Tesla Model S – ein ErFahrungsbericht

Zum Geburtstag hatte ich eine echte Überraschung vorgefunden: Einen Gutschein um einen ganzen Tag lang mit einem Tesla Model S zu fahren. Normalerweise bin ich ja nun echt kein Auto-Narr – sonst würde ich nicht so viel Laufen und Radfahren und hätte wohl mein Reservevehikel für alles was nicht mehr auf dem Rad machbar ist schon lange einmal erneuert. Stattdessen ist das Fahrzeug meist ein Stehzeug und es ist noch immer mein erstes Auto, das mich mittlerweile seit mehr als 16 Jahren begleitet. Dennoch kann und will ich mich auch nicht dem Trend zu moderner Mobilität verschließen – aktuell sind E-Autos nunmal eine überlegenswerte Alternative. Einige der ersten hatte ich mir ja schon auf kurzen Probefahrten angeschaut, etwa den Mitsubischi i-MieV bzw. den baugleichen Peugeot iOn. Tesla als das Unternehmen welches den Markt erst einmal so richtig aufgewirbelt hat und zeigt, dass man auch bei einem Elektroauto keine Abstriche machen muss stand bisher nicht zur Debatte. Immerhin gehört das Model S in die Premium-Klasse der Fahrzeuge – mithin für mich nicht wirklich finanziell attraktiv bzw. erreichbar (das Geld wäre mir auch ein wenig zu schade, weil das Auto ja dann doch wieder die meiste Zeit steht). Aber zu sehen was technisch möglich ist, das kribbelt einen dann doch.

Angeboten werden derartige Möglichkeiten durch die Firma nextMove, die haben sich auf die Vermietung von E-Fahrzeugen spezialisiert. Kleiner Haken an der Geschichte: die Vermietestationen liegen nicht wirklich bei mir ums Eck. Frankfurt oder Stuttgart sind die nächsten, das Netz soll aber beständig ausgebaut werden. Ich habe mich für Stuttgart entschieden, von dort ist es nicht weit auf die schwäbische und hügelige Alb, denn wenn man ein Fahrzeug ausprobieren will, dann ist Autobahn natürlich nur ein kleiner Anteil davon – richtig Spaß macht es für mich aber erst wenn es um die Kurven und Steigungen auf Landstraßen geht. Zudem möchte ich ja auch den Tag über was von der Landschaft haben.

Die Übergabe ist schnell erledigt, inklusive der Warnung wie potent das Fahrzeug ist – 386kW schlummern unter der Haube – im Vergleich zu unserem schon gut ausgestatteten Familienbomber Peugeot 5008 mit 120kW doch nochmal ein deutlicher Sprung und gar kein Vergleich zu den kümmerlichen 44kW die ich sonst nutze. Da ich mit der gesamten Familie unterwegs bin, folgt gleich ein erster Test auf Praxistauglichkeit – 2 Kindersitze, ein Kinderwagen und Familienmaterial für einen Tagesausflug müssen umgeladen werden. Ergebnis: Alles kein Problem, der Kofferraum ist zwar flach aber auch schön lang. Die Sitze passen sowieso in jedes Auto mit Dreipunkt-Gurt, noch einfacher wäre es mit ISOfix was auf der Rückbank durchgängig angeboten wird.

Die Sitzeinstellung ist nobel – alles natürlich elektrisch, ebenso die Einstellung fürs Lenkrad. Bei vielen Details merkt man, dass jemand mitgedacht hat – ausreichend USB-Buchsen zum Laden von Handys und natürlich bieten diese alle Schnellladen mit bis zu 2A an. Kein Vergleich zu der versteckten Buchse im Peugeot, die eigentlich nur zum Zufüttern von Musik per USB-Stick gedacht ist und nur langsames Laden zulässt. Gewöhnungsbedürftig ist der 17-Zoll-Bildschirm in der Mittelkonsole als zentrales Bedienelement. Schalter und Hebel gibt es nur für die allerwichtigstens Handgriffe beim Fahren: Wahlhebel für die Automatik, Tempomat, Blinker, Scheibenwischer und natürlich das Lenkrad.

