Als ich mit meinen Laufkollegen mal wieder über verrückte Laufideen sprach, kam die Idee 100km in Ulm mitzulaufen: „Wird schon irgendwie gehen“. Bilder gibts leider keine (siehe Bericht warum).
Als ich es mit meinen Laufkollegen (Helgas Lauffreunde in Nürnberg) mal wieder über diverse verrückte Laufideen wie den LGA-Indoor-Marathon und die verschiedenen Ultraläufe hatte, hörte ich zum ersten Mal von der geplanten langen Ulmer Laufnacht. Etwas übermotiviert durch meinen Erfolg beim 2008er Amberger Ultralauf über 63 km, fackelte ich nicht lange und meldete mich für meinen ersten 100km-Lauf an. Ganz getreu dem Motto: „Wird schon irgendwie gehen“.
Wie das Leben so spielt war die Vorbereitung leider alles andere als Gründlich. Teils machte mir meine Ausbildung mit Pflichtvorlesungen und Laboren einen Strich durch die Rechnung, teils gab es andere gesellschaftliche Verpflichtungen zu erfüllen. Ergebnis: Die Woche vor den 100km kam ich nicht dazu auch nur einen Kilometer zu trainieren. Aber egal – „Tapering“ (gut ausgeruht in den Wettkampf) soll es ja bringen.
So kam ich am 12.06.2009 gegen Abend in Ulm an, und begann mit dem Vorbereitungen: Zelt aufbauen, Startnummer abholen, Sicherheitseinweisung, Equipment-Check. Gut dass ich den Pulsmesser. Noch mal ausgelesen habe, die verbleibende Speicherzeit hätte für den Lauf nicht gereicht. Zudem ein erster Ausfall: Meine Digicam zickt mal wieder rum und produziert nur noch künstlerisch wertvolle Bilder, aber nix was man herzeigen kann. Na ja, kann man nix machen, lassen wir sie halt im Auto, vielleicht auch besser so, sie wiegt ja doch was.
Danach der Versuch ein wenig zu entspannen oder zu schlafen, denn der Lauf startet ja erst um 23:00h. Aber keine Chance, es ist zu laut auf dem Parkplatz und die nahe Bahnlinie ist auch gut befahren. Nun denn, ich stehe kurz vor 23:00h im Stadion in Blaustein, die Stimmung ist gut. Als Highlight findet ein Ballon-Glühen auf dem Fußballplatz statt. Man tauscht sich mit einigen anwesenden Läufern noch aus, scherzt. Pünktlich um 23:00h setzt sich der Pulk in Bewegung. Entlang der Runde im Stadion wird ein Feuerwerk abgebrannt – ein echt toller Start und eine riesige Atmosphäre!
Auf den ersten Kilometern alles ruhig. Ich finde einen Laufpartner, der auch um die 6 Minuten pro Kilometer laufen will. Da man ja mit der Zeit ermüdet, hält er ein wenig vor und anfänglich sind wir bei etwa 5:30 – deutlich zu schnell. Aber wer lässt sich schon gerne lumpen und es läuft ja auch gut durch die Nacht. Bei Kilometer 10 stoßen die Radbegleiter zu ihren Läufern. Alles im grünen Bereich.
Bis Kilometer 20 drosseln wir das Tempo. Es geht teilweise deutlich bergab durch den nächtlichen Wald. Die Ausschilderung ist echt klasse: Alle Schilder sind mit kleinen LED-Lampen beleuchtet, und etwaige Stolperfallen und Äste mit Knicklichtern oder roten LEDs markiert. Bei km 20 mal kurz was essen und trinken und schon geht es weiter. Noch immer sind wir deutlich unter 6 Minuten pro Kilometer unterwegs. So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass es zu zügig für mich ist. Aber wir machen erst mal tapfer weiter.
Kurz vor Kilometer 30 lasse ich meinen Laufpartner ziehen, da ich merke dass ich das Tempo nicht mehr halten kann, von Ankommen mal ganz zu schweigen. An der Verpflegungsstelle nehme ich nur etwas zu Trinken, an Essen kann ich grad gar nicht denken. Es geht langsam wieder bergan, nachdem es die ganze Zeit halbwegs flach war. Das nächste Ziel ist die Verpflegungsstation km35 in Illerkirchberg. Der Name sagt alles: Die liegt auf einem Hügel, oder eher Berg, von meinem Gefühl in den Beinen her. Ich lasse mir Zeit mit der Verpflegung und esse Müsliriegel, ein paar Bananen und jede Menge Wasser zum runterspülen. Danach geht es wieder leicht bergab ins Illertal. Das Läuferfeld ist mittlerweile sehr weit auseinander gezogen. Teilweise laufe ich ohne Sichtkontakt zu Vorder- oder Hintermann durch den nächtlichen Wald. Ganz dezent kündigt sich langsam das Morgengrauen an. Aber es ist immer noch verdammt dunkel.
