Schon wieder Oktober … allerhöchste Zeit meiner Lauftradition nachzugeben, denn nunmehr seit 2007 bin ich (abgesehen von zwei nicht durchgeführten Ausgaben während der Corona-Pandemie) immer zum Tag der deutschen Einheit in Nürnberg beim Stadtlauf über die Halbmarathondistanz am Start. Mittlerweile haben wir ja auch mit der Familie eine gewisse Routine bei diesem Lauf, abgesehen von immer einmal wechselnden Unterkünften. Diesmal hat es uns in den Nordosten verschlagen, diesmal eine Ferienwohnung da wir auch das verlängerte Wochenende in der Region verbringen wollen.
Seit dem letzten Jahr hat sich einiges am Lauf geändert, vor allem der Start hat eine neue Heimat auf dem Hauptmarkt gefunden, nachdem er viele Jahre am Opernhaus war. Zudem sind die Startzeiten aus dem Nachmittag in den Vormittag gewandert, was eine Anreise direkt am Lauftag auf alle Fälle sportlich machen würde. Eine Aktion wie der letzte Stadtlauf vor dem Papawerden würde mittlerweile sehr frühe Uhrzeiten nach sich ziehen. Noch dazu ist Yann mit dem Bambinilauf gleich morgens um 9:30 an der Reihe und die Startunterlagen müssen wir auch noch besorgen. Daher sind wir schon um kurz nach 7h wach und bereiten alles vor. Die Wetteraussichten sind nicht schlecht aber auch nicht wirklich berauschend, es ist verdammt frisch als wir am Hauptmarkt ankommen. Dort hat sich schon alles recht gut eingespielt und es dauert nicht lange bis wir alle mit Startunterlagen versorgt sind.
Bald darauf ist auch Yann schon mit dem Start über die 600m Bambinistrecke an der Reihe. Es dauert auch tatsächlich nicht lange, da kommt er mit dem ersten Schwung schon an der Frauenkirche vorbei in Richtung Ziellinie geflitzt. Nachdem er seine Medaille abgeholt hat ist er auch bald wieder bei uns vor der Frauenkirche. Für mich geht es dann auch schon bald in den Startblock, ich ziehe mich nochmal ein wenig um: Stadtlauf-Shirt an, aber die Jacke lasse ich angesichts des Winds dann doch an, lange Laufhose hatte ich ohnehin schon eingeplant. Um mich herum sieht man auch verschiedenste Varianten der Bekleidung, von mutig in kurz bis gut eingepackt ist alles dabei. Vor allem der Wind ist in den Gassen deutlich unangenehm.
Nach dem Versuch eines Warm-ups (es ist einfach zu eng im Startblock) geht es dann auch endlich auf die Strecke. Es geht direkt nach dem Start etwas bergauf in Richtung Lorenzkirche, allerdings gibt es gegenüber letztem Jahr eine kleine Streckenänderung, die Umrundung der Kirch entfällt, stattdessen geht es durch die Findelgasse. Persönlich finde ich das etwas schade, denn die Strecke führt jetzt eher durch die Seitenbereiche der Altstadt, da fällt das Sightseeing etwas hinten runter. Recht bald sind sind dann aber ohnehin auf dem unveränderten Streckenteil in Richtung Pegnitzufer unterwegs. Das Feld ist noch etwas dicht, aber ich habe den 1:45 Pacemaker schon hinter mir gelassen. Es geht nur immer recht eben parallel zur Pegnitz.
Eine weitere Änderung hat sich bei den Versorgungen ergeben, die erste ist nicht mehr in Höhe des Altenheims, sondern liegt bereits einen halben Kilometer vor mir. Es ist so voll, dass ich keinen Becher erwische. Angesichts meiner immer noch nicht vollständig abgeschüttelten Erkältung wäre etwas Flüssigkeit aber eigentlich gut gewesen, denn seit dem Start läuft mir ein wenig die Nase. Die weitere Strecke ist auch wohl bekannt, seit letztem Jahr ist die Wendebrücke auch etwas weiter flußaufwärts an der Satzinger Mühle. Beim Metropolmarathon sind wir auf der gleichen Strecke noch etwas weiter gelaufen, dort war erst Höhe Erlenstegen der Wendepunkt über die Pegnitz erreicht.
