Es ist an der Zeit unsere letzte Reise-Etappe des Urlaubs anzutreten, die Koffer sind mittlerweile gut gefüllt mit Schmutzwäsche, so viel, dass wir bereits begonnen haben, ein wenig umzupacken und einen Koffer vollständig nur noch mit Schmutzwäsche zu füllen. Zudem nehmen die kleineren Komparments im Tauchrucksack schmutzige Wäsche auf. Mit ins Auto kommt auch der eingekaufte Wein, ich habe ein wenig Bedenken, wie wir das alles zum Abflug wieder in die Koffer verpacken sollen. Aber da findet sich sicherlich noch eine Lösung. Zu aller Not haben wir noch ein zusätzliches Gepäckstück frei, wobei ich da noch nicht genau weiß, wie ich das tragen sollte…
Unsere Unterkunft ist zwar in Stellenbosch, aber den Ort selbst haben wir bisher nicht besichtigt. Das holen wir vor der Fahrt nach Kapstadt noch nach. Insgesamt ist der Ort recht quirlig, wir finden recht schnell einen Parkplatz. Hier gibt es sogar Parkplatzanweiser, man könnte sie auch menschliche Parkuhren nennen. Sie sorgen dafür, dass jeder die Parkgebühren bezahlt. Wobei sich diese absolut im Rahmen halten – 10 Rand pro 30 Minuten, umgerechnet also 60 Cent für eine halbe Stunde.
Wir drehen eine Schleife durch die Stadt, vorbei am ehemaligen Zeughaus (Waffenlager) und durch die Innenstadt, einmal die Church Street nach oben und die Plein Street wieder runter. Es gibt einige nette Geschäfte die zumindest teilweise einzigartig sind, ganz im Gegensatz zu so manch anderer Innenstadt. Häufig findet man ja doch nur die immergleichen Markenshops nur in anderer Reihenfolge. So richtig Flair hat Stellenbosch leider nicht, insgesamt müssen wir festhalten, dass uns Franschhoek in der Weinregion noch immer am Besten gefallen hat – hier würden wir wohl auch das nächste Mal eine Unterkunft auf einem der kleineren Weingüter suchen.
Die Fahrt nach Kapstadt ist nicht sonderlich weit, was wir recht bald merken ist der immer weiter zunehmende Verkehr – so viel sind wir ob der vielen Fahrten in den abgelegeneren Regionen gar nicht mehr gewohnt. An der Auffahrt zur N2 fehlt ein Schild – wir drehen daher am Rand des größten Townships, Khayelitsha, um. Der Anblick ist schon irgendwie besorgniserregend – eine ärmliche Blechhütte neben der anderen und wie bereits in Motherwell bei Port Elizabeth der scheinbar unvermeidbare Müll in den Gebieten am Rand. Es wird zumindest vom Anblick her langsam besser je weiter man nach Kapstadt hinein kommt. Ob die Lebensbedingungen dort wirklich besser sind kann ich nicht beurteilen.
In Kapstadt wird es dann richtig voll – teilweise haben wir sogar etwas Stau auf den vielspurigen Autobahnen in der Stadt. Unser Ziel ist die Waterkant Village. Dort haben wir für die kommenden Nächte unser Quartier in einem Apartment. Der Weg zum Check-In im Café Charles ist recht schnell gefunden. Spannender wird die Suche nach einem Parkplatz – ich umrunde mehrere Blocks ohne Ergebnis. Am Ende fahren wir kurzerhand in das Parkhaus des nahen Einkaufszentrums. Das ist verdammt eng und total unübersichtlich, ich bin reichlich am Kurbeln bis wir einen Parkplatz haben. An der Rezeption stellen wir fest, dass wir etwas zu früh sind, aber unsere Wohnung ist bereits bezugsfertig. Da sie etwas weiter liegt hole ich erst einmal den Wagen wieder aus dem Parkhaus und fahre mit einem der Mitarbeiter dorthin. Praktischerweise hat die Wohnanlage eine eigene Garage. Wir könnten sogar zwei Stellplätze benutzen wenn wir wollten.
Nachdem ich die Familie abgeholt habe und alles endlich verstaut ist, wird es Zeit Mittag zu essen. Da wir keinen Grillplatz gefunden haben, machen wir die Bratwürste und die Steaks nun eben in der Pfanne. Zwar nicht ganz so lecker, aber essbar. Dazu kochen wir noch das Gemüse welches wir für eine Suppe vorgesehen hatten. Die Wohnung ist gut ausgestattet – sogar eine Waschmaschine ist vorhanden.