Nach 45 gelaufenen Kilometern ist wieder eine Verpflegungsstelle, sehr schön gelegen im Wieblinger Schloss bei Ulm. Nur leider liegt das Bauwerk wieder etwas höher als die Iller. Ich muss zum ersten Mal eine Steigung hochgehen, weil die Beine streiken. Ich verfluche heimlich, still und leise meinen übermäßig flotten Start. Aber es ist ja keine Schande eine Steigung hochzugehen, schon gar nicht nach mehr als einem Marathon. Andere wären froh sie kämen überhaupt so weit. Mein Tempo nähert sich langsam einem realen Wert, noch immer unter 6 Minuten, aber nicht mehr so extrem. Beim Essen lasse ich mir wieder Zeit, diesmal Apfel mit Iso und Banane, in der Hoffnung, dass ich das angebotene Iso-Getränk besser vertrage als das von bisherigen Läufen. Da rebellierte der Magen.
Raus aus dem Schlosshof, wieder runter an die Iller und es beginnt eine quälend lange Durststrecke bis zur 50km-Marke. Die Strecke ist topfeben und sicherlich eine sehr beliebte Strecke bei den Ulmer Läufern. Dennoch komme ich mir vor wie bei meinem ersten Lauftraining über 15 km (diejenigen die dabei waren, wissen wie ich aussah). Die Kilometer scheinen aus besonders flexiblem Gummi gemacht zu sein und ziehen sich endlos hin. Wenigstens ist es heller geworden und auf der ebenen Strecke kann ich noch gut joggen. Einen Läufer vor mir kann ich überholen. Was für ein Erlebnis! Das beflügelt regelrecht aber ich bremse mich, denn noch sind wir nicht mal an der Hälfte.
Zwischenzeitlich klingt aus der Ferne Musik oder zumindest einmal der Bass schafft es bis an mein Ohr. Ich wähne schon die 50km-Station in Reichweite. Leider nur ein Traum: Eine Disko auf der anderen Illerseite beschallt großräumig das Illertal. Immerhin etwas Abwechslung beim Laufen. Ich passiere die Illermündung in die Donau ohne es größer zur Kenntnis zu nehmen. Kurz danach wird die Landschaft urbaner: Die Innenstadt von Ulm kommt ins Blickfeld.
Vor die Belohnung an der nächsten Verpflegungsstelle hat die Streckenplanung noch eine Runde Schweiß und Schmerz gesetzt. Entgegen der Hoffnungen geht es nicht über die Fußgänger-Brücke sondern einen kleinen Bogen und eine ordentliche Steigung hoch. Ich beiße die Zähne zusammen, auch weil die Streckenposten motivieren: „Gleich habt ihr die 50km erreicht“. Einer meint sogar: „Gleich hast du es geschafft!“ – Ich entgegne ihm ziemlich sarkastisch: „Ja den ersten Teil, der zweite kommt danach“.
Bei der Halbzeit mache ich ausgiebig Pause, esse was mir gerade vor die Nase kommt und worauf ich gerade Lust habe, wobei das schon fast nicht mehr bewusst geschieht, sondern eher eine Bauchentscheidung ist. Ein warmer Tee ist was Feines. Nach gefühlten 10 Minuten mache ich den Versuch wieder zu Laufen und falle aus allen Wolken: Mein Körper wehrt sich mit jeder Muskelfaser! Plötzlich ist mir kalt, ich zittere am ganzen Körper und habe Krämpfe in der Kaumuskulatur. Ich bin versucht zum Roten Kreuz zu gehen und aufzugeben, entscheide mich aber dagegen, mit der Idee im Hinterkopf: „Wenn es in einem Kilometer nicht besser ist, kannste immer noch umdrehen und es sein lassen“. Tatsächlich beruhigt sich mein Körper nach kurzer Zeit wieder und ich kann normal joggen, auch wenn die Muskeln in den Oberschenkeln schmerzen. Es wird langsam richtig hell und ich packe die Kopflampe weg.
