Dämmermarathon Mannheim (MLP-Marathon Rhein-Neckar)

Alle Jahre wieder, so ungefährt könnte mein Motto für den MLP-Marathon in Mannheim lauten. Immerhin war die Teilnahme in der Teamwertung einmal der Anstoß für mich überhaupt mit dem Laufsport zu beginnen. Das war 2007 – mittlerweile ist 2012 und die Teamwertung immer noch existent, aber für mich nicht mehr von all zu großem Interesse. Auch wenn der Veranstalter den weniger ambitionierten Läufern jedes Jahr mehr entgegen kommt. Sei es mit einem modifizierten Duo-Marathon der Teilung 10/32, die kam letztes Jahr ins Angebot, oder in diesem Jahr mit dem Angebot anstelle eines 4er Teams auch mit einer 5er oder gar 6er Staffel zu starten. Wo bleibt denn da der Reiz wenn im Schnitt nur um die 7km bleiben – für mich fängt ab dieser Distanz das Training doch erst an. Allerdings muss man sagen: Mit diesen Maßnahmen ist die Veranstaltung immer noch eine der am besten besuchten: rund 11.000 Teilnehmer in diesem Jahr. Ebenfalls neu im Programm war ein Halbmarathon, der in der Nachbarstadt Ludwigshafen startete – damit wollte man dem oft beklagten Effekt entgegenwirken, dass der Streckenanteil in Ludwigshafen (ca. 20km) recht verlassen und einsam wirkt. Zudem hatten sich die Veranstalter der Action-Points an der Strecke etwas beklagt, dass die Mannheimer Vereine da bisher den Rahm abschöpfen konnten und in Ludwigshafen dann nur noch die richtig zähen Knochen durchkamen. Ob sich das bewährt hat bleibt abzuwarten – beurteilen konnte ich es nicht so ganz, aber dazu später mehr.

Wie der Name Dämmermarthon schon nahe legt, läuft man in die Dämmerung hinein – angesichts der teilweise heftigen Temperaturen eine vernünftige Entscheidung und ein ganz besonderer Reiz. Die Temperaturen waren letztes Jahr derart heftig (30°C und schwül), dass ich aufgrund von gesundheitlichen Problemen und Fehlern in der Getränkeversorgung die Chance ergriffen habe und beim Halbmarthon aufgehört habe (was nicht geht, sollte man lassen). Diesmal war es am Vorabend so richtig heiß – teilweise wurden in Mannheim 32°C gemessen – das ließ für die Strecke in Sachen persönlicher Bestzeit nichts gutes ahnen. Zudem hatte ich am Vorabend noch meine alljährliche Atemschutzüberprüfung zu absolvieren – nicht unbedingt optimal, denn auch dort wird ganz ordentlich Leistung abgefordert (Leiternsteigen, Hammerziehen, Laufband und Streckendurchgang).

Sei es drum, angemeldet war ich und dann nehme ich auch teil. Ein erster Ausfall vor dem Lauf trübt ein wenig die Stimmung: Nachdem vor einigen Wochen die Batterie meiner Pulsuhr schlapp gemacht hat (nach dem Marathon an der Weinstraße), ist nunmehr der Pulsgurt an der Reihe – leider noch kein Modell bei dem man den Wechsel selbst durchführen kann – also habe ich von Anfang an drauf verzichtet, reines Laufen nach Gefühl und Uhr. Auch wenn das ungewohnt ist, es muss einfach gehen.

So finde ich mich denn also kurz vor dem Start im Startblock ein, gegenüber dem letzten Jahr sortiere ich mich etwas weiter hinten in dem mir zugewiesenen Block ein – ich will mich nicht wieder über Gebühr „reintreiben“ lassen – überholen macht Spaß – überholt werden weniger, zudem ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste. Das Wetter hat über Nacht dankenswerter Weise abgekühlt (während ich durch die Atemschutzstrecke gerobbt bin, muss ein Sturzbach runter gekommen sein, zumindest die Straßen waren gut nass und überall stand das Wasser). Jetzt ist es fast schon unangehm kalt – weniger von der reinen Temperatur, sondern wegen des unangenehmen Windes.

Mit einigen Minuten Verzögerung fällt denn auch der Startschuss – diesmal gefällt mir schon beim Start die Musik besser als letztes Jahr – „Eye of the Tiger“ ist doch ein richtiger schöner Song zum Start. Er erinnert mich an so vieles, aber jetzt heißt es erst mal auf die Strecke konzentrieren. Das Feld stockt noch etwas, aber nach der Startlinie wird es sukzessive besser – es geht die Augustanlage aus der Stadt herraus – ein breiter Boulevard und dennoch ist es immer noch reichlich eng – so richtig hat sich noch nicht jeder einsortiert was die Geschwindigkeit betrifft. Nach rund einen Kilometer macht sich bei mir auch noch ein unangenehmes menschliches Bedürfnis bemerkbar – das hemmt mich etwas aber es ist auch gerade kein Dixie-Häuschen in Sicht, also erst mal noch etwas abwarten. Kurz hinter Kilometer zwei hat sich meine Schwester mit der Kamera positioniert – ich sehe sie und eine ihrer Freundinen kommt direkt hinter mir – kurzer Abgleich: Sie läuft nur einen halben und ich bin ihr denn doch zu schnell. Kurz danach sehe ich noch Patricia aus meiner Laufgruppe – auch sie macht etwas langsamer und will mich nicht ausbremsen – also gehts alleine weiter immer auf der Suche nach einer Möglichkeit zum Pit-Stop.

Wir laufen durch den Stadtteil Neuostheim – auf dem Hinweg geht es die südliche Straße am Flughafen entlang, auf dem Rückweg ist die Streckenführung eine andere. Nach dem Flughafen geht es ins Industriegebiet – dort stürmen viele die Rabatten, auch ich suche mir ein passendes Gebüsch – und schon läuft es sich wieder viel leichter. Nicht mehr all zu lange und schon taucht die erste Versorgungstation bei Kilometer 5 auf – aus meinen Fehlern habe ich gelernt – diesmal wird von Anfang an zugegriffen – ein Schluck Wasser und weiter gehts. Zwischenzeitlich immer die Uhr im Blick – ich pendle ein wenig – mal 5:25 mal irgendwas um die 5:00 Minuten pro Kilometer – eigentlich etwas flotter als ich mir vorgenommen habe – ich mahne mich ein wenig dazu nicht noch schneller zu werden. Ich weiß ja, dass auf der Strecke die heftigen Anteile noch vor mir liegen. Im lagen Bogen geht es auf die Ortsumgehung Seckenheim – früher war das mal eine recht häufig besuchte Trainingsstrecke – seit ich nicht mehr direkt in der City wohne komme ich da nicht mehr so häufig vorbei – aber verändert hat sich nicht viel. Kurz nach Kilometer sieben treffe ich auf Holger und Rolf, auch aus meiner Laufgruppe – sie wollen sich etwas erholen nach diversen Veranstaltungen und laufen um die 5:25 – ich versuche mich einzubremsen, aber wie es mir so oft auch im Training geht – es gibt Geschwindigkeiten die harmonieren nicht so recht mit meinem Köper … also verabschiede ich mich und lasse mich mit der Läuferschar mittreiben. Irgendwo auf der Strecke habe ich das Pacemaker-Team für 4h hinter mir gelassen – immer noch am Grübeln ob das wirklich gut ausgehen kann.

Am Ende der Umgehung ist seit 2009 eine kleine Extra-Schleife angeflanscht, die es erlaubt am Ende auf eine Extra-Runde durch die Augusta-Anlage in Mannheim zu verzichten – das ist auch gut so. An dieser Schleife steht das Siedlerheim, der erste größere Action-Point, dahinter eine Versorgungstation. Eigentlich sollte die etwas später liegen, aber der enge Feldweg erlaubt dort kein Aufstellen von Tischen oder gar einer „Langsam-Läufer-Spur“ zum Tanken. Daher etwas früher als gedacht. Dankbar nehme ich einen Becher Elektrolyt-Getränk um den Riegel herunter zu spülen – dass es Bananen gibt sehe ich erst zu spät. Für die nächsten Stationen weiß ich dass dann ja… Auf dem engen Feldweg geht es zudem über die erste nennenswerte Steigung auf der Strecke – eine kleine Brücke und den Friedhofshügel von Seckenheim hoch. Ich nehme diese Steigung fast gar nicht wahr. Viel eher interessiert mich da das erreichen der ersten Zwischenzeit bei Kilometer 10 – fast ein Viertel liegt hinter mir und noch fühle ich mich ausgezeichnet – gefühlt könnte ich stundenlang weiter laufen.

