Mein Urlaub neigt sich dem Ende, genau passend um noch ein läuferisches Sahnehäubchen obendrauf zu setzen. Bereits vor mehr als einem halben Jahr hatte ich Peter und Jürgen als Teilnehmer beim Deutschlandlauf (von Sylt bis an die Zugspitze in 19 Tagen, insgesamt 1300km) durch meine Teilnahme an wenigstens einer Etappe zu unterstützten. Naheliegenderweise habe ich dafür die Etappe direkt in der Heimat-Region ausgewählt – das spart lange Anfahrten und Übernachtungen. Ganz so einfach wie ursprünglich gedacht wird die Logistik dann allerdings doch nicht. Mein erster Ansatz war, in aller Frühe in Schwetzingen in die S-Bahn und über Mannheim und Worms nach Horchheim (letztlich nur ein Vorort von Worms) zu fahren. Leider sind die Fahrpläne selbst an Wochentagen nicht mit den Startzeiten zum Lauf kompatibel: um 6h geht es los, rund eine Stunde vorher soll man am Start sein zwecks Startunterlagen und Co.
So starte ich dann zwar von daheim, aber eben doch mit dem Auto, welches wir dann die kommenden Tage auch wieder abholen müssen. Damit ich pünktlich bin, ist bereits um 4h die Nacht vorrüber – nochmal schnell checken, dass ich auch nichts vergessen habe und frühstücken. Dann geht es über die Autobahn in Richtung Worms. Ich bin einige Minuten später am Ziel als gedacht, und in Horchheim muss ich dann doch das Navi bemühen um den Sportverein zu finden. Der in einer Seitenstraße – nicht ganz so einfach zu finden. Aber als eine Menge Camper und auch ein vertrautes Auto von Peter und Gudrun im Scheinwerferkegel auftaucht, weiß ich dass ich richtig bin. Auto abstellen und dann mein Notfall-Fahrrad zusammen setzen – für den Fall, dass es mit dem Abholen im Ziel durch die Familie nicht klappen sollte, komme ich so wenigstens ohne größere ÖPNV-Verekungen bis an den nächsten S-Bahn-Halt oder wenn es denn wirklich sein müsste auch bis nach Hause.
Es ist schon reichlich Betrieb in der Halle und ich unterhalte mich kurz mit Peter und Jürgen, während ich einen Kaffee genieße – so werde ich dann auch endgültig wach. Startunterlagen habe ich schnell abgeholt und dann kann es auch schon losgehen. Vorsichtshalber soll ich noch eine Kopfleuchte einpacken – ich habe diese zwar nach der letzten halbdunklen Trainingseinheit wieder in den aktiven Zubehörbestand überführt, aber leider keinen Funktionstest gemacht – also laufe ich mit ihr als Alibi-Leuchte. Insgesamt kommen wie üblich vor dem Start natürlich einige Zweifel auf – während des Familienurlaubs bin ich zwar mit viel Ballast Rad gefahren, aber das ist natürlich kein passendes Training für einen Ultra-Marathon. Am Dienstag bin ich etwas ungeplant dann immerhin einmal 16km vom Training nach Hause gelaufen – besser als nichts. Einziger Vorteil des Urlaubs – sämtliche Energiespeicher des Körpers sollten jetzt wieder maximal gefüllt sein, angesichts der guten fränkischen Küche und den zahlreichen Brauereien an der Radstrecke.
Pünktlich um 6h geht es los – alles recht familiär und gemütlich – übermäßig eilig hat es keiner der geschätzt 40 Starter an diesem Morgen. Es geht gleich nach dem Start auf einen Feldweg, ein wenig erinnert er mich an Biel mit dem bekannten Ho-Chi-Min-Pfad – ebenfalls im Dunkeln, allerdings ist die Strecke hier deutlich breiter und nicht so holprig wie in der Schweiz. Ich laufe recht bald auf Susanne auf, sie läuft ein ähnliches Tempo und so kann ich mich ein wenig einbremsen, nur nicht übertreiben mit der Geschwindigkeit. Die Streckenmarkierung ist wunderbar klar erkennbar – rosa Pfeile und Striche auf dem Boden geben die Richtung vor. Gemäß der Regeln müssen wir die StVO beachten, also auch die vorhandenen Fußgänger Ampeln beachten. Ehe wir uns versehen taucht auch die erste Kilometer-Markierung auf: 5,1km haben wir schon hinter uns. Das motiviert, kurz darauf trennen sich unsere Wege am Brückentor in Worms. Ich will noch ein Foto machen, und dann kommen wir von der Geschwindigkeit her doch nicht mehr ganz zusammen.
