Es ist mal wieder ein ungerades Jahr, somit gibt es wieder einen Weltkulturerbelauf in Bamberg. Praktischerweise findet der Weinstraßen-Marathon ebenfalls immer nur jedes zweite Jahr statt und das in den geraden Jahren. Da beide im ungefähr gleichen Zeitfenster liegen bin ich immer wechselweise in Bamberg oder an der Weinstraße am Start. in Bamberg gibt es zudem immer ein Wiedersehen mit Helgas Lauffreunden, den Laufgruppe aus Nürnberg bei damals Lucent Technologies, wo meine ganze Lauferei ihren Anfang genommen hat.
Seit einigen Jahren hat sich einiges geändert, bin ich früher noch einfach sehr früh in Mannheim aufgebrochen und nach dem Lauf auch direkt wieder nach Hause gefahren. Mit der Familie geht das natürlich nicht mehr so ohne weiteres, das hat uns bereits der erste Familiendurchlauf 2015 (noch dazu bei durchgängig strömendem Regen) gezeigt. Bei der letzten Durchführung hatten wir daher eine Ferienwohnung etwas außerhalb, das hatte sich eigentlich bewährt, aber dieses Jahr war ich etwas zu spät dran. Daher sind wir diesmal mehrere Tage in der Jugendherberge direkt im Zentrum Bambergs untergekommen. Die Unterkunft ist von der Laufstrecke recht gut eingeschlossen, bereits bei der Anreise sehe ich die Kilometerschilder und einige Bereiche rund um die Herberge kommen mir auch recht vertraut vor.
Am Tag vor dem Lauf meint es das Wetter absolut nicht gut, es regnet fast ununterbrochen. Mit dem Shuttlebus fahren wir zur Abholung der Unterlagen – rund um die HDE-Halle ist mal wieder ein heiloses Chaos ausgebrochen was die Parkplätze betrifft. Mit etwas Abstimmung treffen wir Helga und Heinrich in der Halle. Ich besorge meine Unterlagen und einen original Muskelkater (Plüschtier) für Yann. Danach machen wir uns gleich wieder los. Normalerweise verteilt sich die Läuferschaft auf dem Gelände etwas, aber aufgrund des Regens muss man in der Halle die Läufer fast stapeln (immerhin ausreichend Hochregale wären vorhanden).
Eigentlich wollten wir zum Mittagessen beim Rixx vorbeischauen und uns eine leckere Currywurst schmecken lassen. Leider ist das Restaurant derzeit wegen Renovierung geschlossen. Daher ziehen wir mit Helga und Heinrich etwas weiter und landen im Restaurant Zeis. Sehr leckere fränkische Küche mit allerlei Leckereien, schön dass man nicht unbedingt auf die Kalorien achten müssen – die müssen am Wettkampf ohnehin wieder dran glauben. Etwas überraschend zahlen Helga und Heinrich dann für alle (was so nicht geplant war), daher auch hier nochmal: herzlichen Dank für die Einladung – wir müssen mal einen ansprechenden Lauf im Rhein-Neckar-Raum finden um uns zu revanchieren. Vielleicht wäre ja der Weinstraßenlauf im kommenden Jahr eine Option.
Helga und Heinrich fahren zurück nach Nürnberg (das ist ja nur ein Katzensprung im Vergleich zu unserer Fahrzeit nach Mannheim), da es immer noch regnet machen wir uns auf den Weg ins Bambados – dem Hallen- und Freizeitbad der Stadt Bamberg. Das kann sich echt sehen lassen, die Kinder haben definitiv ihren Spaß dabei. Meiner Erkältung hilft der Schwimmbadbesuch wahrscheinlich eher nicht, immer erhalte ich beim Toben mit dem Nachwuchs die ein oder andere unfreiwillige Spülung der Nebenhölen….