Die nächsten 11 km geht es entlang der Donau, mit 2 Querungen selbiger. Aber die Steigungen halten sich in Grenzen. Der grobe Schotteruntergrund ist alles andere als angenehm zum Laufen. Man muss verdammt aufpassen sich nicht den Fuß zu vertreten. Ganz zu schweigen davon, dass sich die Kilometer immer länger ziehen. Besonders nervtötend ist die Teilstrecke ab Thalfingen: Schnurgerade entlang des Donau-Damms. Und das über mehr als 2 km. Mir kommen Erinnerungen an mein erstes Lauftraining durch den Nürnberg Wald. Auch dort hat es eine entsprechende Gerade. Mittlerweile macht mir diese nicht mehr aus, sie lädt sogar förmlich zum Endspurt ein, weshalb sie bei Helgas Lauffreunden den Spitznamen „Schlachtergrade“ hat. Aber an spurten ist jetzt rein gar nicht zu denken. Ich bin noch vergleichsweise gut in der Zeit, etwas mehr als 6 Minuten pro Kilometer und noch kann ich joggen.
Die Strecke nähert sich langsam aber sicher ihrem östlichsten Punkt in Unterelchingen. Ab dort geht es direkt in Richtung Blaustein. Nach dem Verlassen der Donau bleibt die Strecke eben. Entlang der Landstraße zieht es sich scheinbar ewig hin bis zum Wendepunkt. Angesichts der Oberschenkelschmerzen und den langsam dicker werdenden Füßen sinniere ich über die lauftechnische Bedeutung der Zeilen „head over feet“ von Alanis Morissette. Ich komme zu dem Schluss: Der Kopf besiegt wohl irgendwann den Laufunterbau. Aber kurz nach dem Wendepunkt ist erst mal das Gegenteil der Fall: Es geht deutlich bergauf und ich gehe die brutale Steigung, die teils in Serpentinen durch einen Spielplatz führt. Dabei schraube ich mein Ziel für den Lauf deutlich nach unten: „Hauptsache ankommen! Und wenn ich nach 18 h ankomme ist es auch egal“. Immerhin laufe ich bis zum Wendepunkt direkt in den Sonnenaufgang. Ein sehr schönes Gefühl.
Endlich hat die Steigung ein Ende und der Kilometer 65 ist erreicht. Dankbar mache ich Rast an der Verpflegungsstelle. Ich schaufle in mich rein, was sich gerade bietet, von Apfel über Banane, Müsliriegel bis hin zum Hefezopf. Da ich gute Erfahrungen mit dem Iso-Getränk gemacht habe, fülle ich meine Flasche auf und laufe weiter bzw. gehe gleich wieder die nächste Steigung hoch. Dabei treffe ich einen Mitläufer, der ebenfalls die Steigungen nicht mehr joggen kann. Ich bin erleichtert, dass es nicht nur mir so geht. Wir fangen langsam wieder an zu joggen, es geht entlang des wunderschönen Höhenpanorama-Weg entlang. Die Steigungen halten sich in Grenzen. Aber selbst abwärts gehe ich teilweise, weil die Oberschenkel zu sehr schmerzen. Die Strecke führt größtenteils durch die Felder. Allmählich wird es warm. Entlang der Eisenbahnstrecke reiße ich mich nochmals zusammen, lasse aber ein paar Läufer vorbeiziehen. An der nächsten Steigung schalte ich wieder in den Modus „Gehen“ zurück.
Ich hatte schon gar nicht mehr dran geglaubt. Aber da steht ein Schild, 75km! Also 3/4 sind geschafft. An der Verpflegungsstelle mache ich wieder länger Pause, esse was mir gerade angeboten wird, unter anderem Kartoffeln. Einzig ein Weizenbier (wenn auch alkoholfrei) lasse ich sein, ebenso wie Kaffee, denn ich will ja nicht gleich wieder in die Büsche müssen. Da ich total entkräftet bin, entschließe ich mich, die Pause im Gehen zu verlängern und dabei Bananen zu essen. Die Strecke wird wieder welliger, es geht mal bergauf mal bergab. Nach einer Senke ertappe ich mich beim Fluchen, denn es geht schon wieder schnurstracks bergan.
