Nach all dem Trubel mit dem Umzug ist es nun an der Zeit einmal etwas abzuschalten – auch weil das nächste größere Event bereits deutlich seine Schatten voraus wirft: Ich wechsle den Arbeitgeber – zum Abschluss muss nun noch der verbliebene Resturlaub weg. Da ich am Wochenende auch noch den Ultralauf „Trail des Pyramides noires“ im Norden Frankreichs auf dem Plan habe, lag es nahe die Fahrt in kleinere Teile zu zerlegen. Zudem wollte Marion einmal wieder nach Brüssel.
Gut, Kurzurlaub, das habe ich ja früher auch schon häufiger gemacht, auch mal eine Woche oder etwas mehr, eigentlich also nichts neues, nur ein neues Ziel. Wenn da nicht die Sache mit dem Nachwuchs wäre… Hier haben wir am Bamberger Weltkulturerbelauf erste Erfahrungen sammeln können. Eines der Ergebnisse: Ohne einen Kombi geht maximal ein Wochenende. Daher haben wir für die Woche einen Mietwagen genommen. Somit war es auch nichts mit „daheim losfahren“ – stattdessen haben wir bereits am Vortag einen Teil der Koffer bei meinen Eltern zwischengelagert, damit wir nicht unnötig mehr Kilometer fahren als notwendig. Den zweiten Schwung gibt es dann am Abreisetag. Als Mietwagen haben wir einen Ford Focus als Kombi bekommen. Nicht schlecht, leider als Benziner – die Durchschnittsverbrauchsanzeige lässt schon beim Start nichts Gutes ahnen – 8,3l/100km stehen dort zu Buche. Ich hatte bei einer Vermietung eigentlich nicht mit einem Benziner gerechnet – daher auch nicht nochmal nachgefragt. Wieder etwas gelernt. Immerhin fährt sich das Fahrzeug ganz gut und hat jede Menge Spielereien an Bord.
Beim Einladen des Kinderwagens erleben wir dann unsere erste Enttäuschung – der Kofferraum sieht groß aus, aber wenn der Kinderwagen drin ist, bleibt nicht mehr viel Platz … Soviel zum Kombi. Mit abgebauten Rädern und Hochkant neben einen Koffer geht dann doch etwas mehr hinein, aber ein schaaler Beigeschmack bleibt dennoch. Auch das integrierte Navi ist ganz nett, aber in der Bedienung ist das Multifunktionsdisplay einfach nur sehr träge bis zäh. Das bin ich von meinem Smartphone in besserer Qualität gewohnt (vor allen Dingen deutlich flüssiger) – hier scheint es dem System etwas an Rechenleistung zu fehlen um zügig zu Potte zu kommen. So recht zu Potte kommen will auch der Motor nicht, man merkt das Downsizing doch ganz ordentlich, vor allem wenn man sich an die Schalthinweise hält und dem Verbrauch zu Liebe frühzeitig schaltet. Immerhin ist ein 6-Gang-Getriebe verbaut.
Die Fahrt verläuft recht locker, auch wenn wir häufiger Stau haben und der Tempomat nicht so häufig zum Einsatz kommen kann wie gedacht. Etwas nervig ist die Ansage des Navis, dass die Route angepasst wurde, wegen Verkehrsstörung. Das ist gut gemeint, aber wenn die Routenführung dann gefühlt alle 30 Sekunden aktualisiert wird, nervt es einfach nur noch. Auch wenig überzeugend ist die Aktualität des Kartenmaterials: Bei Aachen fahren wir kurz vor der niederländischen Grenze auf der neu trassierten A4 wunderbar ausgebaut, nur das Navi kennt die Streckenführung noch nicht. Dafür, dass erst rund 5000km auf dem Tacho stehen, ein echt schwaches Ergebnis, denn die Strecke wurde bereits im September vergangenen Jahres eingeweiht. Innerhalb Brüssels ist die Routenführung dagegen zuverlässig – auch wenn ich wegen des dichten Verkehrs von der Stadt erst einmal nichts mitbekomme.