Durch die Auen der Pegnitz geht es nun wieder auf die Altstadt zu, immerhin schon 6km liegen hinter mir. Mit erreichen der Gustav-Heinemannbrücke passieren wir auch den „Wurmfortsatz“ von früheren Läufen, den man in der zweiten Runde zusätzlich auslaufen musste um die 21,1km auch wirklich zu erreichen. Was nun folgt kenne ich sowohl von mehreren Teilnahmen Stadtlauf, vom Metropolmarathon und auch aus vielen Trainingsstunden während meiner Praxis-Semester (was nun auch schon wieder mehr als ein Jahrzehnt zurück liegt). Mir geht dabei die alte After-Eight Werbung durch den Kopf … „much has changed, but some things never change“, den Ausbau der Norisbucht konnte ich über die Jahre immer wieder mitverfolgen, mittlerweile ist das Gelände mit dem Spielplatz richtig ansprechend geworden und entsprechend viele Leute stehen auch an der Strecke und feuern an.
Die Versorgung, welche früher an der Wöhrder Wiese war, ist auch etwas an vorne verlagert und findet sich nun schon vor der Unterführung an die Wöhrder Wiese, diesmal klappt es mit dem Abgreifen des Bechers und ich kippe mir einen Schwung Iso in den Rachen. Derart frisch gestärkt geht es an die Wöhrder Wiese, für den Halbmarathon gibt es sogar noch einen Extra-Zacken durch die Wiese um Meter zu sammeln. Insgesamt muss ich feststellen, dass diesmal meine GPS-Messung und die Beschilderung nur bedingt übereinstimmen, teilweise habe ich bis zu 200m Abweichung, was eher ungewöhnlich ist, noch dazu habe ich diesmal weniger auf der Uhr als am Streckenrand angeschrieben steht. Aber die Schilder sind offiziell und somit richte ich mich primär nach diesen.
Nun geht es durch eines der kleineren Stadttore an der Pegnitz direkt wieder in die Innenstadt, die erste Runde ist somit bald geschafft. Im Vorbeilaufen fällt mein Blick auf die Uhr, 48 Minuten sind seit dem Start vergangen, ich liege also nicht schlecht in der Zeit, auch wenn ich mir diesmal kein konkretes Ziel bezüglich Zeit gesetzt habe. Ich nehme nunmehr vor, dass ich doch gerne unter 1:40h bleiben würde, auch wenn es anfänglich nicht ganz danach ausgesehen hatte und ich sicherlich nicht in Topform bin (mein eigenes Training muss als Trainer derzeit etwas hinten anstehen). Aber nun ist ja auch die zweite Runde angebrochen, zu Ende bringen will ich denn Lauf nun auf alle Fälle.
Die leicht abweichende zweite Runde führt näher an der Pegnitz und somit auf etwas weniger breiten Wegen, was angesichts des deutlich gestreckten Feldes nun auch kein Problem mehr ist. Ich halte Höhe der Wöhrder Wiese Ausschau nach meiner Familie, aber es hat zeitlich wohl doch nicht ganz gereicht an den vereinbarten Punkt zu kommen, ich würde ja gerne per Handy Bescheid geben, aber die Finger sind so kalt, dass ich mein Handy im Laufen nicht entsperrt bekomme und Passwort beim Laufen eintippen ist auch keine Option, also Handy wieder weg, Blick auf die Pace am und dann auf die Strecke. Rund 12km liegen bereits hinter mir, das motiviert und auch die Geschwindigkeit hat sich jetzt im Rahmen eingependelt, ich bin konstant unter 5 min/km meist sogar unter 4:45 min/km unterwegs. Das reicht nicht für eine neue Bestzeit, aber das ist heute ja auch nicht mein Ziel.
An der Versorgung greife ich nochmal beim Iso zu, um mich herum schieben sich die Leute teilweise Gels und sonstige Dinge in den Mund, bei einem Marathon verstehe ich das ja, aber bei einem Halbmarathon kommt die Energie vermutlich erst richtig an, wenn man im Ziel ist. Für derartige „Sprint-Distanzen“ brauche ich daher allenfalls etwas zu trinken. Ehe ich es mich versehe bin ich dann auch schon wieder der Satzinger Mühle und somit wieder am Wendpunkt, noch etwa 5km bis ins Ziel. Wie mir dabei auffällt brauche ich diesmal keine Energie für irgendwelche Höhenmeter zurückhalten, denn die Strecke ist mittlerweile durchgängig flach, die ganzen interessanten Einlagen wie der Nonnensteig (berühmt berüchtigt) und die Senke im Stadtgraben am Opernhaus sind ja weggefallen.
