Ungerade Jahreszahl – daraus folgt: Es findet ein ganz besonderer Lauf statt: Der Weltkulturerbelauf in Bamberg. Heuer war ich zum 5. Mal dabei, der Lauf ist mittlerweile fest im Kalender eingeplant. Einplanen muss man unter Anderem auch die Anmeldung. Die Teilnehmerzahl ist stark limitiert, für den Halbmarathon als Königsdistanz sind nur 3000 Startplätze verfügbar. Pünktlich nur wenige Minuten nach der Freischaltung der Anwendung merkt man das auch ganz deutlich: Der Server ist total überlastet – immerhin muss man heute keine Nachtschicht mehr einlegen um ab 0:00h die Registrierung zu starten – ab 6h in der Frühe ging es diesmal los.
Die letzte Teilnahme habe ich in wenig guter Erinnerung, was nicht an den Organisatoren lag sondern vielmehr am Wetter. Es hat damals genau einmal am Tag geregnet – von morgens bis Abends ohne irgendwie auch nur aufhören zu wollen. Für die Fans natürlich absolut bescheiden, zumal Marion damals zum ersten Mal ausprobiert hat wie es mit Kinderwagen und kleinem Kind klappt eine Laufveranstaltung zu besuchen. Alles andere als angenehm, zumal auch die vielen Cafés und Restaurants dann natürlich zu hatten, der Lauf ist ja Sonntags.
Diesmal sieht es deutlich besser aus, und wir haben auch etwas mehr Zeit eingeplant: Durch den Maifeiertag ergibt sich ein verlängertes Wochenende. Diesmal fiel die Entscheidung auf eine Ferienwohnung im nahegelegenen Bad Staffelstein. Insgesamt eine gute und vor allem günstige Entscheidung im Vergleich zu den Hotels in Südfrankreich. Die Anfahrt am Freitag Abend ist etwas anstrengend, es herrscht auf vielen Strecken Stau, daher führt uns unsere Route erst einmal über den Odenwald auf den verschiedenen Landstraßen. Immerhin steht man nicht, aber es ist auch deutlich anstrengender zu fahren. Ab Würzburg geht es dann nur noch Autobahn und Bundesstraße, beides gut ausgebaut wenn man von einigen Baustellen absieht.
Samstag hole ich meine Startunterlagen im Hafen von Bamberg ab. Das Park-Chaos rund um die Ausgabehalle ist gigantisch, um so sortierter geht es dann an der Ausgabe zu – diese findet praktischerweise in einem Logistik-Zentrum statt – wenn man dort nicht weiß wie man Warenströme und Abholer zusammenbringt wäre es ein Armutszeugnis. Das Team ist super eingespielt und man hat innerhalb kürzester Zeit seine Unterlagen. Für Glen gibt es noch das Maskottchen des Laufs – den Muskelkater in Plüsch.
Während ich die Beratung eines Sporthändlers nutze, treffen auch Helga und Heinrich in der Halle ein. Wir beschließen in die Innenstadt zu laufen um dort die traditionelle Currywurst vor dem Lauf im Rixx zu essen. Der Shuttle-Service fährt nur alle halbe Stunde, daher nutzen wir die Gelegenheit und spazieren mit Kinderwagen bis in die Innenstadt – übermäßig weit ist es ja nicht. Die Currywurst ist wirklich sehr zu empfehlen – man könnte wohl mehrere Tage dort verbringen bis man alle Variationen einmal verkostet hat. Helga und Heinrich machen sich auf den Heimweg nach Nürnberg, wir besichtigen noch die Altstadt und den Dom. Zudem komme ich endlich einmal zu einer neuen Badehose – da wir ggf. am Montag ins Hallenbad wollen und ich meine Hose vergessen habe. Noch herrscht in der Stadt geschäftiges Treiben, kaum etwas zu sehen von einer Laufstrecke oder etwaigen Vorbereitungen. Hut ab vor der Mannschaft die hier wohl in den Abend und Morgenstunden richtig anpackt und alles aufbaut.
Am Sonntag sind optimale Laufbedingungen, wir sind rechtzeitig in der Stadt um noch ohne Probleme ein Mittagessen, für mich den obligatorischen „Kloß mit Soß“, einzunehmen. Bis zum Start des Laufs sind es noch einige Stunden hin. In der Nähe des Starts machen wir es uns daher auf einer Wiese gemütlich. Wie verabredet ist rund 45 Minuten vor dem Start der harte Kern von Helgas Lauffreunde am vereinbarten Treffpunkt, Helga, Robert, Thomas und meiner einer wollen die 21,1km bewältigen. Marion, Heinrich und Glen übernehmen die Support- und Doku-Aufgaben zum Lauf.
