Immer schön im Wechsel mit dem Weinstraßen-Marathon findet in den ungeraden Jahren der Bamberger Weltkulturerbelauf statt. Ich selbst bin dort seit 2009 regelmäßiger Teilnehmer. Es ist nur ein Halbmarathon aber die Atmosphäre in der Stadt ist jedes Mal einfach überwältigend, genauso wie die herrliche Kulisse. So war für mich klar: Auch 2025 will ich wieder dabei sein. Die erste Herausforderung für den Lauf ist bereits die Anmeldung: Hier muss man sehr schnell sein, sonst bekommt man keinen Startplatz. Immerhin ist es nicht mehr ganz so schlimm wie früher, als ich es mehrfach erleben durfte, dass die Infrastruktur der Website dem Ansturm nur bedingt gewachsen war. Insbesondere durch versetztes Anmelden der unterschiedlichen Strecken hat sich die Situation hier deutlich entspannt. Da der Lauf diesmal recht gut mit dem 1. Mai und dem Brückentag zusammenfällt haben wir zusätzlich ein wenig Familienurlaub „drum herum“ in Bamberg gemacht. So kann man einige er historischen Gegebenheiten doch etwas besser würdigen als wenn man beim „Schnelldurchlauf“ an den Sehenswürdigkeiten vorbei rennt.
Bereits am Samstag kann man die Startnummern abholen, die Organisation ist hier bereits bestens eingespielt und alles läuft super. Zudem treffe ich bereits an der HDE-Halle Helga und Heinrich. Ich starte diesmal auch wieder unter dem Gruppennamen „Helgas Lauffreunde“, immerhin hat meine Lauferei ja vor mehr als 12 Jahren einmal in dieser Betriebssportgruppe ihren Anfang genommen. Auch wenn das Wetter bei der Abholung nicht ganz so mitspielt verbringen wir einen netten Nachmittag im Biergarten der Brauerei Greifenklau. Bei schönem Wetter hat man einen direkten Ausblick auf die Altenburg, der höchste Punkt des Halbmarathons.
Der Sonntag beginnt für mich weit vor dem Halbmarathon, da wir die Checkout-Zeit der Ferienwohnung einhalten müssen. Da der Verkehr in Bamberg am Tag des Laufs ohnehin Kopf steht machen wir erst gar keinen Versuch mit dem Auto in Richtung Innenstadt oder Start zu kommen. Wir haben nicht ohne Grund die Fahrräder mitgenommen – diese parken wir gleich zu Beginn strategisch in der Nähe der Umkleiden am Georgendamm. Die Zeit bis zum Start überbrücken wir mit einer Streckenbesichtigung und Festlegung der möglichen Punkte an denen die Support-Crew sich postieren wird. Zudem gibt es noch einen kleinen Mittags-Snack beim Bäcker.
Bereits zum zweiten Mal nimmt Glen am Lauf teil, da wir keine ganze Schulklasse melden können, startet er nicht bei den Schülerläufen sondern beim Pflaum-Logistik-Lauf über 4,4km (wie ich feststellen durfte haben sich die Namen über die Zeit etwas verschoben, je nachdem welche Firma welchen Lauf sponsert). Somit sind wir schon etwas früher als Helgas Lauffreunde am Start und haben auch danach noch etwas Bewegung – immerhin liegen zwischen den beiden relevanten Starts nur anderthalb Stunden und zwischen den Punkten Start, Anfeuern und Ziel nur rund 500m Luftlinie. Während Glen in die Startaufstellung geht, macht sich der Rest der Familie an den vereinbarten Punkt am Regnitz-Ufer. Den Böllerschuss hört man bis dorthin und „pünktlich“ kommt der Sohnemann auch am geplanten Punkt vorbei – rund 12 Minuten nach dem Start. Ich jogge einige Meter mit und schaue auf die Uhr – 5 min/km als Pace, etwas flotter als gedacht (das hat er wohl von mir).
