Nach mehreren Jahren habe ich es wieder einmal geschafft mich rechtzeitig für den Indoor-Marathon in Nürnberg anzumelden. Erst sah es mal nicht ganz danach aus, denn das Handynetz auf dem Campingplatz in Verbindung mit Regenwetter ließen eine Buchung nicht zu. Ich dachte schon nicht mehr, dass ich noch einen Platz bekommen würde. Um so erfreulicher dass es am Folgetag dann doch noch klappt. So geht es dann dieses Jahr ein weiteres Mal nach Nürnberg, insgesamt zum dritten Mal nach Sommerurlaub und Stadtlauf. Da es auf Weihnachten zugeht ist auch ein Stopp beim Lebkuchenverkauf Pflicht. So treffe ich um kurz nach 14h am Samstag an der Landesgewerbeanstalt (LGA) ein und treffe eine gut gelaunte Petra Schuster, seit ich teilnehme die gute Seele des Laufs – immer gut drauf und sehr engagiert. Sie kommt gerade von der Streckenbegehung mit meinem Laufkollegen Erik zurück, er hat sich von meinen Schilderungen des Laufs nicht abschrecken lassen und möchte nun einmal selbst erlaufen wie das mit den Treppen und Gängen so ist. Auch ich mache mit dem Nachwuchs noch eine Runde und schlage Petra hinterher gleich einmal vor, einen Bambini-Lauf anzubieten. Beim Herbstlauf haben wir das in diesem Jahr erstmalig angeboten und sind förmlich überrannt worden. Beim Indoor-Marathon könnte ich mir das auch ganz gut vorstellen.
Untergekommen sind wir diesmal wieder im Five-Reasons, einem netten Hostel, das ideal zum Stadtlauf liegt, nämlich in direkter Sichtweite des Start-Ziel-Bereichs. Von dort machen wir uns dann auf den Weg durch die Innenstadt einige weitere Einkäufe zu erledigen, fast schon obligatorisch ist der Stop an der Brauerei Altstadthof, dort fülle ich unseren fränkischen Biervorrat wieder mit leckerem Rotbier auf. Leider ist die Gaststätte bereits rappelvoll und auch in den benachbarten Lokalen haben wir kein Glück. So versuchen wir es bei der L’Hosteria in der Pirkheimer Straße – Pizza und Nudeln wären ja prädestiniertes Carboloading. Leider ist auch dort schon alles besetzt, immerhin sind wir noch einige Meter spazieren gewesen und an der frischen Luft. Zum Abendessen geht es dann zur Läuferstammtischkneipe nach Ziegelstein zum Brezn‘ Wirt. Unter anderem bekannt für seine leckeren Spareribs vom Buchengrill. Auch wenn das jetzt nicht unbedingt das perfekte Läuferessen ist, so will ich mir die doch nicht entgehen lassen.
Am nächsten Morgen geht es dann wieder zur LGA, wir sind fast ein wenig knapp, aber es passt alles, zumal ich die Wege ja schon kenne – runter in den Keller zum Umziehen, dort treffe ich auch wieder auf Erik. Wir unterhalten uns noch mit einigen anderen Teilnehmern bevor es wieder aus den Katakomben ins Foyer geht. Dort treffe ich auf Helga und Heinrich, die ebenfalls gekommen sind um anzufeuern, Helga kennt den Lauf auch als Teilnehmerin, sie weiß also was auf dem Programm steht. Ebenfalls mit von der Partie ist, wie seit 15 Jahren und somit seit Anbeginn des Indoor-Marathons, Erwin Bittel alias Lionheart – unverkennbar mit seinem Crocodile-Dundee-Hut.
Recht zügig geht es dann auch zur Startlinie, ein wenig den Gang hinunter, die Halbmarathonis müssen eine Etage tiefer starten damit es alles streckenmäßig aufgeht und sich nicht alles so dicht auf dicht stapelt. Der Start ist dann etwas holprig, irgendwann meint jemand „es geht los“ und schon setzt sich das Feld in Bewegung – klarer Startschuss oder etwas dergleichen? – Braucht man bei dieser Veranstaltung nicht. Ich lasse es ganz bewusst etwas ruhiger angehen – als mehrfacher Teilnehmer weiß ich ganz genau, dass es auf den ersten Runde gerne einmal etwas vor den Treppenhäusern staut, das Läuferfeld verteilt sich dann aber erfahrungsgemäß doch recht schnell. Bereits in der ersten Runde überhole ich Erwin, ich kann mich noch an Läufe erinnern als er alle sechs Runden von hinten an mir vorbei gesaust kam. Im Foyer ist die Stimmung klasse und auch der zusätzliche DJ im Keller kurz vor dem Treppenhaus ist sehr praktisch – das schiebt einen nochmals zusätzlich die Treppen nach oben.