Als Fernziel für den Tag haben wir uns den Blautopf in Blaubeuren gewählt, das liegt noch im Rahmen der 300 Inklusiv-Kilometer. Nach einer Runde um den Flughafen Stuttgart geht es dann erst mal ein kurzes Stück auf die Autobahn. Das macht richtig Spaß – innerhalb weniger Sekunden schwimme ich locker flockig und dennoch nahezu lautlos auf der linken Spur bei um die 160km/h mit. In Kirchheim unter Teck geht es runter von der Autobahn, auch weil auf der Rücksitzbank etwas gequengelt wird. Nachdem die Passagiere versorgt sind, geht es weiter – von nun an nicht mehr über die Autobahn sondern über die Landstraßen. Dabei habe ich meinen Spaß – hinter mir hängt ein Porsche-SUV – ich halte mich konsequent an die Geschwindigkeitsbeschränkungen, was offensichtlich beim Fahrer dahinter nicht auf ungeteilte Gegenliebe stößt. Am Ortsende ist mir das dann egal – kurzerhand wird das SUV im Rückspiegel immer kleiner … ich beobachte wie er merklich schalten muss und dennoch nicht hinterher kommt.

Die Serpentinen die nun folgen machen mit dem Elektromotor richtig Laune – kein mühsames Schalten – in die Kurve leicht reinrollen lassen und im Scheitelpunkt wieder beschleunigen. Auch auf der folgenden Bundesstraße macht das Auto eine echt gute Figur. Das Überholen von LKWs gerät zum Kinderspiel, kein langes Grübeln ob die einsehbare Strecke reichen wird, kein Schalten, einfach kurz schauen und dann zügig überholen. So nähern wir uns recht flott Blaubeuren. Nach etwas Suchen finden wir auch einen passenden Parkplatz. Zum Mittagessen geht es dann erst mal zu Fuß. In der Innenstadt kehren wir in der Brasserie Atelier ein, gemütlich und wir werden gut satt bei einer großen Portion Käsespätzle.

Nun machen wir uns aber auf zum eigentlichen Highlight, dem Blautopf, einer Quelle die durch ein gigantisches Höhlensystem gespeist wird und aufgrund ihrer Tiefe und der Reinheit des Wassers sehr schön blau schimmert. Es ist viele Jahre her, dass ich zum letzten Mal dort war. Im klaren Bach unterhalb der Quelle tummeln sich zahlreiche Forellen. Ein echter Hingucker für unseren Nachwuchs.

Bereits kurz nach dem Losfahren wird es auf der Rücksitzbank ruhig, die Kinder schlafen. Ursprünglich wollte ich eine der Ladestationen in Ehingen anfahren, laut Navi ist das aber nur für Gäste des dortigen Hotels möglich. Kurzerhand schwenken wir um und fahren über Blaustein an den Supercharger bei Ulm. Auch wenn die Restreichweite noch mehr als ausreichend ist, ausprobieren möchte ich es auf alle Fälle. Auf dem Weg kommen wir an vielen mir und teilweise auch Marion bekannten Stellen der Ulmer Laufnacht vorbei. Ich warte ja nur darauf, dass es endlich eine neue Auflage gibt, damit ich meinen Abbruch 2016 endlich einmal ausmerzen kann. Das rein elektrische Fahren macht weiterhin großen Spaß – und ich merke wie wenig ich eigentlich die tatsächliche Bremse nutzen muss, es reicht völlig ein wenig vom Gaspedal zu gehen. Rund 150m vorm Orstschild vom Gas gehen und reinrollen lassen, das klappt verdammt gut, dank der Rekuperation wird der Akku geladen und man hat sehr exakt die 50km/h am Ortsschild erreicht. Mit den meisten Verbrennern klappt das nicht so gut, ganz zu schweigen davon dass der Tank sich dabei natürlich nicht füllt.

