Der Sommerurlaub ist geplant – wir wollen als Familie von Konstanz in mehreren Etappen am Rhein wieder nach Hause, also Mannheim bzw. Schwetzingen radeln.
Erste Bausteine im Equipment-Bereich haben wird dazu schon angeschafft: Einen Thule Chariot CX2 als Fahrradanhänger, der sich mittlerweile fast täglich als Kindertransporter zur und von der Kita bewährt. Auch täglich im Einsatz sind meine Fahrradtaschen von Vaude und der Gepäckträger von „Locc“ von Tubus. Zudem haben wir Marions Fahrrad schrittweise ertüchtigt, Fahrradkorb, neuer Sattel für längere Strecken und ein paar kleine Reparaturen mehr – für den Urlaub werden wir wohl um einen stabileren Gepäckträger nicht umhin kommen, aber auch dieser sollte sich ohne Schwierigkeiten montieren lassen.
Nun sind die täglichen Strecken mit 2,5km zur Kita und insgesamt knapp 20km zur Arbeit zwar deutlich mehr als der Durchschnittsradler, aber eine Aussage über das Langstreckenverhalten lässt sich damit natürlich nicht treffen. Ganz zu schweigen davon, dass es ja nicht nur auf gutes Equipment ankommt, sondern auch der Körper den Strecken gewachsen sein muss. Also höchste Zeit für eine ausführliche Probefahrt.
So sind wir am Vatertag dann eben nicht mit dem klassichen Bollerwagen, sondern mit den Rädern plus Anhänger losgezogen. Als Fern-Ziel haben wir uns Ilbesheim bei Landau in der Pfalz gesetzt. Das Weingut Silbernagel, dessen Weine wir sehr schätzen veranstaltet vom 5. bis 8.5.2016 seine Jahrespräsentation. Da ist es natürlich um so besser wenn man zur Verkostung nicht mit dem Auto anreist. Klare Vorgabe war aber: Wir fahren so weit wie wir kommen, wenn es Probleme geben sollte, brechen wir die Tour ab – Möglichkeiten mit dem ÖPNV wieder nach Hause zu kommen haben wir daher an mehreren Stellen eingeplant.
Zur Stärkung gab es nochmal ein gutes Frühstück mit frischem Erdbeerkuchen, um kurz nach elf waren wir dann startklar – noch einige letzte „Startvorbereitungen“ wie Luftdruck in allen Reifen und Öl für alle beweglichen Teile und schon waren wir unterwegs. Für diesen ersten Test nur mit zwei Radtaschen und dem Anhänger.
Den ersten Teil der Strecke kennen wir schon recht gut, aus Schwetzingen über Brühl nach Ketsch. Entgegen dem ausgeschilderten Radweg sind wir diesmal aber in Richtung Speyer nicht über Johannishof (mit Rebeccas teuflisch süßem Sündenlabor) gefahren sondern weiter auf dem Rheindamm bis an die Autobahnbrücke – ehe es wir uns versehen haben, waren die ersten 10km schon geschafft, ungefähr auf Höhe des Flugplatzes Herrenteich.
Durch die Aussiedlerhöfe und Felder ging es auf die erste „Bergwertung“ zu – von der Autobahnbrücke aus konnte man schon den Dom sehen, aber den Rhein mussten wir noch queren – also ab über die Salierbrücke in Speyer. Hier ist uns zum ersten Mal aufgefallen, wie viel Rückenwind wir haben – die Steigung war leichter als ich es im Gedächstnis hatte und auf dem Schnörkel zur Brücke hatten wir einige hundert Meter Gegenwind …
Am Fuße der Brücke und zu Füßen des Doms haben wir eine erste technische Optimierung vorgenommen und Marions Sattel nocheinmal nachjustiert, damit die Sitzposition auch auf langen Fahrten angenehm ist. Kurzer Foto-Stopp vor dem Dom, zusammen mit einer kurzen Vergewisserung wo wir jetzt weiter müssen – nach Westen aus Speyer hinaus. Innerhalb Speyers ist der Radweg auch noch recht gut beschildert und nach dem Altpörtel sind wir alsbald am Baseball-Platz der Turtles Speyer vorbeigefahren.
