Eine letzten Wettkampf galt es noch vor Jahresfrist unterzubringen um meine Challenge 12 Monate, 12x Marathon oder mehr zu vervollständigen. Da die Läufe im Dezember etwas spärlich gesät sind, habe ich mich frühzeitig um den Grüntal-Ultra bemüht. Dieser findet am 28.12. statt. Leider kollidiert das mit einem Geburtstag in der Familie (aber manchmal muss man Entscheidungen treffen). So bin ich mit der ganzen Familie nach Weihnachten nach Freudenstadt gefahren. Für die Familie gibt es einen Tag im dortigen Panoramabad und ich stoße hinterher zum Duschen und Erholen dazu. Der Grüntal-Ultra ist ein sehr kleiner Lauf, gestartet wird daher direkt beim Organisator, Thomas. Start und Ziel befinden sich bei ihm im Hof, dort muss man auch nach jeder Runde vorbei zur manuellen Zeitnahme. Die Abholung der Unterlagen ist dann auch etwas ungewohnt, fast schon direkt im Wohnzimmer bzw. im Partykeller. Dort gibt es auch noch ein Abendessen für die ganze Familie: Noch so ein Vorteil von sehr kleinen und privat organisierten Läufen: Die Flexibilität ist deutlich größer. Es hätte sogar die Möglichkeit zur Übernachtung gegeben, aber wir sind dann doch in einer Ferienwohnung untergekommen. Leider kam das Angebot vom Otzberg für den 21.12. dann etwas zu kurzfristig, das wäre ohne Kollision möglich gewesen – so war aber eben schon alles gebucht und vorbereitet.
Der Start ist morgens um 8h und es gibt vorher noch die Möglichkeit zum Frühstücken. Daher bin ich recht früh schon unterwegs – es ist bitterkalt und der Morgen beginnt somit mit einer Gymnastik-Übung am Familien-Van: einmal die Scheiben enteisen. Das Thermometer zeigt -5°C an als ich losfahre und je näher ich dem Start komme um so kälter wird es, beim Aussteigen sind es -7°C. Entsprechend dick bin ich eingepackt – wobei meine Multifunktions-Fleece-Jacke selbst bei diesen Temperaturen so angenehm warm ist, dass ich darunter ein T-Shirt tragen kann. Auf dem Weg läuft im Radio Ofenbach mit Overdrive, ein Lied das mich bereits zu meinem Lauf in Angkor War begleitet hat – der Tag kann als eigentlich nur gut werden.
Um kurz vor acht versammeln sich dann alle der rund 40 Starter im Hof, es ist nochmal richtig voll. Man sieht dabei auch wieder jede Menge bekannter Gesichter, die man auch schon am Otzberg gesehen hat oder bei anderen Veranstaltungen im Laufe des Jahres. Die Einweisung ist kurz und simpel: Die Strecke ist mit orangenen Pfeilen durchgängig markiert, man soll bitte ob der Eisschicht ein wenig aufpassen, teilweise ist diese im Wald so festgefahren dass sie auch glatt bleibt. Nach dem Start geht es aber erst einmal über Asphalt und alles ist super geräumt – da macht es auch nichts, dass ich aktuell keine Trailschuhe habe – die Straßenschuhe haben ausreichend Profil und Grip. Eine ganze Gruppe setzt sich bereits sehr früh ab – ich lasse sie ziehen – ganz so schnell will ich heute nicht. Mein Training und meine Vorbereitung auf den Lauf waren ob der ganzen Weihnachtsfeiern alles andere als gründlich, daher für heute nur das Ziel: Ankommen und das in halbwegs brauchbarer Zeit, ganz nach dem was die Strecke eben hergibt. Es handelt sich um einen Rundenlauf, daher muss man eigentlich nur beim ersten Durchlauf aufpassen wo die Abzweigungen sind, danach ist es ja eine Wiederholung.
