Beim Überlegen in der Ultragruppe, was man so laufen könnte, kam dieses Frühjahr die Idee zum Donnersbergtrail. Der Donnersberg ist der höchste Berg in Rheinland-Pfalz. Dementsprechend anspruchsvoll lesen sich bereits die Eckdaten: 48km und das garniert mit 2000 Höhenmetern. Der erste Blick aufs Profil: wellig! Dennoch habe ich mich kurzerhand noch im März zu günstigen Konditionen angemeldet: 40 EUR für eine Strecke von 48km, da kann man nicht maulen. Zumal es auch einer der Läufe ist bei dem sehr viel ehrenamtliches Engagement die Veranstaltung trägt. So etwas unterstütze ich lieber als einen weiteren kommerziellen Stadt-Marathon (auch die sind nicht schlecht und haben ihre Daseinsbererechtigung).
Die Anfahrt nach Imsbach ist vergleichsweise kurz, ich nehme diesmal noch Michael mit, auch da die Parkplätze angeblich knapp sein sollen, es ist nur eine knappe Stunde Fahrt. Die Organisation ist vorbildlich, es gibt dieses Jahr sogar eine Wiese mit mehr als ausreichend Parkplätzen. In der Gemeindehalle gibt es dann die Startnummern, ich merke dann dass ich den Nummern-Halter daheim vergessen habe, aber nicht schlimm: machen wir es eben klassisch mit Sicherheitsnadeln. Kurz vor dem Start gibt es noch ein verpflichtendes Race-Briefing (sogar mehrsprachig, da ist man schon ein Stück weiter als seinerzeit auf Öland).
Die Sonne ist halbwegs hinter den Wolken hervor gekommen, ich stelle mich daher erst noch ein wenig in die Sonne. Wie sich zeigt ist das nicht ganz optimal – beim Start bin ich somit sehr weit hinten im Feld. Das ist aber immer noch recht übersichtlich, für alle angebotenen Strecken sind es ca. 600 gemeldete Teilnehmer. Über die lange Distanz sind es rund 160 Läuferinnen und Läufer.
Endlich geht es los und es wird gleich klar: Die Höhenmeter werden ab dem ersten Schritt gesammelt, es geht ordentlich bergan aus dem Ort heraus. Es wird dann auch etwas flacher und das Feld kann sich sortieren. Ich laufe auf Tobias aus unserer Gruppe auf, er ist heute gemeinsam mit Philipp gekommen, die beiden geben ein recht ordentliches Tempo vor, aber noch kann ich gut mithalten. Nach etwa drei Kilometern fürs Einlaufen geht es dann auch auf den ersten richtigen Trail – richtig schön eng und vor allem steil. Im Gänsemarsch geht es voran – nur nicht übertreiben jetzt gleich zu Beginn.
Kaum ist man auf dem ersten Berg oben und wieder auf einem etwas breiteren Forstweg gibt es auch schon wieder eine Überraschung, es geht bergab auf einen heftigen Downhill. Das macht sogar richtig Freude, auch wenn meine Geschwindigkeit deutlich zu flott ist – stellenweise bin ich unter 5 min/km unterwegs, ich mahne mich zur Vorsicht. Was dann folgt ist echt spannend: Es geht am Hang entlang und durch einige in den Berg gehauene Tunnel. Stellenweise geht auch durch enge Schluchten, das Highlight ist eine Passage an der man mit einem Seil nach oben muss. So kommt auf alle schon mal keine Langweile auf.
