Da wollte ich nur einem alten Kunden einen kleinen Gefallen tun: Sein Laptop zeigte irgendwelche Marotten – ich solle mir das doch mal anschauen, wenn es mir möglich wäre. Zudem gäbe es noch ein paar Kleinigkeiten mit dem Server den ich dort vor Jahren mal eingerichtet habe – auch da wäre mal ein Auge drauf zu werfen. Zudem würde der Drucker irgendwie nicht mehr so recht drucken wollen bzw. wäre im Netz nicht mehr erreichbar. Auf gut deutsch: Viele Kleinigkeiten die eigentlich recht fix lösbar oder zumindest diagnostiziebar sein sollten.
Leider war es uns nicht möglich einen Termin zu finden an dem wir uns beide treffen konnten – aber gerade für derartige Notfälle hatten wir mal einen Schlüsseltausch durchgeführt, den wir nie rückabgewickelt haben, man weiß ja nie was kommt. Also eine Problembeschreibung und die defekten Geräte bereit gelegt, und ich komme vorbei sobald es mir passt.
Im Endeffekt hieß das für mich: Abends nach der Arbeit mal kurz vorbeischauen, sollte ja nicht viel werden. Da im Autotank eh Ebbe war, und ich in den vergangenen Tagen doch reichlich Weihnachtsleckereien gefuttert hatte, habe ich meinem inneren Schweinehund trotz Kälte in den Hintern getreten und das Fahrrad genommen. An und für sich innerhalb Mannheims ja immer noch das Verkehrsmittel der Wahl: Energieeffizient, keine Parkplatzprobleme und in der Regel ungefähr genauso schnell wie das Auto (vom ÖPNV brauchen wir am späteren Abend oder in der Nacht ja mal gar nicht reden).
Leider hat die Stadt Mannheim ein Problem was die Radfahrer betrifft: Viele einzelne Projekte werden angeschoben, aber es bleibt bei diesen einzelnen Maßnahmen – eine Vernetzung der Projekte ist oftmals nur halbherzig ausgeführt. Ein Prof der Uni Mannheim hat das auch in einem Leserbrief sehr treffend als „Graben“ beschrieben – in seinem Beitrag ging es um die Fahrrad-Erreichbarkeit der Uni aus der Innenstadt – die ist bescheiden, weil es einfach an Überwegen für Radfahrer an der Bismark-Straße mangelt – man schlängelt sich ggf. halt durch oder nimmt inoffiziell halt doch die Fußgänger-Ampeln. Alles nicht das Gelbe vom Ei.
Ähnlich geht es mir im konkreten Fall – Aufgabe: Finde einen möglichst gut fahrbaren, zügigen Weg aus dem Rott oder Käfertal nach Seckenheim, genauer gesagt in den alten Teil Seckenheims an der Hauptstraße. Eigentlich sollte man meinen „kein Ding“ – aber die Realität ist ungleich komplexer. Es existieren zwar viele Wege die auch meistens asphaltiert oder zumindest geschottert sind (mir reicht das in der Regel aus, nur matschig sollten sie nicht unbedingt sein). Aber es fehlt auch hier mal wieder an den Schnittstellen bzw. es gibt Trennstellen wo man sie nicht braucht.
Das wird zwar jetzt ein wenig Mannheimer Ortskunde, aber vielleicht erkennt der eine oder Andere die Problemstellen auch in anderen Städten.
Fangen wir mit der wichtigsten Entscheidung an: Es gibt im Umkreis 5 mögliche Brücken bzw. Brückenkombinationen die den Neckar überspannen, radtechnisch wirklich tauglich sind davon schon mal nur 4 (wer will darf es gerne mal auf dem Neckarschnellweg probieren – Treppenstufen sind für mich ein k.o. Kriterium für einen Radweg). Davon kommen aufgrund der Strecke 3 in den nähere Auswahl – alles andere wären deutlich mehr Kilometer.