Es geht nach Aach und somit am Anfang erstmal gemütlich bis mehr oder weniger steil abwärts. Der tiefste Punkt der Strecke liegt in Aach am Bach. Danach gibt es erst einmal nur eine Richtung und die ist bergan. Ich pendle mich bei etwas mehr als 6 min/km ein, das scheint mir soweit vernünftig und noch jogge ich auch die etwas stärkeren Anstiege nach oben. Wie so manche Laufstrecke geht es auch hier am Friedhof vorbei – immerhin braucht man sich diesmal keine Gedanken zu machen ob man dort ggf. nochmals Wasser nachfassen muss. Es geht denn auch bald vom Feld wieder in den nächsten Ortsteil „Wittlensweiler“. Dort steht passend zum Wetter ein Anhänger der Werbung für einen Eisverkauf macht – natürlich sauber abgestellt für den Winter aber es wäre doch ein netter Gag gewesen bei diesen Temperaturen dann noch ein Eis zu Essen. Nach einem kleinen Anstieg geht es parallel zum Ettenbach auf einem Fußweg durch den Ort und unter dem dortigen Eisenbahn-Viadukt hindurch. Kurz davor laufe ich auf Falco auf, wie er mir mitteilt läuft er heute seinen ersten Ultra. Da wir ungefähr gleich schnell unterwegs sind laufen wir erst einmal gemeinsam weiter – ich kann gerade einen „Bremser“ gebrauchen – wie üblich bin ich etwas zu flott gestartet.
An der nächsten Steigung, fast direkt nach dem Viadukt schlägt denn auch die erste Stunde des alten Ultra-Hasen: es geht verdammt steil bergan, zu steil als dass ich es joggen möchte, rein schon wegen der dazu notwendigen Energie. Also schalte ich ganz routiniert einen Gang zurück und marschiere den Anstieg nach oben. Falco ist zwar im ersten Moment etwas überrascht, marschiert dann aber ebenfalls zügig die Steigung nach oben. Ab dem Sportplatz wird es wieder flacher und wir laufen wieder an. Da das Licht gerade wunderschön auf den Winterwald schneit machen wir noch ein paar Bilder – auf die wenigen Minuten extra kommt es heute und beim Ultra ja nicht wirklich an. War der erste Streckenanteil größtenteils durch Siedlungen und Felder geprägt so führt der folgende Abschnitt nun ausschließlich durch den winterlichen Wald. Dabei geht es ganz sachte aber ohne Unterlass bergan – ich kann hier auf mein Sommertraining im Exotenwald bei Weinheim bauen – auch die dortige Strecke zieht sich über viele Kilometer mit einer ganz leichten Steigung (und einem dicken Ende) nach oben. Die Strecke ist weiterhin vorbildlich markiert und so kann man an den wenigen fraglichen Abzweigungen gar nicht falsch laufen.
Was man hochgelaufen ist, geht es nunmehr wieder nach unten – größtenteils auch recht moderat, heftiger Abstiege sind nicht dabei. Aus dem Wald hinaus geht es ins Feld und dann auch schon wieder in den Ort Grüntal hinein. Uns laufen einige Unterstützer die Strecke entgegen, anfeuern und Fotos inklusive. Kurz vor dem Ort gibt es nochmal eine kleinen aber markanten Anstieg bevor es dann mit Schwung in den Ort hinein geht. Somit ist die erste Runde auch schon überstanden – kurz etwas warmen Tee trinken und sich verpflegen – es gibt netterweise meine Lieblings-Gummibärchen (Fledermaus-Lakritz mit Fruchtflügeln) – diese haben mich schon auf der Ulmer Laufnacht mehrfach begleitet. Nur nicht zu lange verweilen und die nächste Runde angehen. Ich laufe weiterhin mit Falco, er organisiert sich noch ein Westchen gegen den doch recht frischen Wind.
