Das Jahr ist kaum einen Monat alt, schon geht es an den ersten Ultra-Marathon. Der Lauf in Rodgau über 50km wird bereits zum 21. Mal ausgetragen. Er ist eine der frühsten Möglichkeiten des Wettkampfs im Jahr. Daher wird er von vielen Läufern auch als erster Test genutzt um zu sehen wie gut man mit dem Training (und dem Abbau der Weihnachtspfunde) voran gekommen ist. Der Lauf zählt mit seinen zehn Runden zu je 5km nicht gerade zu den landschaftlichen Highlights, aber falls es doch mal nicht so gut laufen sollte oder man sich verschätzt hat, kann man alle 5km aussteigen und wird in einer entsprechenden Wertung gezählt.
Für mich ist der Lauf ein erster Test für den Eco-Trail in Paris im März, das ist nicht mehr all zu lange hin und dort geht es über 80km, daher sind die 50km genau richtig. Allerdings will ich den Lauf explizit nicht auf eine bestimmte Zeit laufen, sondern vor allem ankommen. Das Training in den ersten Wochen des Jahres habe ich zwar ein wenig gesteigert, aber von einer expliziten Vorbereitung kann nicht die Rede sein.
Das Wetter macht in diesem Jahr den Lauf nicht unbedingt erträglicher, die Temperaturen liegen nur einige Grad über null, noch dazu ist es recht neblig als ich mich früh morgens auf den Weg nach Rodgau mache. Ich bin schon fast etwas knapp dran, was aber auch seine Vorteile mit sich bringt – es gibt keine Warteschlange beim Abholen der Startnummern und diesmal ist auch nicht meine vorgesehene Nummer anderweitig schon ausgegeben worden, wie es bei der letzten Teilnahme der Fall war. Als praktische Zugabe gibt es vier Magnet-Pins zur Startnummernbefestigung, ich hatte schon länger darüber nachgedacht mir solche zu kaufen, jetzt habe ich welche und kann sie sogar direkt ausprobieren. Das Befestigen muss ich noch ein wenig üben und ich bin gespannt ob die den Lauf durchhalten.
Bis zum Start muss man noch einige Meter gehen, ich habe mir diesmal eine kleine Tasche mit trockener Wechselbekleidung mitgenommen, die ich an der Grillhütte im Start-Ziel-Bereich deponiere. So kann ich mir nach dem Lauf direkt etwas trockenes und warmes anziehen – ich habe den Rückweg als ziemlich kalt in Erinnerung. Bis zum Start dauert es dann nicht mehr lange – bei der Kälte ist das auch gut so, in meiner dünnen langen Laufhose, kurzem Lauftrikot und Laufjacke ist es doch etwas frisch.
Die Runde ist für mich ja nichts neues, immerhin bin ich zum dritten Mal mit dabei. Die meiste Zeit ist die Strecke flach und führt durch die Felder und Wälder bei Rodgau-Dudenhofen. Zwischen Kilometer zwei und drei liegt zudem eine kurze Pendelstrecke, damit die 5km auch tatsächlich voll werden, etwas lästig ist dabei die 180-Grad-Wende, die einen jedes Mal wieder aus dem Tritt bringt. Als Motivation gibt es in diesem Bereich einen DJ, damit es nicht ganz so monoton wird. In diesem Jahr ist der Untergrund gut zum Laufen – die geteerten bzw. betonierten Feldwege ohnehin, aber auch die geschotterten Anteile sind so trocken, dass man diesmal nicht im Matsch versinkt – ich habe einige Stellen als Matsch-Einlagen in Erinnerung, die mit jeder Runde schlimmer wurden. Am Opel-Prüffeld gibt es bei Kilometer vier den einzigen kleinen Anstieg der gesamten Runde, bevor es wieder auf die Grillhütte zugeht und sich der Kreis schließt.
Man hat also jede Menge Zeit sich auf alles um einen herum zu fokusieren – in der ersten Runde ist das Feld noch dicht zusammen und man muss sehen wie man sich einsortiert. Ehe man es sich versieht ist schon die erste Runde gelaufen – die Uhr zeigt etwas um die 27 Minuten an – das passt mit meiner Planung im Kopf von ca. 5:30 bis 6 Minuten/km ganz gut zusammen. Mit Schwung geht es auf die zweite Runde, ich lasse die Versorgung noch aus, zumal es dort gerade etwas voll ist.
Mitte der zweiten Runde läuft Tom Holzweg auf mich auf, er ist aus der Schweiz angereist um am Lauf teilzunehmen. Wir unterhalten uns eine ganze Weile, unter anderem muss er über die Ansage schmunzeln dass es ab Kilometer drei ja jetzt „nur noch ein Marathönchen“ ist. Wie ich erfahre ist auch er schon eine ganze Menge in der Welt herum gekommen zu diversen Laufevents – wir tauschen uns über verschiedene interessante Läufe aus, die wir mal noch laufen wollen. An der Versorgung verlieren wir uns kurz, aber schon bald taucht er wieder neben mir auf – gemeinsam laufen wir eine ganze Runde – so vergehen die Kilometer deutlich leichter. Als ich die vierte Runde beginne und wir an der Versorgung vorbei kommen bin ich wieder schneller und bleibe es diesmal auch – das Tempo liegt eigentlich deutlich zu hoch, aber noch läuft es recht rund.