Der Supercharger ist ein klein wenig versteckt, aber völlig verlassen. Klappe auf, Stecker rein und los gehts – mit 96kW wird der Akku geladen – allerdings nur anfänglich, für die letzten 20% wird die Leistung gedrosselt. Da wir gar nicht vollständig laden müssen, fahren wir bereits nach 20 Minuten weiter. Da wir noch Zeit haben, fahren wir eine etwas südlichere Schleife durch diverse kleine Ortschaften in Richtung Westen. Einige der Ortsdurchfahrten und bestimmte Querung erkenne ich auch hier wieder, die Strecke der Ulmer Laufnacht ist mir doch sehr gut im Gedächtnis geblieben. In Allmendingen erledigen wir noch einen Einkauf, Brot für den kommenden Arbeitstag. Da der Nachwuchs zwischenzeitlich wieder wach ist, steuern wir noch einen Spielplatz an.

Die vorletzte Etappe führt uns über die Bundesstraße und in die Dämmerung hinein gen Nürtigen, das Wetter spielt wunderbar mit – es ist sonnig und trocken, wenn auch etwas frisch. Aber auch das Betreiben der Heizung macht das Model S einfach locker mit. Beim Experimentieren mit dem Tempomat fällt mir auf wie intelligent dieser gebaut ist: anhand der Straßenerkennung und dem Lenkeinschlag nimmt er ggf. etwas Geschwindigkeit weg, im ersten Moment ungewohnt aber eigentlich kein dummer Gedanke. In Nürtigen wage ich noch etwas: Wir steuern mangels Parkplätzen ein Parkhaus an – das bietet zwar Ladesäulen an, aber es ist auch verdammt eng bis man an diese überhaupt heran kommt. Erst im zweiten Anlauf schaffe ich es die Kurve in die erste Etage zu nehmen. Die Pizzeria ist anständig wenn auch nichts weltbewegendes.

Es ist bereits recht spät als wir weiter fahren, die letzte elektrische Etappe des Tages – gefühlt möchte ich gar nicht mehr zurück zum Verbrenner. Wir fahren noch ein letztes Stück Autobahn wo ich es nochmal wissen will was möglich ist, bei 200 km/h lasse ich es dann aber bewenden – die Verbrauchsanzeige und die Restreichweite zeigen mir auch an: sparsam war das gerade nicht. Im Dunkeln packen wir wieder alles zurück in den Familienbomber und ich gebe mit leichten Tränen in den Augen den Schlüssel für den Tesla ab. Es ist gefühlt ein Schritt zurück ins letzte Jahrtausend, als ich den Verbrennungsmotor anlasse und der Bordcomputer sich mal wieder Zeit lässt beim Laden. Alles wirkt auf einmal sehr “zusammengestückelt und wenig durchdacht”, auch wenn es das mit Sicherheit nicht ist.

Fazit meinerseits: Der “Haben-Will”-Faktor ist noch größer geworden, ich ertappe mich dabei wie ich dann doch einmal nachschaue was der Wagen als Gebrauchtfahrzeug kosten würde. Leider sind selbst diese Preise nicht im kurzfristigen und auch im mittelfristigen Familien-Budget realisierbar. Es bleibt abzuwarten wie sich in den kommenden Jahren die Preise für Elektrofahrzeuge entwickeln werden. Einstweilen werde ich wohl weiter mit einem Verbrenner vorlieb nehmen müssen. Ich habe mir aber auf alle Fälle vorgenommen auch noch ein paar weitere Elektrofahrzeuge zu testen – denn über kurz oder lang stehen bei uns die Zweitfahrzeuge zum Ersatz an. Auf das große Familienauto werden wir wohl die nächsten Jahre auch nicht ganz verzichten können, die langen Strecken in Kombination mit dem Camping-Gepäck und ggf. noch einem Anhänger hintendran sind einfach noch die Domäne der Diesel. Für die sonstigen Distanzen wie den Einkauf oder den Weg zur Arbeit gibt es ja ÖPNV und Fahrrad.