Für das kommende Jahr habe ich bereits einige Läufe eingeplant ebenso wie den Urlaub. Die Planung sieht aktuell vor, dass ich an Ostern am 2Ocean-Marathon in Kapstadt teilnehme. Für diesen Lauf benötigt man allerdings einen Nachweis über eine aktuelle Marathon-Zeit, der zwischen 1. Juli 2018 und 28. Februar 2019 gelaufen werden muss. Meine diesjährigen Teilnahmen fallen also durchs Raster. Um so praktischer, dass ich einen Startplatz beim Baden-Marathon in Karlsruhe günstig übernehmen konnte. Der Lauf liegt fast vor der Haustüre, die Strecke ist vergleichsweise flach – beste Bedingungen um die geforderte Zeit von unter 5 Stunden auf die 42,195km zu erreichen. Wobei ich mir recht sicher bin, dass auch eine Teilnahme an einem anspruchsvollen Trail (wie z.B. der Gelita-Trail welcher nur eine Woche früher und noch näher am Wohnort stattfand) bei mir ausgereicht hätte.
Organisatorisch beginnt der Tag nicht wirklich optimal – Parken klappt noch ohne Probleme, aber danach ist erst einmal eine Aufwärmübung fällig: Um an die Europahalle zu gelangen wuchte ich kurzerhand den Kinderwagen die Stufen zu einer Brücke nach oben. Eine Beschilderung für nicht lauffähige Gäste fehlt. Das Ganze setzt sich bei der Abholung der Startunterlagen fort: um die Europahalle windet sich eine lange Schlange für die Gepäckaufbewahrung, den Eingang zur Abholung der Unterlagen zu finden ist ebenfalls im Gewusel etwas kniffelig. Es wird dann schon recht knapp bis ich meine Unterlagen habe. Auf das Verwahren des Gepäcks verzichte ich dann kurzerhand und verstaue meine Tasche im Kinderwagen.
Das Wetter weiß auch noch nicht so recht was es will, ich habe mich anfänglich für eine dünnes Langarm-Shirt entschieden – vor dem Start wird es mir dann aber zu warm – ich wechsle nochmal schnell auf Kurzarm und Windjacke. Marion kommentiert dies mit „Captain Haddock„. Der Start wird dann wegen der Probleme an der Gepäckaufbewahrung auch noch 5 Minuten nach hinten verschoben. In den Startblock „C“ komme ich fast schon nicht mehr hinein – ich stelle mich an dessen Ende – etwas hinter dem Pacemaker für 3:59h – obwohl mir klar ist, dass ich diesen wohl recht bald hinter mir lassen werde.
Nach dem Startschuss dauert es noch etwas bis es dann endlich losgeht, laut Zeitmessung sind es etwas mehr als fünf Minuten die ich bis an die Startlinie brauche. Als Begleitmusik läuft AC/DC mit Highway to hell – ich frage mich für was es dann am Ende die Marathon-Engel (zubuchbarer Support für die letzten ca. 5km) gibt. Ich arbeite mich langsam aber sicher durch das Feld nach vorne. Noch vor dem ersten Kilometer treffe ich einen alten Bekannten: Dietmar Mücke ist als Pumuckl und Spendensammler mit von der Partie. Für mehr als ein kurzes „Hallo“ reicht es aber nicht, denn ich schwinge mich auf meinen Rhythmus ein, nach den ersten Kilometern liegt der Schnitt ungefähr bei 5 min/km. Im Kopf läuft der Rechner an und kommt zu dem Ergebnis: Wenn ich das halte, komme ich bei ungefähr 3:30h raus. Allerdings will ich es mir nicht so recht zutrauen und lege deshalb bewusst nicht „noch eine Schippe drauf“ – zu lebhaft sind mir die Erinnerungen an die letzten Läufe bei denen ich am Ende nicht mehr genügend Körner übrig hatte.
Stattdessen genieße ich einfach den Lauf und erfreue mich an den Aktionen rund um die Strecke. Unter anderem stehen ungefähr bei Kilometer drei mehrere chinesische, farbenfrohe Drachen, dazu Trommelbegleitung. Die Strecke ist bis dahin vor allem von der Großbaustelle für die Straßenbahn geprägt, fast überall wird hierfür gerade gebuddelt. Das wird langsam besser als wir in Richtung Durlach laufen. Highlight ist zwischenzeitlich ein Läufer der als Bade-Ente mitmacht. Mir ist zwar nicht mehr ganz so frisch und ich habe die Jacke um die Hüfte gebunden, aber bei dem Kostüm hätte ich wohl Gänsehaut. Auf dem Weg nach Durlach unterhalte ich mich kurz mit einem Läufer, der es in einer Art Badelatschen über die Marathondistanz schaffen will. Auffällig auf alle Fälle, ob es geklappt hat weiß ich nicht – barfuß kann ich mir zwar noch vorstellen aber mit dem Schuhwerk bin ich echt skeptisch.