Meine Geschwindigkeit ist weiterhin stabil bei unter 5 min/km und ich achte darauf, dass es auch so bleibt, auch wenn die Beine langsam doch etwas schwerer werden. Als die Strecke an der Norisbucht wieder deutlich urbaner wird, sind es noch knapp 3km bis ins Ziel, an einen Endspurt traue ich mich trotz nochmal Isogetränk noch nicht heran. Auf der Wöhrder Wiese steht meine Familie und feuert mich an, da kann ich mir jetzt kleine Blöße geben, zumal es laut Beschilderung nur noch 2km sind. Also nochmal alles zusammen nehmen, kurz vor dem Stadttor steht dann auch das 20km Schild, ich löse vorsichtig meine innerliche Bremse und verschärfe das Tempo ein klein wenig. Noch über den nördlichen Pegnitzarm und am Heilig-Geist-Spital vorbei. Dort steht eine Samba-Band und macht nochmal richtig Druck, die Stimmung an der Strecke ist super, alles jubelt und schiebt einen in Richtung Ziel. Die letzte Kurve an der Frauenkirche und schon bin ich auf der Zielgeraden jetzt nochmal alles rausholen was drin ist und die Ziellinie überqueren. Wieder einmal den Halbmarathon bewältigt, am Ende sind es 1:37:44, das reicht für Platz 31. von 133 in der Altersklasse und 361. von 2182 im Gesamtfeld.
Meine Erkältung holt mich im Ziel dann nochmal kurz ein, ein ordentlicher Hustenanfall schüttelt mich, aber das ist dann auch bald vorbei und ich kann mich den Leckereien der Zielverpflegung widmen. Die Familie meldet auch die Ankunft am Hauptmarkt und so verlasse ich den Zielbereich, die Sonne macht zwischenzeitlich auch noch Anstalten durch die Wolken zu brechen aber es gelingt ihr leider nur einen kurzen Moment. Ich wechsle kurz das verschwitzte kurze Lauftrikot gegen ein langes, die Jacke tropft ebenfalls fast vor Schweiß, insgesamt ist es gerade nach dem Lauf doch recht frisch. Der Rest der Familie macht sich auf den Weg in Richtung Mittagessen und Unterkunft, ich habe noch ein Treffen mit Helgas Lauffreunden und Erwin Bittel auf der Liste, beide werde ich beim 10km Lauf treffen.
Ich muss mich ständig bewegen damit mir nicht kalt wird, während ich auf den Start des 10km Laufs warte, der Wind ist gefühlt eisig. Um so mehr freue ich mich als Helga und Heinrich eintreffen. Wir unterhalten uns, insbesondere über die weitere Lauf und Wochenendplanung, so erfahre ich unter anderem, dass am kommenden Montag die Anmeldung für Bamberg 2025 öffnet (und man sich dann wirklich beeilen muss, sonst bekommt man keinen Startplatz). Im Startblock stelle ich mich dann ganz hinten an, dort treffe ich auf Erwin Bittel, ein echtes Laufurgestein auch bekannt als Lionheart oder Crocodile Dundee, ausgerüstet mit passendem Hut und einem Besen für langsame Läufer. Gemeinsam laufen wir als Besenläufer hinter dem Feld, wobei es für mich eher strammes Marschieren ist. Da einige Teilnehmer definitiv das Zeitlimit reißen, gibt es aber auch immer wieder ein Stück weit Intervalltraining während wir uns über diverse Lauferlebnisse der letzten Jahre unterhalten. Ich klinke mich dann kurz vor Kilometer 9 auch aus und gehe direkt zur U-Bahn, eine Wertung für den Schlussläuferlauf brauche ich ja nicht. Insgesamt aber sehr interessant auch das Feld einmal von hinten kennen zu lernen. Immerhin werde ich das dieses Jahr am Herbstlauf der DJK-Feudenheim nicht machen können, nachdem ich dort mittlerweile für die Organisation verantwortlich bin.