Nun geht es sanft bergab in den Ortskern von Seckenheim, um einige Ecken durch die engen Gassen des Dorfes. Am Wasserturm in Seckenheim ist richtig Stimmung – auch eine der Hauptdurchfahrtstraßen (Badener Straße) ist von vielen Schaulustigen gesäumt – die Stimmung ist ausgelassen. Am Ende der Straße eine weitere Getränke-Stelle – wieder greife ich zu – diesmal nur Wasser. Rum um die Kurve und als Langstreckenläufer gleich ganz links halten – auf der rechten Seite ist die erste Wechselstation für die Team-Läufer – reichlich voll. Ab jetzt heißt es ein wenig aufpassen, wer einen überholt. Die Staffelläufer sind noch frisch und spritzig und ziehen daher natürlich ganz anders an, als wenn einem schon 12km in den Beinen stecken.

Ich lasse Seckenheim hinter mir – auf der Einmündung auf die Pendelstrecke kommen mir bereits die Besenwagen entgegen und räumen die Hinterlassenschaften der Läufer weg. Die Pendelstrecke zieht sich ein wenig, aber ich bin gut gelaunt und lasse auch den Pacemaker mit den für mich magischen 3:45h hinter mir. Kurz zögere ich noch, ob dieser Schritt klug ist, aber egal – er liegt beim Ende des Gedankens schon hinter mir. Kurz bevor es, diesmal auf der Nordseite, durch Neuostheim geht passieren wir den Kilometer 15. Der Ortsdurchgang ist von vielen Menschen gesäumt und am Ende lauert nochmal ein sanfter, aber langezogener Anstieg auf einen.

Ich laufe entlang des Luisenparks, immer noch parallel der OEG-Straßenbahntrasse die uns schon seit Seckenheim begleitet. Meine Trainingsstrecke liegt auf der anderen Seite der Gleise – der sogenannte Neckardamm-Weg – der hat den Vorteil auch im Winter vollumfänglich laufbar zu sein, die Straßenbeleuchtung brennt dort die ganze Nacht – und zu fast jeder Tages und Nachtzeit findet man dort irgendjemanden der sein Lauftraining absolviert. Am Ende des Luisenparks, genauer gesagt unterhalb des Fernmeldeturms wartet ein besonderes Highlight auf mich: Mein Sportverein, genauer gesagt die Triathlonabteilung samt tatkräftiger Unterstützung von verschiedenster Seite betreut dort den Getränkestand. Mein Laufkollege Gunther Mair steht ganz vorne, begrüßt mich kurz und reicht mir gleich einen Becher Wasser, viel Zeit habe ich nicht und schon liegt der Versorgungspunkt auch hinter mir.

Kurzer Check – im Vergleich zum vergangen Jahr fühlt sich diesmal alles wunderbar an, keine Anzeichen von Übelkeit oder ähnlichem – irgendwo auf den Kilometern 18-19 habe ich letztes Mal die Entscheidung fällen müssen, doch nur einen Halbmarathon zu laufen. Diesmal ist die Entscheidung ein klares „go ahead“ (mach weiter) – kurze Zeit später kommt auch schon das Nationaltheater in Sichtweite – wir sind also fast wieder am Startpunkt. Kurz davor nochmal die Chance zur Verpflegung, diesmal klappt es mit der Banane – auch wenn die eisgekühlt vom Kühllaster kommt und damit nicht gerade optimal zur Verdauung ist. Mit der ersten Durchquerung der City (entlang der sogenannten Fressgasse, weil dort die ganzen Imbiss-Möglichkeiten der Innenstadt versammelt sind) – eine altbekannte Strecke für mich.Nach rund 500m zweigt die „Pussy-Lane“ (wie ich spöttisch den Abzweig für die Halbmarathonis nenne) ab. Die Strecke wird merklich leerer – klar, hier sind nur noch die Marathonis und die Team-Läufer unterwegs.

Das nächste Ziel ist auch nicht mehr weit: in direkter Nähe zu meiner elterlichen Wohnung hat sich meine Schwester mit meinen Eltern postiert – wie abgemacht haben sie auch meine Windjacke mitgebracht (falls ich sie benötigen würde). Der Wind hat mir bis vor wenigen Kilometern wenig ausgemacht, allerdings in der engen Häuserzeile der Fressgasse hat es doch ganz gut geblasen und mir wird ob der langsam untergehenden Sonne doch etwas kühl.

Zudem steht nun einer der eigentlichen schönen Streckenabschnitte an – leider ist der nicht wirklich gut besucht und kann daher recht ätzend werden: Es geht über die Brücke nach Ludwigshafen und ein gutes Stück auf der dortigen Hochstraße oberhalb der Stadt entlang. Ich bin heilfroh über meine Jacke – mir wird nicht kalt und die eine oder andere Böe kann mir auch nichts anhaben. Am Fuß der Brücke habe ich ohne Mühen die Halbmarathonmarke überschritten – bei Kilometer 22 habe ich Gewissheit – der erste wirkliche spürbare Anstieg liegt hinter mir. Der Ausblick über die Stadt mit dem Sonnenuntergang ist herrlich, wenn auch von einigen Wolken getrübt.

Mit einer Spitzkehre geht es runter von der Hochstraße in die Innenstadt von Ludwigshafen. Auf dem Weg nach unten entlang des Zubringers bekomme ich einen ersten Vorgeschmack was mich auf dem Rückweg erwartet: ein recht starker Gegenwind – durch die leicht geschwungene Form der Hochstraße hatte ich den Wind eher von der Seite und teilweise im Rücken, da fällt es gar nicht so auf. Außer bei den Zeiten – seit mehr als 10km pendle ich kontinuierlich um die 5 Minuten Marke – häufig gerade so darunter. Aber noch läuft alles und so lasse ich es laufen, wenn ich mir auch das Überholen immer etwas überlege. Bei Kilometer 24 steht auch schon wieder eine Versorgungsstation – Banane und Elektrolyt auffüllen und weiter gehts.

Der Weg führt vorbei am Theater der Stadt Ludwigshafen (Pfalzbau) zum Berliner Platz – einer weiteren Wechselstation. Gemäß der Schilder hat irgendwo die Zuführung der Halbmarathon-Strecke ab Ludwigshafen stattgefunden – noch merke ich davon recht wenig – es sind nicht mehr Läufer unterwegs, allerdings ist es es kurz nach dem Start als ich auf die Uhr schaue. Rund um den Berliner Platz ist gute Stimmung, viele Leute und persönliche Begrüßung der Läufer, sofern die Startnummer lesbar ist. Da ich die Jacke drüber gezogen habe bei mir nicht – aber auf den Service kommt es mir denn auch nicht mehr an.

Es geht auf eine lange Gerade die ich in den letzten Jahren nicht in sonderlich guter Erinnerung hatte – recht einsam, wenige Läufer unterwegs und das gerade wo man üblicherweise gerade so im „Marathon-Loch“ steckt. Diesmal ist etwas mehr los – und Fußballinfos gibt es auch an der Strecke: Ein Passant übernimmt die Aufgabe alle Teilnehmer über das aktuelle Spiel zu informieren: Dortmund gegen Bayern 3:1 – immerhin etwas Ablenkung für mich während ich mich tapfer jeden Kilometer weiter kämpfe.

Während ich weiter um die 5 Minuten-Marke herum pendle plane ich den weiteren Lauf – Kräfteeinteilung und Verpflegung. So fliegen die Kilometer an mir vorbei – ehe ich mich richtig versehe bin ich fast am südlichsten Punkt der Strecke und laufe im Ortsteil Rheingönnheim ein – Kilometer 29 am Ortseingang – aus Erfahrung weiß ich, wenn die 30 hinter mir liegen, dann geht auch der Rest irgendwie. Für die Strecke habe ich mit etwas Traubenzucker und den zwei Gels die ich mitführe kalkuliert. Eines will ich kurz vor dem letzten großen Anstieg vertilgen, ein anderes habe ich schon in Mannheim vor der Brücke in mich reingedrückt (so sonderlich schmeckt mir das Zeug eh nicht).
Um so erfreuter bin ich, als ich in Reingönnheim meine mitgeführte Getränkeflasche füllen kann und auch noch ein weiteres Gel in die Hand bekomme – unverhofft kommt oft – noch dazu vom gleichen Hersteller wie ich es dabei habe – ergo weiß ich: Das vertrage ich ohne größere Probleme.