Ich selbst kann die Strecke immer noch gut laufen, zumal es ja erst mal wieder eher abwärts geht. Die Sonne ist nunmehr deutlich höher gestiegen und wo sie hinscheint ist es auch angenehm warm. Im Schatten bleibt dagegen weiterhin sehr frisch bis frostig. Ich merke den Anstieg zum Friedhof bei Aach schon etwas mehr, aber ich beiße mich dann doch einfach durch, auch der leichte Anstieg in Wittlensweiler ist noch laufbar. Ich kämpfe zwischenzeitlich ein wenig mit meiner Ausrüstung: Angesichts der Kälte friert mir der Schlauch meiner Trinkblase immer wieder ein und ich muss ihn erst anwärmen bevor ich etwas trinken kann. Vielleicht sollte ich mir doch einmal über einen anderen Rucksack an dieser Stelle Gedanken machen. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich bei sehr tiefen Temperaturen mit der Trinkblase unterwegs bin doch eher gering, von daher wir es wohl erst einmal so bleiben wie es ist.
Den steilen Anstieg zum Sportplatz marschieren wir wieder energiesparend nach oben, ab dem Waldrand wird dann wieder gelaufen. Es knirscht herrlich unter den Schuhen und das Licht spielt wunderbar in den winterlichen Bäumen. Allerdings ist es an vielen Stellen jetzt auch richtig glatt – teilweise macht man zwei Schritte kommt aber nur anderthalbe voran, das kostet natürlich zusätzlich Kraft, ist aber verschmerzbar. Gefühlt ist der Anstieg im Wald länger geworden. Wir laufen mit einer anderen Zweiergruppe um die Wette – mal überholen wir, mal werden wir überholt. Ehe wir es uns versehen geht es schon wieder nach Grüntal hinein – 25km sind geschafft. Wieder gibt es warmen Tee und diverse Energiespender bevor wir auf die dritte Runde gehen. Wie ich aus der Erfahrung weiß, sind diese Kilometer mit die schwierigsten, aber es ist noch alles gut im Fluss. Dennoch sind wir etwas langsamer geworden, die Pace hat sich bei 6:15 min/km im Flachen eingependelt. Bergab ein wenig flotter und bergan etwas langsamer. Im Start/Zielbereich wechsle ich noch die dicken Handschuhe gegen ein paar dünnere und auch die dicke Mütze wird durch einen leichteren Buff ersetzt.
Auch auf Rund drei kämpfe ich mich den Anstieg bei Aach nach oben, im steilsten Abschnitt marschieren wir aber diesmal. Genauso verfahren wir wieder am steilen Anstieg zum Sportplatz. Zwischenzeitlich meldet sich meine Muskulatur mit Elektrolybedarf – ich greife kurzerhand in den Rucksack und werfe einige Salztabletten ein. Damit sollte von dieser Seite her nichts anbrennen. Der gemächliche Anstieg im Wald hat es diesmal schon ganz schön in sich – ich kann das immer noch konstant laufen, aber Falco ist ganz schön am kämpfen. Er ist vor allem dankbar, dass er nicht anfänglich schon übermäßig Körner rausgehauen hat – die braucht man nämlich jetzt. Aber auch diese Runde geht vorüber, zwar etwas langsamer als die vorherige aber wir sind immer noch absolut im Rahmen. Wir sammeln nun auch immer mehr langsamere Läufer des Feldes ein.
Nun geht es auch schon auf die letzte der vier Runden – 37,5km liegen hinter uns als wir die Versorgung verlassen. Jetzt kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen – nur nicht zu schnell werden. Den Anstieg zum Friedhof gehen wird diesmal zügig nach oben, von unseren Verfolgern ist aktuell nicht mehr zu sehen. Ich werfe auch nochmal einen Schwung Salz ein, obwohl ich an der Versorgung reichlich gesalzenen Tee getrunken hatte, meldet sich die Muskulatur mit weiterem Bedarf – kein Problem, ich habe ja genügend Vorrat dabei. Kurz vor dem Friedhof gibt es dann noch einen wichtigen Kilometer-Punkt: 40km liegen hinter uns, ab jetzt sind die Restkilometer einstellig – das motiviert. Ebenso motivierend ist es, dass wir mit dem Viadukt auch die Marathon-Marke überschritten haben. Wir witzeln ein wenig „wir laufen dahin wo kein normaler Menschen laufen würde …“ Ein letztes Mal erklimmen wir den Anstieg zum Sportplatz.