Am Nachmittag machen wir uns auf eine erste Erkundungstour in Kapstadt, das Cape Town International Congress Center ist nur rund einen Kilometer entfernt, dort werden die Startunterlagen ausgegeben. Das Viertel an der Warterkant macht einen gepflegten Eindruck, je mehr wir uns der Innenstadt bzw. dem Congress Centrum nähern um so chaotischer wird es. Fußgängerampeln gibt es, aber nur rund ein Drittel funktioniert auch erwartungsgemäß. An größeren Straßen gibt es Polizisten die einen über die Straße geleiten.
Die Unterlagen sind recht schnell abgeholt, beim Friendship-Run hole ich auch noch meine freie Startnummer ab. Spontan entscheiden wir uns angesichts der Kürze der Strecke von 5,6km und einem Zeitlimit von 2h mit der gesamten Familie teilzunehmen. Das kostet pro Nase nochmal 220 Rand – leider auch für die Kinder, im Nachhinein hätten wir die wohl auch einfach so mitnehmen können ohne das jemand etwas gesagt hätte. Aber natürlich ist es für Glen viel cooler wenn er eine eigene Startnummer hat. Wir laufen noch durch die Ausstellung, das muss man leider machen es herrscht an der Abholung eine strikte Einbahnstraßen-Regelung. Ich teste noch einige Ersatzmodelle für meine Sonnenbrille, aber etwas wirklich passendes finde ich leider nicht. Am Ausgang finden wir dann auch endlich Informationen zur Strecke und den Parkplätzen. Nachdem wir uns informiert haben, investieren wir nochmal 50 Rand in einen Parkplatz in der Nähe von Start und Ziel sicher zu haben. Das erspart mir Schwierigkeiten mit dem Transport per Taxi und Co.
Mit dem Sonnenuntergang kehren wir dann auch nach in unser Apartment zurück. Wir bleiben nicht all zu lange auf, denn um pünktlich am Friendship-Run um 9h zu sein müssen wir am Karfreitag früh aus den Federn. Praktischerweise suche ich vorab noch nach Parkmöglichkeiten, denn dieser Lauf findet nicht an der Universität statt, sondern um das Fußballstadion (das viele noch von der Fußball-WM kennen). Er führt durch den Green Point Park. Würde nur ich teilnehmen wäre die Entfernung zum Start eine willkommene Aufwärmstrecke, so nehmen wir doch das Auto. Wir sind frühzeitig vor Ort und finden daher ohne Probleme einen Parkplatz in der angrenzenden Mall direkt am Hafen. Am Start sind wir fast noch eine Stunde zu früh, aber es gibt ein nett gemachtes Rahmenprogramm. Jeder Läufer ist aufgefordert wenn möglich die Flagge seines Heimatlandes mit zu tragen. Deutschland ist leider schon weg, also vertrete ich heute einmal Frankreich. Zudem treffe ich kurz vor dem Start noch Helge aus Weinheim, mit dem ich zusammen bereits mehrfach die Rheintalquerung bestritten habe. Schon etwas komisch: Man fliegt um die halbe Welt und sieht dann doch wieder vertraute Gesichter.
Während der Startvorbereitungen ist das Wetter noch wunderbar, je näher der Start rückt um so nebliger wird es, als wir loslaufen könnte man meinen, man läuft in England und nicht in Südafrika. Dichter Nebel liegt über dem Hafen und dem Park. Wir machen uns erst gar nicht die Mühe loszusprinten sondern lassen es gemütlich angehen, ganz so wie Glen es vom Tempo her vorgibt. Das ist über den ersten Kilometer noch recht flott wird dann aber immer langsamer. Wir sind aber ein echter Hingucker, jeder Streckenposten und viele der Teilnehmer feuern Glen super an. Marion kommt mit dem Kinderwagen recht gut mit. Nach fast zwei Kilometern ist Glen völlig verausgabt – kein Wunder, eine derart lange Strecke hat er bisher noch nie bewältigen müssen. Kurzerhand nehme ich ihn auf die Schultern und wir drosseln das Tempo auf zügiges Gehen (Ultra-Modus wenn es steil wird oder man keine Kraft mehr hat), mit rund fünfzehn Kilo Zusatzgewicht ist das immer noch recht anstrengend. Ich unterhalte mich mit einem Läufer aus Berlin, er nimmt mittlerweile zum zehnten Mal in Kapstadt teil, ist also einer der es in den blue numbers club geschafft hat. Das Wetter wird zum Ende des Laufs etwas freundlicher, vom Fußballstadion sehe ich so immerhin noch ein kleines Stück, sonst war es die ganze Zeit im Nebel neben der Strecke verborgen.