Der Wettkampftag beginnt ruhig und sonnig. Da der Start für den Halbmarathon erst am späten Nachmittag ist, können wir in aller Ruhe in der Jugendherberge frühstücken. Im Anschluss laufen wir gemütlich in die Altstadt, es sind nur wenige Gehminuten. Ich bin optimistisch und ziehe eine halblange Hose sowie ein kurzes Trikot an. Vielleicht ein wenig zu viel des Optimismus – es ist doch sehr frisch. Erstes Ziel ist die Maria-Ward-Schule, dort gibt es eine Kinderbetreuung mit Spielmöglichkeiten im Hof, wir sind allerdings deutlich zu früh und es ist noch nichts aufgebaut. So suchen wir uns ein Café in der Innenstadt um ein wenig aufzutauen. Zwischenzeitlich starten die Bambini und Schülerläufe, welche wir natürlich kräftig anfeuern.
Der zweite Besuch der Kinderbetreuung ist dann erfolgreich und sogar die Sonne lässt sich ein wenig blicken während die Kinder im Innenhof der Schule sich austoben, warm wird mir trotzdem nicht. Mit etwas Verspätung geht es zum Mittagessen – wir landen am Ende bei einem Lokal direkt neben dem Zeis, allerdings kann das in der Qualität absolut nicht mithalten – eigentlich will ich nichts mehr groß essen vor dem Wettkampf, bin dann aber doch wieder der Familienmülleimer und esse fast eine ganze Pizza mit reichlich Käse. Schon beim Essen merke ich, dass es wahrscheinlich keine gute Idee ist…
Auf dem Weg zum Start schauen wir uns noch die Samba-Band an der Strecke an – denen ist garantiert nicht kalt, im Gegensatz zu mir. Es ist immer noch sehr zugig und auch die Sonne hat sich wieder hinter die Wolken verkrochen. Das bestätigen mir auch Robert und Helga, die wir am angestammten Treffpunkt in der Nähe des Starts treffen. Noch ein kurzer Austausch über diverse Laufveranstaltungen und Erinnerungen, dass es auch mal verdammt warm war.
Bald darauf geht es in der Startblock – dort ziehe ich kurzzeitig sogar die Jacke aus, in der Menge ist es windgeschützt und vergleichsweise warm. Mit dem Vorrücken in Richtung Startlinie wird es allerdings wieder frischer und ich ziehe die Jacke wieder drüber. Dann sieht man zwar die Startnummer nicht aber besser als frieren. Nach dem traditionellen Böllerschuss zum Start dauert es fast fünf Minuten bis ich starten kann. Kurz nach dem Start hat sich Heinrich postiert, er ist mit seiner Videoausrüstung in der Menge immer sehr gut zu erkennen. Ich sortiere mich ein wenig ins Feld ein, aber wie ich merke habe ich mich mal wieder zu weit hinten angestellt. Aber so hat man immer eine Motivation wenn man Läufer überholen kann.
Nach dem ersten Kilometer wird mir langsam warm, es folgt die Bergwertung – bis Kilometer fünf geht es nun fast ständig bergan. Allerdings habe ich die Steigungen schlimmer in Erinnerung als sie mir diesmal vorkommen. Wahrscheinlich eine Nachwirkung der Strecke in Südafrika mit ihren langen und anstrengenden Pässen. Ehe ich es mich recht versehe haben wir den Michelsberg mit dem Kloster passiert. Die Strecke ist gut besucht und Menschen schieben einen förmlich die Steigung hinauf.
Es geht kurz bergab, aber dann auch gleich wieder aufwärts in Richtung Altenburg. Auch diese Steigung kommt mir diesmal halb so wild vor, ich hatte die deutlich länger und zäher in Erinnerung. Selbst das steilste Stück direkt vor der Burg an welchem ein Warnschild auf 25% Steigung hinweist kann ich durchgängig joggen. Gefühlt war ich noch nie so flott und vergleichsweise leicht da oben. Allerdings macht sich über die Kilometer auch das Mittagessen etwas unangenehm bemerkbar. Es rumpelt ganz ordentlich im Magen. Im Burghof gibt es noch einige Becher Wasser, richtig schön kalt. Das passt dem Magen absolut nicht und ich muss während der Strecke wieder nach unten kurz anhalten um den Magen wieder in den Griff zu bekommen, der Hustenanfall hat es doch ganz ordentlich in sich. Zudem will ein Teil des Kaffees vom Frühstück auch noch in die Freiheit. Alles absolut nix für eine Bestzeit, soviel ist mir klar. Aber man soll ja auch ein wenig die Strecke genießen. Immerhin geht es danach wieder deutlich besser und entspannter.