Aus Rheingönnheim raus überquere ich eine weitere wichtige Marke: 30 Kilometer sind geschafft – nur noch etwas mehr als 10km – innerlich projiziere ich das auf meine übliche Strecke am Neckardamm – die hat auch ziemlich genau 10km und hat mich schon oft in dieser Hinsicht motiviert. Zudem befindet sich hinter Rheingönnheim noch ein etwas kleinerer Anstieg – der vorletzte wie ich weiß – jetzt liegt nur noch die Hochstraße als nennenswertes Hinderniss vor mir.

Mit all diesen positiven Gedanken geht es durch die Gartenstadt von Ludwigshafen, auch hier ist recht viel los, jede Menge Leute an der Strecke jubeln den Läufern zu. Auch kommt die letzte Wechselstation bald in Sichtweite – noch 8km sind es jetzt, noch rund 2 bis zum nächsten großen Energieschub. An der Versorgung habe ich wieder Wasser abgegriffen – muss aber dennoch etwas nachfüttern aus meiner eigenen Flasche – die wird dadurch praktischerweise auch leichter … nach einer kleinen Extra-Schleife geht es raus aus der Gartenstadt, das nächste Ziel ist der Anstieg an der Hochstraße.

Bis dahin sind es noch knappe zwei Kilometer – die nutze ich dazu mich seelisch und moralisch auf den Anstieg vorzubereiten. Bei Kilometer 36 wollte ich eigentlich das Gel aus dem Gürtel ziehen – in der Enge der Tasche erwische ich allerdings erst mal nur ein großes Stück Traubenzucker – auch nicht schlecht und vielleicht so ca. 500m vor dem Anstieg auf die Brücke nicht falsch – geht der doch recht schnell ins Blut und steht zur Verfügung.

Der Anstieg ist wie erwartet quälend, erst die Auffahrt hoch und dann wieder eine kleine Senke bevor es richtig hoch auf die Hochstraße geht – mit dem Auto nimmt man diese Steigung fast gar nicht wahr, als Läufer um so mehr. Immerhin steht auf halber Höhe ein Motivationsschild – 37 Kilometer gelaufen noch rund 5 vor mir. Das ist jetzt wirklich keine Strecke mehr auf der ich ans Aufgeben denken will.

Es geht zwar weiter immer noch bergan, aber die Steigung lässt langsam nach. Eine kleine Welle auf Höhe des Rathaus-Centers in Ludwigshafen kostet nochmal Kraft. In der Ferne sehe ich schon sie Siloutte von Mannheim, vor mir die Rheinquerung mit der charakteristischen Pylon-Brücke. Nicht mal mehr 4 Kilometer, auf dem Weg über die Brücke drücke ich mir mein letztes Gel und den verbliebenen Traubenzucker rein und spüle alles mit ordentlich Wasser runter. Kurz vor Kilometer 39 ein kurzer Anflug von Magenkrämpfen, aber die lassen dankenswerter Weise auch gleich wieder nach – merke: nicht ganz so hastig essen sonst kommt sowas bei rum.

Ich quere den Mühlauhafen, langsam neigt sich die Brücke dem Ende, in einer langen S-Kurve geht es direkt in die Mannheimer Innenstadt, entlang der sogenannten Kunststraße – normalerweise nehme ich am folgenden Getränkestand noch ne Cola mit, aber irgendwie verpasse ich es und nehme doch nur Wasser – viel zu sehr bin ich auf das Schild am Ende der Tische fixiert: 40km sind erreicht – noch zwei zu Laufen. Langsam kommt das Adrenalin und die Endorphine durch. Um so mehr als an der nächsten Ecke meine Familie nochmal mit Schildern steht „Niemmi weit!“ sehr zu meiner Freude und auch zu den anderen Läufern die lächelnd und mit erhobenen Daumen daran vorbei laufen.

Was bleibt ist noch ein kleiner Schwenk um die Strecke ausreichend lang zu machen – rechts um auf die Jesuitenkirche und den Audiamax zu, dort nochmal links bis ans Landgericht, dort auf der Magistralen vor dem Schloss nochmal links und am Paraplatz wieder rechts auf die ursprüngliche Trasse. Die Kunststraße runter wird es zusehens belebt, vor dem großen Sporthaus ist richtig was los, Disko und Musik, jede Menge Licht in Mitten der Dunkelheit – auch wenige Meter weiter nochmal ordentlich Musik. Irgendwie habe ich in dem ganzen Trubel das Schild für Kilometer 41 verpasst – aber egal aus der Erfahrung heraus weiß ich: Jetzt können es keine 2 km mehr sein, allenfalls noch 1,5km wenn überhaupt. Raus aus der Kunststraße auf die finale Runde um das Jugendstil-Ensemble des Mannheimer Wasserturms. Ziemlich genau im Scheitel des umschließenden Straßen-Us steht das Schild für 42km. Noch knapp 200 Meter – ich gebe noch ein wenig Gas. Aus der Entfernung kann ich schon den Bass hören – wieder „Eye of the tiger“ von Survivor. Der Beat motiviert mich nochmal alles zu geben. Mit ordentlich Schwung gehe ich daher die letzten 150 Meter auf der Zielgeraden an. Die Uhr über dem Zieleinlauf sagt 3:41 und einige Sekunden. Ich kann also hoffen, dass es mir gereicht hat meinen alten Streckenrekord in Mannheim zumindest näherungsweise wieder erreicht zu haben – oder habe ich ihn sogar unterboten? Kein Ahnung, dafür bin ich jetzt erst mal zu fertig.

Medaille abholen und dann geht es zum Futtern und abschließend zur Massage. Irgendwie habe ich dort wohl etwas zu sehr entspannt – jedenfalls geht es mir hinterher wie einige Stunden nach Ulm – völlig verausgabt. Einer meiner Laufkollegen sieht mich und organisiert ein Sani-Team – da ich ja weiß was los ist, futtere ich mal hemmungslos Traubenzucker in mich rein, damit die Muskeln wieder Kraft bekommen und das Zittern der Muskeln wieder aufhört. Bis die Sanis eintreffen geht es mir schon wieder recht gut – dennoch ein kurzer Check im Mecial-Center, aber nichts auffälliges festzustellen – Puls leicht erhöht und der Blutdruck noch etwas oben – aber was will man nach einem Marathon auch anderes erwarten. Nach fünf Minuten darf ich denn auch wieder gehen. Noch etwas Futter für den Weg bis zu meinen Eltern, dann gehe ich los. Ich merke recht deutlich, dass ich mir mit meinen neuen Schuhen trotz einiger Trainingseinheiten ein paar Blasen gelaufen habe – aber nichts wildes. Mittlerweile ist kurz vor 11h am Abend – bei meinen Eltern schaufle ich noch die Reste vom Mittagessen in mich rein (ich habe mittlerweile auch wieder ein deutliches Hungergefühl).

Insgesamt ein sehr schöner Lauf, direkt vor der Haustüre wenn man so will – ich glaube sobald die Ausschreibung rauskommt habe ich ein festes Ziel fürs nächste Jahr. Vielleicht klappt es ja dann endlich auch mal mit etwas mehr Trainingsplan und einer noch besseren Zeit. Noch am Abend rufe ich die Ergebnisse ab (bevor der Server am nächsten Tag wegen Überschreitung des Bandbreiten-Limits nicht erreichbar ist): Insgesamt 224. in der Altersklasse Platz 37 mit einer Nettozeit von 3:38:32, das ist eine Minute und zehn Sekunden schneller als bei meiner letzten erfolgreichen Teilnahme. In der Gesamtwertung bin ich nach vorne gerutscht, in der Altersklasse hingegen etwas nach hinten. Wie dem auch sei – nächstes Jahr wie gesagt wieder (auch wenn ich mich dann auf eine andere AK einlassen muss).

6. LGA Indoor-Marathon

Das Jahr neigt sich dem Ende – die Laufsaison ist mangels guter Witterung fast beendet, aber wirklich nur fast. Eine kleine eingeschworene Gemeinde trifft sich kurzerhand unter Dach und läuft dort. Außerdem gibt es ja den auch meist am gleichen Wochenende den Amberger-Ultra-Lauf (kurz AULA). Den habe ich ja schon mal mitgemacht und dieses Jahr habe ich mir einen Platz beim LGA-Indoor-Marathon sichern können. Ist zwar im Gegensatz zu Amberg dann „nur“ ein Marathon, aber gelegentlich ist eine neue Erfahrung doch auch mal was. Da der Platz in der Landesgewerbeanstalt in Nürnberg begrenzt ist, gibt es eine strenge Limitierung der Teilnehmerzahl. Meist sind die sehr schnell weg und ich habe mich daher schon aus den USA dort schriftlich angemeldet. Habe es kaum glauben können, als die Anmeldebestätigung kam. Manchmal muss man eben Glück haben.