Durch den Wald ist es nun echt anstrengend und die Steigung will scheints gar kein Ende nehmen – gut, dass es einige markante Abzweigungen gibt an denen man sich orientieren kann – es sind noch rund 7km bis ins Ziel. Im Kopf überschlage ich, dass wir nun also noch etwas mehr als drei Kilometer bergan laufen werden bevor es erst etwas flacher wird und etwas später dann auch bergab geht. Nun geht der Blick etwas häufiger auf die GPS-Uhr: es geht bergab und es sind nur noch drei Kilometer – allerdings sind wir immer noch im Wald unterwegs. Stellenweise gefriert wieder fest was mit den Sonnenstrahlen angetaut wurde – entsprechend rutschig sind jetzt viele Stellen. Jetzt ein Sturz wäre sehr unangenehm und vor allem ärgerlich. Kurz vor dem Waldrand sind es dann nur noch zwei Kilometer – entsprechend der Nähe zum Ziel hat sich unsere Pace nochmal deutlich gesteigert – wir sind deutlich unter 6 min/km unterwegs, zwischenzeitlich lese ich 5:40 min/km ab. Durch die Felder auf den geräumten Wegen läuft es sich aber natürlich auch nochmal deutlich leichter. Falco macht nochmal richtig Druck vom Tempo her, da muss ich mich schon ranhalten.
Die nächste Ansage: noch 1km. Der kleine giftige Anstieg vor Grüntal wird jetzt mit Kraft hochgejoggt, es ist ja nicht mehr weit. Mit Beginn der Bebauung sind es noch 700m. Rund 300m vor dem Ziel lässt Falco mir dann eindeutig den Vortritt, auch wenn ich das eigentlich nicht für nötig halte. Am Ende gehen wir ohnehin fast im Gleichschritt über die Ziellinie in Thomas Hof hinein. Wir haben sogar noch eine unerwartete Punktlandung erreicht: exakt 5:30h brutto waren wir unterwegs – Wahnsinn, dass wir das noch geschafft haben – zwischenzeitlich sah es schon eher nach 5:40h aus. Im Ziel natürlich großes Beglückwünschen und Bedanken bevor wir uns über die diversen Leckereiein hermachen: Schokolade, Kekse und vor allem warme Maultaschen in Brühe – absolut top was das alles aufgefahren wurde. Zudem machen wir noch einige Bilder und es gibt natürlich auch noch Urkunden. Wir haben beide zeitgleich den 15. Platz erreicht – zu diesem Zeitpunkt waren schon drei Läufer ausgestiegen, aber wir sind dennoch im vorderen Drittel gelandet. Das hätte ich so nicht geplant und erwartet, ist aber natürlich ein toller Abschluss für dieses Jahr.
Insgesamt ein sehr schöner und gut organsierter Lauf den man als Winterevent definitiv weiter empfehlen kann. Da er immer am 28.12. stattfindet wird er leider bei mir ein singuläres Ereignis bleiben, denn die Geburtagskollision kann ich nicht so ohne weiteres mehrfach in Kauf nehmen. Die Winterlandschaft ist wunderschön anzuschauen, insbesondere wenn sie im goldenen Morgenlicht erstrahlt.
Für mich geht es dann auch bald schon weiter in Richtung Panoramabad – dort wartet die Familie und vor allem eine warme Dusche auf mich. Anfänglich bin ich noch so durchgefroren, dass an das Schwimmerbecken gar nicht zu denken ist, aber mit der Zeit taue ich dann doch auf. Die Muskeln geben natürlich ihren Unmut bekannt – zur Versöhnung schwimme ich dann noch einige hundert Meter zum Lockern.