Der Weg wird danach kurz wieder breiter bevor es auf den nächsten sehr steilen Trail geht. Laufen geht da nicht mehr, stellenweise ist man fast schon versucht mit beiden Händen nachzuhelfen. Aber auch dieser Abschnitt hat ein Ende, es geht nun wieder auf breiteren Wegen voran – und das weiterhin auch recht zügig, ich bin mit rund 5:30 min/km unterwegs – immer noch deutlich schneller als ich mir eigentlich vorgenommen habe. Aber es läuft ja noch recht gut. Mit einigen Schleifen und weiteren Höhenmetern geht das dann auch schon zur ersten Versorgung nach 8km. Ich greife bei etwas Obst, Schokokuchen und Keksen zu, zudem fülle ich vorsichtshalber meine Trinkblase im Rucksack auf, die ist aber noch recht gut gefüllt. Nach einem minimalen Abschnitt auf der Straße geht es auch schon wieder einen Trail hinauf. Die Landschaft ist wunderschön grün, zudem blüht der Ginster in herrlich intensivem Gelb. Schaut man gelegentlich in die Ebene so sieht man dort auch die ersten Rapsfelder in voller Blüte.
Die Strecke bleibt stets abwechslungsreich, leider hat man keine Zeit die vielen an der Strecke liegenden Naturdenkmäler und historischen Erläuterungen zu lesen. Aber insgesamt weckt das schon das Interesse vielleicht doch einmal ohne Lauf in die Region zu kommen um sich das in Ruhe anschauen zu können. Eine Stelle an einer Abraumhalde eine alten Bergwerks lässt mich an Pyramides noires denken. Leider ist der Schotter zu grob, als dass man diesen auf der Schuttwelle wie damals in Lens den Berg hinter zu rutschen, also doch eher Joggen – immerhin ist der Anteil auch gleich wieder vorbei und es geht auch wieder bergan.
Das Profil bleibt weiter anspruchsvoll, es geht jetzt wieder kontinuierlich nach oben – teilweise auf breiten Forstwegen und teilweise auf schmalen Trails. An der Kuppe bleiben wir nur kurz. Der Abstieg in Richtung Falkenstein ist nicht von schlechten Eltern, es geht im Zick-Zack steil nach unten. Am Ortsrand und in direkter Nachbarschaft zum Friedhof steht auch schon die nächste Versorgung Tobi und Phillip sind schon wieder im Aufbruch begriffen als ich eintreffe. Ich halte den Aufenthalt kurz – wieder gibt es Kuchen und auch etwas Obst mit Salz. Den nächsten Abschnitt des Wegs habe ich mir aus der Karte gemerkt, es geht nun ein Tal hinauf und das über fast 2km. Im Gänsemarsch erklimmen wir so den Kamm. Ab dort geht es dann wieder etwas leichter und vor allem auch gleich wieder bergab.
Die Strecke zieht sich nun ein wenig hin, immerhin kann ich zu Tobi und Phillip aufschließen und wir unterhalten uns ein wenig. Dabei muss man aber höllisch aufpassen nicht auf die Nase zu fallen – ein überholender Läufer legt sich recht elegant ab, aber es passiert nichts weiter. Nach einer Taldurchgquerung (so kann man richtig schön Höhenmeter sammeln geht es auch schon langsam auf die nächste Versorgung zu. Dies erreichen wir dann bei Kilometer 25. Ich lasse mir etwas mehr Zeit und stärke mich mit verschiedenen Leckereien, unter anderem gibt es diesmal Käsehäppchen und Minisalami. Von der Station weg geht es gleich wieder bergauf.
Innerlich hatte ich mir schon etwas Gedanken um den Cut-Off gemacht, immerhin bin ich schon deutlich mehr als drei Stunden unterwegs. Wie ich später ermittle wäre der Cut-Off erst bei 4:10h gewesen – ich habe mir also umsonst etwas Gedanken gemacht. Immerhin habe ich auch auf der Strecke die Bestätigung, denn an der Weiche zwischen T48 und T35 kann ohne Probleme auf die 48er Strecke gehen – die Entscheidung für den Ultra ist somit für mich gefallen. Aber immerhin habe ich mich für die volle Strecke gemeldet, dann laufe ich die natürlich auch.