Auf der hessischen Seite (ab jetzt gibts Äppelwoi anstelle Woischorle) geht es auf den Rheindamm und dann immer auf Lampertheim zu. Es ist noch ganz leicht neblig, in der Ferne zeichnen sich aber bereits die Industriegebäude ab. Im Feld duftet es nach frischen Zwiebeln während wir in die langsam empor steigende Sonne laufen. Ich fühle mich noch immer recht fit, und an der 10km-Marke sind laut Uhr seit dem Start ziemlich genau 70 Minuten verflossen – also bin ich mit rund 7 min/km unterwegs – deutlich schneller als das was Peter und Jürgen geplant haben, aber gefühlt kann ich gar nicht so langsam laufen. Nach der Unterquerung der B44 in Lampertheim gibt es die erste Versorgung – ich lasse mir ein Stück Kuchen schmecken und noch einen Schluck Cola, dann geht es auch schon weiter – ich lasse mir aber durchaus Zeit an der Verpflegung – insgesamt habe ich noch im Kopf, dass mich Peter und Jürgen doch noch einholen könnten.
Es geht durch Lampertheim, vorbei am Eiscafé Oberfeld – leider noch geschlossen – das wäre jetzt doch eine leckere Sache. Bald danach erreiche ich eine weitere Bergwertung – es geht über die Europabrücke und somit über die Bahngleise. Nicht mehr all zu weit und ich komme an die Gaststätte „Heide“ am Eingang zur ehemaligen „Panzerschneiße“. Dort steht Manfred mit einer inoffiziellen Versorgung – ich nehme mir aber nur einen Schwung Gummibärchen bevor es weiter geht. Auf dem Weg unterhalte ich mit Beat aus der Schweiz – unter anderem über meine Teilnahme in Biel und was es sonst noch in der Schweiz an Läufen zu entdecken gäbe. Wir laufen getrennt weiter nachdem jeder von uns einmal ins Unterholz an der Strecke muss – deutlich erleichtert kann ich die Strecke dann wieder in Angriff nehmen. Mir fällt auf, dass ich nur wenige Stunden zuvor an der Autobahnunterquerung schon einmal war – mit dem Auto quer zur Laufstrecke auf der A6. Am Ende der Panzerschneiße in Viernheim warten Micha und Frank aus der Laufgruppe auf die Läufer. Wir unterhalten und kurz und machen einige Fotos bevor es für mich wieder weiter geht, bald darauf quere ich schon wieder die A6 – diesmal über ein Brücke nach Viernheim hinein.
Im Zick-Zack geht es durch Viernheim – ich verpasse dabei beinahe eine Abzweigung (obwohl diese klar markiert ist), aber ein kurzer Ruf von hinten lässt mich innehalten – immerhin sind es noch nicht einmal hundert Meter die ich jetzt mehr gelaufen bin – bei der Strecke kommt es auch nicht mehr drauf an. Wir verlassen Viernheim in Richtung Heddesheim – ungefähr auf halbem Weg steht schon der zweite Versorgungspunkt, wieder lasse ich mir etwas Zeit und fülle meinen Wasservorrat auf. Die Strecke bis Heidelberg kenne ich recht gut und es ist mittlerweile doch recht warm geworden. Laut Streckenposten gibt es sogar eine offizielle Hitze-Warnung für den Zielort Eichtersheim – das lässt nichts Gutes für die kommende Strecke ahnen.