1) Brücke prallel der A6 (überquert Neckar und Kanal in einem)
2) Brücke Seckenheimer Straße Ilvesheim-Kanal + Brücke Ilvesheim-Seckenheim
3) Brücke Heddesheimer/Siemensstraße Ilvesheim + Brücke Ilvesheim-Seckenheim
Je nachdem an welches Ende von Seckenheim man muss ist Alternative 1 oder eine der Kombinationslösungen besser – in meinem Fall war es nahezu egal. In diesem Fall ist es also schon eher eine Sache der Radweg-Qualität denn der Streckenlänge. Das ist dann auch wieder ein wenig abhängig von der Tageszeit wegen des Verkehrs, Beleuchtung etc.
Jetz aber der Reihe nach:
Bereits kurz nach dem Losfahren im Rott beginnen die Fragen und Hindernisse: Lieber über Vogelstang nach Wallstadt an die Kreuzung oder doch über die Feudenheimer Seite – beides ist nicht optimal, einmal fährt man eine extra-Schleife und der direkte Zugang zum Weg parallel zur Schnellstraße ist blockiert, bzw. es gibt einen Pfad der durch Abstimmung mit den Füßen durchs Gebüsch entstanden ist – die 20m kann man auch mit dem Rad nehmen, allerdings muss man dazu einen Spielplatz durchqueren, daher nur in verkehrsschwachen Zeiten eine Alternative.
Die nächsten Zwischenziele nach der Ampel in Wallstadt liegen ca. 400m Luftlinie auseinander. Für die Brücke näher bei Feudenheim wäre es genial, wenn man die Straße „Wingertsbuckel“ zwischen Feudenheim und Wallstadt nochmals queren könnte – hier fehlt es aber an einem Überweg – denn zusätzlich zur Straße verläuft dort eine Straßenbahnlinie mit eigenem Gleisbett – entweder man quert es an der Haltestelle Kiesäcker bei Wallstadt oder bei Feudenheim an der Friedrich-Hölderin-Straße. Praktischerweise sind auf beiden Seiten des Hinderniss wunderbare Feldwege vorhanden – einzig die Verknüpfung fehlt.
So von der Strecke her ist nur die entlang der Wallstädter Umgehung interessant, auch die Verwendung der Brücke auf halber Strecke bringt keine Punkte – nur eine längere Strecke über offenes Feld.
Fährt man zur Brücke über die A6 so nimmt man am Besten die Wallstadter Straße nach Feudenheim an der Brücke nahc Ilvesheim kann man sich dann entscheiden wo man in Seckenheim hin muss und ggf. dort über die A6 wechseln und auf die Ilversheimer-Strecke gelangen. Will man über die Brücke parallel zur A6 so wäre es ja schön es gäbe einen durchgehenden Weg parallel dazu, leider ist das nicht der Fall, daher schlängelt man sich am einfachsten entlang der Bebauung Feudenheim bis an die Ilvesheimer Straße und von dort dann weiter zur Brücke.
Ist man über die Brücke so stellt sich die nächste Frage: noch über die OEG-Gleise und dann direkt auf die Hauptstraße oder doch besser vorher runter und dann entlang des Neckar-Radwegs bis nach Seckenheim? Beides ist nicht sonderlich elegant – ein ausgebauter Weg direkt parallel zu den OEG-Gleisen fehlt – auf der Hauptstraße ist oftmal viel Verkehr und kein gut zugänglicher Radweg vorhanden. Daher empfehle ich eher den etwas längeren Weg entlang des Neckars – das ist größtenteils für Autos gesperrt und macht das Fahren angenehmer. Die Brücke selbst ist bezüglich der Radfahrer-Unfreundlichkeit mal wieder ein echtes Meisterwerk wie es Mannheim noch einige andere gibt, dazu unten noch etwas mehr.
