Für heute haben wir ein wenig Programm, wir wollen Lund besichtigen, dort hat Marion rund ein Jahr lang studiert. Auf dem Weg dorthin planen wir einen Stopp am größten Einkaufszentrum, Emporia, in Malmö ein. Das Einkaufszentrum wird sogar als Highlight auf der Homepage der Stadt beworben. In der Tat ist es etwas außergewöhnliches, sowohl von der reinen Größe als auch von der Architektur. Die bunte Glasfasade des Parkhaus ist schon ein echter Hingucker.
Marion nutzt die Chance im Systembolaget, dem staatlichen Alkoholvertrieb in Schweden, einzukaufen. Die Preise für Alkohol in Schweden sind recht hoch, aber wir wollen ja auch einmal die schwedischen Brauereien probieren. Das geht ggf. in den Restaurants, aber dort ist es nochmal teurer. Der Einkauf ist wirklich umfangreich, wir müssen beide mit anpacken und ihn zum Auto tragen. Träger bzw. Kästen gibt es in Schweden grundsätzlich nicht, um den Verkauf zu begrenzen. Für den Rest des Jahres brauchen wir wohl keine Bierprobe mehr, die können wir gemütlich daheim durchführen. Ich muss mir wohl mal langsam Gedanken über eine kleine Verkostungsdatenbank machen, damit wir uns erinnern, was gut war und was wir nochmal kaufen wollen. Außerdem werde ich wohl ein weiteres Leergut-Regal im Keller einrichten. Wir haben so etwas bereits für bretonischen Apfelwein, für den Fall dass man mal wieder dort vorbei kommt, kann man das Pfand abgeben, ähnliches werden wir wohl für schwedische Bierflaschen machen müssen.
Der Hüpfer nach Lund dauert nicht lange. Wesentlich länger sind wir dann damit beschäftigt, einen Parkplatz zu finden. Wir fahren dabei einmal durch die historische Altstadt durch, davon nehme ich allerdings nicht viel wahr, denn man muss sich höllisch auf den Verkehr konzentrieren. Als wir endlich ein Parkhaus gefunden haben, müssen wir feststellen, dass der Parkautomat defekt ist. Da wir das SMS-Parken mangels einer schwedischen Personalnummer nicht nutzen können, fahren wir wieder los. Am Ende finden wir am Krankenhaus ein Parkhaus, das auch an der derzeit einzigen Straßenbahn-Linie in Lund liegt. Park&Ride hat sich hier noch nicht herum gesprochen.
Die nächste Herausforderung ist es, ein Ticket für den Nahverkehr zu lösen. Es gibt praktischerweise 24h-Tickets für Lund (und ggf. auch größere Bereiche). Das zu kaufen geht natürlich digital auf der Website. Rund 13 EUR sind es für die ganze Familie (wie ich später sehe, wäre unser Jüngster sogar kostenfrei gewesen). Wenn man die Karte bezahlt hat (Kreditkartennummer am Handy macht ja auch so viel Spaß), bekommt man eine SMS, welche einem dann mitteilt, dass man doch die App installieren muss. Gut, dass die Bahn tagsüber alle zehn Minuten fährt, so hat man im Zweifel Zeit für den Download und die Installation. Just-in-Time mit der Ankunft des nächsten Zuges kann ich dann endlich die App öffnen, mich legitimieren und das Ticket für den Tag aktivieren. Schon recht hohe Hürden für die Nutzung des ÖPNV, wenn man mich fragt. Mit der Tram geht es dann exakt eine Station bis ins Zentrum.
An der Stadtbibliothek machen wir einen ausgiebigeren Stopp, Pinkel- und Mittagspause. Das hat auch den Vorteil, dass mein Tagesrucksack nochmal ein gutes Stück leichter wird. Damit geht es dann weiter in Richtung Universitätsgelände in der Paradisgatan. Der Innenhof mit dem Brunnen bildet das Zentrum der Stadt und der alten Universität. Direkt angrenzend ist der Dom. Leider ist der derzeit keine wirkliche Sehenswürdigkeit, zumindest von außen, denn es finden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen statt, der Dom ist daher fast vollständig eingerüstet. Unter anderem werden die beiden Turmdächer vollständig überholt, daher hat man diese vollständig abgenommen und neben dem Dom eine Werkhalle dafür eingerichtet. Immerhin gibt es einige Erläuterungen auf dem Bauzaun. So bestehen die Dächer derzeit noch aus Blei, welches aus Umweltschutz- und Statikgründen (immerhin wiegt ein Dach fast 20 Tonnen). Leider leider kann man die Beschreibung nicht in Ruhe lesen, denn unsere Jungs sind ständig dabei sich zu kappeln.
