Heute verlassen wir den nördlichsten Punkt unserer Reise. Von nun an geht es eher in Richtung Süden. Der Aufbruch klappt recht fix, auch wenn sich das Abbauen wieder etwas länger hinzieht als gedacht. Der nächste Campingplatz liegt nur etwas außerhalb von Jönköping. Dort haben wir vom Vortag ja noch einige Besichtigungen offen, die wir heute nachholen wollen. Da es wirklich nicht sehr weit ist und wir gesehen haben, dass Stellplätze innerhalb der Stadt eher weniger auf Gespanne eingerichtet sind, fahren wir gleich zum Campingplatz durch.
Dort müssen wir erstmal etwas warten, denn es ist gerade Mittagspause. Die machen wir dann kurzerhand auch direkt vor dem Campingplatz. Einchecken und Aufbau geht dann auch recht fix. Allerdings zickt Yann ziemlich heftig rum, weshalb wir das Zelt nur zu dritt aufbauen. Dennoch dauert es nur etwas mehr als 20 Minuten, bis alles steht. Da wir nur eine Nacht bleiben wollen, sparen wir uns das Abladen von allem was wir für eine Nacht nicht benötigen. Da wir in Jönköping essen wollen (eigentlich hatten wir es schon für den Vortag geplant, aber unser Wunschrestaurant an der Brauerei hatte zu), brauchen wir auch keine Lebensmittel und Kochgeschirr vom Anhänger packen.
Die Fahrt nach Jönköping wieder hinein ist wirklich ein Katzensprung, wenn auch untermalt von Yanns Protest. Der setzt sich ärgerlicherweise auch auf dem Parkplatz noch weiter fort. So dauert es dann doch eine ganze Weile bis wir mit der Tour beginnen können. Die erst Station ist die Sophia-Kirche. Die ist sehr schön anzuschauen, und es gibt Orgelmusik direkt zum Anhören. Das beruhigt dann auch Yann wieder und so können wir zum nächsten Punkt in unserer Tour weiterlaufen.
Jönköping war einst ein wichtiges Zentrum der Streichholzherstellung, daher gibt es dort auch das Streichholzmuseum. Das ist sehr gut gemacht und gibt neben der Entwicklung der Arbeit und des Streichholz an und für sich einen guten Einblick in die Arbeitsbedingungen des 19. Jahrhunderts. Arbeitssicherheit wie wir sie heute (teilweise sehr extrem) kennen, gab es damals schlichtweg nicht. Auch war vieles noch echte Handarbeit. Zu Beginn wurden noch reine Phosphor-Streichhölzer produziert – Holzstäbchen, die in weißes Phosphor getunkt wurden. Das funktionierte recht gut, manchmal sogar zu gut: Selbstentzündung war ein großes Problem, von den gesundheitlichen Problemen bei der Herstellung ganz zu schweigen.
Besser wurde es erst mit der Entwicklung des Sicherheitsstreicholz, dieses lässt sich nur auf der entsprechenden Reibefläche entzünden, so wie wir es heute kennen. Mit der Zeit wurde die Handarbeit Schritt für Schritt mechanisiert. Angefangen vom Erzeugen des Splintholzes bis hin zur Verpackung. Splintholz und somit die allermeisten Streichölzer werden aus Pappeln bzw. Espen gefertigt. Die Hölzchen erhält man, indem man erst ein Funier aus dem Holz fertigt (also längs der Achse abschält und das Funier dann in entsprechend kleine Abschnitte hackt. Im Museum ist ebenfalls die fertig ausgereifte Maschine zu sehen, mit welcher die Fertigung komplett automatisiert wurde – von den Hölzchen über die verschiedenen Tauchbäder bis hin zu Verpackung, alles in einer Maschine. Der Ingineur ist leider wenig bekannt, da die Maschine sehr lange ein Betriebsgeheimnis der Fabrik in Jönköping war. Als Techniker natürlich ein absoluter Hingucker, zumal wirklich alles auf Mechanik und einem einzigen Antrieb beruht. Heute würde man wohl eine riesige Anzahl Servomotoren und Sensorik verbauen, um das gleiche Ergebnis zu erzielen. Auch für ältere Kinder gibt es etwas zu entdecken, es gibt mehrere überdimensionale Streichhölzer in der Ausstellung mit Fragen zu beantworten. Als Dankeschön gibt es echte Streichholzschachteletiketten.
Das Gelände der alten Streichholzfabrik wird mittlerweile als eine Art Kreativ- und Gründerzentrum genutzt. Unter anderem findet sich dort auch die Bauerei Idlewild mit angeschlossenem Restaurant. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Die Brauerei hat zehn verschieden Biersorten vom Faß und wir nutzen die Gelegenheit zur Verkostung zu je zwei mal 5 unterschiedlichen Sorten. Auch das Essen ist nicht schlecht, insgesamt ist der Besuch allerdings ein recht teurer Spaß, alleine die Bierprobe schlägt mit umgerechnet fast 55 EUR zu Buche. Allerdings unterhalte ich mich auch ganz nett mit dem Barkeeper und wir machen noch einen kulturellen Austausch, immerhin haben wir ja einige Flaschen aus der Heimat im Gepäck. Die Biere decken eine sehr breites Spektrum vom Geschmack her ab. Vom klassischen Lager bis hin zum Imperial Stout und einem Sauerbier gibt es für jeden Geschmack etwas. Definitiv eine Adresse, die wir uns für kommende Besuche in der Region wieder vormerken werden, zumal es eine ganze Reihe saisonaler und experimenteller Biere gibt.