An jeder der 3 Auf- und Abfahrten ist eine engene Serpentine eingebaut die direkt nach unten an die nächsten Wege führt. Im Prinzip ja richtig gedacht, dass man nach dem Queren auch wieder an den Neckar oder auch an die Ortsumgehung Seckenheim kommt. Aber leider etwas zu kurz gedacht: Denn nicht wenige Radler wollen auf der Feudenheimer Seite ja weiter in Richtung Feudenheim – dort ist die Kehre einfach nur lästig – sie nimmt einem den Schwung mit dem man sonst ganz locker bis an die Ilvesheimer Straße rollen könnte und auch bergan ist eine lange Gerade doch einfacher zu bewältigen als der Zick-Zack. Ich glaube nicht, dass die notwendigen Maßnahmen das Projekt übermäßig teurer hätten werden lassen, als die Brücke neu gebaut wurde. Auf der Seckenheimer Seite ein ähnliches Bild – würde es einen Weg direkt neben den Gleisen geben so würde schon auf deren Neckarseite die Serpentine hinderlich wirken – eine direkte Abfahrt wäre auch hier sinnvoll. Auf der Seite in Richtung Bebauung ist die Serpentine zwar zum Erreichen der Ortsumgehung oder der Ortseinfahrt auf die Haupstraße richtig angelegt – für den „Transit-Verkehr“ in Richtung Maimarkt-Gelände, SAP-Arena und auch Neckarau wäre jedoch auch hier eine längere Gerade die deutlich bessere Alternative. Ich frage mich wer diese Radwege entworfen hat und ob dieser jemals selbst auf einem Rad solche Dinge erlebt hat – ich glaube es fast nicht.
Wie man sieht liegen die meisten Probleme in der schlechten Verknüpfung zwischen den Strecken – mit dem Auto ist eine etwas längere Strecke ja weniger dramatisch, wenn dafür Kreuzungen und Regelungen per Ampel gespart werden – gerade in Mannheim kennt man es ja mit den Brücken nach Ludwigshafen – dort ist es schon fast bis zum Exzess betrieben worden (man bedenke das Motto in den 60ern: Die Stadt muss autofreundlich sein. Leider hat man das bei den Radwegen dort auch umgesetzt – da wirken die vielen Hügel und Verschnörkelungen jedoch eher abschreckend denn beschleunigend.
Auch an anderen Stellen in Mannheim darf man sich fragen, was sich die Planer dabei gedacht haben oder ob Radfahrer Bürger zweiter Klasse sind:
An der Riedbahn-Strecke der Bahn fallen mir alleine schon 4 Stellen ein, die absolut bescheiden gelöst sind:
1) Verbindung für Fahrradfahrer von Neuhermsheim ins Industriegebiet Fahrlach – entweder an der Autbahn parallel mit jeder Menge zusätzlichem Weg oder an der Ludwigshafener Straße – bei der zusätzlichen Unterführung für die Stadtbahn wurde es verpennt einen Fuß und Radweg gleich mit anzulegen – sicherlich ein Gewinn.
2) Unterführung Käfertal Bahnhof: Diese ist nicht fahrradtauglich ausgeführt, obwohl an beiden Seiten Transit-Radwege heranführen – einmal durch die Käfertaler-Straße aus der Innenstadt vom Klinikum her und auf der nödlichen Seite die Dürkheimer Straße in Richtung Vogelstang. Die Alternative über die ABB-Brücke ist recht umständlich und mit vielen Ampeln zusätzlich wenig attraktiv. Die Unterführung hat zwar Rampen, diese sind aber mit Absätzen vergrämt – hier könnte mit wenig Aufwand eine attraktive Lösung geschaffen werden – hoffentlich passiert da im Rahmen der S-Bahn-Erweiterung etwas.
3) ABB-Überweg zwischen Wohlgelegen und Käfertal – die Brücke an sich liegt günstig für Radler aus vielen Richtungen: Sei es nach Käfertal weiter in Richtung Karlstern oder in Richtung Herzogenried und Neckarstadt. Auch hier sind die vorhandenen Rampen mit kleinen Stufen ausgeführt. Das mehrere Serpentinen existieren ist dem geringen Platz geschuldet und in diesem Fall verschmerzbar. Auch hier wäre es so einfach Abhilfe zu schaffen – aber auch bei der letzten Sanierung wurde nicht soweit gedacht – vielmehr wurden die Stufen wieder in Stand gesetzt.
4) Unterführung in Waldhof-West-Waldhof-Ost – auch hier: schlechte Zugänglichkeit per Treppen und unschönen langezogenen Stufen – immerhin ist die alternative Brücke an der Waldstraße jetzt wieder neu errichtet und mit passablen Radwegen ausgestattet.
Weitere Fälle die mir gerade so einfallen:
Kreuzung der B38 in Käfertal – dort ist die Unterführung einseitig mit einer Rampe ausgestattet, ansonsten nur Treppen – treffenderweise ist das Ding sogar als Radweg beschildert – ein übler Scherz in meinen Augen.
