Heimspiel für mich – der SRH-Marathon in Mannheim findet direkt vor der Haustür statt und noch dazu ist es der Lauf mit dem alles läuferische einmal begann. Klar dass ich dieses Jahr auch wieder dabei bin. Allerdings ist das Training deutlich anders ausgefallen als bisher – Nora und Karo sind im vergangenen Herbst erstmals 10km Wettkampf gelaufen, diesmal soll es der Halbmarathon werden. Alex konnte im Herbst nicht teilnehmen und absolviert ihren ersten Wettkampf über 10km. Für das eigene Training blieb da etwas weniger Zeit – zumal es ja auch parallel noch das Projekt „Nachwuchs 2.0“ mit allen notwendigen Vorbereitungen zu stemmen galt. Der nahende Geburtstermin war natürlich auch ein Thema für den Wettkampf selbst – mit Handy und Alarm-App ausgerüstet war ich bereit den Wettkampf an jeder möglichen Stelle zu unterbrechen wenn die Geburt einsetzen sollte. Die Strecke führt praktischerweise auch noch an unserer Wunschklinik vorbei – von dort ist es aber nur noch 1km bis ins Ziel. Ich träumte von einem übermäßigen Zielsprint, aber es sollte alles anders kommen.
Die Tage vor dem Wettkampf hat es geregnet was das Zeug hält, aber zum Wettkampf ist schönstes Wetter. Zusammen mit noch ein paar Läufern aus meiner Ultra-Laufgruppe geht es in Richtung Startblock – Marion und Glen begleiten uns. Ich reihe mich optimistisch mit Frank im Bereich des 3:30h Pacemakers ein. Es hat ja im letzten Jahr mehrfach geklappt mit unter 3:30h ins Ziel zu kommen. Der Start erfolgt wie seit einigen Jahren in Blöcken, bis wir an der Reihe sind vergehen schon einmal knapp 9 Minuten. Es geht dann aber recht zügig los, dank GPS von Frank pendeln wir uns halbwegs ein. Allerdings verlieren wir uns schon bald in der dichten Läufermasse – egal ich komme irgendwie in Schwung und die Zeiten sehen gut aus: immer um die 4:50 min/km das passt für mein Ziel.
Die Kilometer fliegen diesmal irgendwie an mir vorbei – ehe ich es mich versehe passiere ich schon Neuostheim und es geht an die erste Wasserstelle. Ich greife zu, denn es ist verdammt warm und meine Flasche schon fast leer. So gestärkt geht es auf die Gerade gen Seckenheim und dann auf die Umgehung. Im Gegensatz zu den letzten Läufen geht es diesmal auf dem Feldweg parallel zur Umgehungsstraße und nicht direkt auf dieser um Seckenheim. Schon bald haben wir den östlichsten Punkt der Strecke erreicht. Es geht jetzt hinein nach Seckenheim – überall an der Strecke stehen Menschen und feuern an – auch meine Eltern stehen am Kleingarten und machen kräftig Lärm. Die Stimmung erreicht ihren ersten Höhepunkt am Wasserturm in Seckenheim und in der anschließenden Badener Straße – Musik und jede Menge Unterstützung. Am Ende der Badener Straße geht es an der Feuerwehr vorbei, auch diese eine echte Stimmungshochburg.
Nun schwenken wir auf eine mir wohlbekannte Strecke ein – sei es vom Training oder auch weil ich sie derzeit zweimal täglich mit dem Rad befahre. Es geht am Neckar entlang, zur Abwechslung ist es angenehm ruhig. An der Autobahnbrücke haben sich die Kollegen von PULT aufgestellt und feuern kräftig an. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, alles im Lot. Nur die Pulsmessung hat sich verabschiedet, aber egal – das geht auch ohne. Am ehemaligen Campingplatz gibt es nochmals Getränke und Verpflegung – ich schaufle reichlich Bananen und Getränke in mich hinein. Im Anschluss kommt eine der wenigen kräftigen Steigungen, für die Halbmarathonis ist es sogar die einzige – die heftigen Brocken bekommen nur die Marathonis ab.
Der Fernmeldeturm kommt in Sichtweite – dort hat die DJK wie üblich die Wasserstation unter Kontrolle. Kurzes Hallo und schon geht es weiter, etwas mehr Getränke hätte ich mitnehmen sollen, aber bis zur nächsten Station ist es ja gar nicht so weit. Noch stimmen die Zeiten. Es wird wieder mehr Publikum an der Strecke, es geht auf den Start-Ziel-Bereich zu. Vorbei am Nationalteather auf den Rosengarten zu. Vor dem Congress-Hotel steht das Spendentor des Rotary-Club – für jeden Läufer der es passiert fließen 3 EUR in ein Projekt zur Polio-Bekämpfung – Ehrensache, dass man da durchläuft – liegt ja ohnehin fast auf der Ideal-Linie.