Heddesheim streifen wir eigentlich nur am Rande, dafür gibt es einige Trailpassagen zu bewältigen. Für Peter muss es kurz vor dem OEG-Bahnhof dann sehr hart werden – bis zu ihm nach Hause in Wallstadt sind es laut Radwegbeschilderung gerade einmal drei Kilometer – das muss schon verlockend sein. Gut dass Schwetzingen etwas weiter weg liegt. Marion ist derweil startklar und meldet sich bei mir, wir planen ein Treffen in Ladenburg – bis dahin sind es für mich noch rund sechs Kilometer zu laufen. Noch läuft alles gut, gefühlt muss auch irgendwo die 30km-Markierung gewesen sein, ich habe sie aber nicht gesehen. Die Strecke nach Ladenburg führt für einige Kilometer direkt entlang der Verbindungsstraße – ohne begleitenden Weg direkt im Verkehr – nicht unbedingt ein Highlight aber auch dieser Abschnitt hat ein Ende. Es geht nach Ladenburg hinein durchs Industriegebiet, Marion meldet sich nochmals und wir verschieben den Treffpunkt doch wieder nach Heidelberg, da ich früher als gedacht in Ladenburg bin. Kurz vor dem Ortsende gibt es eine weitere Motivation, 35km und somit die Halbzeit ist erreicht.
Es geht vorbei am Eingang zum Schwimmbad – vor einigen Wochen habe ich dort als Streckenposten für den Triathlon gestanden – heute bin ich selbst aktiv. Der kommende Abschnitt geht in Richtung Neubotzheim – fast durchgängig durchs freie Feld – sehr wenig Schatten und mittlerweile ist es auch kurz nach 11h, die Sonne brennt also ganz ordentlich auf die Strecke. Selbst der Rasenspreger auf den Feldern der stellenweise die Strecke mit bewässert bringt fast keine Abkühlung. Aber es gibt nur eine Richtung: Weiter in Richtung Heidelberg. An der Unterquerung der A5 gibt es ein wenig Schatten und endlich auch einmal etwas Wind zur Abkühlung. Das tut einfach nur gut. Die weitere Strecke führ immer entlang des Neckarkanals nach Heidelberg hinein. Ich bin die Strecke schon häufiger gelaufen, aber irgendwie kommt sie mir deutlich länger vor – es geht vorbei am Schwimmbad, der Jugendherberge und endlich auch am Zoo. In diesem Bereich sind sogar zwei Streckenmarkierungen angebracht – einmal für die 40km und einmal für die 42,2km. Die Marathonmarke ist also überschritten, es geht in in de Ultrabereich. Nach dem Zoo geht s über den Neckar – direkt am Ende der Brücke steht Gurdrun am Versorgungspunkt drei bereit. Allerdings ist Marion noch nicht eingetroffen – es dauert noch etwa zehn Minuten bis sie mit den Kindern und der Versorgung mit gekühltem „Sportweizen“ ankommt. Da es fast Mittag ist, futtere ich mich lustig durch das Angebot – es bleiben keine Wünsche offen. Mit Marion treffen dann auch meine Salztabletten ein, diese hatte ich daheim stehen lassen.
Noch kurz unterhalten, dann will ich aber doch auch weiter – das Anlaufen fällt schon etwas schwer nach der langen Pause, aber die Muskulatur fügt sich recht bald ihrem Schicksal. Es geht auf der Rückseite des Bahnhofs vorbei am ehemaligen Postgelände und der Halle 02 – einem angesagten Veranstaltungsort. Aktuell ist drum herum noch reichlich Baustelle aber das kenne ich noch deutlich schlimmer. Ich schwenke auf den Verbindungsweg der Bahnstadt ein, es geht an der Feuerwache und dem dortigen Spielplatz (in Feuerwehrform und sehr beliebt bei meinen Kids) vorbei. Ab nun beginnt für mich der unbekannte Teil der Strecke – in diesem Bereich war ich zumindest fußläufig noch nie unterwegs. Entlang der ehemaligen Bahntrasse schlängelt sich der Weg auf die Südstadt zu, auf dem Boden steht eine weitere wichtige Motivation, Kilometer 45 ist erreicht – jetzt sind es nur noch 24 bis ins Ziel – Zeit über den Ultra-Läufer-Adventskalender nachzudenken: Pro Kilometer ein Türchen (was man in einen derartigen Kalender wohl packen würde?). Dort gibt es dann eine kleine Überraschung – nachdem ich erst schon entlang der Hauptstraße laufen will, sehe ich dass die Strecke abseits dieser führt – die hohe Gasse hinauf und dann parallel. Ganz getreu ihrem Namen geht es natürlich nach oben – „durch diese hohe Gasse muss er kommen – es führt kein anderer Weg nach Eichtersheim“ – dieses abgewandelte Zitat des Willhelm Tell kommt mir spontan in den Sinn während ich die Steigung erklimme.
