Nachdem es ja mit der lange geplanten Teilnahme in Pauillac beim Médoc-Marathon dieses Jahr nicht geklappt hat, wollte ich meine Serie „jeden Kalendermonat einen Marathon oder Ultra“ nicht abreißen lassen und habe mir daher kurzfristig einen Ersatz gesucht. Rausgekommen ist dabei der Baden-Marathon in Karlsruhe, auch wenn es in Heidelberg und Berlin ggf. Alternativen gegeben hätte. Meine letzte Teilnahme in Karlsruhe liegt schon etwas zurück, von daher war es auch unter diesem Gesichtspunkt einmal an der Zeit die Strecke dort wieder einmal zu besuchen. Die Preise waren natürlich als Spätanmeldung etwas „happig“ wenn auch kein Vergleich zu den Preisen die im Médoc aufgerufen werden.
Die Abholung der Startnummer habe ich schon am Vortag erledigen können, da wir aufgrund eines anderen Sport-Events ohnehin in Karlsruhe waren. Ich hatte es leider versäumt mich über die Angebote für Kinder detaillierter zu informieren, ggf. wäre da auch eine Teilnahme für den Nachwuchs am Samstag drin gewesen. Die Abholung ist super organisiert, im Vergleich zu meiner letzten Teilnahme ist die Örtlichkeit eine andere, anstelle im Vorraum des Europabades geht es diesmal in die Lina-Radke-Halle, was aber nur wenige hundert Meter Unterschied macht. Erfreulich: Man bekommt nicht mehr zwingend einen Goodie-Beutel mit Inhalt: der meiste Werbeinhalt ist bei mir ohnehin direkt ins Recycling gewandert und Beutel habe ich mehr als genügend gesammelt. So bleibt es bei einem minimalen Päckchen Elektrolyte und der Startnummer. Wer mehr möchte kann sich aber gerne einen Beutel plus weiteres Material mitnehmen. Im Sinne der Nachhaltigkeit muss ich sagen: eine gute Lösung.
War es am Samstag nochmal schönstes Spätsommerwetter so ist für den Tag des Marathons der Herbstbeginn vorhergesagt. Vorsorglich hatte ich schon einmal auf Herbst-Bekleidung umgestellt, aber am Morgen muss ich feststellen: das wäre aktuell noch deutlich zu warm, knapp 20°C hat es einige Stunden vor dem Start, Regen ist aber angekündigt. Dennoch für mich eine klare Entscheidung: kurze Sachen für den Lauf, Wechsel-Shirt und Regenjacke dann in die Gepäckaufbewahrung. Die werde ich diesmal nutzen, denn meine Familie wird mich nur absetzen um dann nach Frankreich weiter zu fahren. Plan ist es, dass ich schnell genug laufe und dann mit etwas „Verzögerung“ zum Familientreffen nachkomme. Das Absetzen klappt dann auch auch ohne Probleme, etwas abseits steige ich aufs Rad für die letzte Meile bis zum Start.
Am Start ist gute Stimmung, ich unterhalte mich mit einigen Teilnehmern, erstaunlich viele Erstteilnahmen diesmal, sowohl für den Marathon als auch für den Halben. Das kann aber auch daran liegen, dass ich aufgrund meines Trainings heute nicht auf Zeit sondern auf Ankommen laufen werde – der Urlaub hat hinsichtlich der Kondition doch Spuren hinterlassen, zum Ankommen sollte es aber dennoch reichen. Ich peile etwas unter 4h Gesamtzeit an, wenn ich schneller bin um so besser. Nach dem Start dauert es etwas, bis sich das Feld sortiert hat – das bin ich fast nicht mehr gewohnt – viele meiner Läufe in der letzten Zeit waren eher kleine Veranstaltungen, da war das Feld von vorneherein schon fast durchsortiert wenn es losging.
Im Vergleich zu meiner letzten Teilnahme ist die Laufstrecke etwas verändert, viele der Baustellen von damals haben mittlerweile ihren Abschluss gefunden, dafür gibt es einige neue. Es dauert doch noch eine ganze Weile bis sich das Feld einigermaßen auseinander gezogen hat – gut, dass die Straßen alle recht breit sind. Die Mehrzahl der Teilnehmer nimmt die 21,1km in Angriff, dementsprechend sind die meist auch flotter unterwegs. Auf der Kriegsstraße sind wir dann auch wieder auf einem Teil der Strecke den ich vom letzten Mal kenne. Diese zieht sich etwas, ist aber gut zu laufen.
