Der Marathonlauf in Médoc ist gelaufen, aber das Programm und die Festivitäten drum herum sind noch lange nicht am Ende. Am Sonntag nach dem Lauf gibt es zusätzlich die Balade gastronomique mit einem Repas gastronomique (Mittagessen). Leider ist das nicht inklusive und man muss es ggf. als Extra auch für die „Nicht-Läufer“ hinzubuchen. Für Marion haben wir das gemacht, aber 50 EUR pro Nase waren uns für die Kinder dann doch etwas viel. Aber man ist hier in Frankreich recht pragmatisch: Mitkommen können die Kinder auf alle Fälle, nur einen Sitzplatz an der Tafel gibt es eben nicht und auch nichts vom Mehrgänge-Menü. Das ist aber nicht weiter tragisch, wir sollen einfach ein paar Hocker / Sitzgelegenheiten für die Kinder mitbringen (Campingstühle) und uns ans Ende der Tafel setzen, das klappt dann schon.
Reichlich geplagt vom Muskelkater in den Oberschenkeln stehe ich also am Sonntag wiederum für den Urlaub sehr früh auf. Bis zur Abfahrt nach Moulis-en-Médoc ist noch etwas Zeit, es reicht für ein kurzes Frühstück und auch um einem deutschen Läufer aus der Patsche zu helfen: Einmal Starthilfe fürs Auto, damit er den Heimweg antreten kann. Zwischenzeitlich sieht es sogar noch so aus, als ob wir Taxi für einige weitere Läufer sind (wozu haben wir sonst den Van mit den Reservesitzen …), ist dann aber doch nicht notwendig.
Die Fahrt ans Château Anthonic ist keine große Sache, dort startet der Sonntags-Spaziergang durch die Weinberge. Das Team ist gut eingespielt, am Parkplatz stehen mehr als genügend Einweiser bereit, so kann man den Start überhaupt nicht verfehlen. Da wir bereits vorregistriert sind, kommen wir recht zügig an die „Startlinie“ – natürlich gibt es vorher noch eine Verkostung. Für jeden Teilnehmer gibt es noch ein Verkostungsschälchen, sogar für die Kinder, aber die bekommen natürlich keinen Wein ausgeschenkt, stattdessen gibt es Wasser.
Die Wanderung führt durch die Felder und Weinberge, stellenweise auf Wirtschaftswegen, stellenweise auf der gesperrten Straße. Eilig hat es niemand und man sieht einige Läufer, die auch sichtlich noch etwas Muskelkater oder andere Beschwerden beim Laufen haben. Wie beim Marathon geht es natürlich an einigen Châteaux vorbei, das erste, Château Poujeaux, erreichen wir nach rund 3,3 Kilometern. Dort gibt es natürlich auch wieder Rotwein zur Verkostung, und wie bereits gestern an jeder Station live Musik.
Es geht weiter durch die Weinberge, die Sonne ist jetzt auch wieder richtig kräftig geworden. Ich unterhalte mich mit einigen anderen Läufern, zudem gibt es ein lustiges Château, wenn auch ohne Verkostung: Dort stehen im Garten überdimensionale Gummistiefel. Ein echter Hingucker. Wie ich aus den Gesprächen der erfahrenen Teilnehmer lerne, gibt es jedes Jahr eine andere Route für die Balade, mal mehr oder weniger umfangreich. Man munkelt, dass es dieses Jahr um die 8 bis 9 km werden sollen.
Um so erfreulicher, dass wir im Feld dann bei fast fünf Kilometern nochmals eine Versorgung vorfinden. Gereicht wird ein 2013er des Château Dutruch, sehr angenehm fruchtig mit einer angenehmen Säure, aber nicht zu trocken. Zudem gibt es eine Stärkung in Form von Crackern, Chips und Obst. Das kommt insbesondere bei den Kindern sehr gut an und gibt nochmal einen Motivationsschub. Auch hier im Feld steht eine Band und sorgt für musikalische Begleitung zu Verkostung.