Am Eingang in die Fressgasse holt mich Frank mal wieder ein – er hat es immer mal wieder geschafft aufzuholen. Allerdings merke ich, dass er heute deutlich schneller ist als ich. Ich halte noch ein wenig mit. Die Halbmarathon-Strecke zweigt ab, und schlagartig wird es deutlich ruhiger im Feld. Am Rathaus greifen wir beide nochmal zu bei Getränken und Banane. Es folgt eine lustige Runde „obendrüber/untendurch“ am Brückenkopf der Kurt-Schuhmacherbrücke nach Ludwigshafen – früher ging die Strecke über selbige, seit einigen Jahren ist dieser Abschnitt geändert und es geht ohne Straßensperrung auf der Konrad-Adenauer-Brücke nach Ludwigshafen. Bis dahin sind es noch einige Kilometer. Die Halbmarathon-Marke passieren wir mit 1:43h also alles wunderbar. Es folgen noch ein paar Schleifen, dann geht es durch den Schlosspark auf die Brücke nach Ludwigshafen. Auf der anderen Seite merke ich, dass Frank mir langsam davon zieht und ich nicht mithalten kann. Ich lasse ihn daher ziehen, lieber etwas langsamer und dafür ankommen. Zeitlich sieht zu diesem Zeitpunkt alles noch brauchbar aus, auch wenn mir das Zurückfallen doch zu denken gibt.
Es folgt die nächste Versorgung, aber selbst frisch versorgt quäle ich mich doch recht arg im Vergleich zu den anderen Jahren. In der Lagerhausstraße bei ca. Kilometer 25 muss ich mich dann durch die 3:30h-Pacemaker einholen lassen. Das frustriert natürlich. Zudem überholen mich zusehends Läufer. Kein gutes Zeichen. Ich halte weiter durch, immerhin bis ans Stadion und damit zur nächsten Versorgung mit Essen ist es ja nicht mehr so weit.
Es folgt die unangenehme Fußgängerbrücke nach Mundenheim – schmal und zu Beginn gibt es auch noch ein paar wenige Treppenstufen. Zudem zehrt die Steigung an den Kräften. Immerhin ist in Mundenheim noch halbwegs etwas los, es stehen immer mal wieder kleinere Gruppen an der Straße. Aber bei mir ist nicht mehr viel Power da – ich schleppe mich eher als das es läuft. Auch das 28km Schild und somit die zwei-Drittel-Marke ändert daran leider nichts. Auf dem Weg nach Reingönheim greife ich noch etwas zu Essen und wieder Getränke ab. In Reingönnheim selbst ist die Stimmung wieder am Kochen. Das motiviert mich zwar, aber der Laufunterbau will einfach nicht so recht mitmachen – klassisch verzockt eben, was man einmal an Energie rausgehauen hat, bekommt man während des Laufs nur schwerlich wieder rein.
Kurz vor dem Wendepunkt kommt mir Frank entgegen – ich wünsche im viel Erfolg, er läuft noch immer vor den 3:30h Pacemakern her. Am Wendepunkt gibt es erstmal endlich Cola, normalerweise hebe ich mir diesen Zuckerschock für das Ende des Laufs auf. Diesmal hoffe ich, dass er mich zumindest noch ein Stück weiter bringt. Immerhin, es sind ja nur noch 12km – also für mich eigentlich eine kurze Trainings-Distanz. Es geht zurück in Richtung Mundenheim, bis kurz hinter dem Stadion reicht die Pendelstrecke. Noch immer kann ich Joggen, aber es ist verdammt mühsam geworden. Im Kopf laufen erste Gedanken zur Trainingsplanüberprüfung an …
Kurz nach Kilometer 35 ist dann endgültig Schluss mit lustig: Ein Krampf in der Wade zwingt mich schmerzhaft zum Anhalten. Aufgeben kommt aber erst mal nicht in Frage, also gehe ich zügig weiter – immerhin habe ich auf diese Art ja auch schon Ultras bestritten und erfolgreich zum Ende gebracht. Ich informiere Marion, dass es mit neuer Bestzeit nix wird, auch damit sie sich nicht übermäßig abhetzen muss. Nach einem Kilometer versuche ich wieder anzulaufen – das geht, aber die Muskeln sagen ganz klar: Aufpassen, sonst kommt gleich der nächste Krampf. Also kleine Schritte machen. Im Kopf läuft die Analyse auf Hochtouren, was denn wohl im Training anders werden muss, bzw. was sich alles verändert hat.
