Erfahrungsbericht MacBook / MacOS

Ich hatte nunmehr für ca. ein halbes Jahr die Option mich arbeitsseitig einmal mit dem Thema MacBook und MacOS beschäftigen zu dürfen. Dieser Erfahrungsbericht ist somit sicherlich nicht zu 100% aussagekräftig und kann Spuren von Ironie und Frustration enthalten.

Zum Hintergrund: ich arbeite als Software-Entwickler und DevOp und bin seit Jahren bereits die meiste Zeit nativ unter Linux unterwegs und ursprünglich einmal mit DOS und Windows in verschiedenen Stufen „groß geworden“, für mich war es der erste Vollkontakt mit der Apple-Welt, auch beim Smartphone hat es mich bisher nicht wirklich gereizt einmal ein IPhone auszuprobieren.

Der erste Eindruck ist ja einmal gar nicht schlecht, immerhin liegt unter MacOS ja auch eine Unix-Abart, von daher sollte eigentlich einiges vertraut sein. Soweit zumindest die Theorie. Das die Geräte schmuck aussehen und wertig verarbeitet sind, daran besteht kein Zweifel und auch die Akku-Leistung selbst eines älteren Geräts ist für die tagtäglichen Aufgaben auch mehr als ausreichend.

Ich war auch auf einiges Umlernen eingestellt, das habe ich auch bei meinem Wechsel hin zu Linux machen müssen, wobei der Prozess da etwas schleichender war: Am Arbeitsplatz mit einer reinen Linux-Umgebung konfrontiert war ich bei meinen Hobby-Projekten irgendwann an dem Punkt, dass die Entwicklung unter damals Windows XP gefühlt unnötig umständlich wurde, für Aufgaben die unter Linux wenig Aufwand waren (z.B. Webserver mit PHP für lokale Entwicklung aufsetzen und Erweiterungen wie Imagick installieren), musste man unter Windows doch einige Extra-Schleifen drehen. Irgendwann war ich etwas frustriert, dass ich mir damals dann doch den Aufwand gemacht habe auf meinem Laptop ein Dual-Boot einzurichten und mit der Zeit hat das Linux immer häufiger den Vorzug bekommen, es gab schlichtweg immer weniger was zwingend ein Windows erfordert hätte.

Was mich dann aber doch sehr erstaunt hat, war wie viel doch anders ist und wie „ähnlich“ sich Windows und Linux hinsichtlich der Tastatur-Bedienung doch sind. Viele Shortcuts sind unter MacOS an die Command-Taste (⌘) gebunden, die gefühlt einfach unglücklicher und weniger gewohnt liegt. Was auch nicht gerade praktisch ist, selbst wenn man ein klassiches deutsches Tastatur-Overlay eingestellt hat, dann liegen diverse Sonderzeichen die man als Entwickler häufiger braucht (@,$,&,[,],{,},/,\) doch an total ungewohnter Position und auch die klassiche „Entfernen-Taste“ interpretiert man bei MacOS etwas „gewöhnungsbedürftig“. Richtig ekelhaft wird es, wenn man dann eine externe Tastatur anschließt mit einer klassichen Belegung (wie zum Beispiel meine liebgewonnene Cherry G-224 oder auch die Cherry RS 6000 USB), da ist die Verwirrung dann komplett und man verliert vor allem am Anfang (und auch später immer wieder einmal) einige Zeit um heraus zu finden wo denn nun gerade wieder die Sonderzeichen versteckt sind die man sucht. Ich tippe recht viel und auch gerne flüssig, da steht mir meine jahrelange Gewöhnung und Training der Relexe dann doch etwas im Weg, insbesondere wenn man im Mischbetrieb unterwegs ist.

Wo wir schon bei externen Geräten sind: Der Support dafür ist gelinde gesagt rudimentär. Das schlanke Design des verwendeten MacBook pro ist zwar auf den ersten Blick schick, aber das dieser Entscheidung auch die Anzahl externer Schnittstellen untergeordnet wurde ist für mich nicht nachvollziehbar. USB-C und Thunderbolt mögen zwar mittlerweile immer weitere Verbreitung finden, aber ausschließlich diese Schnittstellen anzubieten schränkt die Verwendbarkeit dann doch etwas ein. Man hantiert dann doch recht schnell mit Adaptern die man mitführen muss. Bildshirm(e) oder Projektor? Benutze einen Adapter! USB-A-Anschluss für Peripherie: Ohne Adapter keine Chance. Das es auch anders geht bei ähnlichem praktischen Nutzen durfte ich bei Geräten von Dell und auch Lenovo erleben. Es müssen ja nicht immer auch die ältesten Schnittstellen unterstüzt werden, aber ein wenig mehr Kompatibilität wäre hier schon wünschenswert.