In Durlach selbst wird die Strecke wieder etwas belebter, es geht in mehreren Schwenks durch die Bebauung und endlich taucht auch eine Versorgungsstation auf – erst mal nur Wasser aber ich greife dankend zu. Es geht an den Gebäuden des Hauptsponsors durch das Industriegebiet, unter der Autobahn hindurch und am Amt für Abfallwirtschaft vorbei. Danach geht es eine der wenigen Steigungen nach oben über die Bahngleise zurück in Richtung Innenstadt. Es folgt ein kurzer Streckenabschnitt den ich schon kenne, ich unterhalte mich derweil mit einem Läufer der mich auf mein Rennsteig-Shirt angesprochen hat – er selbst hat dort mehrfach teilgenommen. Zudem erheitert mich ein Spruch „if Trump can run a country, you can run a marathon“. Die Strecke schwenkt in den City-Park ein, ein recht großes Neubaugebiet in welchem aber auch ein großer Park angelegt wurde. Dort ist für die Staffeln der erste Wechsel – zudem gibt es nochmal Getränke.
Nun folgt ein lustiger Zick-Zack durch die Innenstadt – ich halte Ausschau nach etwaigen schwierigen Passagen, denn der nun belaufene Abschnitt steht mir nochmals bevor, ungefähr ab Kilometer 33. Einen bösen Anstieg identifiziere ich recht bald – die Brücke an der Haltestelle „Kronenplatz“ – lustigerweise überspannt die Werbung für „Kais Pizza Brückenrestaurant“ die Strecke. Immerhin geht es danach wieder flach weiter durch die Gassen der Innenstadt, in der Kreuzstraße hat sich auf einem Dach ein Blasorchester positioniert – im ersten Moment irritiert das etwas, weil man die Musiker fast gar nicht sieht aber laut und deutlich hört. Einige Kurven später geht es am Schloss vorbei. Dort fällt mir das Kilometerschild 36 auf – noch ist das ca. 21km weit zu laufen, aber es zeigt den Schloßpark Schwetzingens. Jedes Kilometerschild ist mit einem Bild und dem Namen einer badischen Gemeinde gestaltet, zudem eine Karte damit man die Orte auch geograpisch ungefähr einordnen kann.
Der Zick-Zack geht weiter durch die Fußgängerzone und am Friedrichsplatz vorbei. Mittlerweile liegen 16km hinter mir und der Blick auf die Uhr bestätigt mir, dass ich immer noch gut in der Zeit liege und meinen Schnitt von 5 min/km sehr konstant halten kann. In der Kriegstraße gibt es eine etwas längliche Schleife, immerhin wird sie durch Musik und eine Tanzgruppe etwas versüßt. Insgesamt sind an der Strecke etliche Gruppen mit Musik und Tanz vertreten, vom Stil her ist für jeden etwas dabei. Entlang des Zoos geht es direkt auf den Albtahlbahn-Bahnhof zu, dort lauert eine kleine Gemeinheit: es geht unter der Ebertstraße hindurch – die Macher haben sich dieses Biest wohl in Nürnberg vom Stadtlauf abgeschaut, die Steigung nach der Unterführung ist recht bissig.
Bissig wird langsam auch der Wind, zwar ist es bis auf vereinzelte Spritzer trocken, aber dafür wird es gefühlt immer windiger – noch dazu kommt der Wind auf dem aktuellen Abschnitt fast direkt von vorne. Die Strecke schwenkt dann endlich in die Günther-Klotz-Anlage ein, ein Park entlang des Flusses Alb. Unter einer Brücke heizt eine Samba-Band den Läufern nochmal ordentlich ein. Für die Halbmarathonis geht es jetzt auch auf den Zielsprint zu, für die Staffeln steht kurz nach der Marathonweiche der nächste Wechsel an. Nachdem die Halbmarathonis abgezweigt sind und das Gewusel am Wechsel passiert ist, wird es recht ruhig an der Strecke – das Feld ist von nun an deutlich ausgedünnt. Es geht ans Eingemachte.