Also mal wieder auf nach Nürnberg ins herrliche Franken, fast an der Ort an dem meine Lauferei ihren Anfang genommen hat – irgendwann Mitte März 2007. Klar, dass auch wieder einige alte Bekannte bei dem Lauf dabei sind: Im Raum Nürnberg kann ich glaube ich kaum auf einen Lauf gehen ohne nicht ein Mitglied von Helgas Lauffreunden oder Team Bittel zu sehen. Heute hatte ich sogar die Ehre den Meister mal wieder persönlich zu sehen. Zudem hatten Helga und Thomas einen Platz ergattert, Thomas hat während meines Praktikums und dem Laufbeginn seine Diplomarbeit geschrieben, mittlerweile bin ich ja selbst fertiger Diplom-Ingenieur. Thomas hat aufgrund eines angefüllten Terminplans denn auch nur die halbe Strecke auf sich genommen. Helga und auch ich machen ja in der Regel keine „halben“ Sachen, zumindest wenn etwas längeres im Angebot ist.

Zum Lauf selbst ist zu sagen: Er ist alles andere als ein Marathon, den man mitmacht wie jeden anderen. Sicherlich hat jeder Marathon seine Highlights was die Strecke betrifft. Der LGA ist da eine ganz besondere Sache: Man läuft in den Büro-Gängen der LGA, da die Gänge nicht breit genug sind für zwei Laufbahnen in beide Richtungen, werden kurzerhand 2 Ebenen verwendet. Verbindung ist jeweils ein Treppenhaus. Insgesamt sind es etwas mehr als 400 Höhenmeter die zu überwinden sind, verteilt auf 55 Runden. Hört sich soweit ja alles machbar an. Der Rundenlauf ist einerseits natürlich monoton und sicherlich kein Vergleich zu einem Lauf durch die wunderschöne Herbstlandschaft, wie in Amberg. Dafür hat er andere Vorzüge: Man kommt alle 767m an der Verpflegungsstelle vorbei, ebenso an den zahlreichen Fans im Foyer (wo anders haben die gar keinen Platz). Ritmo Candela, eine Salsa-Band begleitet den Lauf in drei Schichten, ansonsten natürlich auch Moderation und Musik. Alle 767 Meter kommt man daran vorbei in genau dem gleichen Abstand geht es denn auch immer wieder eine Etage runter und wieder hoch.

Um an den Austragungsort zu kommen, habe ich mich in weißer Voraussicht für den ÖPNV entschieden, auch wenn meine Übernachtung in Nürnberg Kornburg doch recht weit draußen liegt. Immerhin fährt dort auch Sonntags alle 40 Minuten ein Bus. Im Praktikum habe ich gelernt, dass es in Nürnberg auch noch abgelegener geht, da fährt nicht mal ein Bus hin. Warmlaufen war ob der Strecke von mehr als 30km sicherlich keine Option, auch wenn die Strecke sicherlich malerisch am Main-Donau-Kanal entlang führt. Zudem regnete es ekelhafterweise frühs schon Bindfäden. Die Anbindung an sich ist ok, nur die 20 Minuten Wartezeit auf dem etwas zugigen Bus-Bahnhof in Röthenbach waren irgendwie aus Kaugummi gemacht.

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Marathon in Frederick (USA)

Es hat mich in die USA verschlagen für meine Diplomarbeit. Aber das ist ja das Praktische am Laufen, das kann man überall machen.

Laufklamotten anziehen, Schuhe schnüren und schon kann es losgehen. Oder halt auch nicht, denn die ersten Wochen nach meiner Ankunft lag hier noch hüfthoch der Schnee. Ich habe es versucht aber das war nicht erfreulich. Ich habe es als „Krafttraining“ verbucht.

Wo ich schon mal hier war, wollte ich natürlich auch einen Lauf machen, vorzugsweise Anfang Mai, denn darauf hatte ich trainiert. Am 15. Mai würde der Marathon in Mannheim stattfinden, da hatte ich mich voreilig schon angemeldet. Meine US-Wahl fiel auf Frederick, eine Stadt 80 km nordwestlich von Washington DC. Angemeldet hatte ich mich schnell, auch wenn dank später Anmeldung 75 $ fällig waren. Aber wer weiß, wann ich wieder die Chance bekomme. Natürlich hatte ich gleich in die Königsklasse gegriffen: 42,2 km oder 26,2 Meilen. Sollte doch kein Thema sein, schließlich hatte ich auch die lange Ulmer Laufnacht mit ihren 100km erfolgreich hinter mich gebracht. Mitte März war dann endlich der Schnee weg und ich hatte mich eingelebt, so dass ein regelmäßiges Training möglich war – zweimal die Woche.

Unaufhaltsam kam der Renntag näher. Das wurde mir schlagartig bewusst als eine E-Mail
ankündigte: Noch 18 Tage bis zum Start. Ich hatte mich halbwegs hochgearbeitet und war mittlerweile bei meinem regulären Trainingsumfang – zweimal pro Woche zwischen 20 und 30km, teilweise nach Laune auch ein wenig mehr. Konnte ja nichts schief gehen. Trotzdem habe ich die Wochen vor dem Lauf noch eine dritte Einheit dazu genommen, meist am Wochenende einen lockeren zusätzlichen Lauf.

Eine Woche vor dem Lauf hatte ich mir den Tagesplan bzw. den Wochenendplan für den Lauf genauer angeschaut und war geschockt: Abholung der Unterlagen am 1. Mai ab Mittag, der Lauf am 2. Mai, Start um 6:30h in der Frühe!

Die Übernachtungsmöglichkeiten waren mir zu teuer bzw. hoffnungslos überbucht. Ich hatte die Wahl: Übernachten im Auto, oder zweimal die 70km fahren und morgens sehr zeitig aus dem Bett. Nach der Abholung der Unterlagen habe ich mich dafür entschieden nach Hause zu fahren und dort zu schlafen – Die bequemere Variante.

Nach der Anfahrt durch die Nacht, Ankunft am Parkplatz, sehr gut organisiert, Einweiser haben dafür gesorgt, dass der Platz effektiv genutzt wird. Kurz umziehen im Dunkeln hinter dem Auto, Pulsmesser anlegen, und dann konnte es losgehen. Immer mehr Läufer waren eingetroffen, auch wenn es noch ne knappe Stunde bis zum Start war. Noch mal Zeit für einen Boxenstop im Dixie-Häuschen.

Pünktlich 6:30h ging es los. Langsam dämmerte der Morgen und es war schon warm. Meine erste Überlegung eine Jacke mitzunehmen hatte schon ich am Auto verworfen. Ich hatte mich optimistischer Weise hinter den Pacemakern für 3:30h eingereiht – vom Training her schien mir das durchaus im Rahmen des Machbaren. Die ersten Kilometer bzw. Meilen (es gab nur Meilenschilder) waren überraschend schnell genommen, es ging durch die Innenstadt von Frederick, immer wieder Leute die den Läufern Beifall spendeten. Es lief alles wunderbar, Puls etwas höher als normal, aber bei der zunehmend schwülen Witterung kein Grund beunruhigt zu sein. Frederick ist leicht hügelig, aber insgesamt kein Problem. Bald ging es auf eine lang gezogene Strecke durch die Landschaft. Ich fühlt mich immer noch gut, auch wenn der Puls mittlerweile deutlich zu hoch war. Ich habe versucht langsamer zu machen, aber irgendwie blieb der Puls oben. Kurz vor der Halbmarathonmarkierung hatten die Organisatoren noch eine kleine Gemeinheit eingebaut: Vor dem Messegelände ging es eine knackige Steigung hoch. Da habe ich zum ersten Mal gemerkt: Irgendwie bin ich deutlich zu schnell unterwegs! Aber die Hälfte war ja gleich geschafft.

Wieder ging es nach Frederick rein, die gleiche Strecke wie zu Beginn, allerdings nur eine kurze Schleife diesmal – mein Körper meldete sich so langsam zu Wort: Mach lieber langsam, sonst wird das nix! Mein Kopf setzte sich dann doch durch, entlang des Kanals war es angenehm kühl.