Auch nicht wirklich durchdacht und unterstützt: Mehrbildschirmbetrieb über eine Docking-Station, was unter Linux und Windows mittlerweile klaglos funktioniert ist bei MacOS immer noch nicht gelöst. Man braucht wieder extra Docking-Stations dann geht es, so wirklich Universell ist der „Universial Serial Bus (USB)“ auch in der C-Ausführung damit nicht. Verwendet man dann eben mehrere Adapter für identische Monitore hat man eine nette Lotterie gewonnen: MacOS bekommt es nicht auf die Spur sich zu merken wo die Bildschirme beim letzten Mal verortet waren, immer mal wieder habe ich nach dem Arbeitsbeginn erst einmal wieder dem Betriebssystem neu beibringen müssen wie die Monitore angeordnet sind. Unter Windows und Linux war das nie ein Problem, einmal eingerichtet und vielleicht nach einem Major Upgrade oder einer Neuinstallation nochmal, aber nicht in der Häufigkeit wie bei MacOS.

Auch in den Bereich externe Geräte gehört hier natürlich die Apple-Hardware die angeblich optimal zum Produkt passt. Für meinen Geschmack in Sachen Ergonomie leider ein absoluter Graus. Die Standard-Tastaturen sind beschränkt, es gibt auch welche mit Numpad aber auch die muss man erst einmal Beschaffen. Die Magic-Mouse ohne echte Tasten kann mich auch nach dem aktivieren zumindest der rechten Maustaste nicht wirklich überzeugen: Sie sieht schnieke aus, liegt aber bei mir bescheiden in der Hand, einfach nachd er Maus greifen führt bei mir auch immer wieder mal dazu, dass ich sie falsch herum in der Hand habe. Dass man die Scrollrichtung nicht sinnvoll einstellen kann ist dann nochmal was anderes – das es auch anders geht, siehe wieder einmal andere Hersteller. Das flache Layout der Tastatur ist sicherlich Geschmackssache, aber für mich ist sie auf Dauer nicht wirklich gut, insbesondere die intergrierte Tastatur des MacBook Pro macht sich bei mir nicht gut, die Handballen liegen nicht gut auf, die Kante des Geräts schneidet mir eher ungangenehm ins Handgelenk. Was mir auch persönlich missfällt ist der starke Fokus auf drahtlose Verbindungen. Das klingt zwar nett aber wirklich notwendig oder sinnvoll ist es nicht. Die Ladefunktion der Magic-Mouse ist ein bekannter Design-Fehler – während des Ladens kann man sie nicht benutzen weil die Ladebuchse an der Unterseite angebracht ist – es gibt die Maus auch mit wechselbaren Batterien, dann braucht es nur ein externes Ladegerät und einen Satz Wechselakkus. Gerade an einem regulären Arbeitsplatz bin ich dann doch ein Freund von fest verkabelter Peripherie, gerne per Docking-Station, dass man alles mit einem Handgriff an- und abklemmen kann. Die Verkabelung hat für mich ganz handfeste Vorteile: In der Regel wird der Laptop am Arbeitsplatz am Strom betrieben und der Akku so für das nächste Meeting automatisch geladen sofern Bedarf ist. Kabelgebundene Verbindungen funktionieren in der Regel auch performanter und sind weniger fehleranfällig, von der Sicherheit gegen „Lauschangriffe“  per Funk einmal ganz abgesehen. Auch aus Umweltschutzgründen bevorzuge ich die kabelgebundenen Varianten: Akkus sind Verschleißteile und sind garantiert immer in unpassenden Momenten nicht geladen, zudem ist jeder Ladevorgang und Entladevorgang mit Verlusten verbunden, per Kabel ist man einfach effizienter.

Bleibt zum Abschluss noch das Betriebssystem und die Software, auch diese hinterlassen bei mir eher einen faden Eindruck und der Hype und das Ökosystem erschliest sich mir nicht, zumindest aus Sicht eines Software-Entwicklers / DevOp. Die Multitasking Funktionalität ist zwar da aber das Umschalten zwischen verschiedenen Instanzen der gleichen Applikation erfordert eine zusätzliche Finger-Akrobatik. Ich arbeite gerne mit getrennten Fenstern und zusätzlich Tabs in Browsern um meine Arbeit zu struktuieren, das funktioniert für mich unter MacOS nicht zufriedenstellend. Die Menüleiste am oberen Bildschirmrand spiegelt die Idee des Fenster-Managements bei großen Bildschirmen die man heute verwendet leider nicht so richtig wieder – die Wege für das Auge und die Maus fühlen sich für mich nicht intuitiv an. Die teilweise inkonsistente Verhaltensweise in Sachen „Fenster maximieren“ bzw. „Fullscreen“ geht mir auch nach geraumer Zeit noch gegen den Strich. Das man Programme effektiv wirklich schließen muss und sie im Bereitschaftmodus im Task-Wechsel-Dialog doch aufpoppen finde ich auch eher unhandlich denn angenehm – geschlossen sollte geschlossen sein. Das Dock ist als Ersatz für die Taskleiste meiner Erfahrung nach auch nicht zu gebrauchen, ich finde es einfach globig und unpraktisch zugleich.