Nun geht es für den Tross zügig zum zweiten Punkt an der Strecke – wenn wir uns beeilen dürfte es gerade reichen um ein zweites Foto am Zieleinlauf nach der historischen Brücke zu machen und tatsächlich, kaum sind wir dort läuft Glen auch schon aufs Ziel zu. Als Zuschauer müssen wir ein wenig Umweg laufen, er kommt uns dann schon aus dem Zielbereich entgegen – diesmal weniger hektisch und auch die Versorgung wird diesmal ausgiebig mitgenommen. Danach geht es wieder an den Start, kurz dort treffen wir denn auch Helga, Heinrich und Robert von Helgas Lauffreunde – der „harte Kern“ der Weltkulturerbeläufer. Heinrich ist diesmal auch wieder mit der Kamera-Ausrüstung am Start, wir stimmen uns noch ab wo er sich postieren wird und wie es hinsichtlich meiner geplanten Durchlaufzeiten aussieht. Wir teilen uns auf, als wir in den Startblock gehen – ich reihe mich etwas weiter vorne ein.
Der Böllerschuss ist einige Sekunden zu früh, aber es dauert ohnehin etwas bis man über die Startlinie kommt. Dank Netto-Messung ist das aber kein Drama, ich habe nicht den Anspruch unter die ersten Plätze zu kommen. Kurz nach dem Start steht Heinrich wie vereinbart, noch ist die Strecke flach, aber das gilt nur für den ersten Kilometer. Dieser ist zum Aufwärmen, danach geht es die erste Steigung hoch. Ich merke ein wenig meine Teilnahme am Donnersbergtrail am Wochenende zuvor, sowohl positiv als auch negativ: anfänglich ist die Muskulatur noch etwas „bockig“ aber bereits in der ersten Steigung merke ich einen deutlichen Trainingseffekt – die Steigung macht mir vergleichsweise wenig aus.
Bis zur Altenburg geht es nun in einigen Wellen aber im Wesentlichen immer weiter bergauf. An der Strecke stehen angesichts des schönen Wetters jede Menge Leute, die Stimmung ist wie jedes Mal absolut gigantisch. Auch in den etwas steileren Passagen die es bis zur Altenburg noch zu bewältigen gibt, kann ich auf die Erfahrungen vom letzten Wochenende aufbauen, gefühlt komme ich die Steigungen besser hoch und runter als die letzten Teilnahmen. Einen kleinen technischen Stopp muss ich denn doch machen, nachdem sich mein Schnürsenkel links gelöst hat. Ärgerlich aber mit losem Schuhwerk hat das keinen Sinn. Zu Survivor mit „Eye of the tiger“ geht es dann auch den letzten Anstieg zur Altenburg nach oben. Es staut sich wie üblich ein wenig, aber die wenigen Schritte im Gehen sind zudem Kräfteschonend. An der Burg kann ich dann schon wieder zügig weiterjoggen. Die ersten fünf Kilometer liegen hinter mir und ich bin doch schneller als gedacht. Ich greife noch ein wenig Wasser ab, diesmal bin ich ohne Laufgürtel unterwegs und somit auf die Versorgungen angewiesen, insgesamt habe ich da Gefühl etwas zu wenig getrunken zu haben.
Der Weg in die Stadt hinunter ist flott bewältigt – zwischenzeitlich zeigt die Uhr sogar eine Pace unter 4 Minuten/km – so schnell wollte ich eigentlich nicht aber es läuft gerade richtig gut, warum also übermäßig bremsen? Nach dem etwas längeren Stück bergab geht es (man ahnt es schon) auch wieder ein Stück bergauf. Wieder merke ich: der Wechsel geht mir recht mühelos von den Füßen, das habe ich schlimmer in Erinnerung. Nun folgt ein weiterer Teil Sightseeing durch die Innenstadt – den Michaelsberg haben wir ja bereits „mitgenommen“. Hier zeigt sich auch eine wesentliche Herausforderung des Laufs: Viele Abschnitte gehen über historisches Kopfsteinpflaster – da sind das ein oder andere Mal die Sprunggelenke ganz ordentlich gefordert um auf die Unebenheiten zu reagieren. War es auf dem Weg von der Burg etwas ruhiger geworden, so sind die Strecken nun wieder dicht gesäumt mit Menschen, jede Menge Anfeuerungsrufe treiben einen als Läufer durch die Gassen. Dies sind an einigen Stellen auch wirklich schmal – gut, dass sich das Feld schon deutlich gestreckt hat.