Jetzt ging es ans Eingemachte, wieder in Richtung Messegelände, auf der gleichen Straße wie vorher, allerdings war mir da noch nicht bewusst wie viel Steigung die hatte und wie lange die sich ziehen kann. Ich dachte auch, dass es danach besser würde mit den Steigungen. Aber es wurde nicht besser! Kurz nach dem Meilenschild 14 hatte ich eine Gehpause machen müssen. Hier noch mal zum Mitlesen: „Ja der Kai, der sonst immer alles durchbeißt, macht beim Marathon eine Gehpause!“ – Dabei habe ich Mark kennen gelernt. Er war bei seinem 1. Marathon und total fertig. Wir haben uns zusammen getan und die Steigung erklommen. Doch welche Enttäuschung! Danach ging es nicht flach weiter, vielmehr ging es in eine Senke, und auf der anderen Seite… natürlich wieder raus. Und die Gewissheit: Die gleiche Strecke geht es nachher auch wieder zurück. Die Steigung haben wir uns gemeinsam hoch gekämpft und uns gegenseitig Mut gemacht.
An Joggen war nicht mehr zu denken, ein Passant hat uns einen Energieriegel gesponsort. Hier noch mal herzlichen Dank an den Spender. Essen war wenig an der Strecke, ich hätte zwischenzeitlich schon eine Banane oder zwei vertragen können. Stattdessen immer wieder nur Isogetränk, und diesmal eine Sorte die mir nicht so gut bekommt.

Die Steigung runter sind wir vorsichtig wieder gejoggt, mittlerweile begleitet von einem dritten Mitläufer. Als es ins nächste Wohngebiet ging und man ahnt es schon – eine weitere Steigung hoch, sind wir wieder ins Gehen gewechselt, mittlerweile kein Grund mehr sich zu schämen, viele andere konnten auch nicht mehr. Mittlerweile hatten wir 35°C und 80% Luftfeuchte. Auch im Wohngebiet ging es dann munter Hügel rauf und Hügel runter. Immer wieder ein paar Strecken die man joggen konnte, aber es war einfach nur noch anstrengend! Umso glücklicher war ich, dass einige Anwohner sich auf Abhilfe spezialisiert hatten: Eine kühle Dusche aus dem Gartenschlauch – wer den Bamberg Lauf kennt, weiß wie gut das tut.

Irgendwann sind wir aus dem Wohngebiet heraus gekommen, kurz nach dem 21 Meilen Schild. Nun hieß es noch die Strecke zurück bis ans Messegelände überstehen. Spaß machte das nicht mehr und auch nicht, dass man nun neben dem Autoverkehr laufen musste. Beim Gehen habe ich dann Mark und meinen anderen Mitläufer verloren, ich war einfach zu zügig im Laufen. Aber warten wollte ich auch nicht mehr. Bergab ging es mit vorsichtigem Joggen und auch einen Teil der Steigung danach konnte ich wieder hochjoggen. Aber bald war ich wieder gehend unterwegs. Mittlerweile noch 3 Meilen und die Sonne brennt auf meinen Kopf.

Die geplante Zielzeit hatte ich mir schon lange aus dem Kopf geschlagen, spätestens seit mich nicht nur die Pacemaker der 3:30er Gruppe sondern schon die mit 3:50 an mir vorbeigezogen sind. Ich beiße mich weiter durch, das muss doch irgendwie zu schaffen sein. Am Straßenrand feuern uns weiter Leute kräftig an. Aber vor dem Zieleinlauf muss ich noch den Extra-Schnörkel am Flughafen entlang hinter mich bringen. Mittlerweile ist es nur noch knapp eine Meile, ich versuche mich noch mal mit Joggen, aber es geht schon wieder bergan und ich lasse es sein. Auf der Kuppe kann man dann den Eingang zum Messegelände sehen. Endlich! Ich mobilisiere alle Kräfte, kämpfe gegen beginnende Wadenkrämpfe und… laufe durchs Ziel. Angetrieben unter anderem von zwei Teamläufern der Klasse 100kg und mehr. Die wollte ich nicht vor mir durchs Ziel gehen sehen.

Ein Blick auf die Uhr: 4:16 Std, sehr weit weg von meinem Ziel, aber geschafft!

Im Zielbereich gibt es die Medaille, richtig schön groß, zudem Wasser zum Trinken – ich bin derart ausgepowert und trinke 1,5 Liter weg. Dann warte ich auf die Kollegen und gratuliere beiden zu ihrem 1. Marathon. Ich hatte 10 Minuten rausgeholt, hätte ich nicht erwartet. Danach geht es in den Verpflegungsbereich, aber ich kann nix essen. Stattdessen lasse ich mir ein paar Bananen, Iso-Getränk (andere Sorte) sowie ein salzige Snacks einpacken. An so Leckereien wie Marshmellows oder Weißbrot will ich nicht denken. Ich mache mich langsam auf den Weg in Richtung Auto um wenigstens meine Schuhe zu tauschen. Am Eingang zum Gelände mache ich kurz Pause und setze mich hin. Darauf hat meine Muskulatur nur gewartet, um sich zu rächen: Ich bekomme knallharte Wadenkrämpfe. Einige Passanten helfen mir beim Strecken und nach einigen Minuten kann ich meinen Weg ans Auto fortsetzen – ist ja nicht weit. Dort ist erst mal Pause angesagt. Ich ziehe die Schuhe aus, trinke Wasser und rufe bei meinen Eltern in Deutschland an. In meinem Gürtel finde ich die beiden Coupons für das Bier. Also gehe ich noch mal ganz langsam zurück aufs Gelände (ich will ja keine weiteren Krämpfe) und dort an die Bierausgabe. Im Vergleich zur Zielverpflegung in Nürnberg (bei der es alkoholfreies Weizen nach dem Motto „all you can drink“ gibt) fällt das hier sehr dürftig aus: Nur 2 Dosen Bier gibt es. Da sie nicht alkoholfrei sind, packe ich sie ein, um sie daheim zu trinken.

Fazit: Für mich mein enttäuschender Start auf internationalem Asphalt. Aber auf alle Fälle eine Erfahrung wert. Ich sehe es nach der Heimfahrt einfach olympisch: Dabei sein und es zu Ende bringen ist alles. Für alle die sich ein Eindruck zusammenstellen wollen, hier mal die Zutaten: Man nehme 2x den Weltkulturerbelauf in Bamberg, um die Steigungen zu simulieren, das Ganze aber nicht bei so angenehmen Temperaturen wie dort üblicherweise, sondern man läuft die ganze Zeit in einer Sauna, in der gerade der Aufguss vollzogen wurde. Das dürfte es näherungsweise treffen. Eine Lehre für mich ist mal wieder: Nicht so schnell anfangen, und vor allem beim nächsten Lauf den Höhenverlauf genauer anschauen! Noch mal passiert mir das nicht, dass ich unvorbereitet auf die Steigungen bin.

Noch habe ich 4 Monate in den Staaten. Mal sehen welche Läufe ich noch mitmachen werde. Ende Mai gibt es hier vor Ort einen Halbmarathon. Ich glaube für den werde ich mich anmelden. Mal sehen was noch kommt. Natürlich darf ich meine Diplomarbeit nicht vernachlässigen. Denn die kommt vor dem Lauftraining.

 

— English Version —

Finally I ended up with doing my diploma thesis in the United States. But the nice thing about running is: You can do it everywhere without any need for a gym or something like that. Just put on the Running Shirt and Shorts, tie your running shoes and off you go. Well if the environment allows you to do so, as in den first weeks after my arrival, there was still snow up to my waist. I tried it once, but it was not enjoyable – I booked it to „strength training“ in my log.

But as I do not know when I will ever have the chance to be in the US again, I decided to take part in at least one run here. Preferred date was at the beginning of May as my training plan was setup for that period already. On may 15th there would be the german Mannheim MArathon, I already had signed up for last year, as I did not think about an internship in the US. Once here, I decided to take part in the Marathon in Frederick, a city located 60 miles northwest of Washington DC.

Signing up was quite easy and done in a few minutes, although I had to pay 75$ for admission, as early bird special phase was already gone. But who knows, when I will ever have the chance to do it again. Of course I decided to take part in the cream of the crop class: 26.2 miles or 42.195 kilometers. That should not pose any problems to me, as I had done successfully the 100K race „lange Ulmer Laufnacht“ in Germany 2009. Mid of March I was ready to commence regular training, as the snow was gone and I had adopted to my area and workplace, so training was scheduled twice a week.

Unpreventable the day of the race came closer. I realized it all of a sudden, when an e-mail annouced: 18 day to the start. I was in quite good shape and my training was back up to my usual levels – twice a week between 12.5 miles (20km) and 18 miles (30km), and if I was in the mood sometimes a bit more. Nevertheless I increased training during the last weeks towards the race, mostly at the weekends with an additional relaxed run.

