Da wir mehrere Tage am Campingplatz am Åsnen bleiben, entfällt heute das übliche Zusammenpacken der letzten Tage. Wir nutzen es für ein ausgiebiges Frühstück und etwas Ordnung im Zelt und im Auto zu schaffen. Wir wollen auch die Chance zum Waschen nochmals nutzen, der Wäscheberg (insebsondere der Kinder) hat sich doch recht hoch angesammelt. Wir sind aber ja auch schon mehr als 2 Wochen unterwegs. Gegen halb zwölf machen wir uns dann auf den Weg für den Tagesausflug, es geht nach Älmhult. Dort befindet sich das IKEA-Museum.
Die Fahrt ist recht unspektakulär, wir stellen aber fest, dass unsere entspannte Art zu reisen sich positiv auf den Dieselverbrauch auswirkt, um so mehr da wir heute ohne Anhänger unterwegs sind: Wir erreichen eine ähnliche Reichweite wie sonst ohne Anhänger. Angesichts der leicht gestiegenen Dieselpreise in Schweden ist eine sparsame Fahrweise auch weiterhin sehr sinnvoll.
Da es gerade Mittag ist, fahren wir ein kleines Stück an den Möcklen, das ist der See nördlich von Älmhult. Am dortigen Campingplatz und der Badestelle machen wir unser übliches Mittagspicknik. Dabei bekommen wir Besuch von einer großen Gruppe Stockenten, die sind an die Besucher sehr gut gewöhnt und wissen, dass ggf. Krümmel und Rest abfallen. Entsprechend aufdringlich sind sie. Ich überlege, ob es sich lohnt, eine davon auf den Grill für den Abend zu packen, aber unser Abendessen ist ja schon geplant und wenn sollte die Ente ja frisch sein…
Das IKEA-Museum ist gut gemacht, es gibt auch einen Einblick in das frühe Leben in Småland. Das war recht karg, die Landwirtschaft wurde vor allem durch die vielen in der Eiszeit abgelagerten großen Findlinge erschwert. Jeden Winter wenn der Boden gefror hat es weitere Findlinge an die Erdoberfläche gedrückt, die dann wieder weggeräumt werden mussten. Ohne Teamwork ging da gar nichts. Wichtige Produkte waren aber auch der Flachs, der hier recht gut wächst, allerdings war die Verarbeitung sehr zeitintensiv. Zur Selbstversorgung wurden auch einige Tiere gehalten. Unsere Kinder haben jede Menge Spaß an der Butterherstellungs-Simulation, dort muss man mit einem alten Butterfass so lange stampfen, bis Butter entstanden ist, immerhin im Zeitraffer. Stellenweise gibt es in Småland auch Eisenerz, das in losen Brocken insbesondere in den Seen gefunden wird. Das so gewonnene Eisen wurde dann zu verschiedenen Geräten verarbeitet, unter anderem Mausefallen und Schneebesen waren häufige Produkte. Insgesamt bekommt man den Eindruck, als wären die Einwohner Smålands das Gegenstück zu unseren heimischen Schwaben: sehr sparsam und erfindungsreich, wenn es um das möglichst effiziente Nutzen der vorhandenen Ressourcen geht.
Geprägt war die Landschaft bis dahin durch eine dünne Besiedlung mit vielen kleinen Gehöften. Das änderte sich im frühen 20. Jahrhundert, als der Wohlfahrtsstaat Form annahm. Damit wurden mehr und mehr Wohnungen gebaut, die Besiedlung verdichtete sich mehr und mehr. Damit einher ging ein Wandel der Wohnkultur, die Wohnungen wurden kleiner und es wurde mehr auf Effizienz geachtet. Im Museum kann man das an einer Beispielküche nachvollziehen. Gut zu sehen, dass wir viele der Ansätze in unserer eigenen Küche umgesetzt haben. Einzig bei der Nutzung der vorhandenen Arbeitsfläche haben wir wohl noch Potential, in der Beispielküche ist die bei weitem nicht so voll gestellt wie bei uns.