Insgesamt habe ich kein übermäßig gutes Gefühl was meine Vorbereitung für den Lauf betrifft, das Training ist aktuell vergleichsweise langsam und in der Regel komme ich auch nur zweimal pro Woche zum trainieren. Immerhin gibt mir die tägliche Radstrecke von insgesamt 40km pro Tag genügend Kondition um auch längere Strecken bewältigen zu können. Aber egal – es geht an den Start, traditionell wird dieser durch einen Böller-Salut-Schuss gestartet. Bis ich über die Startlinie komme vergehe schon einmal fast 6 Minuten.
Jetzt heißt es einpendeln was die Geschwindigkeit betrifft – immerhin der erste Kilometer ist noch flach bevor es ab dem 2. Kilometer kontinuierlich bergan bis an die alte Burg oberhalb der Stadt geht. Im Flachen erreiche ich beinahe die 4:30 min/km eigentlich also deutlich zu schnell. Auf den Steigungen werde ich natürlich langsamer, auch wenn es immer wieder kurze Stücke bergab geht. Meine Waden melden bereits nach Kilometer drei erste Bedenken an. Ich motiviere mich damit, dass es ja nur noch 2 Kilometer bis zum höchsten Punkt der Strecke sind und es danach erst einmal abwärts geht. Auf dem letzten Anstieg vor der Burg verfalle ich wie viele Andere um mich herum ins Gehen. Das ist genauso schnell, schont aber die Energiereserven. Die Stimmung ist wie immer großartig, entlang der Strecke stehen immer wieder Menschen und feuern tatkräftig an.
Im Burghof schnell einen Becher Wasser abgreifen bevor es auf das Stück bergab geht. Dort schütte ich schon mal reichlich Wasser aus meiner Flasche in mich hinein um den Muskeln wenigstens ein wenig Erhohlung zu gönnen. Die Kilometer fliegen geradezu an mir vorbei, aber bereits in der Bebauung werde ich wieder langsamer – es gilt einen der vielen kleinen, gemeinen Anstiege zu bewältigen. Kurz vor der Überquerung der Regnitz in Sichtweite des Rathauses erscheint schon Kilometer 8 – das Schild für den 7. km habe ich wohl übersehen. An jeder Ecke stehen Zuschauer und feuern mit allem an was Lärm macht: Stimme, Trommeln, Kochtöpfe, Ratschen, usw.
Mehr als ein Drittel ist geschafft und nach ein paar weiteren Schwenks und kleinen Anstiegen folgt ein längeres Stück Regenerationsstrecke. Es geht durch den Theresienhain und Luisenhain auf der Insel zwischen den beiden Regnitz-Armen. An der Wasserstation versuche ich nochmal Wasser zu bekommen, erst beim dritten Versucht klappt es dann auch den Becher so zu greifen, dass er nicht gleich wieder wegflutscht. Die Strecke ist nun fast durchgängig flach und die Menschenmassen sind nicht mehr so dicht wie in der Innenstadt – Zeit etwas zu regenerieren und das schöne Wetter zu genießen.
Kurz vor dem östlichen Wendepunkt sind 12 km erreicht, ab jetzt beginnt der Countdown. Nur nicht übermütig werden, denn ich weiß ja, dass der Domberg noch vor mir liegt. Ein Blick auf die Kilometerzeiten sagt: Alles ok, etwa um die 5 min/km – im flachen natürlich etwas schneller, auch wenn langsam die Beine schwer werden. Dagegen hilft die Erfrischung bei Kilometer 13. Nun geht es wieder in Richtung Innenstadt, je näher man kommt um so bevölkerter wird die Strecke – bisher habe ich Marion und Glen noch nicht gesehen, wobei es auch unwahrscheinlich wäre, dass sie so weit außerhalb stehen – man muss ja auch an diese Plätze erst einmal hinlaufen.
Es ist in der Sonne doch recht warm, von daher bin ich dankbar für die kommende Wasserstation samt kurzer Dusche. Noch ist es flach am Ufer entlang, das ändert sich erst bei Kilometer 15, hier heißt es dann: Weg von der Regnitz, rein in die Bebauung. Mit ein paar Schlenkern geht es auf ein Highlight der Strecke zu: Die Brauerei „Schlenkerla“ schenkt zum Lauf ihr berühmtes Rauchbier aus. Da es leider kein Iso-Getränk gibt, kommt mir das Bier gerade recht als Energielieferant. Ich verfluche zwar wenige Schritte danach den Alkoholgehalt des Getränks, aber bereits nach Überqueren der Regnitz-Brücke ist schon alles wieder verdampft. Noch knappe 3 Kilometer samt Domberg liegen noch vor mir.