Die Unterkunft ist mehr als großzügig, der Preis ist für die Lage und die Größe des Zimmers (inklusive separatem Badezimmer nur für uns) absolut gerechtfertigt. Problematisch ist das Parken, wir stellen uns kurzerhand in die Tiefgarage in der Nachbarschaft, auch wenn die nicht günstig ist. Auf der Suche nach etwas zum Abendessen bleiben wir letztlich bei einem der Döner im ehemaligen Arbeiterviertel hängen. Immerhin ein wenig Sight-Seeing ist auch schon dabei – eines der alten Stadttore, das Tor „Hallenport“ liegt am Weg – schon imposant.
Nach dem Frühstück geht es dann aber wirklich auf Entdeckungstour. Da wir recht nahe an der Innenstadt sind, laufen wir direkt los. Erstes Ziel ist der Justizpalast – den sieht man schon von weitem, derart groß und wuchtig ist das Gebäude. Von der Terrasse davor hat man einen herrlichen Ausblick über das Zentrum Brüssels. In der Ferne sieht man auch das Atomium, das moderne Wahrzeichen der Stadt. Durch verschiedene Seitenstraßen gelangen wir an den Park „Fontaine Egmont et de Hornes“ sehr hübsch angelegt und gepflegt. Auch die Kirche „Notre Dame du Sablon“ direkt gegenüber besichtigen wir. Direkt nebenan findet sich einer der bekanntesten Plätze der Stadt der „Grand Sablon“ bekannt ist er vor allem für die Antiquitätenhändler, Goldschmiede und (für mich wichtiger) die Schokoladen-Manufakturen die sich reihum befinden. Auch wir schlagen zu und kaufen einige „Pains d’amandes“ sowie Spekulatiuspaste (vergleichbar mit Nutella nur viel viel leckerer).
Es wird langsam Mittag und wir legen eine kurze Pause am „Kunstberg“ ein. Der Service in Belgien ist vorbildlich – es steht direkt im Café eine Mikrowelle bereit zum Erwärmen von Gläschen. Davon kann man in Deutschland nur träumen. Wir selbst greifen bei den Sandwiches zu, immerhin geht es danach noch etwas den Berg hinauf. Auf selbigen befindet sich das belgische Parlament und der Königspalast. Getrennt durch einen größeren Park. Besichtigungen sparen wir uns, da diese mit Kinderwagen und teilweise etwas nörgeligen Kleinkind ohnehin nicht viel bringen würden. Stattdessen machen wir einen Stop in einem der Comic-Läden von denen es in Brüssel mehr als genügend gibt.
Kurz darauf finden wir noch etwas lustiges: Auf einem Platz hat man überdimensionale Blumentöpfe aufgestellt (etwas mehr als mannshoch) – genau die Größe die ich mir schon immer für meine Pflanzen gewünscht habe. Später werden wir sehen, dass sich diese Töpfe noch an mehreren Stellen in der Stadt wiederfinden. Wenn ich jemals einen Garten haben sollte, brauche ich unbedingt einen dieser Pflanzenkübel.
Nun nähern wir uns dem historischen Stadtkern – mit ihren vielen Restaurants und Geschäften. Ein Highlight dabei sind die königlichen Galerien – eine sehr frühe Art Kaufhaus, heute würde man es wohl als Shopping-Center oder Mall bezeichnen. Natürlich alles etwas kleiner. Aus den Passagen heraus gelangt man direkt auf die „Rue des Bouchers“ also die „Schlachterstraße“, diese besteht eigentlich nur aus Restaurants, eines neben dem anderen. Größtenteils ist das absoluter Touristennepp, aber wir lernen dass es auch Vorteile haben kann mit Kinderwagen unterwegs zu sein. Im Gegensatz zu Anderen werden wir von den werbenden Kellnern gar nicht erst angesprochen.
Als nächstes nähern wir uns dem „Grand Place“, dem großen Platz im Zentrum der Stadt. Um den Platz herum finden sich viele sehenswerte Gebäude, unter anderem das Rathaus, das Stadtmuseum und das Brauerei-Museum. In den Seitenstraßen um den großen Platz finden sich natürlich wieder jede Menge Schokoladen-Manufakturen – eine schöner dekoriert als die andere. Dazwischen natürlich immer wieder auch Waffeln in verschiedensten Variationen.
Manneken Pis – der kleine pinkelnde Knabe als Brunnen ist ebenfalls ein echter Touristenmagnet – entsprechend voll ist es rund um den Brunnen – aber dank Teleobjektiv muss man ja gar nicht so nahe ran um ein Bild zu machen. Insgesamt ist der Brunnen viel kleiner als ich ihn mir vorgestellt hatte, aber das geht scheinbar jedem so.