A week ahead of the race I took a closer look at the weekend schedule for the run. I was shocked: Pickup of the starter package in the afternoon of May 1st, start of the race at 6:30 am on May 2nd! Overnight stands were quite expensive or even overbooked. So I had the choice – sleep in the car – or drive the 50 miles up to Frederick twice and getting up real early.
After pickung ab my package I decided to drive home and get my sleep. For sure this was way more comfortable.

After a drive through the night, I arrived at the parkin lot, well organized, Marshallers were directing the traffic so the place was used to maximum. Quickly switching to running clothes in the dark behind the car, setting up the heart rate monitor, and I was ready to start. More and more runners arrived, although it was almost another hour until the start. Enough time to make a short pit stop at the Dixies.

Precisely 6:30 am the race was started, slowly the dawn was rising and already know it was pretty warm. First thoughts about taking a jacket I had already abandoned when leaving my car. As I was quite optimistic I took position behind the pacemakers for 3:30h – judging by my training times, this seemed to be quite a realistic goal to reach.

The first kilometers (I prefer them as I am more used to them and I had to adopt to the miles sings), respectively miles passed by amazingly quick. The track went trough the inner City of Frederick, and there were always some people along the road cheering at the participants. Everything was ok, my heart rate was a bit higher than expected, but with the high humidity it did not seem to be a reason to be concerned. There are some minor hills in Frederick, but nothing to worry about after all.
Soon the track went out into the countryside. I still felt ok, but the heart rate was way to high by now – I tried to reduce my pace, but it would just not affect the heart rate. Just a a bit ahead of the half marathon mark, the organizers had included a dirty trick. Before going through the fairground there was a nasty hill. This was when I first recognized: You are way to fast, not sure why. But half of the race would be done in almost an instant.

Again, the track lead toward the city center of Frederick, same road as at the beginning, but this time only a short loop. My body was telling my: Slow down a bit now, otherwise you will probably not make it. But the head succeeded and along the canal the climate was like a refreshing breeze.

So now it was crunch-time, back toward the fairgrounds, same road as before, but I this was when I first realized the elevation it climbed and how long it may stretch if you have to run it. I thought, that it would get easier once this obstacle had been passed with less ascending slopes, but it did not. So somewhere after the mile sign for mile 14 I switched to walking. Yes I repeat: Kai (the one who normally knows no pain and always give 110% when running) slows down to walking at a marathon. During the walk I got to know Mark, he did his first marathon and was already drained completely. We set up a team to climb the slope.

But what a pity, the track would not get even after that – even worse, it went down to a dip on one side and straight up the hill on the other side. At the same time it came clear – will have to do that one again on our way to the finish line.
Forcing ourself uphill, we motivated each other. It was even impossible to think of jogging here. Some guy along the road was very kind and handed us a power bar. Thanks again to the unknown sponsor! Eating was not that much as I am used by other races, I would have eaten some bananas in between for sure.
Instead there was only water and iso drinks, a brand thats not well compatible with my stomach.

Going down the hill, we started jogging again carefully. By now a third runner joined our team. As we went into the next residential neighborhood, and up another steep hill, we switched back to walking again. This was no longer a reason to be ashamed, many other runners could not jog too. By that time we had around 95°F (35°C) and a humidity around 80%. Passing through the neighborhood, it was up and down again and again.
There were parts we still could jog, but it was really exhausting. So I was very happy to see some of the residents to take care of the runners by setting up a sprinkler near the road or offering a shower from the water hose – the readers having done „Weltkultuerbelauf Bamberg“ (world cultural heritage run Bamberg) in Germany know about this nice feature during a race. Somehow we got through the neighborhood and finally leaving it behind, somewhere just after passing by mile 21. Now we only needed to survive the distance to the fairgrounds. It was no fun anymore, and additionally we were just using the shoulder of the highway, while traffic moved on right next to you. While walking I lost Mark and the other guy, I was just to fast in walking. But I did not want to wait for them. Downhill I jogged carefully, also a bit up the next hill was possible, but I soon resented to walking again. At this time there were still 3 Miles to go and the sun was burning to my head.

I already set aside my planed time, at least as not only the pacemakers for 3:30 had passed me, but also the group of 3:50 was far ahead. I force my self to keep it going, somehow I just had to make it. At the roadside more and more people were cheering at us. But before you reach the fairgrounds, there is an extra-loop along the airport you have to pass. Only one mile left by now and I try to jog again, but soon there is another small hill and I stop doing it again. Reaching the top I could finally see the entrance of the fairground! I manage to mobilize all the power left to me, fighting cramps trying to rise up in my calves, to cross the finish line. There was an additional motivation, by members of a relay team, that appeared to me to belong to the class of 200 pounds and more, so I just did not want to see them reaching the line before I did.

A glance at the clock: 4:16 – far away from any plans I had, but I made it. Behind the finis line I am handed the medal and lots of water to drink, I have no power left and I am thirsty so I manage to swallow 1,5 liters in a row. I start waiting for the other members of the founded team to congratulate each of them for doing their first marathon. I almost made it 10 minutes ahead of them. I go on to the food and supplies area, but I just can not eat anything, so I grab a doggy bag with some bananas, another brand of Iso drink, and some salted pretzels. I can not even think of marsh mellows and bagels without tendency to puke. So I set of towards the parking lot to remove my shoes from my boiling feet. At the entrance I take a short break, sitting down. This is the moment my muscles just waited for to take revenge – my calves are cramping like hell.
Some guys help me stretching to get relief and after a few minutes I am able to continue my walk towards my car, it s not far at least. There I take a break, remove my shoes, drink some water again and call my parents in Germany to tell them I made it. In my belt I find the coupons for the free beer, so I decide to walk back to the fairgrounds again, slowly to avoid another cramp attack, trying to find the place where the beer is handed out. In comparison to the run in Nürnberg (Germany) it is disappointing (once you finish your race there, you are given free alcohol free „Weizen“/“Weißbier“ for free, on an all you can drink basis) – two tins of local beer thats all. As they contain alcohol, I pack them to drink them at home.

Conclusion: For myself a disappointing start on international concrete. But an experience all on its own. While driving home I tend to see it with olympic eyes: Taking part and finishing it is most important. For all of the readers (most likely in
Germany) here is how to build your own impression. Just take the run in Bamberg twice, and replace the temperatures there by something you will find in a sauna where someone pours water on the oven all the time. That should give you a fair expression on how it feels. Personal consequences for me are: Never start to quick again and of course take a more thorough look at the elevation map before running. It wont happen to me again meeting the hills unprepared again.

By now there are still four month of my internship in the US left. I will see which runs to do next. By the end of May there is a half marathon at my location in College Park. I think I will go for that. Every thing else, I am unsure of by now, as I will still have to finish my thesis and it is not about running training.

Keep on running!

MLP-Marathon Mannheim

2007 hatte ich aufgrund einer Wette mit meinem THW-Kollegen angefangen zu laufen. Es sollte der MLP-Marathon in Mannheim sein. Ich hatte gewettet, dass wir kein Team aus 4 Leuten für den Lauf zusammen bekommen würden. Der Einsatz recht simpel: Wenn sich 3 Läufer finden, bin ich der 4te, der 10km oder auch etwas mehr läuft.

Am 09.05.2009 war es zum 3. Mal soweit: Der Lauf startete und ich war dabei. Im Vergleich zum ursprünglichen Team-Marathon habe ich mich natürlich gesteigert. 2008 waren es 21km. Mein Kollege fiel einige Tage vor dem Start verletzungsbedingt aus, der Ersatzmann konnte und wollte nur 10 km laufen. Aus der Not eine Tugend gemacht und zum 1. Mal mehr als 21 km am Stück gelaufen. Diese Aufteilung haben sich wohl mehrere Laufpaare gewünscht. So wurde 2009 genau dieses Streckenteilung erstmalig angeboten, ebenso wie die reine Halbmarathonstrecke. Für mich ging es 2009 um die magischen 42 km. Weiter kann ich mich bei dem Lauf nicht mehr steigern.

Der Dämmerungsmarathon ist mittlerweile eine beachtliche Veranstaltung mit diversen Wettbewerben, vom Kindermarathon über Inliner und Handbiker bis zum Marathon ist für jeden etwas geboten. Das Besondere an diesem Lauf: Man startet erst um 18:30 h, läuft also in die Dämmerung oder je nach Geschwindigkeit bis spät in die Nacht hinein. Das sorgt für angenehme Temperaturen und auch die Beleuchtung (teilweise mit Fackeln) ist ein Erlebnis.

