Der ganz normale Diplomarbeitsstress

Bisher habe ich ja die Diplomanden immer belächelt, wenn es darum ging: Oh irgendwie wird das gerade etwas stressig. Seit gestern kenn ich das Gefühl nun auch persönlich. Und ich muss sagen: Es ist kein sonderlich erhebendes. Vor allem wenn auf der Zielgeraden noch so allerhand schiefläuft, Murphy hat mal wieder zugeschlagen.
Als erstes habe ich neuerliche Probleme mit meiner Bibliographie bekommen, das liegt wohl auch daran, dass meine Vorlagen aus den Praktikumsberichten bisher alle auf deutsch waren, was die Sache in diesem Fall etwas verkompliziert. Aber LaTeX als Textsatz-Tool lässt ja mit sich reden. Auch wenn der zusätzliche zeitliche Aufwand nicht unbedingt hätte sein müssen. Immerhin geht es mir nicht so wie einigen anderen Leuten, die erst jetzt zwangsweise auf LaTeX umsteigen und sich an alles neu gewöhnen müssen.

Ich habe auch reichlich Feedback von meinem Supvervisor Forrest erhalten. Einige Dinge sind mir ja klar, aber das man hier in den Staaten in einer Diplomarbeit nicht mal mehr offen Kritik äußern darf finde ich einfach nur beschämend. Es ist nunmal so, das unser Partner-Institut und wahrscheinlich sogar exakt eine Person den Code für die Software verbrochen hat. Die Analyse hat leider gezeigt, dass es, gelinde gesagt, nicht das Gelbe vom Ei ist. Irgendwie scheint mir das ein endloser Kreislauf zu sein, denn wenn nie Kritik kommt, oder immer nur in amerikanischer super soft weichgespült, dann werden sich die Partner doch auch denken – denen kann man einfach alles vorsetzen… Aber die Courage zu haben, und klipp und klar zu sagen: “So läuft es nicht weiter” – das ist ja in der heutigen Gesellschaft nicht mehr wirklich erstrebenswert. Irgendwie erschreckend. Aber viel ändern kann ich daran jetzt auch nicht mehr, auch wenn ich mir einige kritische Passagen nicht ganz nehmen lassen werde, wenn auch vielleicht etwas abgemildert. Aber auch vergoldeter Mist ist immer noch Mist. Und als angehender Ingenieur kommt es mir nicht nur auf Design an.

Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, das der Trip nach New York am Wochenende vielleicht doch nicht so geschickt gelegt ist, auf der anderen Seite: Die Fahrt kann man auf alle Fälle zum Korrekturlesen hernehmen. Wenn mein Laptop noch voll funktionsfähig wäre, könnte ich sogar daran arbeiten. Aber es gibt ja immer noch die absolut krisensichere Variante: Stift und Papier. Kommt sogar ohne Strom aus. Und meiner geplagten Handschrift tut es vielleicht auch mal wieder gut, wenn ich mich ein wenig anstrengen muss.

Auch ist heute überraschenderweise noch ein Fehler in der entwickelten Software aufgetaucht, den ich mir gerade nicht ganz erklären kann. Aber den werde ich schon noch finden. Sollte kein größerer Akt sein, es lief ja schon mal. Mal sehen wo es das genau klemmt. Ärgerlich nur, dass es bei der Vorführung für Madeline, die nach der Babypause heute zum ersten Mal wieder im Büro war aufgefallen ist und nicht vorher…. naja kann man nix machen.

Aber ansonsten läuft eigentlich alles, auch im wörtlichen Sinne: Es war zwar wieder heiß und verdammt feucht, aber den Ausgleich lasse ich mir nicht nehmen. Habe festgestellt, dass es jetzt ja nur noch 4 Lauftrainings sind, und das letzte findet schon am Abend nach der Abschlusspräsentation statt. Auch unsere Nachfolger stehen am Wochenende hier vor der Tür. Wahnsinn wie schnell das jetzt alles geht. Ganz allmählich lichtet sich auch mein Schrank hier, alles was frisch gewaschen ist, und nicht mehr gebraucht wird (oder zumindest aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr gebraucht wird, wandert schon mal in den Koffer. Den Stapel Papiere muss ich noch etwas durchforsten und auslichten, von einigen Dingen werde ich mir wohl einfach digitale Kopien anfertigen und sie nach Hause schicken, denn die meisten tragen eh keine Unterschrift und ich bin mir nicht ganz sicher ob ich die jemals wieder brauchen werde.
Meinen Laptop muss ich auch noch “übergabefertig” machen, sprich einmal ein frisches Windows auf die Ersatzplatte installieren, denn die gute nehme ich ja mit.

Von meinen Verwandten in Californien habe ich auf meine e-mails bisher keine Antwort bekommen, ich werde mal die Telefonnummern raussuchen und dort freundlich anrufen. Susan habe ich jetzt mal eine DVD mit Bildern aus Hatteras und vom Road-Trip nach Florida zugeschickt. Bei dem Trip bin ich ja echt glimpflich weggekommen, denn wie ich jetzt erst erfahren habe, braucht man für Georgia zwingend den internationalen Führerschein, der deutsche reicht dort nicht aus… gut, dass ich nicht kontrolliert wurde. So ein Murks mit diesen Regelungen hier, jeder Staat kocht sein eigenes Süppchen – was bei uns “nur” die Bildungspolitik ist, wir hier in den Staaten auf so ziemlich jeden Schwachsinn ausgeweitet – man muss also im Prinzip vor der Einreise in jeden Staat erst mal nachschauen was jetzt anders ist… Ich habe gerade mal nachgeschaut, ich hätte die Umfahrung wählen können … durch Alabama und Tenesee … einmal “Fahre Memphis” sozusagen …

Für die Zeit nach dem Praktikum habe ich mich jetzt auch mal schlau gemacht, wenn ich wieder reinkomme in die Staaten ist es kein Problem noch einen Flug zu bekommen, Airtran bietet als Billigflieger einen nach Las Vegas für 150 US$ zzgl. Gepäckzuschlag an. Aber für den Preis bekommt man noch nicht mal ein Bus-Ticket, ganz zu schweigen von der Fahrzeit…