Überführung Neuhermsheim – Mallau für Fußgänger – diese Brücke ist der Abschuss schlechthin: Gut gemeint, aber allenfalls für Fußgänger tauglich – zu steile Rampe auf der Neuhermsheimer Seite, sonst nur Treppen, und als Krönung noch Treppen zwischendrin, mit denen die Schnellbaustrecke der Bahn unterquert wird.
Brücke über den Rhein bei Sandhofen nach Ludwigshafen: nur Treppen, als Kuriosum die Führung des Geh- und Radweges im Mittelstreifen der Autobahn – auch hier als offizieller Radweg beschildert und viel zu steil.
Wenn ich noch ein wenig überlegen würde, fallen mir sicherlich noch einige weitere Stellen ein, die einfach nur äußerst ungeschickt gelöst sind. Oftmals ist wäre es ja kein Hexenwerk die Wege besser zu machen oder gleich passend vorzusehen wenn entsprechende Baumaßnahmen ohnehin durchgeführt werden (wie z.B. beim Neubau der Brücke für die A6). Auf Dauer wird sich da etwas tun müssen, wenn Mannheim mehr Bürger zu umweltfreundliche Verkehrsmitteln hin bewegen will.
Was hat das Ganze mit Radtraining zu tun? Ganz einfach – ich habe nahezu jede mögliche Kombination ausprobiert um nach Seckenheim zu kommen – und das alles in einem Durchgang: Vor lauter Überlegung für den optimalen Weg hatte ich nämlich glatt den falschen Schlüsselbung gegriffen.
Insgesamt muss ich sagen hat Mannheim an vielen Stellen in der Verkehrsplanung deutliche Verbesserungspotentiale – diese sind oft erstaunlich simpel und oftmals vergleichsweise kostengünstig umzusetzen. An vielen Stellen wurden und werden in Mannheim Wege bewusst versperrt oder umgewidmet – es werden Verknüpfungen (also Knotenstellen) aus dem Straßennetz entfernt – so lange bis es kein Netz mehr ist oder eben eines mit sehr großen Löchern. Die Löcher bedeuten für alle Verkehrsteilnehmer zusätzliche Wege – dass auf diesen Wegen zusätzliches CO2 emmitiert wird und durch zusätzlichen Verschleiß von Bremsen und Reifen die Feinstaubbelastung insgesamt erhöht wird, daran scheint keiner der Planer zu denken.
Gutes Beispiel ist das Zentrum der Vogelstand – an und für sich ja wirklich ein zentraler Punkt. Leider führen nur 4 Sackgassen dorthin (einige kann man umschiffen wenn man weiß wie) – aber die Kontenfunktion im Straßennetz fehlt einfach. Auch dadurch ist das Zentrum wenig akzeptiert.
In der Innenstadt werden immer mehr Verbindungsstraßen zwischen den Quadraten zu Fußgängerzonen, Spielstraßen, Sperrflächen oder gar Plätzen umfunktioniert – auf den verbleibenden Strecken gibt es um so mehr Stau und Stress.
Im Auffeld ist es schon seit mehreren Jahrzehnten so: Die Wege dort wurden blockiert – Menschen die mit dem Auto zum Schwimmbad, in die Gärten oder auch zum Arbeiten im GKM oder D&S wollen müssen Umwege in Kauf nehmen und quälen sich durch die Bebauung Neckaraus – Entlastung für die Anwohner sieht anders glaube ich anders aus.
Daher liebe Planer: Überlegt doch bitte einmal nicht noch mehr Wege dicht zu machen, sondern vieleicht auch bestimmte Wege wieder aufzumachen. Wenn es Probleme mit einer zusätzlichen Nutzung gibt, so ist es heute doch kein Problem mehr zeitgesteuerte Lösungen zu entwickeln oder wenn Strecken zu häufig übermäßig schnell befahren werden einen lukrative Einnahmequelle in Form eines Blitzers aufzustellen – das freut doch eher das Stadtsäckel. In anderen Städten geht es doch auch – warum nicht in Mannheim, der Stadt in der so viele bahnbrechende Erfindungen im Bereich Mobilität erfunden wurden: Sei es das Fahrrad oder auch das Auto.