So stand ich kurz vor dem Start in meinem Startblock. Es waren insgesamt über 1.500 Starter. Bis ich die Start-Linie überquerte vergingen fast 7 min. Dann konnte es endlich losgehen. Würde ich es unter 3:30 h schaffen? (mein absolutes Traumziel). Schließlich steckte mir noch der Lauf aus Bamberg vom letzten Wochenende in den Knochen. Also nichts überstürzen und mein eigenes Lauftempo finden.

Bereits kurz nach dem Start auf der Augusta-Anlage (herrliche Allee in Mannheim) nahm ich einen wichtigen Meilenstein: Der 3:59-Pacemaker samt seinem Läufertross war überholt. Kurzer Blick auf die Pulsuhr? Alles im grünen Bereich. Aber nichts überstürzen, schließlich waren es ja noch 41 km.

Zielstrebig bewegte sich der Läufer-Lindwurm durch die Vororte Mannheims. Mein erstes Fernziel: Seckenheim, ein Vorort 10 km vom Stadtzentrum entfernt und eines meiner Trainingsziele bzw. eine Trainingsunde. Alles vertrautes Terrain, die Strecken und Kurven konnte ich gut einschätzen. Nebenher unterhielt ich mich mit einigen anderen Läufern. Da war jemand der lief den Marathon, um seine Abiturnote in Sport aufzubessern! Andere hatten keinen Startplatz mehr in Mainz bekommen und waren auf Mannheim ausgewichen. Es waren lockere Gespräche über den weiteren Verlauf der Strecke: Wenn man ein Eingeborener ist, wird man gleich nach den Tücken gefragt, so von wegen Steigungen und Co.

Nach der Umrundung Seckenheims auf der Umgehungsstraße mit wenig Publikum, ging es nach dem Wendepunkt (mit einer ersten kleinen Steigung) durch den alten Ortskern zurück. Eine echte Abwechslung. Jede Menge Leute an der Strecke, viele Anfeuerungsrufe und sehr schöne Stimmung. Es schien als war der ganze Vorort an der Strecke vertreten. Ganz nebenbei hatten wir auch den km10 passiert. Bei km13 wurde es hektisch und gedrängt, die 1. Wechselstation für die Team- und Paar-Läufer. Jetzt nur nicht aus der Ruhe bringen lassen von den frisch gestarteten Teamläufern.

Soweit bisher kein Problem. Puls im grünen Bereich, teilweise sogar deutlich unter Trainingspuls. Also ein klein wenig anziehen. Zurück durch die Vororte Neuostheim und Oststadt, immer wieder kleinere Gruppen die anfeuerten und Mut machten. Einfach schön. Entlang des Luisenparks (Park der Gartenschau 1975), ein kurzer Blick in Richtung Himmel, da braute sich was zusammen und es wurde doch kühl. Auch die Luft roch schon nach Regen. Aber bisher noch kein Tropfen. Das hätte mich auch demotiviert. Weiter ging es Richtung Innenstadt, am Nationaltheater vorbei, Richtung Wasserturm und fast wieder am Start vorbei. Ab in die „Fressgass“, eine der Hauptverkehrsadern der Innenstadt. Ihren Namen hat sie nicht von ungefähr: Unzählige Restaurants, Feinkostläden und Cafés säumen sie. Mittlerweile war ich schon 20 km unterwegs. Auf der Hälfte der „Fressgass“ lichtete sich dann das Läuferfeld ziemlich schlagartig: Die Halbmarathonis zweigten ab und liefen dem Ziel am Wasserturm entgegen. Übrig blieben die Teamläufer, die Paarläufer und natürlich die Königsklasse. Am Ende der „Fressgass“ kurz vor den Brücken nach Ludwigshafen hatte sich meine Familie eingerichtet und feuerte mich lautstark an. Das gab noch mal richtig Schub. Dieser Schub war auch bitter nötig, schließlich ging es jetzt auf einen vergleichsweise öden Teil der Strecke, auf die lang gezogene Brücke nach Ludwigshafen. Diese geht nahtlos in die Hochstraße Ludwigshafens über. Leider ist dort fast gar kein Publikum, und der Wind pfeift einem um die Ohren. Und diese scheinbar endlos lange Asphalt-Gerade vor einem. Aber nicht aufgeben, einfach weiterlaufen und die Reste des Sonnenuntergangs genießen. Und mich darüber freuen, dass ich die erste Hälfte kurz nach Beginn des Anstieges hinter mich gebracht hatte.

Abwechslungsreicher wird es, wenn man von der Hochstraße in die Innenstadt Ludwigshafens vordringt, wieder vermehrt Leute, die einem Beine machen. Diese wurden so langsam schwer. Irgendwie bekam ich zu spüren, dass ich bisher hauptsächlich Halbmarathons und ein entsprechendes Training dafür betrieben hatte. Aber Aufgeben? Nicht mehr jetzt!. Das war um so härter als kurz nach der 2. Wechselstation die Strecke wie ausgestorben schien. Nur noch wenige Läufer und fast kein Publikum über mehrere Kilometer. In dem Vorort wurde kurzzeitig für Abwechslung gesorgt, aber so richtig motivieren konnte mich das nicht, einfach viel zu kurzweilig. Und als Volksmusik zum anfeuern versucht wurde, dachte ich „ich steh im falschen Film“. Also nix wie weg.

Aber wie man weiß, vor jedem Runners High steht ein Runners Low. Kurz nach dem Wendepunkt der Strecke in Ludwigshafen war es soweit: Nach einem kurzen Zwangsstopp an einer Hecke (ich hatte zuviel getrunken) ging es auf einmal wie von selbst. Auf der einen Seite fühlte ich mich total ausgepowert auf der anderen war da irgendetwas das mir ständig sagte „Niemals aufgeben, niemals kapitulieren!“ (Zitat aus Galaxy-Quest). Und so lief ich einen Kilometer nach dem anderen. Und oh Wunder: Da stand ein Schild km33. Jetzt war der Rest noch einstellig und ich um so entschlossener: Das ziehst du jetzt durch!

In der Ludwigshafener Gartenstadt ging es für Ludwigshafner Verhältnisse ordentlich zur Sache, viele Leute saßen vor ihren Häusern, immer wieder Anfeuerungsrufe. Mitten im bunten Treiben befand sich die letzte Wechselstation der Teamläufer. An einem der Aktionspunkte gab es eine Ansage. Nur wenige Läufer vor mir hatte der 1.000 Läufer den Punkt passiert. Na ja ein wenige früher wäre mir lieber gewesen. Aber immerhin mal etwas Orientierung. Der Blick auf den Pulsmesser: Deutlich höher als normal! Klare Zeichen der nicht gewohnten Belastung. Und auch meine Traumzeit konnte ich mir aus dem Kopf schlagen. Neues Ziel: Wenn möglich unter 3:45 h bleiben, auf alle Fälle aber unter 4:00 h. Das war realistisch.

Nun galt es noch eine letzte Gemeinheit der Streckenführung zu meistern: Das Ziel liegt in Mannheim. Und von Ludwigshafen aus ist das nur über Brücken zu erreichen. Also wieder rauf auf die verlassene Hochstraße mit ihren Steigungen und lang gezogenen Kurven. Vor allem aber: Fast kein Publikum. Öde. Mit dem Auto bin ich die Strecke schon häufig gefahren. Irgendwie hätte ich schwören können: Die ist doch topf-eben. Die Realität sieht leider ein wenig anders aus: Auf der gesamten Hochstraße gibt es diverse kleinere Höhen und Tiefen und nach mittlerweile 37 km merkte man jede einzelne davon.

Schließlich ging es über den Rhein und ein wichtiges Etappenziel war erreicht: Das Ortschild von Mannheim. Jetzt war es wirklich nicht mehr weit, „nur noch die Innenstadt durchqueren und dann hast du s gepackt!“ Kaum von der Brücke herunten, wurde die Stimmung schlagartig besser. An der letzten Getränke-Station noch mal Cola, Wasser und Apfelsaft abgreifen und eine Banane einschieben. Meine Familie hörte ich zwar laut rufen, wahrgenommen habe ich sie vor lauter Konzentration aufs Kauen aber nicht mehr. Und zudem gab es noch etwas, das die Motivation steigerte: Ein Schild mit der Aufschrift „40 km“! Die letzten Kilometer waren angebrochen. Irgendwie Zeit mich langsam auf den Endspurt vorzubereiten. Aber es war rein gar keine Kraft mehr da, um mich noch irgendwie zu steigern.