Es bleibt auch weiterhin abwechslungsreich: stellenweise geht es auf breiten Wegen die es erlauben auch etwas schneller zu laufen, der Blick auf die Uhr gibt um die 6 min/km an. Auf den steilen Trailanstiegen geht es antürlich deutlich langsamer. Immerhin komme ich weiterhin auch gut ohne Stöcke zurecht. Sehr zur Verwunderung der anderen Läufer um mich herum. Das Wetter hat sich etwas zugezogen, es ist kühler und vor allem windiger geworden. Ich habe ein wenig Zeit mir auch die Landschaft ein wenig anzuschauen. Die Kuppe bei Dannenfels hat es nochmal richtig in sich, ein herrliche schmaler und steiler Trail. Ich bin dennoch froh als ich oben angekommen bin und es wieder etwas bergab geht. Bis zur Versorgung am Adlerbogen ist es nun nicht mehr weit, 32km liegen hinter mir.
Ich greife ordentlich zu und genehmige mir auch eines meiner Gels, da ich das Gefühl habe etwas schneller wirksamen Zucker gerade gut gebrauchen zu können. Außerdem sind die nicht mehr all zu lange haltbar – also allerhöchste Zeit sie ihrer Bestimmung zuzuführen. Da mir ein wenig frisch ist, ziehe ich meine mitgeführte Jacke über, stellenweise war es doch schon fast unangenehm kalt an den Armen. Nach der Versorgung habe ich die Strecke stellenweise für mich alleine – zwischenzeitlich muss ich sogar schauen wo es weiter geht, da längere Zeit keine Markierungen zu sehen sind. Aber alles gut, ich bin weiter „on track“.
Irgendwie läuft es nach der Versorgung etwas flüssiger, ich muss mich nicht mehr ganz so sehr überwinden und motivieren, es geht einfach Schritt für Schritt voran. Wo es möglich ist jogge ich und die Steigungen gehe ich konsequent und zügig nach oben. Es sind nur noch 16km, das liegt jetzt definitiv alles im machbaren Bereich. Ankommen auf alle Fälle, und mehr hatte ich mir ja auch nicht vorgenommen.
Es geht eine ganze Weile angenehm mit leichter Steigung ins Tal unterhalb des Donnersbergs. Der muss auch noch erklommen werden, immerhin hat er dem Lauf ja den Namen geliehen. Der Anstieg dorthin ist nochmal ein längerer Abschnitt des zügigen Marschierens für mich. Ich hole einen weiteren Läufer ein, zwischenzeitlich setzt dieser nochmal an davon zu joggen, aber sobald der Trail wieder steiler wird kann ich wieder aufschließen. Mit der Energie richtig zu haushalten ist einer der Schlüssel. Auch wenn ich das am Anfang des Laufs sicherlich selbst nicht konsequent umgesetzt habe. Am Donnersberg selbst geht es auf den Keltenwall, der ist zwar flach aber dennoch sehr holprig, richtig flott laufen kann man den nicht. Beinahe hätte ich den Sendemast direkt daneben übersehen, so sehr bin ich auf den Weg konzentriert. Ein Läufer sitzt am Rand, er hat ein wenig Krämpfe ist aber bereits mit Salz versorgt und meint „es wird schon wieder“.
Runter vom Keltenwall, es geht nun ordentlich bergab. Erst als Trail dann als Forstweg, es sind noch etwa 11km laut meiner Uhr und es läuft gerade richtig angenehm. Ich mahne mich ein wenig zur Vorsicht, vor allem nachdem ich einen Blick auf die bisher absolvierten Höhenmeter geworfen habe. Wenn die Messung und die Angabe stimmen, dann liegen noch rund 300 Höhenmeter vor mir. Da es gerade weiterhin bergab geht, kommen die wahrscheinlich sehr geballt. Bei Kilometer 40 vereinigen sich die 35er und 48er Strecke wieder. Ich nutze die letzte Versorgung um nochmal Energie zu sammeln für die letzten acht Kilometer.
