Die erste Nacht auf dem Campingplatz in Geslau ist nicht gerade ruhig. Erst benötigt der Nachwuchs eine gefühlte Ewigkeit um einzuschlafen, und in der Nacht zieht auch noch ein veritables Unwetter über den Platz hinweg. Als ich gegen drei Uhr in der Frühe nochmal zum Sanitärgebäude laufe ist es noch recht mild, auch wenn es bereits ein fulminantes Wetterleuchten gibt. Nur eine halbe Stunde später erreicht der Wind dann zwischenzeitlich orkanartige Böen, wie es dann auch in der Katwarn-App heißt. Unser Zelt biegt sich stellenweise bedrohlich zusammen, aber bis auf den umgestürzten Tisch im Vorzelt passiert nicht viel. Es bleibt auch soweit trocken im Zelt.
Der Morgen danach ist um so überraschender – unsere nächsten Nachbarn hatten wohl etwas weniger Glück und legen ihre Habseeligkeiten trocken, zudem hat es dort eine der Glasfiberstangen zerlegt, wenn auch sonst keine Schäden. Heftiger sieht es zwei Plätze weiter aus, dort hat es ein Zelt vollständig zerlegt. Ich hole schon mal die Räder aus dem Anhänger, auch dort gibt es wieder große Wassersäcke und somit auch etwas Wasser im Innenraum (es wird wirklich Zeit für die neue Plane…). Zusammen mit Glen hole ich dann unsere online georderten Brötchen ab, das ist schon ein toller Service.
Nach dem Frühstück lassen wir uns noch etwas Zeit, mit der nächsten Regenfront sind wir dann erst mal unterwegs zum zentralen Sanitärgebäude, dort spülen wir erst einmal unser angesammeltes Geschirr ab. Praktisch für den Transport ist hierbei der Fahrradanhänger.
Gegen Mittag machen wir uns auf nach Rothenburg ob der Tauber um dort einen Stadtbummel zu machen. Die Stadt kenne ich noch von früher, ich glaube das letzte Mal liegt aber bereits mehr als zehn Jahre zurück, damals meiner Erinnerung nach auf dem Heimweg der Mainradtour auf der Etappe Nürnberg – Creglingen. Bekannt ist die Stadt vor allem für ihr Stadtbild mit der historischen Altstadt samt Stadtmauer.
Wir schlendern durch die Gassen bis wir am Marktplatz ankommen. Dort machen wir dann notwendiger Weise einen Abstecher bei Käthe Wolfart im Weihnachtsdorf. Ich fand christmas Attic in Alexandria bei Washington D.C. schon etwas schräg, aber das hier ist die XXL-Fassung. Den Besuch im Weihnachtsmusem sparen wir uns dann doch, es ist s schon recht heftig durch die weihnachtlich geschmückte Verkaufsfläche zu laufen, natürlich schön verschachtelt und mit jeder Menge Weihnachts-Klimm-Bimm. Es fehlt allerdings eindeutig der Glühweinstand.
Wir sind kaum aus dem Laden wieder draußen, da rollt die nächste Starkregenfront über die Stadt – wir harren eine Weile in diversen Eingangsbereichen aus bevor wir kurz vor Küchenschluss noch im alten Keller einkehren und etwas essen. Die Karte ist kurz aber soweit ok, beim Bier bin ich sehr enttäuscht – da ist man in Franken und es gibt Münchner Bier.
Zum Abschluss machen wir noch eine Runde auf der Stadtmauer, immerhin ja das Wahrzeichen der Stadt, zumindest in touristischer Hinsicht. Coronabebdingt gibt es eine Einbahnstraßen-Regelung, weshalb wir nicht den kürzesten Weg wählen können sondern stattdessen einmal die halbe Stadt umrunden – immerhin mit schönen Ausblicken ins Taubertal.
Der Montag ist reichlich durchwachsen, es bleibt weiterhin feucht und es gibt immer wieder leichte Regenschauer. Gegen nachmittag raffen wir uns dann doch noch auf eine kurze Radtour zur Altmühlquelle zu machen. Laut Karte ist das nicht besonders weit. Vorher machen wir aber noch einen ausgiebigen Stopp am Spielplatz, wobei der nahegelegene See mit seiner Flachwasserzone natürlich interessanter ist als alles Spielgerät drum herum.
Ich habe mich der Tourenplanung auf die Auschilderungen laut cycling.waymarkedtrails.org verlassen. Die Hoffnung dabei war, dass die ausgeschilderten Radstrecken dann auch halbwegs gut zu fahren sind. Die ersten Kilometer sind noch im Freistil bis Geslau. Dort gibt es zwar einige Radwegweiser aber die gesuchte „historische Acht auf der Frankenhöhe“ ist nirgends zu finden. Immerhin ist der Weg gut befahrbar. Hinter Gunzendorf finden wir dann auch eine Hinweistafel auf den gesuchten Radweg – aber eine Beschilderung bleibt leider Mangelware.
