfach mal die mittlerweile heißgelaufenen Füße hochzulegen. Ich war ja froh nicht meine Sandalen mitgenommen zu haben, aber es wäre noch besser gewesen wenn ich die Laufschuhe und Laufsocken genommen hätte…. Zudem habe ich nochmal meine Wasserflaschen am Wasserspender aufgetankt … praktisch, dass hier an der Mall einige davon rumstehen.
Da noch etwas Zeit war, bin ich nochmal ins Visitor-Center, erstens ist es klimatisiert und es hat dort kostenlose Toiletten, ein nicht zu unterschätzender Faktor bei solchen Städtetrips. Ich habe mir dann noch den 2. Film über den Unabhängigkeitskrieg in Philadelphia angeschaut – ganz nett erzählt anhand von mehreren Personen deren Tagebücher erhalten geblieben sind.
Zum Abschluss gab es dann noch ein weiteres Abenteuer, dass ich noch nicht ausprobiert hatte: U-Bahn fahren in Philadelphia … es existieren nur zwei Linien, und der Eingang ist derzeit auch gut versteckt in einer Baustelle … Nunja es hat mich nicht mehr weiter überrascht, dass es keinen fixen Fahrplan gibt, dass ist hier wohl einfach so beim ÖPNV… dafür brachte mich die U-Bahn denn auch direkt bis an den Bahnhof.
Die Heimfahrt mit dem Bus zog sich etwas hin, aber ich habe mich diesmal weit genug weg von der Klima-Anlage platziert, und zudem mein Handtuch als Polster mitgenommen. Angenehm Schlafen war dennoch nicht so wirklich möglich – viel zu unbequem. Ärgerlicherweise fährt der Bus fast direkt bei uns daheim vor der Tür vorbei … aber die Haltestelle ist in DC drin. Also raus aus dem Bus, rein in die Metro. Das war diesmal nerviger als sonst – eine Art christlicher Fanatiker musste den ganzen Wagen über seine Ansichten der Welt und Homosexulität aufklären … und das in einer Lautstärke … wenn man gerade aus der sehr toleranten und offenen Stadt Philadelphia kommt, ist das schon ein Kulturschock. Leider hat der auch bis eine Station vor Endhaltestelle nicht daran gedacht auszusteigen. Man hat richtig gehört wie der ganze Wagen aufgeatmet hat, als er raus ist.
Gegen kurz nach 10 war ich dann auch daheim – die letzte Hürde war die Strecke von der Metro bis zu uns nach Hause, nochmal 15 Minuten Marschieren mit Gepäck. Schön wieder „daheim“ zu sein. Auch wenn der nächste Schock nicht lange auf sich warten lies – unser fahrbarer Untersatz war nicht durch die Inspektion gekommen. Ein paar Kleinigkeiten wie der defekte Blinker waren ja eingeplant gewesen, aber nun sind auch noch Stoßdämpfer und Bremsscheiben fällig – aber wir werden es machen lassen, so teuer ist es nun auch wieder nicht und das Auto hat uns sonst ja nicht im Stich gelassen.