Auf dem Weg zur Börse machen wir noch einen Stopp im Supermarkt – Getränke nachladen und weitere Spezialitäten einkaufen. Zudem bewirbt ein weitere Comic-Laden ein gerade passendes Heft: „Happy Parents“ von „Zep“ – einmal kurz angeblättert und es steht fest: Das brauchen wir! Nach einem Rundgang um die Börse machen wir auf dem Platz „Charls Buls“ einen Stopp und füttern unseren Nachwuchs. Davon angeregt schlendern wir nochmals durch die „Rue des Bouchers“ und deren Seitenarme – unter anderen finden wir dann auch das Delirium Café. Dieses ist dafür berühmt die meisten Biersorten vorrätig zu haben, sogar für einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde hat es gereicht. Auf den Genuss des Hausbieres, mit dem Rosa Elefanten im Logo, verzichten wir, auch weil Marion noch stillt. Auch wenn ich zu gerne wüsste ob man nach dem übermäßigen Genuss des Bieres tatsächlich rosa Elefanten sieht wie behauptet wird. Nebenbei gönnen wir uns noch eine Portion Pommes, die sollte man nicht auslassen wenn man schon mal in Belgien ist.
Für die Besichtigung der Kathedrale sind wir dann doch zu spät dran, diese hat bereits geschlossen und wir machen uns auf den Heimweg – das sind noch einige Kilometer bis wir wieder an der Herberge sind. Nach etwas ausruhen versuchen wir noch eines des Restaurants mit typisch belgischen Gerichten zu besuchen, dass in der Unterkunft empfohlen wird. Leider hat es nur tagsüber auf – wir machen also noch einen Abstecher im kleinen Supermarkt nebenan zum Einkaufen. Nicht unbedingt typisch belgisch aber satt macht es auch.
Für den Donnerstag haben wir uns das Atomium vorgenommen – inklusive einem Test der öffentlichen Verkehrsmittel. Die Zugänglichkeit der ersten Station ist nicht gerade berauschend – mit dem Kinderwagen die Rolltreppen runter und rauf geht zwar, komfortabel ist aber etwas anderes. Dafür nutzen wir das neue Angebot der Verkehrsbetriebe: Im Laufe des Jahres schaffen diese die Papiertickets ab – es gibt dann nur noch RFID-Tickets. Das System funktioniert sogar wenn zwei Personen gleichzeitig eine Bahn nutzen und umsteigen – absolut genial, muss man lassen.
Am Atomium sehen wir, dass man dieses nicht mit dem Kinderwagen besichtigen kann. Abstellplätze gibt es, aber unser Sohnemann schläft gerade. Also machen wir eine gemütliche Tour durch den ehemaligen Expo-Bereich, leider ohne den gewünschten Erfolg: Er wacht erst einige Stunden später auf, es reicht also gerade noch so für die Besichtigung. Diese ist wegen Umbauarbeiten auch noch eingeschränkt, aber immerhin gibt es dafür einen Preisnachlass. Die Ausstellung selbst ist abwechslungsreich und interessant, der Ausblick lohnt auf alle Fälle. Die Preise im Restaurant in der obersten Kugel kann man (wie bei derart exklusiven Locations üblich) fast nicht bezahlen, daher lassen wir es aus.
Am Abend machen wir nochmals einen Versuch im Viertel der Herberge essen zu gehen. Empfohlen wurde uns diesmal „Cool bun“ ein Laden der verschiedene leckere Gerichte macht, unter anderem sehr empfehlenswerte Burger. Ich genieße dann auch endlich eines der belgischen Biere. Wie vieles bei „Cool bun“ natürlich aus biologischer Erzeugung. Die Einrichtung ist auch nett gemacht, die Wände sind mit berühmten Zitaten beschrieben. Definitiv eine Adresse die man wieder besuchen will, wenn man wieder nach Brüssel kommt.
Insgesamt gibt es noch jede Menge in Brüssel zu entdecken, wir kommen auf alle Fälle einmal wieder, vielleicht wenn der Nachwuchs etwas größer ist und auch wieder eine Besichtigung eines der Museen leichter wird.