Damit ich mich nicht übermäßig quäle lasse ich bewusst den Blick auf den Rundenzähler sein, zumal die Zahlen am Anfang noch recht schnell durchscrollen, da das Feld noch beisammen ist. Zwischenzeitlich schaue ich dann doch einmal drauf und liege mit meiner Vermutung „irgendwo in den hohen 40ern als Reststrecke“ doch recht gut. Nach etwas mehr als einer Stunde ist auch die 40er Marke dann geknackt. Ich versuche weiterhin so lange wie möglich mich auf den Lauf und nicht auf die Rundenzahl zu konzentrieren. Dank guter Musik sowohl von Konserve als auch Live durch die Samba-Gruppe „Ritmo Candela“ geht das auch recht gut.
Ich fange dieses Jahr recht früh an mit der Versorgung – bereits kurz nach dem Start hatte ich doch etwas Durst, um so praktischer dass man alle 767m an der Versorgung vorbei kommt – wenn es dann gerade voll und man daher nicht elegant im Vorbeilaufen einen Becher greifen kann – kein Problem die nächste Runde ist ja nicht weit. Es bilden sich für mich halbwegs feste Rhythmen heraus – ungefähr alle sieben Runden überhole ich Erik und kurz darauf folgt Erwin. Zudem ungefähr jeder vierte Runde fällt mir Petra Schuster auf, sie macht eine Qualitätskontrolle des Laufs, wenn auch nur über 21,1km.
Schneller als gedacht erblicke ich die denn auch für mich die Halbzeit – 28 Runden liegen hinter mir – aber jetzt geht es mit dem Zählen abwärts. Wieder blende ich die Rundenzahlen aus und konzentriere mich ganz aufs Laufen. Nachdem es seitens der Halbmarathonis etwas ruhiger geworden ist, sind die Läufer der Downsyndrom-Staffel ins Rennen eingestiegen, in der Regel mit einem Betreuer sind sie unterwegs und werden von allen Athleten angefeuert und unterstützt. Es macht sich aber durchaus auf der Strecke bemerkbar, dass der Halbmarathon sich dem Ende neigt: Es wird sichtbar ruhiger in den Fluren. Immerhin macht der DJ weiterhin einen guten Job – mit „Whitesnake“ und „here I go again“ kommt er mir sehr entgegen – es spült bei mir prompt Erinnerungen an meine beiden Praxissemester in Nürnberg nach oben – passenderweise lief der Song zum Aufbruch ins zweite Praxissemester im Autoradio vor allem die Zeile „the only road I’ve ever known …“ trifft da den Nagel auf den Kopf – und wieder hat es mich dieses Jahr mehrfach nach Nürnberg verschlagen (geändert hat sich gefühlt nur das Fahrzeug). Aber jetzt gibt es noch eine andere „Road to travel“ – Flure rauf und Flure runter.
Gleich die nächste Runde gibts schon wieder Gänsehaut: „Toto“ mit „Hold the line“ – obwohl nicht „Africa“ sind bei der Stimme sofort die Erinnerungen an den Two Ocean Marathon präsent, damit verbunden auch jede Menge Energie zum Weiterlaufen, dort waren es ebenfalls jede Menge Höhenmeter (und ich ertappe mich wie es im Kopf im Treppenhaus hämmert Ou-Kap-Se! Ou-Kap-Se!) aber eben auch 56km. Da fühlt sich der Marathon gleich viel kürzer und machbarer an – Treppen oder Treppen her.
Auch in diesem Jahr kann man wieder schön beobachten, dass jeder Läufer seinen eigenen Laufstil bei den Treppen mitbringt – ich bleibe meinem „Watschelgang“ treu bei dem ich mit der Fußmitte immer nur die Kante der Stufen mitnehme – so kommt man die Stufen zügig und energieeffizient nach unten. Bergan muss ich mich immer etwas anpassen – oftmals staut es sich ein klein wenig, aber wenn das Treppenhaus frei ist nehme ich durchaus auch den Schwung die ersten Stufen mit nach oben.
Die Uhr geht auf die 2:30h-Marke zu – Helga und Heinrich halten noch immer tapfer durch und feuern mit meinem Nachwuchs zusammen kräftig an. Ich gebe Marion das vereinbarte Zeichen, dass ich langsam gerne meine Salztabletten gereicht hätte. In der nächsten Runde bekomme ich die dann auch in die Hand gedrückt. Das Döschen raschelt recht schön als ich den Flur hinunter laufe. Kurz vor dem Treppenhaus überrunde ich einmal wieder Erik. Gerade rechtzeitig vor der Versorgung werfe ich mir eine handvoll Satztabletten in den Mund – an Abzählen ist während des Laufens nicht zu denken. Dann gleich mit einem ordentlichen Becher Wasser runterspülen. Nach der Treppe das Döschen wieder abgeben – das funktioniert hervorragend. Einige Runden später verabschieden sich Helga und Heinrich, und auch Marion geht mit den Kindern los. Damit denen nicht langweilig wird, geht es zum Kinderkonzert von „Bummelkasten„, das praktischerweise am gleichen Wochenende in Nürnberg stattfindet. Für mich stehen zu diesem Zeitpunkt noch 15 Runden auf dem Plan. Also eine gut machbare Distanz.