Auf der ersten Runde geht es durch den Ortsteil Durlach, ich hatte mich vorab noch mit einer Trainer-Kollegin abgestimmt, sie selbst läuft nicht mit aber irgendwo in Durlach wird sie schon stehen. Somit habe ich eine Beschäftigung während ich die Kilometer abspule – leider sehen wir uns nicht, aber sei es drum, es ist nicht nur auf der Strecke viel los, auch drum herum sind viele Leute auf den Beinen zum Anfeuern und Feiern. Insgesamt merke ich, dass es etwas „zäher“ läuft als sonst. Angesichts des Trainingsstands wundert mich das aber nicht – meinen Pace habe ich zwischenzeitlich auch gefunden: um die 5:20 min/km pendle ich mich ein. Mit dem Rückweg in Richtung Innenstadt liegt dann auch schon ein Viertel der Strecke hinter mir.
Parallel zur Kriegsstraße geht es nun zurück in Richtung Start, garniert mit einer hübschen Schleife über den Schlossvorplatz. Diesen Anteil der Strecke bekommen die Marathonis zweimal zum Ablaufen. Ich mache mir innerlich einen Merker, dass diese Strecke ab ungefähr Kilometer 35 beginnt – bis dahin will ich auf alle Fälle durchhalten. Entlang der Grünschneise (Citypark) ist richtig gute Stimmung, dort ist auch der Team-Wechsel angesetzt. Insgesamt ist immer noch viel los, auch gibt es immer wieder musikalische Begleitung in unterschiedlicher Ausführung – vom DJ, über private Boxen bis hin zu verschiedenen Bands und Vorführungen von Gruppen ist allerhand auch fürs Auge geboten.
Ab Schloss sind es nochmal rund 4km bis zum Start-Ziel-Bereich bzw. der Streckenweiche. Ich kann immer noch gut Laufen, anderen Läufern geht es offensichtlich nicht mehr ganz so gut, für einen Läufer organisieren wir durch Zuruf einen Sanitäter, denn wenn der weiter läuft bzw. hinkt dann liegt er demnächst auf der Strecke. Interessanter Weise sind die Sanis bereits mit weiteren Läufern beschäftigt wie ich einige Meter später sehe. Es geht ein wenig in den Untergrund: In der Unterführung am Albstadt-Bahnhof spielt eine Band lautstark und peitscht einen förmlich den Anstieg aus der Unterführung wieder nach oben. Es geht dann weiter durch die Bebauung und auch nochmal ein ganz klein wenig nach oben, das fühlt sich heftiger an als es tatsächlich ist. Am Ende der Steigung gibt es aber auch nochmal eine Versorgung, die ist mir natürlich herzlich willkommen – Wasser und Iso greife ich diesmal ab.
Es geht nun nochmal in eine Senke an die Alb und unter ein paar Brücken durch, dann kommt auch schon die Streckenweiche in Sicht. Ab diesem Punkt wird es schlagartig ruhiger auf und an der Strecke: Weniger Läufer und vor allem weniger Publikum. Ich finde das nicht weiter schlimm, so kann man sich auf die kommenden Kilometer etwas besser einstellen auch was die Pace betrifft. Die Halbmarathon-Marke findet sich direkt auf Höhe des sogenannten „Mount-Klotz,“ einen Hügel den wir dankenswerter Weise nicht hoch müssen. Bekannt ist er vom Festival „das Fest“ dort ermöglicht er mehr Personen einen besseren Blick auf die Bühne. Auch den weiteren Verlauf der Strecke kenne ich nunmehr, nur dass eben kein Festival mehr mit Buden und viel Betrieb ist, sondern nur einige wenige Spaziergänger und eben Läufer unterwegs sind.