Klar viele Sachen kann man dann mit zusätzlicher Software und Tricksereien wieder „gerade“ rücken. Aber das kostet Zeit und fühlt sich nicht schlichtweg „rund“ an. Das gilt insbesondere für ein von mir häufig benötigtes Werkzeug wie die Commandline bzw. das Terminal. Die eingebaute Terminal-Applikation ist im Auslieferungszutstand ähnlich komfortabel wie es früher einmal „command.com“ bzw. das modernere Equivalent „cmd.exe“ aus der Microsoft-Welt war. An einigen Stellen sogar noch umständlicher, die Lesbarkeit des Prompts ist Plaintext und bringt somit nichts mit was einem eine optische Orientierung bietet. Selbst Microsoft hat das Problem erkannt und empfiehlt mittlerweile Powershell. Mit iTerm kann man ein Stück weit Abhilfe schaffen und sich dann auch das Terminal einigermaßen personalisieren. Einiges aus der Z-Shell ist dann sogar recht cool. Die out-of-the-box experience eines aktuellen Terminals unter Linux ist gefühlt in deutlich angenehmer, auch wenn ich hier natürlich meine Umgebung mittlerweile ein Stück weit angepasst habe. Farbliche Kodierungen der unterschiedlichen Bestandteile im Prompt sind heute kein Luxux mehr.

Was ich auch lieben lernen musste: Man muss sich erst einmal einen Paket-Manager für gängige Software installieren, Homebrew ist da Mittel der Wahl und funktioneirt in der Regel auch recht unproblematisch. Gerade wenn man viel im Bereich Software-Entwicklung unterwegs ist, sind Paketmanager (ggf. auf unterschiedlicher Ebene) mittlerweile doch zum Standard geworden.

Eher ein Spezialfall ist ein Tool aus meiner DevOps-Tätigkeit: Docker. Das gibt es auch für MacOS, aber der empfohlene Weg ist Docker for Mac was eben dann doch Docker for Desktop ist. Das ist für den Privatfall kein Problem, für Firmen sind aber die Lizenzbedingungen ggf. gefährlich bzw. problematisch. Dass im Hintergrund (wie auch unter Windows) eine zusätzliche VM läuft und das Networking / Routing nicht so gut integriert ist wie unter Linux ist für den Fakt das es eigentlich ein Unix sein soll dann doch eher unangenehm, gerade wenn man auch lokal mit mehreren getrennten Subnetzen arbeiten möchte. Die Lösung mit Colima als Ersatz funktioniert leidlich, ist aber auch wieder zusätzlicher Aufwand.

Mein Fazit nach nunmehr knapp sechs Monaten ist leider ein ziemlich ernüchterndes. Als Arbeitswerkzeug für meinen Arbeitsbereich kann ich MacOS nicht wirklich etwas abgewinnen, es mag sein, dass es für andere Arbeitsaufgaben anders aussieht. Das richtige Werkzeug für die passende Arbeit zu wählen bedarf aber sicherlich auch immer wieder einmal dem Blick über den Tellerrand, auch wenn man hinterher dann doch sagt: Schuster bleib (erstmal) bei deinen Leisten. Wenn mich aktuell jemand fragen würde welches Hardware/Betriebssystem Kombination ich empfehlen würde so muss ich klar sagen: es kommt drauf an… Für meinen persönlichen Fall der Software-Entwicklung (und mit Sicherheit ist das nur sehr spezifischer Teil des Software-Enwicklungs-Universums) tendiere ich klar zu einem nativen Linux,  auch weil die Ähnlichkeit mit der Umgebung in der die Software später laufen soll Hürden abbaut. Ebenfalls für mich persönlich hat sich eine KDE-Oberfläche im Vergleich zu Gnome als „angenehmer“ erwiesen. Hier kommt für mich ein weiterer Vorteil der Linux-Welt zum Tragen: Man ist nicht auf Gedeih und Verderb auf eine Oberfläche (und deren „Optimierungen“ durch den Hersteller mit jedem Release) wie unter Windows oder MacOS ausgeliefert. Fühlt sich eine Oberfläche für einen selbst  nicht gut an, dann ist man damit mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht alleine auf der Welt und es gibt genügend Alternativen.