Zusätzliche Power gibt es wieder durch Musik – „an Tagen wie diesen“ erinnert mich jedesmal an den Start der 100km in Biel – dort lief das Lied zum Start durch die Innenstadt. Innerlich läuft für mich aber auch schon der Countdown, als ich Erik wieder einmal einhole fragt er mich nach der Rundenzahl – da sind es nur noch zehn Runden für mich. In der zwölften Runde vor Schluss habe ich mir die erste Portion Cola als Motivation gegönnt. Jetzt gibt es das süße Getränk mit dem Koffeinschub alle drei Runden, das motiviert nochmal ganz erheblich. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es wohl deutlich unter vier Stunden bleiben wird, aber mit der 3:45 wird es wohl nicht ganz hinhauen. Aber eigentlich ist mir die Zeit gerade bei diesem Lauf ja zweitrangig. Ritmo Candela heizt nochmal eine Runde ein, mit den Samba-Rhythmen läuft es sich auch gleich nochmal lockerer.
Noch fünf Runden, ich beginne die Runden in zwei Teile zu zerlegen – noch x mal Treppe runter und noch y mal nach oben. Nicht vergessen noch genügend Cola dazu zu trinken und darauf achten dass jetzt nichts mehr anbrennt. Die Runden ziehen nun sehr schnell an mir vorbei, ich muss zwischenzeitlich sogar nochmals auf den Rundezähler schauen, damit ich mich nicht verzähle (das wäre jetzt einfach nur ärgerlich) aber es passt alles. Noch zwei Runden – langsam Zeit für den Endspurt – vorletzes Mal Treppe runter, vorbei an der Versorgung und die Treppe wieder hoch. Und weil es so gut gelaufen ist, das Ganze mit Schwung nocheinmal. In diesem Jahr komme ich gefühlt nach dem Treppenhaus auch in den lezten Runden immer wieder gut ins Laufen – das hatte ich deutlich schwieriger und anstrengender in Erinnerung – ich vemute mal, dass das Salz da doch einiges geholfen hat was den Elektrolythaushalt betrifft. Ein letztes Mal die Treppe hoch und dann zum Zielsprint ansetzen (aber nicht zuviel, denn am Ende des Ganges geht es vor dem Ziel nochmal scharf nach links). Ich laufe vorsichtshalber noch ein wenig weiter und versichere mich, dass es tatsächlich geschafft ist.
Ich gehe in Richtung Versorgung und trage mich schon einmal für die Massage ein. Dazu feuere ich Erik und Erwin noch ein wenig an. Wie ich mitbekomme bin ich sogar vor der ersten Frau im Ziel, das klappt sonst eher nicht. Der Sieger hat es aber selbst bei diesen schwierigen Bedingungen geschafft unter drei Stunden zu bleiben. Nach der Massage treffe ich auf Erwin, wir geben uns praktisch die Liege in die Hand. Auch bei ihm ist es gut gelaufen, ich habe ihn nach kurzem Zählen tatsächlich sieben Mal überrundet. In der Dusche treffe ich dann auch auf Erik – auch er hat den Lauf erfolgreich abgeschlossen. Da unsere Handys im Auto lagern können wir noch gar nicht schauen für welche Platzierungen es gereicht hat.
Da die Kindervorstellung noch nicht fertig ist und Marion während der Veranstaltung ihr Handy aus hat, machen wir uns auf dem Weg in diese Richtung mit dem ÖPNV. In der U-Bahn blättern wir dann auch die Ergebnisse durch, und da haut es mich doch sehr von den Socken: 3:47:02 – soweit so gut, aber das es für den 8. Platz gesamt gereicht hat und für den dritten in der Altersklasse hätte ich absolut nicht erwartet. Und das bei denkbar knappem Training und einem grippalen Infekt am Wochenende zuvor, ich will mir gar nicht vorstellen für was es wohl reichen könnte wenn ich entsprechend intensiveres Training mache (wobei das aufgrund des Laufkurses und dem Herbstlauf bei mir im zweiten Halbjahr einfach immer sehr schwierig ist). Erik erreicht bei seinem Debut Platz 39 gesamt und wird achter in seiner Altersklasse.
Zum Abschluss des Wochenendes gehen wir noch in der „Schäufele Wärtschaft“ essen und unsere Erfolge feiern. Genügend Kalorien für ein Schäufele haben wir auf alle Fälle verbrannt, wahrscheinlich auch für zwei. Mal sehen wann ich den Lauf mal wieder machen, denn lustig ist er auf alle Fälle und noch dazu gibt es eine Schönwetter-Garantie. Danke auch hier nochmal um das tolle Organisationsteam rund um Petra Schuster und an die unermüdlichen Helfer an der Getränkestation und die Putzkolonne die für eine stets rutschfreie Strecke im Keller gesorgt hat.