Kurz vorm „kühlen Krug“ geht es über die Alb und dann erstmal in entgegen gesetzter Richtung ein Stück zurück. Etwas nervig sind an dieser Stelle ein paar Schleifen um die Brücke herum – hier musste man scheints zwingend noch einige Meter in die Strecke hineinzwängen, aber das lässt sich eben nicht immer vermeiden. Auf dem Anstieg zur Querung der Südtangente treffe ich auf einen Läufer mit einem Trikot „Hout Bay“ – was mich spontan an meine letzte Teilnahme in Karlsruhe erinnert, damals als Qualifier für den Two Oceans Marathon in Kapstadt. Wir unterhalten uns bis zur nächsten Versorgung etwas, mit dabei ist auch noch ein Teilnehmer der seinen ersten Marathon heute bestreitet. An der Versorgung verliert sich das locker Grüppchen leider ein wenig, ich falle doch wieder in meinen „Wohlfühl-Pace“ und mache auch an der Station nicht wirklich Halt.
Einige Läufer bezeichnen den folgenden Abschnitt als „lang“ und nicht gerade ihren Favoriten. Ich kann dem nur teilweise zustimmen, der Weg aus dem Ortsteil Bulach hinaus ist nicht unbedingt eine Augenweide, aber der darauffolgende Wald-Abschnitt macht mir dann doch wieder Freude. Es hat wenig Publikum, dafür aber einen Alphornbläser – ich überlege ob ich irgendwo falsch abgebogen bin und erwarte hinter der nächsten Biegung beinahe das Basler Ortsschild. Es ist aber alles in Ordnung und die Strecke wird in Weiherfeld auch wieder deutlich belebter. Entlang der Kleingärten geht es dann auch gleich weiter nach Rüppur – in den Kleingärten gibt es ein mir bekanntes Restaurant – gut, dass wir da nicht vorbeilaufen, ich glaube ich würde mich dort sonst in den Biergarten setzen, stattdessen gibt es nochmal eine Versorgung – mittlerweile gibt es auch feste Nahrung in Form von Bananen.
In Rüppur gilt es eine Brücke zu bewältigen, am Ende dieser sind dann auch die 30km erreicht und es bleiben somit nur noch etwas mehr als 12km zu laufen. Dabei werfe ich auch einmal einen Blick auf meine Uhr: ungefähr 300m Mess-Versatz habe ich aktuell, das ist für mich wichtig um zwischendrin abschätzen zu können wie weit es noch sein wird, wenn gerade kein Kilometerschild in Sichtweite ist. Es geht nochmal in ein Waldgebiet. Ich habe vom letzten Mal eine andere Streckenführung im Kopf, aber der Weg über die Wasserwerkbrücke ist auch nicht schlecht. Ich sehne langsam das Einfädeln auf die bekannte Strecke herbei, aber es sind noch rund 2km bis es auf Höhe der Feuerwache dann endlich soweit ist. Das Feld ist mittlerweile recht gut auseinander gezogen, ich kann immer noch einige Läufer einholen, werde aber auch immer einmal wieder überholt. Ich merke mein Fitness-Defizit mittlerweile doch etwas – die Schritte fallen mir zusehends schwerer. Aber Aufgeben ist nun keine Option mehr.
Der Blick auf die Uhr sagt mir, dass es mit den 4h wahrscheinlich hinhauen wird, aber 3:45 sind wohl nicht mehr zu schaffen. In Citypark ist mittlerweile auch weniger los, die Team-Wechselstation ist schon abgebaut, aber einige Gruppen und Besucher sind standhaft und feuern weiter an. Das tut richtig gut. Es geht wieder einmal auf die Krieggstraße – den Abschnitt passiere ich zum dritten Male heute – einmal raus und zweimal rein. Es läuft sich zwar immer noch sehr anstrengend, aber immerhin gibt es genügend Abwechslung fürs Auge, somit vergehen die Kilometer gefühlt ein wenig schneller, auch wenn man stellenweise etwas aufpassen muss, es ist nicht alles ebener Untergrund.
Am Friedrichsplatz ist gute Stimmung, dort gibt es Versorgung und einen ganz speziellen Service in Karlsruhe: „Marathon-Engel“ – das sind Begleiter für etwas mehr als die letzten 3km. Diese kann man entweder buchen oder selbst benennen. Ich überlege kurz ob ich mich dort einmal anmelden soll, wenn jemand aus meinem Verein dort läuft, natürlich dann aber im Kostüm als „Trainer-Teufelchen“. Insgesamt bin ich nun gut fokusiert und auch wieder motiviert, 3km – das muss jetzt einfach noch gehen ohne ins Gehen überzugehen. Der nächste wichtige Motivationspunkt ist der Albtalbahnhof, dort geht es wieder durch die Unterführung, die Band ist immer noch voll dabei und schiebt mich somit auch die Steigung wieder nach oben.
