Recht kurzfristig habe ich mich entschieden am Halbmarathon in Oggersheim teilzunehmen, meine übliche sonntägliche Trainingsgruppe ist aus verschiedenen Gründen nicht zusammen gekommen und alleine Laufen macht bekanntlich weniger Spaß und man kann sich schwerer überwinden doch etwas zu machen. Die Idee mit der Teilnahme kam mir gerade noch rechtzeitig – rund 15 Minuten vor Anmeldeschluss habe ich mich registriert. So knapp war es seinerzeit noch nicht einmal beim Nürnberger Stadtlauf 2014, aber auch dort kam eine gute Zeit raus. Der Preis für den Lauf ist mit 10 EUR echt human, vom EUR/km-Quotienten liegt er fast so gut wie Pyramides Noir.
Die Anfahrt nach Oggersheim ist nicht weit, das ist ein absoluter Vorteil bei Läufen in der Region. Dennoch verfahre ich mich prompt auf dem Weg zur Turngemeinde Oggersheim 1880. Just-in-time erreiche ich den Start – noch rund 10 Minuten bleiben um die Startnummer abzuholen und sich bereit zu machen. Im Startbereich unterhalte ich mich dann recht gut mit einigen anderen Läufern. Aufgrund der Pandemie müssen wir mit Abstand starten und wer hohe Startnummern hat wie die Nachmelder startet eben recht weit hinten. Die Strecke hatte ich mir vorab nur grob angeschaut und die Veranstaltung heißt ja eigentlich auch „Berglauf“ wobei der höchste Punkt der Michaelsberg mit sagenhaften 125 m üNN. ist, die Rheinebene rund um Mannheim Ludgwigshafen liegt ungefähr auf 100 m üNN. (mal etwas mehr mal etwas weniger), also bei weitem kein Anstieg wie am Rennsteig oder in Kapstadt.
Pünktlich um 10h kracht der Startschuss und das Feld setzt sich in Bewegung – bis ich dann über die Startlinie gehe sind schon fast drei Minuten vergangen. Aber es ist ja Netto-Zeitmessung und auf einen Podesplatz brauche ich ja ohnehin nicht spekulieren – da gibt es Spezialisten die sind auf der Halbmarathonstrecke schneller als ich. Es geht auf die erste von zwei Runden durch den Maudacher Bruch. Es fühlt sich gut an einmal wieder mit vielen Leuten zu Laufen, das Feld ist gut besetzt aber nicht gedrängt. Ich finde recht schnell mein Tempo und pendle mich bei um die 4:45 min/km ein, als Marke hatte ich mir mal unter/bis ca. 5 min/km vorgenommen. Insgesamt soll der Lauf ja nur ein Ersatz für mein entfallendes Training sein.
Der Wind ist recht kühl und böig durch die Felder, es dauert also ein wenig bis ich warm gelaufen bin. Recht schnell erreichen wir die Unterführung der A650 und kurz danach beginnt die eigentliche Runde. Die Kilometerschilder weißen schon bald den zweiten Kilometer aus. Die Strecke führt nun schön durch den Wald des Maudacher Bruchs, das hat den Vorteil, dass der Wind doch recht gut abgehalten wird. Kurz vorm Ortsrand von Maudauch wird die Strecke kurz etwas anspruchsvoller – es gibt eine kurze Passage altes Kopfsteinpflaster, fast wie in Nürnberg rund um die Lorenzkirche. An den verschiedenen Kreuzungspunkten stehen Helfer und Zuschauer, das motiviert zusätzlich. Meinen Vereinskollegen Erik hole ich kurz vor der 4km Marke ein, danach muss ich noch einen technischen Stopp machen, in der Hektik vor dem Start bin ich nicht mehr aufs Klo gekommen – aber der Maudacher Bruch bietet ja genügend Bäume und Hecken.
Am Michaelsberg gibt es ein Gabelung – hier teilt sich die Strecke kurzzeitig für die 10km Berg-Läufer und die Halbmarathonis – für die Bergläufer geht es über den Berg – der Halbmarathon darf noch ein paar zusätzliche Kilometer sammeln. Kurz nach Kilometer 5 ist dann auch der Wendepunkt erreicht, jetzt führt die Strecke erst einmal wieder zurück zum Sportplatz. Dabei muss man ein wenig aufpassen, denn es gibt ein ganzes Wegenetz mit allerlei Abzweigungen und Kurven – aber es stehen an jeder Stelle Helfer bereit die einem dem Weg weißen, kurz vor Kilometer 6 wird es dann auch wieder voller auf der Strecke – die 10km-Läufer fädeln wieder ein. Die Strecke führt nunmehr am Waldrand entlang, hier ist der Wind doch recht deutlich zu spüren, auch wenn er gefühlt wenigstens nicht mehr so sehr von vorne kommt. Ich nutze die Chance und ziehe meine Jacke aus – immerhin habe ich ja noch ein langes Trikot drunter – andere Läufer sind in kurz unterwegs – das wäre mir noch deutlich zu frisch.
Bei Kilometer 8 kommt dann wieder Abwechslung auf – es gibt eine Brücker über einen der Kanäle und auch eine Art U-Turn. In diesem Bereich wird gerade auch kräftig gebaut, daher sieht mir die Schleife fast nach einer Umleitung aus. Hier sind auch gefühlt die einzigen stärkeren Steigungen in der ansonsten flachen Strecke zu verzeichnen, es geht über einige Dämme, diese Steigungen fallen in die Kategorie „kurz und knackig“. Kurz nach dem Hügel geht es dann auch schon wieder unter der Autobahn durch auf die Pendelstrecke.