Entlang des Wegs machen wir noch eine Rast, nachdem es doch einige Höhenmeter zu bewältigen gibt. Ich frage mich stellenweise wer diese Strecke rausgesucht hat. Glen kämpft sich die Steigung nach oben, Marion muss irgendwann auf Schieben umsteigen. Immerhin wird die Strecke auf dem Kamm dann wieder etwas flacher. Leider wird sie alsbald auch sehr viel feuchter – eine dicke Regenwolke ergießt sich im nächsten Tal. Zudem geht es jetzt um so steiler bergab und das auf geschottertem Untergrund – fast schon so heftig wie am Kloster Weltenburg. Noch dazu steht man plötzlich an einer Straße. Kurz nach der Durchquerung von Windelsbach lässt der Regen dann auch schon wieder nach. An der Abzweigung in Guggelsmühle finden wir dann auch einen Hinweis auf einen anderen Radweg nach Geslau.
Nachdem die letzte Anhöhe vor Hornau geht es dann auch nochmal abwärts auf den Honauer Weiher zu, wie wir erfahren gibt es die Altmühlquelle nicht im eigentlichen Sinne, sondern der Ursprung wurde auf den Ablauf des Sees festgelegt. Dieser wird wiederum von mehreren kleinen Bächen gespeist. Zudem wird er aktuell auch vom nächsten Regenschauer gespeist. Kurzerhand kehren wir im Gasthof zur Altmühlquelle ein. Noch hat die Küche nicht offen, aber zumindest einmal sind wir aus dem Regen heraus.
Da das Wetter gerade nicht besser werden will, entschließen wir uns zu einer sportlichen Shuttle-Aktion: Papa fährt mit einem Rad zurück zum Campingplatz und holt das Auto. Da wir nicht alle Räder aufs oder ins Auto bekommen, wird das für mich eine doppelte Tour. Ich bin optimisch, das ich die Tour in rund 40 Minuten schaffen kann, der Gastwirt schaut mich ungläubig an und meint ob wir nicht doch besser ein Auto organisieren. Aber noch bevor er fertig überlegt hat, bin ich aber schon mit Marions Rad unterwegs. Das ist etwas ungewohnt was die Sitzposition betrifft – leider habe ich auch keinen Imbus um den Sattel in eine passendere Position zu bringen. Das tut der Abfahrt zwischenzeitlich aber keinen Abbruch – 45km/h erreiche ich trotz ungünstiger Airodynamik. In Guggelmühle nehme ich dann den ausgewiesenen Radweg nach Geslau – wesentlich weniger steil und hügelig – den hätten wir auf dem Hinweg schon nehmen sollen. Außerdem ist von Regen kaum mehr etwas zu merken – ganz im Gegenteil, es kommt sogar ein wenig die Sonne raus. Nach nur wenig mehr als 20 Minuten laufe ich am Campingplatz ein (ich hätte doch um ein Bier wetten sollen).
Noch flugs die Sachen aus dem Kofferraum in den Anhänger bzw. das Vorzelt packen und dann geht es mit dem Auto zurück an den Gasthof. Tatsächlich bin ich nach nur 40 Minuten wieder dort – der Inhaber der Gaststätte staunt nicht schlecht. Mittlerweile hat auch die Küche auf, daher essen wir gleich noch zu Abend. Ich frage Glen ob er mit dem Rad oder dem Auto zurück fahren möchte – immerhin ist er bereits 16km geradelt. Zu meiner Verwunderung will er dann doch mit dem Rad an den Campinplatz zurück fahren. Als wir losradeln frage ich ihn vorsichtshalber nochmal ob er die kurze und etwas steilere Strecke nehmen will oder ob wir kurzerhand ein Stück Altmühlradweg fahren und um den Berg herum (was natürlich mehr Kilometer bedeutet). Wiederrum überrascht er mich: Er will die lange Tour fahren, seit er den Tacho hat, sammelt er Kilometer. So radeln wir ein gutes Stück die Altmühl abwärts, machen noch einen kurzen Halt in Binzwangen an der Kirche um uns zu orientieren. Zu meiner Verwunderung klappt es alles einwandfrei, ich frage mich echt woran es liegt, dass sobald sein Bruder in der Nähe ist, er ständig über die Stränge schlagen muss.
Auch die letzten Kilometer klappen trotz einiger weniger Steigungen sehr gut, am Campingplatz müssen wir noch zweimal ums Toilettenhaus fahren, damit wir auch sicher die 32km für den Tag erreichen. Längeren Radtouren steht somit auch nichts mehr im Wege, wir werden das daheim einmal im Flachen noch etwas weiter ausprobieren. Immerhin will er ja auch mal zu Oma ins Elsass mit dem Rad fahren. Das wären wohl zwei Etappen zu je 65km, allerdings alles entlang des Rheins und somit auch flach.
Tolle Shuttle-Aktion. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Gastwirt gestaunt hat 🙂