Die Strecke wendet sich langsam aber sicher wieder in Richtung Moulis-en-Médoc. Kurz vor dem Ziel, ungefähr bei Kilometer sieben, gibt es am Château Brillette die letzte gastronomische Versorgung für die Balade. Verkostet wird der Idyllic von 2022, auch dieser ist ausgezeichnet. Bei den Jungs zeigt sich langsam, dass die Ausdauer etwas strapaziert ist. Abschnittsweise trage ich Yann auf den Schultern. Das ist ein hervorragendes Lockerungstraining, insbesondere meine Oberschenkel geben mir eine klare Rückmeldung zum Marathon, sie fühlen sich zwischenzeitlich an wie in einen Schraubstock gespannt, es fehlt jegliche federnde Dynamik im Laufstil.
In Moulis-en-Médoc gibt es zum Abschluss ein kleines Dorffest, die Versorgung dort ist nicht mehr inklusive, aber dafür für alle frei zugänglich. Für die Kinder gibt es eine Portion Pommes zum Essen und ich gönne mir mit Marion zur Abwechslung ein Bier. Dann müssen wir aber auch schon weiter, wir sind etwas spät dran fürs Essen, das im Château Mauvesin Barton gereicht wird. Der Weg dorthin ist nur ein Katzensprung. Vor Ort gibt es zur Begrüßung zur Abwechslung einen frischen Weißwein bevor es ins Festzelt geht. Wir merken, dass wir etwas spät dran sind, aber wir bekommen ohne Probleme noch einen Platz zugewiesen, wenn auch direkt neben der Band, es ist recht laut. Dass wir die Stühle für die Jungs vergessen haben ist auch kein Problem, es sind genügend freie Plätze da. Anfänglich sind wir mit der bereits servierten Vorspeise noch wählerisch und machen uns Gedanken, ob wir womöglich jemandem etwas wegessen, wenn wir die den Kindern gönnen (noch dazu ohne dass diese bezahlt haben).
Das Problem löst sich dann aber recht schnell, als die Bedienung abräumen will und angesichts der vielen Reste an der Tafel, die noch nicht einmal angerührt sind schon fast Tränen in den Augen hat. Sie ist sichtlich erleichtert, dass nichts entsorgt werden muss: Am Tisch finden sich zudem genügend hungrige Marathonis, die dafür sorgen, dass nichts verschwendet wird. So komme ich insgesamt zu 5 Stück Pâté en croûte (Pastete im Teigmantel). Ein wenig könnte man meinen, man ist in der Pfalz gelandet, denn der Rotwein, der zum Essen serviert wird, steht direkt auf dem Tisch und ist als „all-you-can-drink“ ausgelegt: Im Festzelt stehen Fässer bereit, an denen man die Flaschen wieder auffüllen kann.
Als Hauptgang wird dann ein Fisch serviert, da gibt es nur für die Eltern etwas. Yann hätte eh nichts davon, er ist vor Erschöpfung nach der Wanderung eingeschlafen und Glen feiert ganz kräftig auf der Tanzfläche mit. Damit sich das Essen auch wirklich rechnet, greifen wir beim Rotwein vergleichsweise großzügig zu. Immerhin kostet die Flasche um die 16 EUR, zumindest steht es so auf dem ausgelegten Flyer, man kann direkt im Anschluss den Wein auch noch kaufen.
Zum Dessert ist Yann wieder wach und es gibt einige überzählige, auch hier vermeiden wir die Verschwendung von Lebensmitteln, auf Nachfrage meint die Bedienung nur „ça va, il y en a assez“ (das passt schon, es ist genügend da). Beschwingt geht es dann auf den Heimweg, ich mache mir innerlich einen Vermerk, dass man bei Wiederholungen doch über ein Fahrrad oder Taxi als Verkehrsmittel nachdenken sollte, dann hätte man noch etwas mehr von der Feier.
Den späteren Nachmittag verbringen wir dann am Campingplatz, die Eltern entspannen nach dem Marathon und der Völlerei, während die Kinder den Spielplatz zum Austoben nutzen. Das Abendessen ist diesmal keine große Sache: Wir haben vom Vorabend noch Reste, die weg müssen (womit wir wieder bei der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung sind, irgendwie zieht sich das Thema doch etwas durch den Nachmittag).