Danach wurde die Beschilderung deutlich bescheidener – vom Radweg „vom Rhein zum Wein“ ist plötzlich nichts mehr zu sehen – wir halten uns daher an die nächste bekannte Ortschaft „Dudenhofen“ – der nun eingeschlagene Radweg führt zwar auch dorthin, aber als Fernziel ist dort Neustadt an der Weinstraße angegeben, was für uns deutlich zu weit nördlich liegt. Daher biegen wir im Ort links ab, wieder gen Süden. Am Ortskern vor der Volksbank machen wir eine erste Rast, rund 20km haben wir bereits zurück gelegt. Von Verschleißerscheinungen oder Müdigkeit keine Spur – der Wind schiebt uns weiter kräftig an.
Am Ortsausgang von Dudenhofen, in Richtung Harthausen findet sich auch wieder ein Schild des verlustig gegangenen Radwegs – leider ist es auch das einzige für längere Zeit. In Harthausen (der Ort ist in der Region vor allem für die Gas-Explosion von 2013 bekannt) konsoltiere ich nochmal die Karte – ganz in der Nähe wollen wir auf den „Kraut und Rüben“-Radweg abzweigen. Plötzlich tauchen auch wieder Schilder des „vom Rhein zum Wein“-Radwegs auf – allerdings derart verstreut, das es hoffnungslos ist, sich danach zu orientieren.
Im Wald taucht dann auch die erwartet Abzweigung auf – ich habe die leise Hoffnung, dass der Radweg nun etwas besser beschildert ist, auch weil der „Kraut und Rüben“-Radweg noch nicht so alt ist. Die Schilder stehen zwar auch eher vereinzelt, aber in aller Regel gerade noch ausreichend – im Zweifel geht es gerade aus weiter – nur nicht zu viel Gedanken machen ob man abzweigen müsste – dafür besser den Blick schweifen lassen und die wenigen Schilder rechtzeitig sehen, was insbesondere in den engen Gassen der Dörfer nicht immer leicht ist, denn günstig hängen nicht alle Schilder. Hatten wir bisher viele Landstraßen mit guten, begleitendem Radweg, so führt die Strecke nun meist über ausgebaute Feldwege. Diese sind leider recht häufig als Betonplatten mit Stoßkante ausgeführt, es poltert also doch etwas beim Fahren – gut, dass ich eine Federgabel habe und wir den Anhänger mit Federung für den Nachwuchs gekauft haben.
Kaum haben wir Weingarten verlassen, kreuzen wir die Draisinen-Strecke, diese begleitet uns dann immer parallel bis nach Zeiskam – dort gibt es zwar eine Ausschilderung nach Landau mit angegebenen 11km, wir folgen allerdings wie geplant dem „Kraut und Rüben“-Radweg – dieser führt uns bis an den Rand von Bellheim. Dort ist Beschilderung sehr schlecht sichtbar, da sie gut zugewuchert ist – folglich fahren wir an der korrekten Abzweigung erst einmal zügig vorbei, es folgt eine kleine Übung im Wenden in beengten Verhältnissen mit Fahrrad und Anhänger. Aus der anderen Richtung ist das Schild dann wenigstens erkennbar, die Querung der Landstraße ist aber alles andere als gut gemacht.
Der nun folgende Abschnitt ist für Radfahrer brauchbar, für Radfahrer mit Anhänger etwas mühsam – rechts und links eine ausgefahrene Spur und in der Mitte eine Grasnarbe – das kostet Kraft – und im Nachgang stellt sich bei Betrachten der Karte heraus, dass wir gar nicht ganz bis Bellheim hätten fahren müssen – warum man den Weg bis an den Ort heran führt, wird wohl ein Geheimnis der Organisatoren bleiben. Um so schöner ist am Ende des Waldes der Anblick der Knittelsbacher Mühle – umgebaut zu einem Restaurant mit Biergarten und umfangreichem Spielplatz. Hier kommt der Nachwuchs voll auf seine Kosten, leider müssen wir ein klein wenig auf die Uhr schauen, daher gibt es kein Erfrischungs-Weizen, sondern es geht nach der Rast weiter gen Landau.
In Ottersheim verlieren wir aufgrund einer Baustelle die Markierung des „Kraut und Rüben“-Radweges – was nicht weiter schlimm ist, denn der Kurs entlang der Landstraße auf dem parallelen Radweg weißt direkt auf Landau – nur noch 5km laut Beschilderung. Wir durchfahren Offenbach an der Queich und queren ebenerdig (dank Tunnel) die Autobahn A67 bei Queichheim. Die Ausschilderung wird immer schlechter – es stehen immer weniger Hinweisschilder für Radfahrer und wenn stehen sie sehr spät – es mag zwar gut gemeint sein, die Radler von der Hauptstraße zu lotsen, aber wenn dann kaum noch ein weiteres Hinweis-Schild steht wird es langsam schwierig. Zudem müssen wir mittlerweile den Nachwuchs mit einigen Keksen bestechen, klar die Landschaft drum herum hat gerade nicht viel zu bieten.