Es geht vorbei am „Sams-Haus“ und der oberen Mühle. An der Wasserstelle greife ich flott gleich mehrfach zu, es ist doch recht warm. Es geht nun in den Luisenhain – eine grüne Insel zwischen den beiden Regnitzarmen. Das lässt sich weiterhin gut laufen, und es stehen auch immer wieder kleinere Gruppen an der Strecke und motivieren. Motivation gibt es auch von der Kilometer-Schildern: 10km liegen hinter mir, der Blick auf die Uhr gibt mir allerdings zu denken. Obwohl ich doch etwas langsamer machen wollte, stehen immer wieder Zeiten deutlich unter 5 min/km an. Aber da die Hälfte der Strecke nun fast schon bewältigt ist, soll mir da auch recht sein – nur viel schneller werden sollte ich nicht. Der Kurs geht nun durch den botanischen Garten, sehr hübsch angelegt muss man einfach sagen. Kurz danach muss ich leider nochmal stoppen, diesmal ist der rechte Schnürsenkel an der Reihe, das kostet natürlich Platzierungen. Eigentlich unnötig und ich kann mir nicht ganz erklären warum es mich diesmal gleich mehrfach mit diesem „Anfängerfehler“ trifft. Auch eher eine Lästigkeit entlang der Strecke ist das Mitführen von Lautsprechern – Kopfhörer wenn es denn sein muss (und erlaubt ist). Aber das Umfeld mit dem eigenen Musik-Geschmack beim Laufen auch noch zu beschallen – das muss eigentlich nicht sein. Immerhin ist es halbwegs erträglich für mich – es gibt ein wenig historische schwedische Musik von Abba in einer Remix-Version. In diesem Sinne „Thank you for the music …“.
Mit Schwung geht es um die Spitze der Insel, etwas mehr als 12km sind geschafft und die Strecke geht nunmehr wieder ganz klar in Richtung Zentrum, immer schön am linken Regnitzarm entlang. Es gibt auch nochmal die Möglichkeit etwas Wasser zu sich zu nehmen, ich greife im Vorbeilaufen zu und kippe mir etwas unfreiwillig fast die Hälfte des Wassers über anstelle sie zu trinken. Immerhin kühlt das und es dauert noch nicht einmal ganz einen Kilometer bis das Trikot auch schon wieder trocken ist. Je näher wir der Stadt kommen um so belebter wird es rund um die Strecke. Entlang des Ufers ist musikalisches Kontrastprogramm geboten: innerhalb weniger Meter geht es von „Highway to hell (AC/DC)“ zu „Cotton Eye Joe (Rednex)“ – da wir später noch am Bischofsberg und Dom vorbeilaufen frage ich mich allerdings ob das wirklich der „Highway to hell“ sein soll…
Kurz vor Kilometer 16 geht es weg vom Wasser und wieder in die Bebauung, auch dieser leichte Anstieg geht gefühlt leichter von den Füßen als bei vorherigen Teilnahmen. Es geht in einigen Zacken durch enge Gassen. Nun heißt es ein wenig aufpassen, denn wenn man auf die etwas breitere Straße einmündet gibt es ein weiteres Highlight: An der Brauerei „Spezial“ gibt es einen speziellen Iso-Drink in Form von leckerem Rauchbier. Diesmal sind die Becher sogar deutlich mehr als ein Probierglas, aber es schmeckt einfach zu gut als das man es liegen lassen könnte. Einen Moment lang habe ich etwas Bedenken, dass mir das gut gekühlte Getränk etwas auf den Magen schlägt, aber bereits mit dem Überqueren der Brücke zur Innenstadt ist alles wieder bestens. Ein wenig verfolgt fühle mich aber: die Blaskapelle spielt gerade eine eigenwillige Interpretation von Abba – ob das heute ein Wink sein soll, dass ich wieder einmal in Schweden laufen sollte? Immerhin habe ich das zudem Shirt der Öland-Lighthouse-Challenge an.