Das Innere des Doms ist dann doch recht nett anzuschauen, im Gegensatz zu den bisherigen Kirchen in Schweden, ist er nicht weiß angestrichen und daher vergleichsweise dunkel. Das Ornament in der Kuppel oberhalb des Altars ist sehr sehenswert. Gleiches gilt für die astronomische Uhr, leider haben wir den Zeitpunkt des Glockenspiels gerade verpasst. Weiter geht es dann zum Mårtenstorget. Marion geht noch in einem Shop vorbei, dabei müssen wir herzlich lachen, denn der Verkäufer bedient gerade einen anderen Kunden mit den Worten „you want it gift wrapped?“, was uns natürlich an Love actually erinnert.
Am Mårtenstorget liegt auch die Saluhall, eine Art großer Foodcourt in einer ehemaligen Markthalle. Ganz nett es mal gesehen zu haben, allerdings sagt uns das Angebot nicht sonderlich zu. Besser ist da schon das Angebot nebenan: dort gibt es eine Eisdiele, worauf sich die Kids natürlich super freuen. So gestärkt laufen wir noch zu Marions alter Unterkunft, welche ganz in der Nähe liegt. Wir waren ja auch in meiner Heimat auf Zeit in College Park. Für den Rückweg zur Bibliothek (wegen Toiletten) nehmen wir dann den Bus.
Wir machen noch eine letzte Schleife durch die Stadt, auch vorbei an der Universitätsbibliothek, das Gebäude sieht wirklich ehrwürdig aus. Direkt daneben findet sich auch die nächste Kirche, Allhelgonakyrkan, wir laufen allerdings nur daran vorbei. Direkt davor verläuft die Straßenbahn und es ist dann auch nicht mehr weit bis zur Endhaltestelle. Da wir ja neugierig und ein wenig ÖPNV-affin sind, nutzen wir unser Ticket noch vollständig aus und fahren einmal bis zur anderen Endhaltestelle durch. Diese liegt am ESS (European Spallation Source). Insgesamt führt die Strecke sehr weit durch den Campus und die vielen Forschungseinrichtungen, die sich etwas außerhalb der Stadt befinden. Für kommende Besuche merken wir uns das auf alle Fälle vor, denn hier draußen hat es jede Menge Parkmöglichkeiten ohne weitere Gebühren. Während der Fahrt informiere ich mich dann auch noch ein wenig über die Straßenbahn selbst. Die ist noch recht neu in Lund und vorläufig wird es bei der einen Trasse bleiben (die deutsche Wikipedia-Seite ist leider etwas veraltet, die schwedische ist aktueller). Allerdings ist es auch gut zu sehen, dass man ggf. erst einmal die Straßenbahnstrecke baut und danach die geplanten Wohngebiete drum herum. So ist der ÖPNV von Anfang an eine Option und nicht irgendein Flickwerk, das man nachträglich angestückelt hat (leider in Deutschland sehr häufig immer noch der „Normalfall“).
Der Rückweg zum Campingplatz ist dann auch recht schnell gefahren. Die Parkgebühren waren auch nicht von schlechten Eltern, hier besteht definitiv noch Bedarf an sinnvollen Park&Ride Konzepten. Einen wichtigen Schritt um die Fahrzeuge aus der Stadt heraus zu halten hat man mit den Preisen und der Verkehrsführung ja bereits erreicht, allein sollte man eben auch die Alternativen für externe ausreichend ausschildern. Für mich ist klar: bei der nächsten Großstadt beschäftige ich mich wieder intensiver mit den Möglichkeiten für den ÖPNV. Wir hatten ja auch kurz überlegt, ab Malmö mit Bus und Bahn nach Lund zu kommen, allerdings haben uns die Preise dann doch etwas abgeschreckt (ca. 25 EUR) und auch die Anbindung des Campingplatzes ist nicht die Beste, zumindest gibt es laut Fahrplanauskunft von dort keine Verbindungen, erst ab der Folgestation in Sibbarp. Angesichts der Parkgebühren und der schwierigen Parkplatzsuche würde ich das wohl beim nächsten Mal doch wagen.