Dort halte ich ein wenig Ausschau nach den entgegenkommenden Läufern, das ist der Vorteil der Pendelstrecke – man bekommt zu Gesicht wer vor einem liegt und vor allem wie lange sich das Feld schon auseinander gezogen hat. Für mich wird recht bald klar: die zweite Runde wird deutlich ruhiger, hoffentlich nicht zu einsam. Mit Schwung nehme ich die Runde durchs Stadion und an der Zeitmessung vorbei – dort stehen etwas mehr als 50 Minuten auf der Uhr, ich bin also gut in der Zeit. Auf meine eigene Uhr kann ich mich derzeit nicht ganz verlassen – aus irgendeinem Grund zeigt sie rund 3km zu viel an. Wie ich später sehe ist die GPS-Initialisierung wohl etwas daneben gegangen und daher wild in der Gegend herum gesprungen. Daher muss ich mich ganz klassisch auf die Kilometerschilder an der Strecke verlassen. Immerhin die aktuelle Pace die mir angezeigt wird stimmt wohl und die liegt immer noch unter 5 min/km. Noch dazu gibt es aufmunternde Musik – während ich wieder aus dem Gelände hinaus laufe habe ich „Don’t stop belivin von Journey im Ohr“ – wenn das mal keine Aufforderung ist die Füße in die Hand zu nehmen.
Wie zu erwarten war wird es nunmehr etwas ruhiger, fast schon einsam auf der Strecke – als ich das Sportgelände verlasse habe ich wenigstens noch einen Läufer neben mir, einige hundert Meter sind wir gleichauf und ich bin schon fast versucht ihn einfach ziehen zu lassen, kann mich aber dann doch durchsetzen. In der Entfernung sehe ich flüchtig den nächsten Läufer vor uns – das ist eine verdammt große Lücke und ich bin mir zu diesem Zeitpunkt absolut unsicher ob ich ihn einholen kann (und will). Dafür belohnt mich kurz nach dem Einschwenken auf die Runde ein Kilometerschild – 12km sind schon hinter mir, das 11km-Schild habe ich wohl irgendwo übersehen. Es geht nun wieder durch den Wald und ich sehe, dass der Sturm der letzten Tage auch hier einige Schäden hinterlassen habe – im Ziel werde ich erfahren, dass ein fleißiges Helferteam die Strecke stellenweise freiräumen musste damit der Lauf überhaupt stattfinden konnte.
Es geht wieder vorbei am Schützenverein, auch die sind fleißig am Üben wie man hören kann. Kurz danach geht es wieder übers Kopfsteinpflaster – 14km stehen zu Buche – also nur noch ein Drittel der Strecke zu bewältigen. Der Läufer vor mir ist gefühlt näher gekommen aber noch immer nicht in Überholreichweite. Mit Kilometer 16 ist auch wieder der Wendepunkt erreicht, der Wind steht jetzt wieder mehr im Rücken, das gibt doch nochmal einen Schub. Bald darauf ist auch der Michealsberg umrundet. Auf der Strecke entlang der Felder kann ich mich zusehends weiter an den Läufer vor mir heran schaffen. Immer im Hinterkopf, dass ich ja noch knapp 4km durchhalten muss – jetzt nur nichts überstürzen. Kurz vor Kilometer 19 ist es dann soweit und ich kann überholen, heißt aber jetzt auch für die letzten zwei Kilometer nicht mehr nachlassen. Dazu kommen dann noch die bekannten „kurz und knackig“-Steigungen bevor es auf die Pendelstrecke geht. Aber es geht alles glatt – die Distanz zwischen mir und dem Mitläufer wird zusehends größer.
Kurz vor der Autobahn gibt es nochmal Aufmunterung durch den Streckenposten „jezat nur noch kerzä grad aus“ (für die nicht Kurpfälzer: ab jetzt geht es nur noch kerzengerade aus). Die Pendelstrecke liegt etwas offener, daher wird es jetzt nochmal ein wenig unangenehmer, auch wenn ich weiß dass ich auf dem letzten Kilometer bin. Leider habe ich keine zusätzlichen Läufer mehr vor mir, ich muss mich also selbst motivieren, aber das kenne ich ja durchaus schlimmer von Veranstaltungen wie dem Rennsteig oder sonstigen Ultras. Mit ordentlich Schwung geht es auf die letzte Runde durchs Stadion, hier gebe ich nochmal richtig Gas bis ins Ziel. Die Uhr zeigt 1:44h als in in den Zielkanal einlaufe – das sieht alles recht gut aus, vor allem für einen derartig kurzfristig eingelegten Halbmarathon.
Im Ziel muss ich noch etwas warten bis Erik eintrifft, aber es gibt ja reichlich warmen Tee und auch alkoholfreies Weizenbier für die Finisher. Insgesamt ein kleiner aber recht gut gemachter Lauf. Etwas besseres Wetter und weniger Corona-Auflagen würden der Veranstaltung wahrscheinlich helfen noch mehr Läufer anzuziehen. Ich werde mir den Lauf einmal vormerken, denn so ein kleiner Halbmarathon als Abwechslung zum üblichen Training ist ja nicht verkehrt. Am Ende lande ich auf Platz 28 von 108 Teilnehmern, Platz 26 bei den Männern und Platz 8 in der Altersklasse. Zudem habe ich auch mal wieder einen negativen Split hinbekommen – ich war auf der zweiten Runde schneller als auf der ersten, insgesamt war ich 1:41:36 unterwegs.