Wir unterhalten uns über diverse Läufe, unter anderem über die Ulmer Laufnacht, deren T-Shirt (2009 – erste Ausgabe und erster 100km für mich) ich trage, sowie über Biel als Klassiker der 100km Läufe. Bis ich an seine stattliche Zahl an Teilnahmen heran komme werden wohl noch einige Jahre ins Land gehen. Rund anderthalb Kilometer vor dem Ziel will Glen wieder selbst laufen, ich setze ihn ab und er sprintet los. Wieder gibt es von jedem an der Strecke Anfeuerungsrufe – wir schwenken auf den Teil der Strecke ein, den wir bereits vom Anfang kennen. Ich motiviere Glen mit Ansagen was hinter der nächsten Brücke kommt. Am Hafen entlang sind wir dann richtig flott unterwegs – erst recht als der Zielbogen in Sicht kommt. Marion und Yann haben wir recht weit hinter uns gelassen, aber ich wollte Glen natürlich nicht bremsen. Kurzerhand gebe ich ihn bei einer Läuferin aus Dessau in Obhut und jogge Marion noch einmal rund 200m entgegen. Zeitmessung gibt es ohnehin keine, der Lauf ist tatsächlich als Freundschaftslauf gestaltet.
Nach dem Ziel und einem kurzen Stopp machen wir uns auf den Heimweg, wir wollen das Frühstück unserer Unterkunft noch nachholen, wir gehen irrtümlich davon aus, dass das Frühstück wie bei unseren bisherigen Unterkünften inklusive wäre. Ist es aber aus nicht näher bekannten Gründen nicht. Dennoch lassen wir uns dann das Frühstück in Charles Café schmecken. Anfänglich ist das Wetter weiterhin gut, aber es wird dann langsam etwas frisch, als wir uns auf den Weg in die Bleibe machen.
Dort ziehen wir uns erst einmal um, bevor wir uns auf die nächste Erkundungstour machen, diesmal geht es wirklich in die Innenstadt. Natürlich zu Fuß, warmgelaufen sind wir ja bereits. Insgesamt versprechen die Reiseführer hier etwas mehr als es dann tatsächlich ist. Die empfohlene Longstreet hat zwar einige nette Läden zu bieten, und auch einiges an Architektur, allerdings ist die Mischung sehr gewöhnungsbedürftig: Es gibt viktorianische Überbleibsel mit jeder Menge moderner Schilder und Beleuchtung. Denkmalschutz gibt es anscheinend nicht. Ebenfalls etwas abschreckend sind die diversen Bettler und gefühlt schlimmer noch die Verkäufer von Nippes, die tun teilweise schon sehr beleidigt wenn man ihnen gleich von Anfang an klar macht: „No – Thank You“, teilweise geht das in wüste Beschimpfungen der untersten Kategorie über. Da hilft nur eines: Cool bleiben auch wenn es schwer fällt.
Recht gut gemacht ist dann der Park Company’s Garden. Wir durchqueren ihn der Länge nach und kommen an einigen Sehenswürdigkeiten wie dem Lokalparlament vorbei. In der St. Georges Cathedral gibt es etwas ungewöhnliches, in der Krypta gibt es eine Jazz-Kneipe, diese hat leider geschlossen. So schwenken wir in die St. Georges Mall ein und über den Greenmarket Square in Richtung Bo Kaap, einem Viertel das für seine bunten Häuser und den Gewürzmarkt berühmt ist. Einige der bunten Häuser finden wir, aber den Gewürzmarkt leider nicht. Allerdings sind die Kinder langsam fertig und es wird auch schon wieder langsam dämmrig. Gut, dass es nur wenige hundert Meter bis nach Hause zu Laufen sind.
Wir sind recht zeitig im Bett, denn morgen ist der große Tag des Marathons. Über den Tag haben sich einige Änderungen ergeben, aufgrund von möglichen gewaltsamen Protesten wird die Strecke nicht über den Chapmans Peak Drive führen, sondern über den Ou Kaapse Weg – einen anderen Pass. Ich finde das etwas schade, denn auf den Anteil direkt am Meer entlang habe ich mich besonders gefreut. Zudem wird bekannt, dass die Alternativstrecke auch noch anspruchsvoller ist als die sonst genutzte Strecke – deutlich mehr und vor allen Dingen geballtere Höhenmeter. Der erstmalig angebotene Staffellauf über 2x28km wurde komplett gestrichen, die Teilnehmer dürfen als Ersatz über die Halbmarathonstrecke starten. Insgesamt ist die Kommunikation und die Information recht dürftig, aber wahrscheinlich setze ich hier einfach andere Maßstäbe an, als sie hier üblich sind. Vor Fehlern und Problemen ist kein Lauf so richtig gefeit, auch in Mannheim gab es ja schon kuriose Fehler mit falschen Abzweigungen der Führungsgruppe. Ich bin echt einmal gespannt wie es hier zum Laufen sein wird.