Die Straße führt fast immer gerade aus und mit wenig Wellen durch Rohrbach auf Leimen zu. Kurz vor Leimen hole ich Christina ein – immer schön zur erkennen an Ihrer Kopfbedeckung mit dem Haifisch – ich hoffe da drunter schwitzt man nicht so arg wie es von außen aussieht – ich laufe ja wie sonst auch ohne Kopfbedeckung, ich habe ja noch genügend Haare auf dem Kopf. Für Motivation sorgt die 50km-Marke, auch wenn ich kurz danach eine steile Steigung dann doch lieber hochgehe, ganz so frisch wie am Start bin ich nicht mehr. Die Strecke ist auch als offizieller Radweg ausgewiesen – an dieser Stelle frage ich mich mal wieder wer einen solchen Murks ausschildert – kaum ein Radler wird den Anstieg, ein kurzes Stück halbwegs eben und dann wieder ebenso steil bergab als attraktiv bezeichnen.
Das wird wieder besser, als wir durch Leimen hindurch laufen, der Ort ist hübsch gemacht, ich laufe oportunistisch immer auf der Seite der Straße auf welcher es gerade mehr Schatten gibt – das macht es zwar ggf. etwas schwieriger die pinken Streckenmarkierungen zu sehen, aber in der Sonne ist es doch arg warm. Nach Leimen folgt erst einmal wieder eine etwas länger Durststrecke – immerhin habe ich zwischenzeitlich ein Radweg-Schild gesehen, das bis Wiesloch noch 12km auswies – nach meiner überschlägigen Rechnung ist daher mindestens die Hälfte bis zum nächsten VP schon einmal geschafft. In der Entfernung sehe ich auch immer wieder Beat aus der Schweiz mit seinem markanten Rucksack. Am Rand der Strecke mache ich dennoch einen kurzen Stopp um meinen Elektrolythaushalt wieder in den Griff zu bekommen: Einen Schwung Salztabletten und viel Wasser, danach geht es weiter. Das Anlaufen ist mittlerweile fast schwieriger als konstant weiter zu laufen.
Nußloch kommt in Sicht und im Ort geht es bis zur Kirche ein wenig bergauf – ich beobachte bereits hier einen recht aggressiven Autofahrer, welcher durch Lärm auf sich aufmerksam macht. Dabei nimmt er wenig Rücksicht auf andere, beinahe werde ich auch noch Zeuge eines Auffahrunfalls direkt vor der Kirche. Dabei hatte ich gerade darüber nachgedacht meine Füße in den Brunnen vor der Kirche zu stecken, er sieht einladend kühl aus. Nur wenige hundert Meter weiter treffe ich den Helden des motorisierten Verkehrs wieder – wieder hat er ein anderes Fahrzeug ausgebremst und steht nun recht frech im absoluten Halteverbot mitten auf dem Gehweg und somit der Laufstrecke. Nicht nur die Teilnehmer des Deutschlandlaufs müssen in der Engstelle auf die Straße ausweichen, auch viele andere Fußgänger. Für mich Grund genug einmal ein Bild der Situation zu machen. Dabei werde ich von einer Passantin angesprochen, die mir auch noch gleich zeigt wer der Fahrer des aktuell verlassenen Fahrzeugs ist. Ich ermuntere sie, ebenfalls noch eine Anzeige zu erstatten, bevor ich mich weiter auf die Strecke mache. Im Kopf stelle ich mir Sanktionen für solche Helden vor: Doppeletappen des Deutschlandlaufs über zwei Wochen lang wären wohl abschreckend genug und Zeit zum Nachdenken hat man da auch.