Mit Ace of Base im Rücken geht es nach der Pendelstrecke schon wieder in Richtung Start und Ziel zu, dort erreiche ich die Halbzeit nach 2:09. Für 25km nicht schlecht, im Kopf überschlage ich, dass ich irgendwo zwischen 5:00 und 5:15 Minuten/km unterwegs bin. Das ist deutlich schneller als ich es erwartet und geplant hatte, ich bin fitter und flotter als ich dachte. Derartig motiviert geht es auf die nächste Runde – wie ich aus der Erfahrung weiß sind die nächsten drei die mental schwierigsten. Das Wetter ist immer noch ziemlich mau, zudem hat gefühlt der Wind ein wenig aufgefrischt und kommt zumindest stellenweise unangenehm von vorne. Praktischerweise gibt es an der Versorgung warmen Tee, dazu schiebe ich mir ein wenig Kekse und Riegel in den Mund.
Im Kopf beginnt die Zählerei stellenweise um mich zu motivieren, vor allem aber will ich mich nicht verzählen, es wäre ärgerlich eine Runde zu wenig zu laufen und auch ein wenig unpraktisch eine Runde zu viel zu machen. Nach Runde acht habe ich endlich die 40km hinter mir, das nächste Motivationsschild ist mit einem großen „M“ markiert – 2.195 Kilometer vom Start entfernt – wenn man dieses Schild passiert hat man die Marathonmarke durchbrochen. Somit liegen noch etwas mehr als 7 Kilometer vor mir, das muss jetzt einfach auch noch klappen. Die Rundenzeiten stimmen immer noch recht optimistisch, sie liegen deutlich niedriger als ich mir das vorgenommen habe – ein gutes Zeichen für die kommenden Wettkämpfe. Wie ich später in der Auswertung sehe, bin ich tatsächlich auf den letzten drei Runden etwas langsamer geworden. Ich denke das liegt auch daran, dass ich einmal die Versorgung ausgelassen habe und sich die Runde darauf die Muskulatur gleich einmal zu Wort meldet, dass es an Elektrolyten bzw. Salz ein wenig mangelt.
Mit dem nächsten Durchlauf an der Grillhütte liegen 45km hinter mir, ich bin also definitiv im Ultrabereich angekommen. Die letzte Runde ist jetzt auch noch drin, es sind ja nur noch 5km, da kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Ich mahne mich dennoch jetzt keinen Sprint zu versuchen – konstantes Laufen ist als Ultraläufer viel wichtiger. Ein letztes Mal passiere ich die Pendelstrecke bei ca. 2,5km, jetzt geht es fast auf direktem Weg ins Ziel – von einigen kleinen Verschwenkungen einmal abgesehen. Zum letzten Mal geht es den Hügel hoch, jetzt sind es weniger als ein 1km bis ins Ziel. Ich lasse es jetzt nochmal laufen, soweit es geht. In der Ferne taucht die Uhr auf und es geht auf die Zielgerade – damit man mich auch ansagen kann, öffne ich die Jacke, so dass man die Startnummer lesen kann – ich hoffe darauf, dass man mir dann auch eine Ansage macht, dass ich mich nicht verzählt habe. Leider laufe ich mit einem anderen Pulk Läufer durchs Ziel und werde nicht genannt. Auf der Zielgeraden hat mich nochmal der Ehrgeiz gepackt – 4:18h zeigt die Uhr als ich sie vollständig erkennen kann – es wird nicht mehr 4:19 werden bis ich über die Zielgerade bin. Am Ende sind es netto 4:18:02.
Das Umkleiden direkt nach dem Lauf ist genau richtig – raus aus den nassen Klamotten, zumindest einmal um den Oberkörper, die Laufhose lasse ich an und ziehe nur eine weite Jogging-Hose drüber. An der Zielverpflegung gönne ich mir noch etwas Tee und isotonische Getränke. Dazu noch einige sehr kalte Banane, die schmeckt entsprechend weniger gut. Bevor mir doch noch kalt wird, mache ich mich auf den Weg ans Auto und von dort zu den warmen Duschen. Die sind vergleichsweise weit weg, es liegt alles doch etwas arg verstreut. Ein Blick in die Statistik ergibt für mich Platz 111 bei den Herren, insgesamt wird es Platz 122. In der Altersklasse reicht es für Platz 20. Dafür, dass es nur „ein Testlauf“ werden sollte, bin ich mehr als zufrieden.
Der Lauf an und für sich wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mein Favorit werden, den ich jedes Jahr laufen möchte, aber für die Jahre mit vielen anstehenden Ultra-Läufen ist er definitiv ein guter Termin zur Selbsteinschätzung nach dem Jahreswechsel.
Hallo Kai, vielen Dank für Deine Nachricht und Deine Erwähnung in Deinem Bericht. Ich fand unsere Unterhaltung auch kurzweilig, die Kilometer verliefen gut. Nachher habe ich Bauchprobleme bekommen und musste leiden, konnte leider nicht weiter das Tempo halten. Dir herzlichen Glückwunsch zur super Zeit. Viele Grüsse, Tom
Hi Kai, Glückwunsch zu dieser Leistung. Das war wirklich eine tolle Zeit, die du über 50 Kilometer gelaufen bist. Ich bin sicher, dass du auch in Paris wieder einen guten Lauf schaffen wirst 🙂