Kurz vor der Marathonmarke laufe ich nochmal auf zwei Läufer auf, gemeinsam gehen wir den Anstieg nach oben und unterhalten uns ein wenig. Als es wieder etwas flacher wird, komme ich flüssiger in die Gänge und verlasse das Grüppchen wieder. Es läuft sich weiterhin recht angenehm auf den Trails, zwischenzeitlich sind immer wieder ein paar technisch schwierigere Stellen zu bewältigen. Kurz vor dem Beutelfelsen sind es nun noch 5km bis ins Ziel. Nachdem man den Felsen umrundet hat, geht es nochmal einen knackigen Downhill runter. Ich werfe gelegentlich einen Blick nach hinten ob ein Läufer mich einholt, wie ich erkenne ist ein Verfolger einige hundert Meter hinter mir. Laut Track kreuzen wir irgendwo jetzt die Strecke, ich erkenne aber die Kreuzung auf die Schnelle nicht wieder, zudem muss man sich immer noch gut auf den Weg konzentrieren.
Kurz vor dem Tal laufe ich auf ein besonderes Team auf: Ein blinder Läufer und sein Guide sind unterwegs, auf dem Singletrail ist Überholen undenkbar. Ich habe absoluten Respekt vor der Leistung, So hat auch der Läufer hinter mir die Chance aufzuschließen. Am Talgrund kommen wir auf einen kurzen Abschnitt Straße. flache Strecke nutze ich um wieder Abstand zu gewinnen. Es sind nun noch etwas mehr als 2km, allerdings fehlen auch immer noch einige hundert Höhenmeter. Eine Biegung weiter weiß ich wo diese sich verstecken.
Jetzt heißt es nochmal kräftig marschieren und den Läufer hinter mir nicht aufholen lassen. Gelegentlich sehe ich vor mir noch zwei weitere Läufer und es scheint as wird der Abstand langsam aber sicher geringer. Das motiviert nochmals mehr jetzt nicht nachzulassen. Etwa einen Kilometer vor dem Ziel geht es nochmal auf einen Forstweg und leicht bergab – da kann ich fast schon aufschließen. Kurz vor dem Ziel sitzt noch ein Fotograf, er motiviert mit „noch 150m bis ins Ziel“. Ich frage mich ob er Strecke oder Höhenmeter meint, denn es geht bis zum Ziel nochmal eine Rampe hoch. Dort hole ich die beiden Läufer auch ein. Die Zielmannschaft feuert lautstark an mit „die kriegst du noch!“ – das lasse ich mir nicht zweimal sagen und mache auf den letzten 50m noch zwei Platzierungen gut. Das verleitet meine Gruppe, die bereits im Ziel auf mich wartet, zur Bemerkung „eine echte Rampensau“. Im Ziel gibt es reichlich Getränke und nochmal etwas zu essen.
Eine Besonderheit des Laufs ist: Man muss von der Kupferberghütte noch rund 1,2km in den Ort wandern, auch hier nochmal Singletrail. Das geht ganz ordentlich auf die Oberschenkel die mittlerweile kalt geworden sind. Ich mache mich auf den Weg zum Auto um meine Wechselkleidung zu holen – es geht nochmal am Start vorbei. Die Duschen sind im Keller, die Treppe meistere ich erstaunlich gut. Zum Abschluss gibt es noch eine Portion Nudeln und mehrere Stück Kuchen. Sehr lecker.
Insgesamt ein sehr abwechslungsreicher und gut organisierter Lauf mit herrlichen Einblicken in die Landschaft. Am Ende reicht es für Platz 72 von 133 Männern in 6:26:33. Der Lauf kommt mir wahrscheinlich nochmal unter die Füße, allerdings werde ich da vorher etwas mehr Training insbesondere für die vielen Höhenmeter und Trails machen.