Es ist fast schon Ende Februar, also allerhöchste Zeit den ersten Ultra des Jahres zu laufen. Ursprünglich hätte es ja Rodgau werden sollen, aber da nach fast drei Jahren auch ich einmal mit Corona an der Reihe war, musste ich diesen Lauf leider kurzfristig ausfallen lassen. Somit ist es nun zum zweiten Mal der 50km in Ubstadt-Weiher geworden. Technisch nehmen sich die beiden Läufe nichts, es sind beides Ultras über 50km und beide Male sind 10 Runden zu je 5km zu bewältigen. Auch die Temperatur bzw. das Wetter ist zumindest ähnlich, wenn man einmal von einer Corona-Sonderedition 2022 in Rodgau absieht. Beide Läufe liegen Anfang des Jahres und somit gibt es keine Temperatur- oder gar Schönwetter-Garantie. Der HaWei50 hat noch einen großen Bruder, Anfang April findet auf der gleichen Strecke ein 100km Lauf statt. Ob ich mir den jemals antun werde, weiß ich noch nicht, denn schon nach 10 Runden kann man die Strecke wirklich nicht mehr sehen, nochmal 10 Runden mehr machen es dann wohl auch nicht besser.
Im Vergleich zu Rodgau muss ich etwas weniger weit fahren, bereits am Parkplatz merkt man mit wie viel Engagement die LSG Weiher bei der Sache ist. Es stehen Einweiser, die einen direkt zu einem freien Parkplatz lotsen, einen derartigen Service hat man nicht überall. Nach dem Abstellen des Autos kann man bereits einen ersten Teil der Laufstrecke besichtigen: Vom Tor des Badesees bis zur Startnummernausgabe – direkt entlang der Badewiese. Die Ausgabe ist auch perfekt durchorganisiert, da ich mich frühzeitig angemeldet habe, gibt es sogar eine zweistellige Startnummer.
In der Startaufstellung stelle ich mich erst einmal recht konservativ auf, ich habe zwar die Sicherheit durch die Rheintalquerung eine Woche vorher, aber das waren nur 43km und definitiv kein Wettkampf. Ankommen über die volle Distanz ist das oberste Ziel. Eine gute Zeit wäre zwar nett, aber nach meinem aktuellen Trainingsstand bin ich doch realistisch. Vorgenommen habe ich mir eigentlich nur unter 5 Stunden zu bleiben, was einer Pace von 6min/km entsprechen würde. Es ist etwas windig, als sich die Läufer im Startfeld einfinden, laut Sprecher soll es aber immerhin keinen Regen geben, von Sonne ist aber auch nicht die Rede.
Die erste Runde nutze ich, um mich wieder mit der Strecke vertraut zu machen und meinen Pace zu finden. Damit man auf die 5km kommt, gibt es kurz nach dem Start/Zielbereich eine Pendelstrecke und auch kurz vor Ende jeder Runde gilt es, eine kurze Schleife durch den Campingplatz zu absolvieren. Höhenmeter gibt es keine, die Strecke ist topfeben. Die erste Runde habe ich nach 26:40 hinter mir, mein GPS hat einen leichten Versatz und meldet sich immer schon einige Meter vor den offiziellen Schildern, aber es ist ja klar was zählt. Anfänglich schwankt meine Pace noch etwas, vor allem ist sie natürlich mal wieder deutlich zu flott: stellenweise lese ich Zeiten um die 5:15 min/km ab. Aber langsamer machen fällt mir doch etwas schwer. Auch die zweite Runde verläuft ohne Auffälligkeiten, nach noch nicht mal einer Stunde habe ich schon 10km zurück gelegt. Die Gruppe der Führenden überholt mich kurz vor Kilometer 9 – die Jungs machen reichlich Tempo.
Runde drei und vier geben einen Vorgeschmack auf das, was das Wetter noch in petto hat: es ist Ende Februar, die Temperaturen liegen irgendwo zwischen 6 und 7 Grad Celsius – im Wind gefühlt gleich nochmal etwas kühler. Zudem gibt es eine nahezu geschlossene Wolkendecke, aus der es immer mal wieder ein ganz klein wenig Sprühregen gibt. Ich war zwischenzeitlich schon versucht mein Stirnband und ggf. auch die Jacke abzulegen, das lasse ich dann aber doch sein. Was ich hingegen an den Rand im Eigenversorgungsbereich abstelle, ist meine Getränkeflasche: die brauche ich bei 5km bis zur nächsten Versorgung nicht jedes Mal um den See tragen. An der Versorgung greife ich ab Runde vier beim Isogetränk zu.
Langsam wird es etwas zäher mit dem Laufen, aber ich habe ja ein festes Ziel vor Augen: Die Halbmarathonmarke liegt kurz nach Beginn der Runde Nummer 5 und wenn man dann wieder auf der Zielgeraden ist, hat man schon die Hälfte geschafft. An der Versorgung nehme ich diesmal auch etwas Energie in Form von Gummibärchen mit. Ich ertappe mich dabei, wie der Kopf schon langsam auf Kilometer und Countdown umstellt – noch liegen aber 20km vor mir. Immerhin weniger als ein Halbmarathon, aber gelaufen sein will die Strecke dennoch. Zudem ermittle ich, dass ich an jeder Stelle der Strecke ja jetzt nur noch 4 Mal vorbei muss. An der Versorgung nochmal ordentlich was mitgenommen, es gibt auch Brühe und warmen Tee, angesichts der Temperaturen ein echter Segen.