Erfreulicher ist die Kilometer-Angabe kurz vor dem Ortsausgang – 55km liegen hinter mir, also nur noch 14km vor – das ist nun wahrlich nicht mehr weit und auch der nächste Versorgungspunkt muss jetzt gleich kommen. Immerhin geht es jetzt wieder abseits der Straße auf einem landwirtschaftlichen Weg weiter – es gibt sogar einige Bäume die etwas Schatten spenden. Am Ortseingang von Wiesloch steht dann auch der nächste Versorgungspunkt – der letzte vor dem Ziel für heute. Ich schiebe nochmal reichlich Energie in Form von Gummibärchen und Obst in mich hinein, zudem wird der Trinkrucksack nochmal voll gefüllt für die letzte Etappe. Beat verlässt den Punkt vor mir, Christina kommt ebenfalls durch, ich überhole sie aber bereits wenige hundert Meter nach der Rast wieder. Wiesloch ist erstaunlich wellig – es geht ein wenig bergauf und dann bergab durchs Zentrum. Dort zeigt ein Außenthermometer 32° C im Schatten an – kein Wunder, dass ich schwitze wie nichts Gutes und es so anstrengend ist mit dem Laufen. An der Grundschule steht nochmal Manfred mit gekühlten Getränken und Eis als inoffizielle Versorgung – so ein Eis am Stiel ist schon was feines, auch wenn es ob der Hitze schon fast geschmolzen ist und ich es aus der Verpackung lutsche. Das gibt nochmal Energie.
Der Weg schwenkt in das Tal des Waldangelbachs ein – es mehren sich die Zeichen für den Zielort in Angelbachtal, dass es noch nicht so weit ist wird klar als ich auf dem Boden die Markierung für 60 gelaufene Kilometer sehe – noch neun liegen ungefähr also vor mir. Kurz danach quere ich zum dritten Mal die A6 – für heute definitiv das letzte Mal – der Rückweg mit dem Auto wird wahrscheinlich über diese Brücke führen. Ab Rauenberg wird es dann auch eindeutig – wir laufen auf der ehemaligen Strecke der Angelbachtalbahn – diese wurde zur Radverbindung umgebaut, das ist gut zu wissen, denn Bahntrassen haben in der Regel keine plötzlich auftauchenden Steigungen. Was sie aber durchaus kennen ist ein kontinuierlicher Anstieg, und genau das ist jetzt auch der Fall – immer in der Nähe des Bachs zieht sich der Weg durch Rotenberg und Mühlhausen. In Rotenberg gibt es nochmal eine kurze Verschwenkung, damit man auch das Schloss oberhalb des Tals nicht verpasst.
Mit dem Verlassen von Mühlhausen gibt es auch die letzte Kilometermarkierung für den Tag – 65km habe ich nunmehr in den Beinen. Die Strecke führt nun ein Stück parallel zur Bundesstraße durch die Felder – es stehen zwar noch einige Obstbäume, aber ihr Schatten fällt leider nicht auf den Weg sondern in den Acker – dennoch laufe ich natürlich lieber auf dem Weg, das ist nicht so anstrengend. Ich trinke ordentlich aus meinem Rucksack, auch weil ich ja weiß, es sind nicht mehr so viele Kilometer. In Höhe der Kläranlage motivieren mich nochmals ein paar Radfahrer, es sei nun nicht mehr weit, nur noch ein bis zwei Kilometer.