Nach der Versorgung geht es über mehrere Brücken wieder weg von der Innenstadt, kurz nach Kilometer 23 steht noch ein privater Stand zur Versorgung mit Bananenstücken und Trauben, ich schnappe mir ein Stück Banane, genau das was ich jetzt gebrauchen kann: Energie. Das folgende Industriegebiet ist sonntäglich ruhig, eine weitere kleine Brücke über die Bahngleise und es geht in ein Waldstück. Dort unterhalte ich mich mehrere Kilometer mit einem Staffelläufer, der kann gerade so mithalten und zollt höchsten Respekt vor meiner Leistung. Bei Kilometer 26 trennen sich unsere Wege – ich halte weiter mein Tempo als es wieder in die Bebauung geht. Es gibt nochmal eine Versorgung und ich greife wieder zu bei Wasser und Iso.
Die Straßennamen kommen wir etwas vertraut vor und auch die Umgebung, und tatsächlich fällt mir wenige später ein wo wir sind: Vor etwa einem Jahr habe ich in dem Stadtteil das FollowMe-Anhängsel zum Mitnehmen von Kinderrädern hinter dem Elternrad abgeholt. Für nach dem Lauf haben wir vor in einem der nahen Restaurants „zum Gartenzwerg“ essen zu gehen – insgeheim hätte ich ja schon Lust einfach jetzt schon zum gemütlichen Teil über zu gehen. Andererseits haben wir gerade 27km hinter uns – noch 15km, das kann man dann auch fertig laufen, dauert ja nicht mehr so lange.
Mit einer Schleife geht es durch den Vorort Rüppurr – dort lauern einige Gemeinheiten auf die Läufer. Die Strecke entlang der Alb ist zwar wunderschön aber die Straße ist fast durchgängig Kopfsteinpflaster und entsprechend anstrengend zu laufen. Der Gehweg erweist sich als deutlich angenehmer und das Feld ist so langgezogen, da wird es jetzt auch nicht mehr eng. Die nächste Anstrengung kündigt sich schon mit etwas Vorlauf an – es geht mit einer Fußgänger-Brücke über die Ausfallstraße mit S-Bahn-Trasse. Reichlich steil und anstrengend, aber immerhin am Scheitelpunkt steht ein echtes Motivationsschild: 29km sind geschafft und es geht erst mal etwas abwärts.
Vorbei an einer Kleingartenanlage geht es in den Oberwald hinein. Im Kopf versuche ich mich zu erinnern ab welchem Kilometer die Strecke wieder auf den bekannten Abschnitt einfädelt, gefühlt kann das nicht mehr lange sein. Im Wald ist es vergleichsweise ruhig an der Strecke und die Bäume halten dankenswerter Weise den Wind recht gut ab. Kurz vor Kilometer 33 geht es wieder in die Bebauung und auf die bekannte Strecke. Das gibt mir nochmal einen richtigen Schub – von nun an weiß ich ja was kommt. Der Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich immer noch gut mit 5 min/km unterwegs bin, vielleicht ein klein wenig langsamer geworden aber dafür noch immer einen Puls im Ausdauerbereich. Auch fühle ich mich insgesamt sehr gut.
Im Citypark hat das Gedränge etwas abgenommen, aber es ist immer noch reichlich Stimmung, jede Menge Leute an der Strecke die anfeuern. Innerlich wappne ich mich für die kommende Steigung über die nächste Brücke, die ich bei Kilometer 35 im Kopf habe. Direkt vor der Brücke gibt es nochmal Wasser und ISO, da greife ich natürlich gerne zu. Der nächste Punkt ist für mich natürlich das 36km-Schild mit Schwetzingen als Motiv. Je näher man dem Schloss kommt um so belebter wird die Strecke und die Plätze. Auf dem Schlossplatz wird dann richtig viel geboten, was einem nochmal so richtig Schwung verleiht. Noch 6km, dass ist ja jetzt keine Distanz mehr. Kurz bevor es wieder in die Stadt hinein geht warten bereits die „Marathon-Engel“ – ein besonderer Service in Karlsruhe: Man kann sich für die letzten Kilometer als Motivation Begleitläufer bestellen (oder auch selbst mitbringen) welche einen motivieren. Viele stehen tatsächlich als Engel verkleidet da, aber ich erblicke auch einige Teufelchen. Letztes Jahr hatte ich in der Laufgruppe noch gewitzelt, dass ich mich da mal aufstellen lasse für Teilnehmer aus unserer Gruppe, aber dann als „Trainer-Teufelchen“ auf die letzten Kilometer einheizen werde.
