Vom Sinn und Unsinn von Regeln und Verordnungen

Dass ich bei Verordnugnen, Geboten und auch Gesetzen stets misstrauisch bin und auch immer wieder mal den Sinn einer Regelung hinterfrage ist nichts Neues. Leider habe ich schon zu oft auf Granit gebissen damit. Auch und in besonderer Unsinnigkeit bei meiner ehrenamtlichen Tätigkeit im THW. Dort hat man den Gedanken aus Amerika schon vollständig inhaliert, assimiliert und verfeinert. Für jeden Pups braucht es jetzt ein Gutachten und wenn möglich sogar eine Fachkraft.

Auf solche Ungereimtheiten stoße ich in letzter Zeit auch immer wieder, mag sein, dass es auch daran liegt, dass ich jetzt im Berufsleben an einer weiteren Stelle mit Regeln und Vorschriften konfrontiert bin.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin kein Anarchist und ich bin der festen Überzeugung, dass es gewisser Regeln bedarf, damit sich die Menschheit nicht gegenseitig selbst auslöscht. Auch das Zusammenleben darf durchaus in geregelten Bahnen verlaufen – ich mag da die asiatische Einstellung: Erst einmal hast du Pflichten, wenn du diese erfüllst werden dir auch Rechte zugestanden. Das ist sicherlich nicht ein Allheilmittel und im Extrem führt auch das wieder zu Problemen, aber die Grundidee gefällt mir – vielleicht muss man hier einfach mal einen Mittelweg finden, gewisse Rechte hat man von Natur aus, andere muss man sich erarbeiten. So fernab von unserer christlichen, werteorientierten, modernen Gesellschaft mit dem Kapitalismus als angebliche “Krönung” sind wir davon in der Realität gar nicht mal so sehr.

Aber was mich fertig macht und mich echt wurmt sind Verordnungen und Gesetze deren Sinn ich nicht rational erklären kann, oder die den mündigen Bürger entmündigen.
Ich denke jetzt hier nicht so sehr an die Entmüdigung im Sinne von Zensur, davon sind wir ja doch noch ein gutes Stück entfernt – aber es gibt genügend Stellen an denen ich mich als angeblich vollwertiges Mitglied der Gesellschaft entmündigt fühle. Das sind dann meist Regelungen die einem um einfachste Kompetenzen bringen – im ehrenamtlichen Teil des THW dürfen Helfer in der Unterkunft neuerdings keine Lampen mehr wechseln, dafür muss eine teure Fachfirma beauftragt werden. Angeblich aus Sicherheitsgründen – auf der anderen Seite soll jeder Helfer im Einsatz in der Lage sein einen Brenner im Scheinwerfer auszuwechseln – irgendwie doch schon schizofren wenn man mich fragt. Von der Steuergeld-Vergeudung mal ganz abgesehen (oder ist das eine Maßnahme aus dem Konjukturpaket?). Vielleicht sollte man da mal den Bund der Steuerzahler mal mit füttern.

Ich finde es beschämend wie sehr die Ausbildung der Helfer mit Füßen getreten wird – man könnte fast schon sagen, ein Schlag ins Gesicht: Auf der einen Seite bekommen die Helfer wirklich eine fundierte Ausbildung – wenn sie auch erst einmal Grundausbildung heißt und wirklich die Grundlagen für alles weitere schafft – aber mit den Grundlagen sollte ein Helfer für die alltäglichen Aufgaben doch gerüstet sein. Aber nein, er braucht noch für jede etwas umfassendere Tätigkeit eine spezielle Belehrung oder gar einen Lehrgang. Ich streite nicht ab, dass für manche Tätigkeiten weiteres Fachwissen vorhanden sein muss, aber das sollte die Ausnahme bleiben – sonst kann ich die neuen Helfer ja bald zu gar nichts mehr einsetzen. Neueste Krönung in diesem Bereich: Die Dienstvorschrift zum Kistenstapeln – ja wir reden von der Kinderbelustigung, bei der ein Aspirant zur Sicherung in ein Geschirr gehängt wird und dann Stück für Stück einen Turm aus Getränkekisten baut, bis dieser einstürzt. Um diese Kinderbelustigung durchzuführen ist mittlerweile ein spezieller Lehrgang erforderlich. Das will mir absolut nicht rein und ich hoffe das wird irgendwann auch wieder besser und der gesunde Menschenverstand setzt sich beim Katastrophenschutz wieder durch, denn von der Erfahrung und dem Sachverstand der Helfer vor Ort hängt der Erfolg im Einsatz ab. Es ist gut Vorgaben und Lehrbücher zu haben in denen man in Zweifel nachschlagen kann – aber hier wird mal wieder das Kind mitsamt dem Bade ausgeschüttet.

Bitte liebe Leute verwendet doch einfach ein wenig die graue Masse die ihr zwischen den Ohren habt – der gesunde Menschenverstand und eine gewisse Kenntnis von technischen Vorgängen und alltäglichen Gefahren sollte einem durchschnittlichen Europäer mit grundlegender Schulbildung doch zu eigen sein. Oder zu was erziehen wir unsere Nachfolgegeneration in den Schulen derzeit – zum Auswendiglernen irgendwelcher Sicherheitsvorschriften und zur vollständigen Abschaltung des logischen Denkens – teilweise habe ich leider den Eindruck. In diesem Fall war einiges früher vielleicht leichter und evtl. auch besser.