Da Wetter kommt jetzt nochmal so richtig knüppeldick, der Wind hat gefühlt nochmal an Stärke zugelegt und noch dazu gibt es einige ordentliche Graupelschauer. Gut, dass ich meine Sonnenbrille die ganze Zeit in der Hoffnung auf besseres Wetter mitgenommen habe, jetzt kommt sie auf die Nase damit man den Graupel nicht in die Augen bekommt. Wichtige Motivation ist mittlerweile, mindestens den Marathon zu machen, denn wenn man die Marke erreicht hat, ist der Rest dann mit etwas mehr als 7km doch wirklich nur noch Ehrensache. Aus der Erfahrung weiß ich auch, dass bei 10x5km-Läufen bei mir die Runden 6,7 und 8 die schwierigsten sind.
Nach Runde sieben mache ich etwas ausführlicher Pause an der Versorgung, es gibt auch lecker Pellkartoffeln mit Salz, dazu noch Schokolade und frisch gebackene Waffeln – sehr lecker, es erinnert mich schon ein wenig an die berühmte Versorgung bei Kilometer 70 der Ulmer Laufnacht. Derart gut gestärkt nehme ich Runde acht in Angriff. Was ich nicht so ganz bedacht hatte, wie süß und klebrig meine Mahlzeit war, das merke ich ungefähr bei Kilometer 38, aber da sind es ja auch nur noch zwei Kilometer bis zum Nachtanken. Allerdings merke ich an der Geschwindigkeit und in der Muskulatur: Mehr Flüssigkeit wäre dringend geboten.
Daher greife ich vor der 9. Runde nochmal kräftig bei Cola, Iso, Brühe und Wasser zu, und auch wieder etwas Energie in fester Form. Diesmal merke ich schon bei Kilometerschild zwei, dass ich immer noch nicht genügend getrunken habe. Meine Flasche habe ich natürlich auch nicht wieder aufgesammelt, obwohl ich das kurzfristig erwogen hatte. Jetzt heißt es dann Zähne zusammen beißen, immerhin ist die Marathonmarke dann auch erreicht. Mein Muskeln geben mir die weiteren drei Kilometer ganz klar zu verstehen: Es fehlt an Schmierstoff bzw. Transportmittel für die Elektrolyte. Im Zielbereich gibt es eine kleine Panne, normalerweise läutet der Sprecher für jeden Läufer die letzte Runde mit einer Glocke ein … bei mir ist er gerade anderweitig beschäftigt und holt es nach während ich gerade noch in Hörreichweite an der Versorgung bin. Bei derart vielen Läufern kann man aber auch wirklich den Überblick leicht verlieren.
Die letzte Runde ist nun wirklich Ehrensache, also nochmal kräftig an der Versorgung zugelangt und diesmal auch die Getränkeflasche aufgesammelt. Auf der letzten Runde gibt mir das nochmal Kraft, denn wenn ich jetzt Durst habe, dann greife ich einfach an den Gürtel und trinke etwas ohne auf die Versorgung warten zu müssen. Auch das Wetter hat ein wenig ein Einsehen – die Bewölkung ist weniger dicht und es wird gefühlt etwas heller. Dafür schlägt der Wind nochmal richtig kräftig zu, auf der letzten Runde kommt er gefühlt nochmal aus allen Richtungen und natürlich immer von vorn. Ein letztes Mal geht es am See entlang und in die Kehre auf dem Campingplatz, danach nur noch schnurgerade auf das Zelt mit der Ziellinie zuhalten. Bereits auf der Badewiese gibt es eine öffentliche Uhr, dort kann man ungefähr abschätzen, wie schnell man ist, wie ich gesehen habe, hat man die sogar extra für die Veranstaltung aus dem Winterschlaf geweckt – dort war für mich klar: unter 4:40h sollte möglich sein, mit der offiziellen Zeitmessung im Blick nehme ich mir sogar noch ein ambitioniertes Ziel: 4:38 sollen da nicht stehen.
Am Ende sind dann 4:37:58 brutto und 4:37:36 netto. Damit reicht es für Platz 84 im Gesamtfeld von 234 Finishern über die 50km. Gestartet waren 332 Teilnehmer. An meine neue Altersklasse M40 muss ich mich noch gewöhnen, aber dort reicht es für Platz 13. Insgesamt also dort, wo ich sonst auch regelmäßig zu finden bin. Für einen Lauf, den ich nur ankommen wollte ein absolut passendes Ergebnis.
Die Organisation lässt wenig Wünsche offen, auch die Zielverpflegung ist sehr reichlich und bietet für jeden Geschmack etwas. Nach etwas Pause gehe ich dann auch zur Dusche am anderen Ende des Campingplatz, so eine warme Dusche ist eine echte Wohltat, auch wenn mir andere Läufer empfehlen noch ein kurzes Bad im Hardtsee zu nehmen. Darauf verzichte ich dann aber doch. Mal sehen, ob ich den Lauf nächstes Jahr wieder ins Programm nehme, er hat ja durchaus gewisse Vorteile. Vielleicht kann ich ja dann auch noch einige Läufer aus meiner Trainingsgruppe überreden mitzumachen, es muss ja nicht gleich ein Ultra sein und je nach Tagesform kann man alle 5km offizieller Weise auch aussteigen. Ich hoffe, dass wenn ich ihn wieder mache auch das Wetter ein klein wenig besser ist, aber das hat man als Veranstalter ja auch nur bedingt in der Hand. Wie ich erfahren habe, ist die Durchführung um den Hardtsee auch nur im Winter bzw. frühen Frühjahr möglich, da man sonst durch den Bade- und Campingebtrieb laufen müsste. Das möchte ich mir so gar nicht ausmalen, das wäre dann wohl eher ein Hindernislauf.