In Landau selbst ist die Beschilderung dann gar nicht mehr vorhanden – wir stehen unverhofft auf der Bahnhofsrückseite mit einem Fahrrad-Verbots-Schild. In der Entfernung sehen wir die Brücke über die der Radweg führt, zusammen mit der vor kurzem verlassenen Hauptstraße. Also ein kleines Stück zurück und dann mit Schwung die Brücke hoch. Auf der anderen Seite ist dann nicht mal mehr ein Radweg vorhanden – wir schwimmen so gut es geht im Verkehr mit. Gelungene Radweg-Führung und Beschilderung in der Stadt geht definitiv anders. Immerhin auf Höhe des Goetheparks gibt es einen Lichtblick – Ilbesheim ist zum ersten mal angeschrieben. Vor der Ankuft stehen aber noch einige Steigungen zu bewältigen – ganz klar, es heißt ja nicht umsonst Weinberg, die Wollmesheimer zieht sich aber fast endlos hin. Immerhin wird es danach wieder flacher und vermeintlich ist der Radweg nun wieder beschildert. Leider nur mit einem Schild und kurz vor Wollmesheim muss man dann wieder raten – wir wollen nicht in den Ort hinab also fahren wir auf Wirtschaftswegen etwas oberhalb durch die Weinberge – das bringt selbst mich ganz ordentlich ins Schwitzen. Immerhin geht es von einer Kuppe oberhalb Ilbesheim dann bis ins Zentrum richtig gut bergab – 45km/h mit Radanhänger – das hatte ich auch noch nicht. Im Ort müssen wir uns noch kurz orientieren, aber das Weingut findet sich dann doch recht leicht in der Zittergasse.
Der Empfang ist herzlich und wir werden für unsere Leistung etwas verwundert angeschaut – zur Stärkung gibt es Flammkuchen und Traubensaft-Schorle. Danach machen wir uns gemütlich an die Verkostung der zahlreichen Weine – von trocken bis süß, von fruchtig bis sauer – es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Zum Abschluss löschen wir noch den Durst mit einem Schoppen – gut, dass es gleich wieder einige Steigungen geben wird um diesen auch gleich wieder auszuschwitzen. Um nicht noch einmal zusätzlich umsteigen zu müssen, haben wir uns entschieden nach Landau zurück zu fahren – rund 6km liegen vor uns. Wir wissen definitiv, dass wir nochmal wieder kommen müssen – auf dem Rad ist es selbst mit Anhänger schwierig auch nur wenige Flaschen Wein zu transportieren.
In Ilbesheim selbst ist der Radweg ausgeschildert – wir folgen der Beschilderung und stehen mit einem Mal mitten in einer Baustelle – Wegweisung nicht vorhanden. So fahren wir auf der Landstraße bis Wollmesheim, diesmal durch den Ort und dann doch die Steigung auf die Wollmesheimer Höhe wieder hinauf. Auch hier ist die Beschilderung deutlich ausbaufähig. Es gibt zwar den Winzer-Radrundweg, aber ohne Angabe wo der gerade hinführt sind die Schilder reichlich witzlos. Von der Wollmesheimer Höhe geht es dann nur noch bergab bis nach Landau. Mangels bekannter Alternativen fahren wir auf der gleichen Hauptverkehrsstraße zurück an den Bahnhof, wie wir gekommen sind.
Es folgt ein weiterer Test für den Urlaub – die Anreise wollen wir ja auch per Bahn erledigen – also muss man es auch einmal Üben die Fahrräder an die Bahn bzw. in die Fahrzeuge zu bringen. Erste Erkenntnis: Die Fahrstühle sind zu kurz für Rad plus Anhänger – also zwingend abkuppeln – immerhin passen dann Rad und Anhänger in den Aufzug – beide Räder natürlich nicht. Das ganze Spielchen machen wir gleich zweimal – einmal in die Unterführung und einmal wieder raus an den Bahnsteig. Während der Wartezeit kaufen wir noch die Tickets – nur für die Rückfahrt erweisen sich die Einzeltickets für zwei Personen günstiger, für eine Anfahrt, Radfahrt und Rückfahrt wären wir mit den Tageskarten günstiger – auch das ist gut zu wissen, denn es gibt ja noch einiges zu erkunden in der Pfalz.