Ich halte Ausschau nach der Familie, die steht wie vereinbart kurz vor Kilometer 17. An der nächsten Versorgung greife ich nochmal einen Becher Wasser ab, und nur wenig später laufe ich am historischen Kranen vorbei – dort steht wie vereinbart Heinrich mit der Kamera bereit, auch hier kurze Signalisierung: „alles ok“ (beiderseits). Wir halten nunmehr auf das „dicke Ende“ des Laufs zu. Vor dem Zieleinlauf gilt es nochmal den Bischofsberg zu bewältigen, bei Weitem nicht so anstrengend wie der Anstieg zur Altenburg und erst recht kein Vergleich zu den letzten zwei Kilometern des Donnersberg-Trail. Ich kann nochmal ordentlich Leute einholen. Das musikalische Kontrastprogramm geht auch am Bischofsberg weiter: vor dem Anstieg gibt es Linkin-Park mit „the emptiness machine“ und auf den letzten Metern zur Kuppe „Scooter“ mit „how much is the fish?“.
Wir umrunden die Kirche St. Jakob, dort gibt es eine letzte Senke zu bewältigen – auch die kann ich diesmal mit ordentlich Schwung nehmen, die Trailerfahrung lässt sich wunderbar auch auf dem harten Untergrund umsetzen, direkt danach steht auch schon das Kilometerschild mit der 20 drauf. In Richtung Dom geht es nun abwärts, größtenteils auf dem doch etwas schwierigen Kopfsteinpflaster, ich bereite mich innerlich langsam auf den Endspurt vor: Es geht durch das historische Rathaus, eine letzte minimale Kuppe – hier kann ich auch nochmal Plätze gut machen. Die Strecke ist gesäumt von Menschen, einfach Wahnsinn! Auf die letzten Meter setze ich dann doch noch zu einem Zielsprint an als es auf den Maxplatz und die letzte Kurve zugeht. Wieder einmal geschafft, meine Familie teilt mir gleich mit was ich erreicht habe: 1:42:40 (entsprechend etwas weniger als 5min/km im Schnitt), damit reicht es für Platz 454 (ins Ziel sind 3160 gekommen) gesamt und 78. in der Altersklasse (dort haben 433 Läufer teilgenommen).
Die Zielverpflegung ist wie immer sehr reichlich, von diversen Getränken (ISO, alkoholfreies Weizen in verschiedenen Geschmacksrichtungen, Wasser) bis hin zu Obst und einer Auswahl Gebäck ist alles geboten. Ich verschnaufe ein wenig bevor es mit der Familie zur Maria-Ward-Schule geht – dort gibt es die verdiente Massage und dort lagert auch die Wechselbekleidung. Ein kleinen Schock bekomme ich als ich zur Dusche gehe: Dort ist angeschlagen, dass es aufgrund eines Defekts wohl nur kaltes Wasser gibt. Es zeigt sich aber, dass man den Schaden wohl rechtzeitig zum Weltkulturerbelauf behoben hat, es gibt ausreichend Warmwasser für alle Athleten.
Für mich und insbesondere für den Nachwuchs steht der Lauf in zwei Jahren definitiv schon auf der Liste, auch wenn wir noch nicht ganz genau wissen an welchem Tag er diesmal stattfinden wird. Die Organisation ist wie immer hervorragend gewesen und die Strecke ist und bleibt ein Hingucker.