Die Strecke durch die Altstadt ist sehr anspruchsvoll, fast durchgängig nur Kopfsteinpflaster – ich ärgere mich ein wenig über meine ausgelatschten Schuhe die ich wahrscheinlich schon vor zwei Jahren hier getragen habe. Am Vortag habe ich leider keine passenden gefunden. Am berühmten Kranen am Regnitzufer hat sich Heinrich mit der Kamera positioniert, kurz lächeln und winken – im Kopf bereite ich mich schon auf den Berg vor. Noch einige Kurven, dann ist es auch schon soweit – direkt nach dem Kilometerschild 19 beginnt der letzte große Anstieg. Ich habe noch genügend Kraft um hier nicht gehen zu müssen – das kenne ich von anderen Jahrgängen hier auch deutlich anstrengender. Mit den Anfeuerungsrufen schiebt es mich förmlich den Berg nach oben, vorbei am Dom auf einen kleine Schleife und danach wieder zurück auf die Zielgerade.
Auf dem Weg nach unten hat man die Gewissheit: Es ist nicht einmal mehr ein Kilometer bis ins Ziel. Kurz vor dem Rathaus steht dann auch Marion mit Kinderwagen und Glen. Das beflügelt für den letzten kleinen Anstieg über die Rathaus-Brücke. Nun geht es noch durch die Fußgängerzone, die Strecke ist gesäumt von Menschen. Ich mobilisiere nochmal was ich an Energie übrig habe – jetzt ist Ankommen ja definitiv kein Problem mehr. Um mich herum sauge ich mich noch an einige Läufer heran. Das Feld ist vergleichweise noch gut besetzt als ich durch den Zielbogen laufe.
Die Zielverpflegung in Bamberg ist ein absoluter Traum: Bananen, Äpfel, Isogetränk, Wasser, alkoholfreies Weizen und jede Menge Leckereien der Bäckerei Fuchs als einer der Hauptsponsoren. Marion und Glen treffen kurze Zeit später am Ziel ein. Meine Uhr weißt etwas von ca. 1:42h für den Halbmarathon aus, das ist etwas besser als ich es erwartet hatte. Leider habe ich in diesem Moment meine früheren Zeiten nicht im Kopf. Aber macht ja auch nichts – Halbmarathon geht also noch recht gut auch wenn es hügelig ist.
Um den bekannten Problemen mit dem knappen Shuttle-Bus-Angebot (nur bis ca. 2h nach Zielschluss) entgegen zu wirken, macht sich Marion auf den Weg zum Auto, während ich die Massage und die Dusche aufsuche. Das klappt sehr gut, ich werde in der Nähe der Duschen abgeholt – so einen Service hat man nicht alle Tage.
Zum Abendessen geht es nach Bad Staffelstein zum „grünen Baum“ – die Qualität und der Preis sind absolut top, nur der Service ist etwas überfordert mit dem Ansturm des Sonntags – so muss ich doch recht lange warten bis ich meinen Hunger vom Laufen stillen kann. Zwischenzeitlich sind die Ergebnisse online – 1:42:35 und damit rund 2 Minuten langsamer als vor zwei Jahren (ob man bei schlechtem Wetter also schneller läuft?) 413er im Gesamteinlauf, 402. Mann im Ziel und immerhin Platz 75 in der Altersklasse. Für den Trainingsaufwand absolut im Rahmen, auch wenn mich das knappe Verfehlen einer neuen Bestzeit natürlich schon ein wenig fuchst.
Am nächsten Tag haben wir in der Wohnung dann zwei Muskelkater – den aus Plüsch und meinen in den Waden. Natürlich absolute Traumbedingungen für das Einladen des Gepäcks – immerhin mit jedem Mal in den ersten Stock fällt das Laufen schon wieder leichter. Zusätzliche machen wir noch einen Besuch im Spaßbad „Aqua Riese“, bei dem Glen mit dem Drang zum Rutschen auch für weiter regelmäßige Bewegung und Treppensteigen sorgt.
Für in zwei Jahren steht der Lauf schon wieder im Kalender, auch wenn der genaue Termin noch nicht bekannt ist. Dann hoffentlich mit etwas mehr Training und einer neuen Bestzeit.