Umsteigen in Neustadt an der Weinstraße ist wider Erwarten völlig problemlos direkt am gleichen Bahnsteig. Weniger lustig ist die Verzögerung der Abfahrt durch angeturnte Vatertags-Feiern – der Zug hat rund 20 Minuten Verspätung als er nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen den Bahnhof verlässt. Eigentlich wollten wir bis Mannheim Hbf und von dort aus direkt nach Schwetzingen – den Anschluss können wir nicht mehr erreichen. Das Radabteil ist gut gefüllt, es waren ob des guten Wetters viele Leute mit dem Rad unterwegs und nehmen nun den ÖPNV für den Rückweg. Als kurz vor Ludwigshafen dann auch noch die Notruftaste in der Toilette betätigt wird und zu befürchten ist, dass wir eine ganze Weile in Ludwigshafen stehen werden, steigen wir vorsichtshalber aus – ob wir in Ludwigshafen Mitte oder am Hauptbahnhof umsteigen macht im Prinzip keinen Unterschied.
Im Nachhinein hat es aber doch einen gewaltigen Haken – wir bekommen eine vollständige Tour durch den Bahnhof geboten – immerhin alles mit Rampen, aber typisch für Ludwigshafen: Alles irgendwie „obendrüber, untendurch und dreimal um die Ecke …“ Das liegt auch an der kuriosen Konstruktion des Bahnhofs, in dem es keine geraden Gleise gibt, da er direkt im Gleisdreieck steht. Das Einsteigen in die Regionalbahn wird dann auch recht übel – der Spalt ist recht breit, und es gibt keine Spaltüberbrückung am Fahrzeug. Zudem ist nicht klar wo das Fahrrad-Abteil sein wird – also stehen wir dank der Mithilfe einiger Fahrgäste in verschiedenen Eingangsbereichen. Das ist nicht wirklich praktisch, aber es geht.
Über Mannheim geht es erst einmal nach Friedrichsfeld – dort heißt es laut Fahrplan nochmal umsteigen – angesichts von nur drei Minuten planmäßiger Umsteigzeit bin ich skeptisch und bereite mich schon einmal darauf vor die letzten 6km bis Schwetzingen in der einbrechenden Dunkelheit zu fahren. Die Befürchtungen waren umsonst, das Umsteigen klappt auch diesmal, direkt am gleichen Bahnsteig und diesmal auch direkt ins Fahrrad-Abteil. Am Schwetzinger Bahnhof erwartet uns dann nochmal eine Zeitreise – die Station ist noch nicht ausgebaut und es gibt noch nicht einmal Aufzüge. Stattdessen kommen wir in den Genuss Räder und Anhänger eine Etage nach unten zu tragen und natürlich auf der Zugangsseite am Gebäude auch wieder hoch. Danach sind es ja nur noch 2km bis wir daheim sind. Eine echte Odyssee mit der Bahn mal wieder – mit allerhand Abenteuern. Fast stellt sich mir die Frage, ob es nicht schneller gewesen wäre mit dem Rad zurück zu fahren – immerhin waren wir nur rund 4:30h reine Fahrtzeit unterwegs – mit der Bahn zurück hat es etwas mehr als 2 Stunden gedauert.
Ergebnisse: Das Gespann fährt sich auch auf längeren Strecken recht angenehm und der Nachwuchs kommt mit dem Anhänger auch gut klar. Wichtig ist, dass man genügend Pausen einplant. Die Tour zum Weingut werden wir wohl irgendwann nochmal machen – und ggf. an einigen Stellen die Strecke deutlich optimieren. Eine gute Radkarte und auch ein Handy mit GPS-Funktion und Kartenanzeige (z.B. mit Locus Maps) sind unverzichtbare Helfer, die man für eine derartige Tour braucht. Die Erfahrungen mit der Bahn waren etwas gemischt, aber durchaus hilfreich für die Planung, auch hier lohnt es sich definitiv einen Plan „B“ parat zu haben, wenn der Anschluss mal nicht klappt.
Die nächste Stufe wird es sein, die Radtaschen mit Gepäck wie für die Gesamttour zu füllen und auch einmal auszuprobieren, wie es sich mit Zelt und Schlafsäcken verhält.