Die Feierlichkeiten in Pauillac beim Médoc-Marathon sind vorbei, es ist langsam aber sicher an der Zeit, an die Heimreise zu denken, denn auch der schönste Urlaub geht irgendwann dem Ende zu. So starten wir am Montag am Campingplatz, Fahrtrichtung Norden entlang der Gironde auf der Médoc-Halbinsel. Dabei nehmen wir noch ein paar Punkte der Laufstrecke mit, immerhin habe ich die schon gesehen, aber der Rest der Familie ja noch nicht. So machen wir auch noch einen Abstecher nach Saint-Estèphe.
Es geht dann noch eine ganze Weile durch die Weinberge, aber je weiter wir voran kommen, um so mehr setzt sich der Wald und auch ein wenig die Pinien wieder durch. Ich freue mich schon ein wenig, als wir endlich auf der Magistralen der Halbinsel ankommen, dort fährt es sich dann doch etwas zügiger, als auf den vielen kleinen Gassen und Ortsdurchfahrten. Auch fühlen sich einige der Ortschaften zwischenzeitlich schon fast an wie Geisterdörfer. Einige Häuser stehen auch zum Verkauf, wahrscheinlich gar nicht mal so teuer und häufig mit großem Grundstück. Aber wenn man dann nach 15km immer noch keinen Supermarkt findet, dann überlegt man sich, wie man hier wohl Einkäufe erledigt. Mal eben schnell noch was zum Abendessen besorgen ist nicht, vermutlich muss man jeden Einkauf auch sehr groß aufziehen – alles nicht so wirklich meine Welt – da bin ich doch recht verwöhnt vom Leben im Speckgürtel mit ÖPNV und Nahversorgung.
In Soulac-sur-Mer machen wir nochmal einen letzten Stopp am Meer. Bevor wir durch den sehr touristischen Ort spazieren – man merkt deutlich, dass in Frankreich die Ferien vorbei sind – besichtigen wir noch die Kirche am Ende der Welt (Notre-Dame-de-la-fin-des-Terres). Die Kirche hat eine sehr interessante Geschichte hinter sich. Mehr als hundert Jahre war sie in einer Düne verschüttet und erst 1846 wurde damit begonnen, die Kirche wieder freizulegen. Das ist allerdings nur teilweise geschehen, man muss auch heute noch einige Stufen nach unten steigen, um im Kirchenraum zu stehen. Auch dann ist man noch immer nicht auf dem historischen Boden des Gebäudes, sondern einige Meter darüber. Das kann man an verschiedenen alten Eingängen erkennen die heute nicht mehr zu benutzen sind, man steht ungefähr auf Höhe der Torbögen.
Am Strand halten wir dann das letzte Mal für diesen Urlaub die Füße in den Atlantik. Auch ist es die letzte Chance zum Sandburgenbau am Strand mit Wellen, welche die Burg dann irgendwann überrollen. Bis zur Fähre ist es danach nur noch ein Katzensprung – sie fährt in der mittlerweile geltenden Nebensaison nur noch alle Stunde. Wir erreichen sie genau rechtzeitig, drauffahren und direkt hinter uns Klappe zu. Die Überfahrt ist nicht günstig, aber sie spart uns einen gigantischen Umweg über Bordeaux, wo es auch immer mal gerne Stau gibt. Die Überfahrt dauert keine 20 Minuten, es reicht gerade so, um einen kleinen Snack einzunehmen.
Royan selbst schauen wir uns dann nicht an, es ist wieder sehr warm geworden und vor uns liegen noch ein paar hundert Kilometer. Für die nächsten Stunden prägt dann die Autobahn den Ausblick aus der Windschutzscheibe. Es geht vorbei an Saintes und Niort, das Thermometer ist gefühlt an die zurückgelegte Strecke gekoppelt, es wird zunehmend wärmer bzw. heißer. Ich bin ja sonst kein Fan der Klimaanlage, aber ohne möchte ich heute nicht unterwegs sein. Wir haben uns für die kostenpflichtige Autobahn entschieden und ich muss sagen: die ist wirklich gut in Schuss und ohne Probleme zu befahren, auf den fast 200km kein einziger Stau. Bei Poitiers ist noch ein Einkauf fällig, ein wenig fühle ich mich an Einkäufe in den USA erinnert: raus aus dem gekühlten Auto, durch die Hitze ins gekühlte Einkaufszentrum. Wir planen auf alle Fälle einen Urlaub in der Region ein, direkt neben der Mall liegt das Futuroscope, ein Freizeitpark der etwas anderen Art, es geht dort alles um Medien, auch wenn es mittlerweile dort auch Achterbahnen gibt.