Nach fast zwei Kilometern bergab sind wir wieder in der Bebauung, das Publikum wird wieder zahlreicher. Mit Schwung geht es an die Steigung am Kaulberg, fast direkt an der Jugendherberge vorbei. Ein Drittel der Strecke liegt bald darauf hinter uns und nur wenige hundert Meter danach ist auch der Kaulberg bezwungen. Im Zickzack geht es nun wieder nach unten, direkt in den Stadtkern. Unterhalb der oberen Pfarre falle ich beinahe auf die Nase weil ich einen der unzähligen Steine im Kopfsteinpflaster falsch einschätze, kann mich aber abfangen und mit Schwung in die Kurven auf die Mühleninsel begeben. Rund um die Schranne stehen zahlreiche Menschen die Stimmung ist gigantisch. Gut dass man nach der Insel gleich nochmal hier vorbei kommt.
Es folgen einige Windungen durch die engen Gassen, das Feld ist mittlerweile entsprechend auseinander gezogen, so dass man hier keine Probleme bekommt. Hier erkennt man ganz klar weshalb es ein striktes Teilnehmerlimit gibt. Bevor es in den Hainwald entlang des Regnitzarms geht gibt es nochmal eine Versorgungsstation. Ich greife wieder beim Wasser zu. Der Magen gibt mittlerweile größtenteils Ruhe, allerdings macht sich eine Etage tiefer nun ein Grummeln breit, was mir gar nicht gefällt. Ich halte daher Ausschau nach einem der blauen Dixi-Häuschen, sehe aber weit und breit keines. Außerdem ist es ja nicht mehr weit, das sollte doch auch ohne weiteren Pit-Stopp klappen.
Die Strecke führt nun recht flach und auch vergleichsweise ruhig durch den Luisenhain an den Wendepunkt bei Kilometer elf. Dort stehen wieder jede Menge Menschen und auch eine Band, welche ordentlich Schub für den Rückweg gibt. Es geht entlang des rechten Regnitzarms wieder auf die Stadt zu. Bei Kilometer zwölf gibt es nochmals eine Wasserstelle und noch viel wichtiger: Es gibt einen Tempel der Erleichterung, ich erspähe eines der mobilen Toilettenhäuschen. Das kostet zwar Zeit aber die Nachricht aus dem Unterleib ist klar: Schaff mal Platz hier, sonst gibt es ein Unglück. Es dauert ja denn auch wirklich nicht lange bis ich wieder auf der Strecke bin, deutlich erleichtert und ich kann mich auch wieder auf den Lauf konzentrieren. Je näher wir der Stadt kommen um so belebter wird es am Ufer – unzählige Menschen säumen die Strecke.
Noch ist die Strecke flach und die Kilometer ziehen recht flott an mir vorbei. Erst kurz vor Kilometer 15 geht es vom Ufer weg wieder etwas nach oben. Aber auch dieser Wechsel macht mir vergleichsweise wenig aus. Zudem lockt nach einigen Kurven durch die Bebauung ein echtes Highlight der Strecke: Die Brauerei Schlenkerla mit ihrem berühmten Rauchbier bietet eine Versorgung an. Im Lauf lasse ich mir den Radler schmecken – besser als jedes reguläre Iso-Getränk. Der wenige Alkohol geht zwar gefühlt direkt in die Blutbahn, ist aber genauso schnell wieder abgebaut.