Gegenteiliges habe ich auch schon erlebt, nämlich, dass überlebte Traditionen bis zum Umfallen weiter gepflegt werden, obwohl sie schon lange nicht mehr zeitgemäß sind. Am vergangenen Wochenende hatte ich mal wieder ein solches Beispiel. Es geht um die in der Hausordnung verankerten “Ruhezeiten” in denen kein Lärm gemacht werden darf. Ich bin damit einverstanden, dass es eine vorgeschriebene Nachtruhe gibt, an die sich jeder zu halten hat – auch wenn die Formulierung in der Hausordnung für etwas kleinkariert halte, ab 22:00h hat Ruhe zu sein. Besser finde ich auch hier an den gesunden Menschenverstand zu appellieren (siehe oben), in Jugendzeltlagern haben wir beste Erfahrungen mit der Regelung gemacht: Ab 22:00h hat sich jeder so zu verhalten, dass wer schlafen will schlafen kann, aber ansonsten bleibt alles erlaubt. Das man dann im Haus nach zehn Uhr abends keine Löcher mehr in die Wand bohrt versteht sich eigentlich von selbst – aber es sollte weiterhin möglich sein, eben doch mal einen umfangreicheren Satz Dinge aus dem Auto in die Wohnung zu tragen – das geht verhältnismäßig leise aber sicherlich nicht lautlos.
Auch hier denke jeder ein wenig mit und schon klappt es.
Was dann schon wieder nervt sind Beschwerden wenn man vor der Nachtruhe noch Arbeiten ausführt – wer berufstätig ist kennt das Dilemma: Bis man heimkommt kann es schon mal nach acht werden, und ein Regal hebt nunmal leider auch nicht mit Patex an der Wand – es ist ja nicht so, dass jeden Tag nach acht noch gebohrt wird – ein wenig Rücksichtnahme auf den berufstätigen Mitbewohner ist meines Erachtens auch hier angezeigt. Vielleicht ist derjenige ja sogar mal so nett und leiht einem selbst das Bohrgerät für etwaige Renovierungen.

Ein überholtes Relikt aus der Mitte der vergangen Jahrhunderts ist meines Erachtens jedoch die mittägliche Ruhepause (bei uns hier von 13-15h an Werktagen, inklusive Samstag) – ich weiß nicht aus welcher Epoche diese Regelung noch stammt, aber sie passt heute nicht mehr in das aktuelle Leben, zumindest in meinen Augen. Es mag ja angehen, dass einige Leute in der Zeit gerne ihren Mittagsschlaf halten würden, allerdings ist das heute wohl eher nicht der Fall – selbst für Schichtarbeiter sind die Zeiten ein absoluter Witz – die zwei Stunden bringen da auch nichts. Auch die Ruhezeit für Kinder ist meines Erachtens nach ein Relikt als die Erziehung im Elternhaus noch alles diktierte. Aber von dieser “Zucht und Ordnung”-Zeit sind wir doch schon seit einiger Zeit weg. Heute ist es doch vielmehr so, dass die meisten Schulkinder erst nach 13:00h nach Hause kommen, dank G8 teilweise erst gegen Mittag – und der Trend geht doch ganz klar zur Ganztagesbetreuung – was die Regel absolut überflüssig macht – und wer sich nachmittags an einigen Kindern stört die auf einem Spielplatz sich austoben (eben weil der Zwang Schule endlich weg ist), der sollte sich doch auch daran freuen, dass sich die Kids bewegen und austoben – wir haben doch mehr als genug Gesundheitsprobleme eben weil die heranwachsende Generation sich nicht mehr genug bewegt. Woher soll auch der Wunsch dazu kommen, wenn er schon im Kindesalter abtrainiert wird und sanktioniert wird. Irgendwie erinnert das an Erziehungsmethoden aus Huyleys “Schöne neue Welt (brave new world)”.
Aber nicht nur die Kinder sind davon betroffen, auch jeder Mensch der heute noch ein wenig handwerkliches Geschick hat – er wird nahezu aussichtslos dazu verdonnert an Samstagen – für viele nunmal der einzige Tag an dem man etwas unfangreichere Dinge angehen kann, sonst hat man ja meist keine Zeit – für 2h Stunde sämtliche Arbeiten ruhen zu lassen. Ich habe das wieder ziemlich nervtötend empfunden, als ich meine Arbeitsplatte am Samtag montiert habe – die zwei Stunden hätten mir persönlich viel gebracht und das Projekt wäre ein gutes Stück weiter – stattdessen muss ich es jetzt auf mehrere Wochenenden stückeln bis ich fertig bin. Das nimmt einem den Spaß an der Bastelei und hemmt die Kreativität. Ich wünschte mir es gäbe eine Klage gegen diese Regelung und dass sie ein für alle Mal als “überflüssig” abgeschafft wird – sie passt einfach nicht mehr in unsere moderne Zeit und Gesellschaft – bei den Ladenöffnungszeiten sind wir doch auch offener geworden. Hat es uns geschadet? Ich denke die wenigsten werden es bereuen, dass man mittlerweile in der Regel bis 20h einkaufen kann – jeder Berufstätige hat es als eine große Erleichterung empfunden nicht irgendwo immer total abgehetzt noch einkaufen zu müssen. Das die Lebenspartnerin den Einkauf erledigt ist in der heutigen Gesellschaft einfach nicht mehr gegeben – das Bild hat sich gewandelt und so auch die Gesetzeslage. Wollen wir mal hoffen, dass es auch für die mittäglichen Ruhezeiten in naher Zukunft auch vorbei ist.

So das war dann mal mein Wort zu Ostern – vielleicht gibts ja noch ein paar nette Ostereier mit freudigen Überraschung die nächsten Tage. Vielleicht poppt ja doch aus einem Ei der Segen der allgemeinen Vernunft empor – wobei ich nicht zu hoffen wage, dass es bald passiert.