Einen Einheizer brauche ich gerade nicht, es läuft auch weiterhin recht flüssig. Damit das so bleibt gibt es am Friedrichsplatz nochmal Wasser und Iso-Getränk für mich. Im sogenannten Nymphengarten taucht bereits das 38km Schild auf. Noch 4km, allerdings hat der Wind nochmal deutlich zugelegt und kommt nunmehr recht häufig von vorne, das kostet zusätzlich Kraft. Immerhin stehen viele Leute an der Strecke, die Stimmung ist weiterhin super, auch wenn man einigen Leuten ansieht, dass es im Wind doch recht frisch wird, wenn man nicht gerade sportliche Höchstleistungen erbringt. Eine der letzten bekannten schwierigen Stellen kommt in Sichtweite, die Unterquerung der Ebertstraße, ich laufe mit etwas Schwung das Gefälle hinunter und komme so die steile Rampe auf der anderen Seite recht gut wieder hoch. Eine Straßenecke weiter sind 40km geschafft.
Jetzt nochmal konzentrieren und nicht zu früh mit dem Endspurt anfangen, wir verlassen die Bebauung und es geht wieder in die Günther-Klotz-Anlage hinein, unter der Brücke gibt eine Samba-Band nochmal alles damit man auch den nunmehr letzten anstehenden Kilometer noch schafft. Der Blick auf die Uhr sagt mir: 3:30h wird es wohl nicht mehr, aber wohl auch weniger als 3:35h. Ich versuche nochmal etwas zu beschleunigen, wobei mir bewusst ist, dass ich auf den letzten Kilometer nicht ohne weiteres noch 1:30 rausholen kann, da hätte ich etwas früher etwas schneller werden müssen oder insgesamt pro Kilometer ein paar Sekunden schneller, aber ich war ja noch nicht mal auf Bestzeit aus. Das letzte Stück zieht sich dann etwas länger als ich gedacht hätte, es geht noch einmal um das Europabad herum. Hier stoßen dann auch die Teams wieder zusammen um gemeinsam über die Ziellinie zu laufen. Insgesamt wird es dadurch wieder recht eng auf der Strecke. Vor dem Stadioneinlauf steht Marion mit dem Nachwuchs an der Strecke und gibt mir nochmal Kraft für einen kurzen Zielsprint. Vor der Tribüne ist es dann endlich geschafft: 42,195km liegen mal wieder hinter mir. Brutto sind es 3:36:45, meine Uhr zeigt 3:31:35 netto sind es offiziell dann 3:31:28. Also gerade so an der 3:30h-Marke vorbei geschliddert. Im Schnitt sind es 5:01min/km, wie ich es auch zwischenzeitlich überschlagen hatte. Die Qualifikation für Südafrika ist damit auf alle Fälle erreicht. 124. Mann im Ziel (von 679), in der AK M35 auf Platz 18 (von 85) – 134er im Gesamtfeld von 844 Angekommenen, da kann ich für einen lockeren Lauf echt zufrieden sein (ich überlege nur was wohl passiert wäre wenn ich es auf Bestzeit angelegt hätte mit entsprechendem Training).
Im Zielbereich gibt es reichlich zu Essen und zu Trinken, allerdings kann ich nicht all zu lange verweilen, denn der Wind pfeift mittlerweile recht unangenehm und es wird einem recht schnell kalt. Das gilt auch für die Freiluftduschen neben der Europahalle – bei schönem warmen Wetter sicherlich absolut ausreichend, aber bei dem vorherrschenden Wind braucht es fast kein Handtuch mehr, man wird kurzerhand trocken geblasen.
Insgesamt ein sehr abwechslungsreicher Lauf was das Publikum betrifft, die Strecke ist vergleichsweise flach, wenn man von einigen Brücken und Unterführungen einmal absieht, vom Untergrund her ist sie recht anspruchslos, fast durchgängig asphaltiert oder zumindest geschottert. Ich bin noch nicht ganz sicher ob ich den Lauf jedes Jahr machen möchte, aber ich werde ihn als gute Möglichkeit für einen Herbstmarathon im Hinterkopf behalten. Bisher war zu dieser Jahreszeit bei mir immer etwas weniger Wettkampf angesagt.
Zum Abschluss fahren wir diesmal mit der Familie zum Restaurant, dort heißt es dann die Kalorien, die man vorher auf der Strecke gelassen hat wieder auffüllen.