Die nun folgende Strecke durch die Gassen der Innenstadt ist wieder recht flach, kurz vor dem bekannten „Kranen“ am Hafen hat sich Marion mit dem Nachwuchs postiert. Nur eine Kurve weiter sehe ich wieder das markante Stativ von Heinrich samt Video-Kamera, einmal kurz Lächeln und Winken. Nur noch knapp vier Kilometer liegen vor mir. Allerdings weiß ich auch, dass da noch ein Anstieg am Bischofsberg zu bewältigen ist. Bis dahin sind es aber noch zwei Kilometer durch die Altstadt. Das Publikum feuert weiterhin kräftig an. Gefühlt war das beim letzten Mal sogar noch ein wenig mehr, aber bei dem weiterhin sehr kalten Wind sitzen natürlich nicht so viele Leute in den zahlreichen Biergärten.
Punktgenau mit Kilometer 19 geht es an den letzten der sieben Berge des Laufs. Auch ich hatte an dieser Stelle aufgrund falscher Strategie schon ordentlich zu kämpfen, diesmal allerdings merke ich zwar die Steigung, aber ich kann sie doch recht locker nach oben joggen. Im Kopf hämmert die Erinnerung aus Südafrika dazu „Ou Kaapse, Ou Kaapse, Ou Kaapse …“. Mit der mentalen Vorstellung dieser Passstraße mutiert der Bischofsberg zu einem kleinen Hügel. Nach einer kurzen Schleife auf dem Plateau geht es dann wieder über den Domplatz vorbei am Dom recht steil und auf Kopfsteinpflaster auf das historische Rathaus mit der oberen Brücke zu. Man muss nun verdammt aufpassen auf dem historischen Pflaster nicht falsch aufzutreten.
Die Anfeuerungsrufe aus dem Publikum katapultieren einen förmlich über den letzten kleinen Anstieg auf der Brücke zum Torbogen am Rathaus. Es folgt die Fußgängerzone in der es trotz des Wetters sehr belebt ist. Ich nehme nochmal die Beine in die Hand für einen Zielsprint, es sind noch wenige hundert Meter bis zum Maximilliansplatz. Auf der Zielgeraden mache ich nochmal einige Plätze gut. Das muss ich nach dem Zieldurchlauf etwas büßen, ich bekomme wieder einen Hustenanfall der sich gewaschen hat, aber jetzt ist ja auch alles gelaufen. Nach einigen Minuten geht es denn auch wieder und ich kann die Zielverpflegung genießen. Laut Uhr im Ziel sind es 1:51h brutto. Netto sind es dann 1:47:24 und somit Platz 767 im Gesamteinlauf. In der Altersklasse reicht es für Platz 136, womit ich das vordere Drittel knapp verfehle, für das es in der Gesamtwertung doch noch gereicht hat. Angesichts der äußeren Umstände bin ich zufrieden, auch wenn ich weiß dass da eigentlich mehr drin wäre.
Nach dem Wiederfinden der Familie geht es nochmal zur Maria-Ward-Schule, dort gönne ich mir noch eine Massage. Die Kinderbetreuung ist leider schon fast vollständig abgebaut. Aber auch dort hat sich die Beteiligung angesichts der kühlen Witterung in Grenzen gehalten, eigentlich schade, denn das Team bietet dort echt einiges für alle Altersklassen. Der Weg zu den Duschen und zum Auto entfällt diesmal, stattdessen können wir zur Jugendherberge gehen, sozusagen der achte Berg für diesen Tag, auch wenn es nur nochmal ein Stück den Kaulberg hinauf ist.
Fazit: Der Lauf ist jedesmal sehr gut organisiert (auch wenn ich später erfahre, dass es beim Broselauf über 10,9km wohl einige Fehlleitungen gab und daher rund 12km gelaufen wurden). Ich will auf alle Fälle versuchen in zwei Jahren wieder dabei zu sein, dann aber mit etwas besserer Planung und Taktik: Pizza so direkt vor dem Lauf werde ich wohl nicht mehr machen, und auch ggf. wärmere Bekleidung und zur Not nochmals vorher umziehen. Natürlich wäre auch passendes Maiwetter mit deutlich zweistelligen Temperaturen und Sonnenschein eine Maßnahme.