Noch einmal über den Berg und wir erreichen Vouneuil-sur-Vienne. Der Campingplatz dort ist fast schon ausgestorben, wir können uns den Stellplatz beliebig aussuchen. Sogar extra für die Jungs wird die Rutsche am Pool nochmal eingeschalten. Der Platz bietet im Sommer auch Angebote für Jugendfreizeiten, dementsprechend gut ist er darauf eingerichtet. Den Jungs gefällt der Platz auf alle Fälle sehr gut, auch das Indoor-Angebot ist umfangreich und kostenfrei. Wir kochen nochmal eine Abwandlung Spaghetti mit Hackfleisch und Pilzen. Da wir das Zelt erst nach der Abkühlung aufbauen, wird es dann auch wieder einmal spät am Abend. Ich bin echt gespannt, wie wir das mit dem frühen Schulstart in der kommenden Woche hinbekommen.
Die nächste Etappe der Heimreise haben wir im Gegensatz zu den bisherigen Tagen noch nicht genau geplant. Es beginnt aber wie üblich mit dem Zeltabbau und dem Tetris-Spiel beim Beladen des Autos. Bevor wir abfahren darf ich dann auch noch eine Runde Tischkicker gegen Glen verlieren. Da es gerade in der Nachbarschaft liegt, fahren wir noch einen Abstecher an die Stelle der historischen Schlacht von Tours und Poitiers. Diese fand 732 statt und gilt mittlerweile als eine wichtige Entscheidungsschlacht der europäischen Stämme gegen die Araber. Am Ort der Gedenkstätte erfahren wir dann auch, dass der genaue Ort und Ablauf sowie das exakte Datum bis heute unbekannt sind. Der Ausblickpunkt mit seinen Erklärungen ist gut gemacht, leider haben wir nicht ganz so viel Zeit, um uns alles anzuschauen. Außerdem hat Yann einen diebischen Spaß daran, die Audiodeskription in arabischer immer wieder zu starten, auch als Marion die französische Fassung hören möchte. Daher brechen wir die Besichtigung dann ab.
Nun geht es wieder rauf auf die Autobahn, als Zwischenziel haben wir Orléans angedacht. Kurz davor machen wir Mittag, der erste Rastplatz ist größer und bietet die Möglichkeit zum Einkauf, ist aber total überfüllt. Daher fahren wir den nächsten an. Dieser ist dann in direkter Sichtweite eines Atomkraftwerks. Beim Lesen der Informationen bekommt man direkt Lust weiter zu fahren, immerhin befinden sich die zwei ältesten Reaktoren bereits im Rückbau. Es handelt sich dabei als technische Besonderheit um einen gasgekühlten Reaktors.
Die Hitze im Schatten des Rastplatzes ist bereits sehr heftig, daher fahren wir dann doch direkt weiter, Orléans kommt für später auf die Liste. Vielleicht in Kombination mit dem Besuch des Futuroscope. Wir umfahren Paris weiträumig und nehmen wie schon vor neun Jahren die A19. die ist kaum befahren. Nördlich von Orléans queren wir dann noch ein weiteres Baudenkmal aus der jüngeren Vergangenheit bzw. dessen Ruinen: Die Versuchsstrecke des Aérotrain, auch die kennen wir bisher eher aus einem Youtube-Video von Tim Traveller. Noch ein Grund mehr, dass wir die Gegend einmal in einem weiteren Urlaub besichtigen.
Die letzte Camping-Übernachtung machen wir am Lac d’orient in der Nähe von Troyes. Anfänglich hatten wir noch einen anderen Campingplatz an einem Bauernhof erwogen, allerdings ist angesichts der Hitze die Nähe zum See nicht zu unterschätzen. Der Platz ist ok, der Weg zum See ist nicht übermäßig weit, aber ein Highlight des Urlaubs wird der Platz nicht.