Es geht durchs Industriegebiet rund um das Zentrallager der Drogeriemarktkette Müller. Den markanten Bau sieht man schon von Weitem und er begleitet uns noch eine ganze Weile weiter. Immerhin ein Anhaltspunkt, denn mittlerweile steht es um meine Orientierung nicht mehr unbedingt zum Besten. Endlich kommt auch die Wilhelmsburg in Sicht und ich quäle mich über die 80 km-Marke. Mittlerweile tut schon jeder Schritt an allen Ecken und Enden weh. Aber ich hatte mir geschworen: „Wenn du die 80 erreichst, dann sind die letzten 20km Ehrensache“. Nun denn, nach einem Futterstopp geht auf die letzten 20%. Die müssen irgendwie zu machen sein. Allerdings haben es diese 20km noch mal so richtig in sich: Erst geht es den Wehrgang der Wilhelmsburg entlang steil bergab. Dann unter dem Wehrgang durch, und drüben natürlich auch wieder hoch. Das Meiste der Strecke muss ich gehen, und die Strecke hat einige ziemlich miese Hügel. Normalerweise würde ich das begrüßen, aber nach 80km sieht man die Welt aus einer völlig neuen Perspektive.
Quälend langsam nähere ich mich der Versorgungsstelle in Lehr bei Kilometer 85. Innerlich fühle ich mich mit dem Ort verbunden, wenn auch die Schreibweise nicht stimmt: Ich bin total leer und ausgepowert. Aber der Kopf setzt sich durch, wenn auch nur im Sinne: Weitergehen! Es geht denn auch deutlich bergab im doppelten Sinne. Innerlich kann es eigentlich nicht mehr weiter bergab gehen. Aber die Senke vor der Kaserne ist wirklich übel. Es hilft nur reingehen und drüben wieder bergan quälen. Danach geht es ein Stück gerade aus, entlang der Kaserne und vorbei an den Feldjägern. Die Jungs sind gut drauf und stehen an der Strecke und applaudieren. Als ich sie aus der Ferne sehe, überwinde ich mich noch mal zu joggen, denn ich habe ja mein THW-Laufshirt an. Und ich will den Kameraden auf keinen Fall das Bild vermitteln: Die Katastrophenschützer sind Weicheier. Nachdem ich aus dem Blickfeld bin geht es wieder bergab, Steigung 20% diesmal, nur gehend zu bewältigen. Auch im Flusstal gehe ich weiter, der Schmerz ist zu groß.
Endlich geht es aus dem Tal heraus und wieder in eine Siedlung. Die vorletzte Verpflegungsstation bei Kilometer 90. Jetzt sind es noch 10 km und ich bin wild entschlossen die 100 zu erreichen! Nach einer kräftigen Stärkung mit allem was die Station hergibt, unter anderem zwei Tafeln Schokolade, geht es auch wieder. Wenn auch nicht weit, denn die nächste Steigung lauert schon. Es geht durch die Felder. Die Sonne brennt mittlerweile erbarmungslos. Kein Wunder es ist kurz vor 9 Uhr. Auf den halbwegs ebenen Strecken versuche ich immer wieder wenigstens Teilstrecken zu joggen. Aber meist geht mir nach 500m die Kraft aus. Tapfer gehe ich zügig weiter. Motivation verschaffe ich mir durch die Kilometerschilder. Die stehen mittlerweile jeden Kilometer. Bei
Kilometer 93 ist noch mal eine Versorgungsmöglichkeit. Ich trinke ausgiebig und gehe weiter. Es folgt eine landschaftlich sehr schöne Strecke durch ein bewaldetes Tal. Die Einstiegssteigung ist verdammt steil und auf dem losen Schotter ist absolute Vorsicht geboten. Ein Mitläufer meiner Altersklasse holt mich ein und wir gehen, denn keiner von uns hat mehr Kraft oder Reserven. Entlang der Strecke motivieren uns immer wieder Passanten mit Sprüchen wie „Da vorne nach der Kurve ist schon das nächste Kilometerschild“. Gemeinsam erreichen wir den Ortseingang von Blaustein.
Kurz nach der Überquerung der Blau, es sind noch 1,5 km, überwinde ich mich noch mal, um wenigstens erhobenen Hauptes im Stadion einzulaufen. Die 5km Gehen haben meinem Körper die Chance gegeben Reserven für den Endspurt anzulegen, die ich nun abrufen kann.