Am Ortseingang geht es nochmals kurz querfeldein auf einen Trail, direkt danach stehen schon Helfer zum Einweisen auf die Strecke – es kann also wirklich nicht mehr so weit sein. Nach der Abzweigung in eine Seitenstraße steht auch noch ein wichtiger Hinweis auf das Restaurant für die Abendverpflegung der Teilnehmer – laut Streckenbeschreibung sind es nur rund 1000m vom Ziel bis dorthin. Dafür geht es nochmal etwas bergauf und dann mit leichtem Schwung in den Schlosspark – der Weg dort ist geschottert und an einigen Stellen mit Kopfsteinpflaster belegt – so kurz vor Schluss ist das echt anstrengend für die Füße. Gefühlt zieht sich der Weg nach der Schlossumrundung noch recht lange hin, bevor die Abzweigung nach links über die Brücke zur Turnhalle und dem Zielbogen kommt. Endlich geschafft! 69km liegen hinter mir – noch dazu in sengender Hitze. Da ist mir die Zeit dann auch egal, 8:47:29 sind es offiziell wie ich später erfahre. Deutlich langsamer als beim Rennsteig also, den ich um siebeneinhalb Stunden herum bewältigt habe und der länger ist. Aber es ging ja primär um die Unterstützung des Deutschlandlaufs und der Solo-Teilnehmer und nicht um eine gute Wettkampfzeit. Für derartige Ambitionen hätte ich mich mehr vorbereiten müssen und wäre es wohl auch etwas anders angegangen, mit kürzeren Stopps an den Versorgungen. Allein in Heidelberg habe ich mir ja fast 20 Minuten Pause gegönnt.
Ich futtere mich durch das Angebot im Ziel – Kuchen und Kartoffeln mit Quark, dazu ein alkoholfreies Bier. Auf der Wiese ziehe ich dann auch einmal die Schuhe aus, die Socken sind stellenweise durchgescheuert, ich denke die haben ihren letzten Lauf heute gemacht. Ich gehe gemütlich unter die Dusche – dabei fällt mir dann auch auf, was ich noch vergessen habe: Die Sandalen für nach dem Lauf sind wohl auch daheim geblieben. Da ich nicht direkt zurück in die noch dampfenden Laufschuhe will, gehe ich ein wenig barfuß umher – auch nicht schlecht. Marion trifft kurz nach der Dusche ein und wir verladen das nunmehr doch obsolete Fahrrad – da das Auto noch mit anderen Dingen beladen ist muss ich noch ein wenig Tetris spielen und mich im Auto verwinden um die Sitze umzuklappen – eine andere Art der Dehnübung. Es dauert dann auch nicht mehr lange bis Peter ins Ziel kommt – ich beglückwünsche ihn herzlich zu seiner Leistung. Jürgen hat wohl sehr viele Supporter an der Strecke getroffen und ist noch unterwegs. Da mein großer Sohnemann noch von einem Kindergeburtstag abgeholt werden muss, kann ich leider nicht mehr so lange bleiben bis auch er im Ziel eintrifft.
Fazit für mich: ein ganz besonderes Erlebnis am Deutschlandlauf teilzunehmen und mein höchster Respekt vor allen die über die gesamte Strecke laufen – 1300km sind schon echt Hammer. Ebenso habe ich natürlich auch Respekt vor den Teilnehmern welche „nur“ mehrere Etappen bewältigen – eine singuläre wie ich ist da wirklich nur ein Bruchteil der Anstrengung. Das merke ich vor allem am nächsten Tag, als ich um kurz nach sechs verschlafen auf den Wecker blinzle: die Läufer sind schon wieder mehr als eine Stunde auf der Königsetappe über 88km unterwegs – mein Muskelkater hält sich in Grenzen und ich habe keine Beschwerden wie ich sie nach Biel oder Ulm schon hatte – aber ob ich jetzt 88km laufen könnte weiß ich beim Besten willen nicht. Für das kommende Jahr muss ich mir definitiv wieder ein paar schöne Ultra-Läufe ins Programm nehmen – mal sehen was sich ergibt, angedacht habe ich bereits einmal wieder den Rennsteig aber irgendwie ist auch der Appetit auf etwas im dreistelligen Bereich da. Natürlich muss das alles familienfreundlich organisiert werden. Ganz am Ende der Liste steht dann auch der Wunsch einmal selbst an einem der ganz langen Läufe teilzunehmen – der Transeuropalauf 2021 (von Tallin nach Lisabon) ist dafür aber noch zu früh, da muss ich vorher noch einige mehrtägige Läufe absolvieren.