Am Damm muss ich wieder gehen, die Steigung hochjoggen ist mir zu gewagt. Von den Sanis erhalte ich kurzfristig noch einen weiteren Schluck Wasser. Die Brücke gehe ich denn auch hoch, direkt an deren Fuß steht die letzte Versorgung (in meinen Augen viel zu früh, immerhin ist es erst Kilometer 37). Da immer wieder Krämpfe auftreten mache ich es wie die Laufanfänger: ein Stück joggen, dann wieder gehen, wieder anlaufen usw. Während der Gehpausen wird mir dann langsam klar: Es hat sich sehr viel verändert seit der letzten Teilnahme: Ich habe mit Erfolg die Laufgruppe der DJK angeleitet, allerdings kommt damit mein eigenes Training sowohl was Umfang als auch Geschwindigkeit betrifft zu kurz. Es war ein Training auf einen Halbmarathon hin – damit dann versuchen einen Marathon auf Bestzeit zu laufen war wohl etwas vermessen. Zwar kompensiere ich einen Teil der Kondition durch die tägliche Radfahrt zur Arbeit und zurück, aber es ist eben doch kein Lauftraining.
Endlich kommt die Brücke nach Mannheim, ich gehe ganz bewusst die Steigung nach oben, auch wenn andere Läufer mich versuchen zu motivieren doch wieder zu joggen. Auf der Mannheimer Seite steht dann auch ein wichtiges Schild – 39km – noch drei zu bewältigen. Das geht jetzt auf alle Fälle und ich rechne mir aus, dass es wohl gerade so unter der 4h Marke bleiben wird – die 3:45 Pacer überholen mich kurze Zeit später. Das frustriert zwar, aber an „dranhängen“ ist einfach nicht zu denken. Im Schloss geht es diesmal über den roten Teppich, fürs Foto laufe ich nochmal etwas an. Im Schlosshof stehen Peter und Gudrun und motivieren mich, aber ich bin einfach nur noch im Eimer und völlig angenervt.
Eine letzte Steigung steht noch auf dem Plan – vorbei an der Uni-Mensa und unter dem Bismark-Ring hindurch, früher einmal meine regelmäßige Trainingsstrecke. Auf der folgenden Geraden, vorbei an Jesuiten-Kirchen, Audimax der Uni und der Geburtsklinik – Marion steht davor und der Sohnemann feuert kräftig an. Aber Papa kann heute einfach nicht mehr – noch etwas mehr als ein Kilometer. Jetzt geht es mir wirklich nur noch ums Ankommen – egal wie!
Die Kunststraße ist gesäumt von Passanten, jeder feuert kräftig an, aber jeder Versuch wieder anzulaufen endet in einem Krampf, also gehe ich zügig weiter und selbst das macht Schwierigkeiten. Für die nächsten Teilnahmen muss ich mir definitiv Salz in irgendeiner Form mitnehmen um die Krämpfe irgendwie in den Griff zu bekommen. Endlich am Wasserturm – noch eine Ehrenrunde um das Wahrzeichen – aber selbst jetzt klappt es nicht mit einem Zielsprint. Dafür finde ich auf Höhe der Kunsthalle noch ein 1-EUR-Stück auf dem Boden – immerhin vielleicht ein Glücksbringer. Auf der Zielgeraden muss ich auch gehen – kein gutes Gefühl – die Uhr zeigt brutto 4h und eine Minute … Ich lasse mir die Medaille umhängen und mache mich auf die Suche nach ISO-Getränken und Salz. Iso und Cola finde ich, Salz oder Brühe nicht auf Anhieb – immerhin: Das angebotene Laugengebäck hat Salz, ein Helfer hebt kurzerhand der Brötchenkorb hoch und ich kann mir das abgefallene Salz zusammenkratzen – damit werden zumindest die Krämpfe etwas besser.
Nach der Massage treffe ich mich mit den anderen Teilnehmern der DJK-Gruppe – alle sind erfolgreich ins Ziel gekommen jeweils mit der Wunschzeit oder sogar deutlich darunter – Herzlichen Glückwunsch von meiner Seite. Eine andere Art des Erfolgs für den Marathon, wenn es schon mit den eigenen Zielen erstmal nicht so hingehauen hat. Immerhin am Ende sind es doch nur 3:52h netto, das tröstet mich ein wenig, ebenso wie der 19. Platz in der Altersklasse und somit immer noch im vorderen Drittel.
Fazit für mich: Der Trainingsplan meinerseits muss auf den Prüfstand, ebenso wie die eigenen Ziele. Immerhin habe ich als Familienvater natürlich andere Prioritäten als eine neue Bestzeit oder ein regelmäßiges Training. Der Muskelkater hat diesmal bis zum nächsten Training noch vorgehalten – etwas was ich sonst nur bei den Ultra-Läufen noch kannte. Aber der nächste Lauf kommt bestimmt.
Hi Kai,
schöner Blog vom Mannheim Marathon 2017. Ich bin ihn gerade gedanklich noch einmal gelaufen 🙂