Nach etwas mehr als 11:30 Stunden laufe ich durchs Ziel im Stadion. Auf der Ehrenrunde durchs Stadion mobilisiere ich noch mal alles und lasse sogar
noch 2 Läufer hinter mir. Woher die Energie kommt? Keine Ahnung. Wow, ich habe es tatsächlich geschafft! Der erste Lauf über 100km liegt hinter mir.
Doch intern habe ich noch eine Rechnung offen: Ich werde noch mal teilnehmen und werde das durchjoggen können.
Für die anstehende Siegerehrung fehlt mir jeglicher Nerv. Mir tut alles weh. Noch schlimmer: In der Zielverpflegung ist das Weizenbier ausgegangen. Frust! Aber egal, ich futtere dick belegte Brötchen in mich rein und trinke jede Menge Iso-Getränk. Danach quäle ich mich am Auto vorbei, hole meinen Rucksack und begebe mich ins Blausteinbad. Der Eintritt ist beim Lauf dabei. Auf dem Weg dorthin tut mir alles weh. Ich als sportlicher Typ nehme den behindertengerechten Zugang über die Rampe. Nur keine Treppen! Auf dem Weg gebe ich meinen Laufchip ab. Das hätte ich fast vergessen.
So eine Sauna nach dem Lauf hat was für sich. Auch der Whirlpool und das Solebecken sind eine echte Wohltat, auch wenn ich zwischenzeitlich immer wieder unter die warme Dusche hinke, weil mir total kalt ist. Wie mir ein Mitläufer sagt, ein Zeichen der völligen Verausgabung. Dem Körper fehlt es an Brennstoff zum „Heizen“. Um wenigstens den Krämpfen vorzubeugen futtere ich ordentlich Magnesium. Eine Packung war das Werbegeschenk beim Merck-Straßenlauf. Die Mitläufer über 100km erkennt man übrigens daran, dass alle kleine Schritte machen und bei jedem Schritt das Gesicht verziehen, weil alles wehtut. Ich bin beruhigt, dass es nicht nur mir so geht.
Nach der Erholung geht es für eine Stunde ins Zelt zum Schlafen. Aber nachdem das nicht so klappt, baue ich mein Lager ab. Noch immer treffen Läufer von der 100km-Strecke im Stadion ein. Letzter bin ich also Nicht. Bevor ich heimfahre, ist ein Zwischenstopp im Supermarkt fällig: Ich decke mich mit Brötchen, Wasser, Kartoffel- und Wurstsalat ein. Während der Heimfahrt bin ich immer wieder am Futtern. Auch muss ich ein paar Pausen mehr einlegen als geplant, immer wenn die Übermüdung zu groß zu werden droht. Schon der Gang zum Klo oder einmal kurz ums Auto ist eine Qual.
Endlich erreiche ich Mannheim. Meine Familie erwartet mich und ich futtere in einem Restaurant eine große Portion Spare-Ribs weg. Auch das fehlende Weizenbier wird nachgeholt. An selbst heimfahren ist danach ist nicht mehr zu denken. Meine Schwester erbarmt sich und fährt mein Auto heim. Die Strecke vom Restaurant nach Hause laufe ich sonst im Training und brauche selten mehr als 20 Minuten. Die letzte große Herausforderung lauert daheim: 63 Treppenstufen. Aber irgendwie schaffe ich auch die, trotz großer Schmerzen im Becken und in den Knien.
Am nächsten Tag ist auf wundersame Weise nur noch ein kräftiger Muskelkater übrig. Zeit einen Blick auf die Ergebnisse zu werfen: Oh Wunder, ich bin in den Top 100. Laut Vorab-Ergebnis 81. in der Gesamtklasse, und in meiner Altersklasse 2. – Die Urkunde einige Tage später katapultiert mich nochmals einige Plätze nach oben: 75. von 285 gemeldeten Startern (davon sind etwa 200 angekommen). Damit kann ich echt zufrieden sein.
Fazit: Wer einmal seine Grenzen in jeglicher Hinsicht erfahren möchte ist bei der Ulmer Laufnacht gut aufgehoben. Im nächsten Jahr wird sicherlich auch die Organisation um einiges runder laufen, als bei der diesjährigen ersten Durchführung. Mal sehen ob ich da auch wieder dabei bin. Dann aber mit einem deutlich erhöhten Trainingsumfang…