Noch ein kurzer Haken an die Jesuiten-Kirche in Mannheim, vorbei am Barock-Schloss und dann die „Kunststraße“ hinauf zum Wasserturm. Die Straßen füllten sich, überall stürmische Anfeuerungsrufe und Musik, auch wenn mir immer noch nicht nach Beschleunigen zu Mute war. Nur noch 1 km, der durfte doch kein Problem mehr sein. Endlich, das Ende der Kunststraße, freier Blick auf die Jugendstil-Anlage des Wasserturms. Noch eine halbe Runde um die Grünanlage, das Zieltor schon fest im Blick. Und da flog auch km42 an mir vorbei. Mit einem Mal war da noch massig Energie zur Verfügung und ich setzte zum Zielspurt an: „Die Läufergruppe da vorne – die kriegst du noch!“ Und sogar noch einen Läufer mehr als geplant überholte ich auf der Zielgeraden.

Ein echt geniales Gefühl: Geschafft und gleichzeitig total erleichtert.
Ich konnte es selbst nicht glauben. Laut Pulsmesser war ich bei 3:40 h durchs Ziel gelaufen. „Ziel erreicht!“.

Im Ziel noch eine kurzes Treffen mit den Teamläufern des THW. Ich hatte entlang der Strecke immer wieder Ausschau gehalten, aber niemanden entdecken können. Das Team war einige Minuten vor mir im Ziel. Wenn ich das gewusst hätte! So ein Zugpferd hätte mich auf den letzten Kilometern aus der Reserve locken können. Aber es sei dem Team gegönnt. Schließlich habe auch ich einmal mit einer solchen Strecke angefangen 😉

Am Tag danach: Wenig Muskelkater, das hätte ich schlimmer erwartet. Und natürlich der Blick auf meine offizielle Zielzeiten: 3:39 h (255. im Gesamtfeld und 32. in meiner Altersklasse). Für den 1. Marathon bin ich absolut zufrieden, auch wenn „nach oben“ noch Luft ist.

Momentan bereite ich mich auf meinen nächsten großen Lauf vor, etwas Verrücktes: Die lange Ulmer Laufnacht mit 100 km Strecke. Diesmal klares Ziel: Nur ankommen. Die Zeit ist egal. Von dieser Tour werd ich auch ein paar Bilder mitbringen 🙂

Amberger Ultralauf – 63km

Für meinen schönen Abschluss des Laufjahrs war ich auf der Suche nach Laufveranstaltungen in der Umgebung von Nürnberg. Nur wegen einer Laufveranstaltung mehrere hundert Kilometer fahren, darauf hatte ich auch trotz gefallener Spritpreise keine große Lust. Beim Durchforsten des Internet stieß ich auf den Amberger-Ultralauf. Im ersten Moment dachte ich schon: „Ein wenig viel“, schließlich war ich bisher vorwiegend Halbmarathonstrecken und einmal 35km gelaufen wegen eines ausgefallenen Partners. Marathon stand erst für das kommende Jahr auf dem Plan. Aber bei näherer Betrachtung klang der Ultra dann doch interessant: Kein echter Wettkampf, vielmehr ein Spendenlauf in einer großen Gruppe. Und Tempo 6 min/km, das klang machbar. Das Angebot eines Shuttles alle 10km für den Fall das man nicht mehr kann, gaben dann den Ausschlag. Da konnte absolut nix passieren. Und blamieren? Naja die Gefahr besteht immer. Also flugs per Mail angemeldet, bevor man es sich wieder anders überlegt.

So stand ich dann am 08.11.2008 kurz vor 9.00 Uhr auf dem Siemens-Parkplatz in Amberg, zusammen mit rund 20 anderen Ultraläufern, wie sich herausstellte alles Läufer die schon mindestens einen Marathon erfolgreich hinter sich gebracht hatten. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr! Mein Ziel war klar: Mindestens 42km, wenns gut läuft soviel wie geht.

Um 9:30 Uhr ging es endlich los. Das Wetter war wieder Erwarten sonnig und trocken. Einige Läufer lästerten schon: „Was ist denn das dieses Jahr für ein Amberger Lauf, so ganz ohne Schnee, Regen und Wind?“. In lockerem Lauftempo ging es auf die ersten 10 km, einmal rund um Amberg mit kurzem Abstecher durch die Altstadt. Danach ging es Richtung Köfering, durch die schöne Landschaft. Dank netten Gesprächen mit anderen Läufern fiel mir das Laufen umso leichter. Schneller als gedacht kam auch schon die erste Station zum Auftanken in Köfering. Meine Muskulatur meint: Alles OK hier unten, nur nicht kalt werden…

Also gleich weiter in die nächste Etappe, teilweise entlang der Straße, die meiste Zeit aber durch den Wald, mit ein paar knackigen Steigungen, aber alles ohne Probleme machbar.

Und schwups waren wieder 11 km gemeistert. Kurze Pause in Ursenollen, Energievorräte auffüllen, Jacke umbinden, mit der zunehmenden Sonne wurde es nämlich auch immer wärmer.

Weiter geht’s, nächstes Ziel: Ammerthal. Das liegt, entgegen dem Namen, auf dem Berg! Davor ging’s aber erst mal kontinuierlich bergab. Schöne Wanderwege, teilweise nur sehr grob geschottert und an einigen Stellen somit volle Konzentration gefordert, damit man nicht hinfällt.

Langsam werden die Beine schwerer, aber mit Aufmunterungen durch die Mitläufer fällt das alles halb so schwer. Jetzt kam die Etappe, ab der ich keine Erfahrungen hatte, was meinen Körper betrifft. Bisher fühlte es sich alles aber ganz normal an.

Das Minimum-Ziel für heute fest vor Augen ging es weiter durch die Landschaft, weiterhin bei sehr schönem Herbstwetter. Auch eine Baustelle entlang der Strecke konnte die Läufergruppe nicht am Vorankommen hindern. Für Läufer gibt es nahezu keinen ungeeigneten Untergrund.

Kurz vor der Station Neubernicht dachte ich schon ich hätte erste Wahrnehmungsstörungen ob der langen Laufstrecke. Die Kühe sahen etwas komisch aus, mit nur 2 Beinen und langen Hälsen? Beim Näherkommen entpuppte sich das Ganze als Straußenfarm. Die Tiere haben beste Voraussetzungen fürs Lauftraining: Lange Beine!

Kurz danach machten auch erste Meldungen von GPS und Pedometer-Läufern die Runde: „Die 42 haben wir jetzt hinter uns“. Und auch die Verpflegungsstation in Neubernicht war ja schon in Sichtweite.

Nach ein paar Glückwünschen einiger Läuferkollegen zu meinem ersten überstandenen Marathon ging es zügig weiter.

Die jetzt eingestiegenen Halbmarathonis wären gerne schneller zu Werke gegangen, aber die ortskundigen Leitläufer drosselten das Thema, so dass auch die Extremsportler noch mithalten konnten. Auf der vorletzten Etappe kamen dann ein paar richtig heftige Steigungen, anstrengend, bergauf, und umso schmerzhafter bergab. Aber am Ende des Gefälles stand ja schon wieder eine Verpflegungsstelle. Wieder halfen Motivationen und Gespräche mit anderen Läufern.

War nur noch die Frage zu klären: „Packe ich auch die letzten 12 km?“

Nachdem diese nur noch flach sein sollte, und man so kurz vor dem Ziel auch nicht aufgeben wollte, nicht lange fackeln, das geht jetzt auch noch! Und tatsächlich, es ging nur noch leicht bergab, auch wenn sich die Kilometer irgendwie endlos anfühlten. Nachdem das Landesgartenschau-Gelände in Sicht kam, zerstreute sich das Läuferfeld immer mehr. Wer noch Kraft hatte setzte zum Endspurt an. Auch ich mobilisierte letzte Reserven, und nach 6:30 h war es vollbracht. Den ersten Ultra erfolgreich gemeistert!

Nach kurzem Duschen saßen die Läufer noch gemütlich beieinander. Es gab Kuchen und Bavarian Iso-Drink (Weizenbier). Alle, die ihren ersten Ultra geschafft hatten, erhielten als Erinnerung das Buch „Bekenntnisse eines Nachtsportlers“ von Wigand Bohning, mit persönlicher Widmung des Autors.

Die Tage nach dem Ultralauf verliefen erstaunlich schmerzarm, wenn auch nicht -frei. Die Muskulatur beschwerte sich 2 Tage noch, insbesondere beim Treppensteigen. Ein Glück, dass ich beim LGA-Indoor-Marathon nur als Zuschauer anwesend war.

Ein herzliches Dankeschön an das Orga-Team des Ultralaufs und die Feuerwehr für die Unterstützung des Laufs.

Einen Bericht mit vielen Bildern gibt es von „team bittel“-Mitglied Dieter Ulbricht: www.laufkultur.de/homepage/content_2008/AULA_08.htm