Wir wollen gerade zum See aufbrechen, als ich nochmals kurz in meine e-mails schaue und nicht schlecht staune. Eher aus der angeheiterten Laune bei der Messe an der Startnummern-Abholung hatte ich ein Los in die Lostrommel für den Angkor Wat Ultratrail in Kambodscha eingeworfen. Bei der Strecke bin in ich in die vollen gegangen und habe die 100km angekreuzt. Nun habe ich die Mitteilung erhalten, dass ich gewonnen habe: eine Startnummer, nicht übertragbar, für den 27.01.2024 über die 100km. Damit ist klar, was ich die kommenden Wochen und Monate machen werde: Trainieren und Sparen damit ich an dem Lauf erfolgreich teilnehmen kann. Es ist nur die Startgebühr inbegriffen, Übernachtung und Flug muss man selbst organisieren. Ich schwanke noch etwas zwischen Freude und Panik, aber mittlerweile kann ich mich mit dem Gedanken dann doch anfreunden, auch wenn noch einiges zu organisieren ist.
Am Mittwoch bauen wir ein letztes Mal für diesen Urlaub unser Zelt ab – eventuell müssen wir es später nochmal zum Reinigen aufbauen. Danach geht es über die Landstraßen in Richtung Elsass, dort holen wir noch den Verwandtschaftsbesuch samt Übernachtung nach, den wir am Anfang des Urlaubs überspringen mussten.
Die Strecke führt uns zur Mittagszeit am Lac du Der-Chantecoq vorbei, dem größten Stausee in Frankreich. Dort machen wir am Ufer kurz Rast bevor es weiter geht. Die meiste Zeit ist die Route Nationale gut bis sehr gut ausgebaut, einzig einige kurze Abschnitte sind nur als Landstraße mit zwei Spuren zu nutzen. Angesichts des Schwerlastverkehrs staut sich das natürlich an diesen neuralgischen Punkten dann doch etwas.
Da wir daran ohnehin vorbei kommen und nochmal eine Pause sinnvoll ist, machen wir einen Abstecher nach Lunéville, der Partnerstadt Schwetzingens. Eher zufällig kommen wir dann auch in einem Ort vorbei der schon länger auf unserer Liste steht „Les Oeufs Durs“ (die hartgekochten Eier), einfach weil der Name interessant klingt. Wirklich etwas zu sehen gibt es in dem Weiler nicht, so schnell wie man reingefahren ist, ist man auch schon wieder draußen. Imposanter ist dann tatsächlich das Schloss und der Schlosspark in Lunéville. Eine gewisse Ähnlichkeit mit Schwetzingen kann man nicht abstreiten. Wir besichtigen nur den kostenfrei zugänglichen Garten, in diesem wird bereits für ein Fest am Wochenende kräftig aufgebaut. Immerhin hat einer der Eis-Stände schon offen und so können wir uns eine kleine Erfrischung gönnen. Insgesamt ist das Schloss und der Park schon beeindruckend. Vor allem der Schatten der beiden Alleen ist bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen jenseits der 30°C echt goldwert.
Wir brechen zum letzten Abschnitt unserer heutigen Etappe auf, es stehen noch etwas mehr als 150km an, die bewältigt werden wollen. Bei Phalsbourg entscheiden wir uns gegen einen letzten Anteil Bezahlautobahn, dafür bekomme ich am Steuer anschließend nochmal reichlich zu tun, als es nach Saverne den Pass hinunter geht. Dieser windet sich in mehreren Serpentinen nach unten. Im Nachinhein wäre angesichts der vielen Ortsdurchfahrten ggf. die Autobahn inklusive Maut die günstigere Variante gewesen, so bekommen wir noch einen weiteren Blick auf den Rhein-Marne-Kanal spendiert. Über diverse Ortschaften im Elsass geht es dann auch endlich auf Straßburg bzw. das etwas nördlich gelegene Gambsheim zu. Dort werden wir bereits erwartet, es ist ungewohnt, abends kein Zelt aufbauen zu müssen und auch ein festes Bett anstelle Isomatte und Schlafsack ist nach drei Wochen erstmal gewöhnungsbedürftig.