Das Wetter zieht sich immer weiter zu, an einigen Ecken ist es nun deutlich windig und es wird mir somit auch etwas frisch – um so mehr als ich mir bei der letzten Versorgung vor dem Ziel das Wasser und Iso eher überkippe als es trinke. Ich hoffe nur, dass es zumindest bis ins Ziel noch trocken bleibt, auf einen Wolkenbruch habe ich gerade echt keine Lust. Nach der Kuppe und etwas Bebauung geht es wieder an den Park an der Alb. Natürlich auch nochmal unter den dortigen Brücken durch – ich bin danach der Meinung alle Höhenmeter bewältigt zu haben. Es ist noch ca. 1km bis ins Ziel. Leider war ich mit meiner Einschätzung nicht ganz richtig. Nach dem Abzweig in Richtung Stadion gibt es nochmal eine Senke – die ermöglicht mir aber auch nochmal Läufer einzusammeln als es wieder nach oben geht. Nun nochmal Zähne zusammen beißen, die beginnenden Krampfansätze in der Wade beiseite schieben für den Zieleinlauf. Gefühlt ist der länger als ich es erwartet habe, der Parkplatz vor dem Stadion zieht sich in die Länge und auch die Gerade vor der Tribüne kommt mir länger vor als sie eigentlich ist.
Aber: Auch dieser Lauf hat eine Ziellinie und ich bin froh endlich über diese hinweg zu laufen. Ich bin recht erschöpft und setze mich nach dem Zieleinlauf in einen der bereitstehenden Liegestühle. Lange halte ich es dort aber nicht aus, das Wetter wird zusehends schlechter und windiger. Mir wird in meinem durchgeschwitzten Trikot dann doch etwas kalt. Ganz auf die Verpflegung möchte ich aber nicht verzichten, ein paar Getränke und auch die Maultaschen sind als nächstes auf dem Plan. Ich gehe auch noch an der weiteren Versorgung vorbei, richtig gut kommt da das Brot mit Pesto, zudem nehme ich mir Obst für den Heimweg mit.
Ich erreiche die Halle für die Gepäckaufbewahrung als es gerade anfängt etwas zu tröpfeln. Mit einem frischen Shirt und der Regenjacke fühle ich mich aber gleich wieder etwas besser und mir ist auch prompt nicht mehr so kalt. Die Massage nehme ich gerne in Anspruch, zumal es keine übermäßig lange Schlange gibt und man somit ratzt fatz an der Reihe ist. Es reicht gerade einmal um einen Blick auf die Ergebnisse zu werfen: 3:48:50 netto sind für mich nicht gerade eine „gute Zeit“, aber für die Umstände passt es, es sollte ja eher ein Trainingslauf sein (für den war ich aber eigentlich fast zu flott unterwegs). Exakt Platz 300 bei den Männern und Platz 35 in der Altersklasse, somit jeweils gut im vorderen Drittel, das stimmt mich dann schon eher versöhnlich.
Der Lauf ist wie immer sehr gut organisiert, von der Abholung bis zur Strecke merkt man die lange Erfahrung der Organisation. Es ist größtenteils ein waschechter Stadt-Marathon mit allen Vor- und Nachteilen. So hat man sehr viel Begleitung und Stimmung an der Strecke. Der große Andrang und die umfassenden Sicherheitsmaßnahmen treiben dafür aber auch den Preis für die Teilnahme, insbesondere wenn ich es mit anderen Ultra-Läufen vergleiche. Aber ganz klar: bei den Ultras hat man häufig nicht den „Luxus“ einer exklusiven, abgesperrten Strecke (häufig muss man sogar explizit aufs GPS achten um nicht falsch abzubiegen). Für das beginnend herbstliche Wetter kann der Veranstalter nichts, das hat insbesondere gegen Ende etwas Auswirkungen auf das Publikum gehabt, das verständlicherweise vor dem Regen daheim sein wollte. Der Lauf wird wahrscheinlich nicht in meiner Liste „mache ich jedes Jahr“ landen (auch weil es zahlreiche Alternativen gibt), aber hin und wider kann ich mir den durchaus als Teil meines Jahresprogramms vorstellen.