Ein weiterer Abschnitt ist dem Leben und dem Lebenswerk des Gründers Ingvar Kamprad gewidmet. Neben dem reinen Unternehmer gibt es auch eine Vielzahl sozialer Projekte, welche durch das Unternehmen gefördert werden. Ein besonderer Hingucker ist das Projekt „better Shelter“, dass sich der Verbesserung von Lebensbedingungen in Flüchtlingslagern verschrieben hat. Die Behausung ist komplett zerlegbar und wird IKEA-typisch in zwei flachen Kartons transportiert. Der Aufbau erfolgt dann fast werkzeuglos, wie man es auch von den IKEA-Möbeln gewohnt ist. Noch nicht einmal ein Inbus-Schlüssel ist notwendig. Auch ist Ingvar immer sehr bodenständig geblieben und hat früh erkannt, dass die wichtigsten Entwicklungen in der Herstellung von den Mitarbeitern in der Produktion kommen und nicht zwingend im Management.
Ein großer Teil der Ausstellung widmet sich danach der Entwicklung des Unternehmens seit 1943 – von den Anfängen als Versandhandel für Allerlei, wie z.B. Kugelschreibern aber eben auch Möbeln. Nachdem die Möbel den größten Erfolg brachten, fokussierte man sich auf diese. Anfänglich war man nur Händler und konnte durch geschickte Verhandlungen günstige Preise anbieten. Da sich die Konkurrenz damit sehr bedroht sah, boykotierten viele Hersteller die Zulieferung, in der Folge besorgte man Produktionskapazitäten in Polen. Auch wurde bei einem Vergleichstest festgestellt, dass IKEA teilweise eine höhere Qualität als die etablierten Hersteller bot. Das brachte den langfristigen Durchbruch. Ganz gemäß den småländischen Wurzeln widmete man sich früh der vollständigen Verwertung der eingesetzten Rohstoffe. So wurde es modern mit hellen Hölzern wie Kiefer und Birke Möbel zu bauen. Entlang der Ausstellung begleitet man dann die weitere Entwicklung jeweils mit den Neueröffnungen in den Jahren und den neu eingeführten Produkten.
Lange Zeit nicht wegzudenken war der IKEA-Katalog. Mittlerweile wird er aus Kosten- und Umweltschutzgründen nicht mehr gedruckt, er war aber für viele Jahre aus fast keinem Haushalt wegzudenken. Anfänglich noch als karge Liste mit Produktbeschreibungen, wurde er immer mehr zum Livestyle-Magazin mit praktischen Tipps zum effizienten Einrichten. Beim Durchwandern der Ausstellung hat man auch immer wieder Aha-Effekte, und merkt, wie viele kleine Helfer bzw. Klassiker man im eigenen Haushalt doch im Einsatz hat, auch wenn bei Weitem nicht nur IKEA-Möbel bei uns zu finden sind. An vielen Stellen habe ich aber auch die Wiederverwertung und das Selbermachen, was von IKEA auch beworben wird, umgesetzt. Nicht wenige Teile meiner selbstgebauten Einrichtungen stammen aus der Wiederverwertung von IKEA-Möbeln aus dem Sperrmüll.
Der letzte Abschnitt im Museum widmet sich der Produktion und Logistik bei IKEA. Unter anderem wurde dort früh auf automatisiertes Testen gesetzt, um die Stabilität der Möbel zu prüfen. Ein Konzept, das mir aus der Software-Entwicklung sehr bekannt vorkommt. Auch wird gezeigt, wie sehr man durch Optimierung auch nachhaltiger geworden ist: durch die optimale Raumnutzung in den Paketen wird der Transport effizienter, auch wenn primär natürlich die Kosten im Vordergrund stehen.
Insgesamt ist das Museum sehr anschaulich gemacht, und auch das Karussell an der Decke mit den Highlight-Produkten ist cool gemacht. Auch hier erkennt man das ein oder andere wieder, was man selbst an verschiedener Stelle im Einsatz hat. Etwas enttäuscht bin ich über die Kinderfreundlichkeit, auch wenn das bei den Produkten und der Entwicklung immer wieder betont wird, so hat sich das noch nicht so ganz im Museum niedergeschlagen. Da hätte ich angesichts des umfangreichen Kinderangebots (wie der Betreuung im Småland) auch im Musem mehr erwartet.
Zum Abschluss nutzen wir noch das Sonderangebot des angeschlossenen IKEA-Restaurants. Dort gibt es einen speziellen Grillabend mit Buffet. Wir hatten uns dabei allerdings etwas mehr versprochen, als es dann letzendlich ist. Die Auswahl vom Grill ist mit zwei unterschiedlichen Spießen dürftig und auch das Buffet hätte unter anderem noch eine Sektion für den Nachtisch vertragen können. Immerhin spart es uns das Kochen und den Abwasch.