Das Jahr neigt sich dem Ende – die Laufsaison ist mangels guter Witterung fast beendet, aber wirklich nur fast. Eine kleine eingeschworene Gemeinde trifft sich kurzerhand unter Dach und läuft dort. Außerdem gibt es ja den auch meist am gleichen Wochenende den Amberger-Ultra-Lauf (kurz AULA). Den habe ich ja schon mal mitgemacht und dieses Jahr habe ich mir einen Platz beim LGA-Indoor-Marathon sichern können. Ist zwar im Gegensatz zu Amberg dann „nur“ ein Marathon, aber gelegentlich ist eine neue Erfahrung doch auch mal was. Da der Platz in der Landesgewerbeanstalt in Nürnberg begrenzt ist, gibt es eine strenge Limitierung der Teilnehmerzahl. Meist sind die sehr schnell weg und ich habe mich daher schon aus den USA dort schriftlich angemeldet. Habe es kaum glauben können, als die Anmeldebestätigung kam. Manchmal muss man eben Glück haben.
Also mal wieder auf nach Nürnberg ins herrliche Franken, fast an der Ort an dem meine Lauferei ihren Anfang genommen hat – irgendwann Mitte März 2007. Klar, dass auch wieder einige alte Bekannte bei dem Lauf dabei sind: Im Raum Nürnberg kann ich glaube ich kaum auf einen Lauf gehen ohne nicht ein Mitglied von Helgas Lauffreunden oder Team Bittel zu sehen. Heute hatte ich sogar die Ehre den Meister mal wieder persönlich zu sehen. Zudem hatten Helga und Thomas einen Platz ergattert, Thomas hat während meines Praktikums und dem Laufbeginn seine Diplomarbeit geschrieben, mittlerweile bin ich ja selbst fertiger Diplom-Ingenieur. Thomas hat aufgrund eines angefüllten Terminplans denn auch nur die halbe Strecke auf sich genommen. Helga und auch ich machen ja in der Regel keine „halben“ Sachen, zumindest wenn etwas längeres im Angebot ist.
Zum Lauf selbst ist zu sagen: Er ist alles andere als ein Marathon, den man mitmacht wie jeden anderen. Sicherlich hat jeder Marathon seine Highlights was die Strecke betrifft. Der LGA ist da eine ganz besondere Sache: Man läuft in den Büro-Gängen der LGA, da die Gänge nicht breit genug sind für zwei Laufbahnen in beide Richtungen, werden kurzerhand 2 Ebenen verwendet. Verbindung ist jeweils ein Treppenhaus. Insgesamt sind es etwas mehr als 400 Höhenmeter die zu überwinden sind, verteilt auf 55 Runden. Hört sich soweit ja alles machbar an. Der Rundenlauf ist einerseits natürlich monoton und sicherlich kein Vergleich zu einem Lauf durch die wunderschöne Herbstlandschaft, wie in Amberg. Dafür hat er andere Vorzüge: Man kommt alle 767m an der Verpflegungsstelle vorbei, ebenso an den zahlreichen Fans im Foyer (wo anders haben die gar keinen Platz). Ritmo Candela, eine Salsa-Band begleitet den Lauf in drei Schichten, ansonsten natürlich auch Moderation und Musik. Alle 767 Meter kommt man daran vorbei in genau dem gleichen Abstand geht es denn auch immer wieder eine Etage runter und wieder hoch.
Um an den Austragungsort zu kommen, habe ich mich in weißer Voraussicht für den ÖPNV entschieden, auch wenn meine Übernachtung in Nürnberg Kornburg doch recht weit draußen liegt. Immerhin fährt dort auch Sonntags alle 40 Minuten ein Bus. Im Praktikum habe ich gelernt, dass es in Nürnberg auch noch abgelegener geht, da fährt nicht mal ein Bus hin. Warmlaufen war ob der Strecke von mehr als 30km sicherlich keine Option, auch wenn die Strecke sicherlich malerisch am Main-Donau-Kanal entlang führt. Zudem regnete es ekelhafterweise frühs schon Bindfäden. Die Anbindung an sich ist ok, nur die 20 Minuten Wartezeit auf dem etwas zugigen Bus-Bahnhof in Röthenbach waren irgendwie aus Kaugummi gemacht.
Vor dem Start das Übliche, man trifft die Kollegen unterhält sich noch ein wenig. Im Gegensatz zu den „normalen“ Laufveranstaltungen gibt es beim Indoor-Marathon vorher nochmal eine kurze Einweisung, was zu beachten ist: Unter anderem wird Wert darauf gelegt, dass in den beiden Treppenhäusern nicht überholt werden darf – sie sind einfach zu eng.
Pünktlich um elf ging es dann auch los – schon lustig so mitten irgendwo zwischen diversen Büros und Prüständen zu laufen. Die ersten Runden waren noch reichlich gestopft und das Feld zog sich nur langsam auseinander, spätestens am ersten Treppenabgang staute es sich ein wenig. Aber ansonsten eine ganz nette Strecke. Etwas ungewohnt ist der ständige Klima-Wechsel zwischen den einzelnen Bereichen – in einem Teil des Foyers pfeift der Wind herein, in der Rundschleife nebendran steht die Luft schon fast, also ein Wechselbad der Temperaturen, ansonsten war es dank gekippter Fenster überall recht luftig und angenehm kühl. Mit kurzem T-Shirt und langer Hose fühlte ich mich aber doch recht wohl.
Ehe man es sich versieht sind die ersten Runden gelaufen, und man hat einige Bekannte schon wieder gesehen, Dietmar Mücke als Kobold war auch wieder dabei – wie es Mücken so tun, flog er einfach an mir vorbei – wie üblich ohne Besohlung beim Indoor-Marathon, und im heißgeliebten Pumukl-Kostüm samt roter Nase und roten Haaren. Auch Erwin habe ich in der Ferne erspäht, nur diesmal war er sicherlich kein Genussläufer, stattdessen wetteiferte er scheints mit Dietmar um die Platzierung – angesichts meines nicht wirklich ausreichenden Trainingszustands: Keinerlei Chance sich da ranzuhängen und durchzuhalten. Also Blick auf die Pulsuhr und schauen was die sagt: Jeweils nach der Belastung beim Aufstieg irgendwas um die 170, bis man wieder am Anstieg war dann etwas um die 160 also für mich alles soweit ok, wobei mir klar wurde: Ein wenig weniger wäre ganz gut zum Durchhalten.
Auf Runde sechs traf ich erstmals Helga, ich habe sie überrundet. Eigentlich ja nicht so nett, aber doch ein gutes Gefühl, man weiß: Letzter bin ich mal nicht. Das hat sich dann auch recht gut eingespielt – ungefähr alles sechs Runden habe ich Helga überholt, und ungefähr alle 5 kamen kurz hintereinander Dietmar und Erwin als sein Verfolger an mir vorbei. Bis Runde 12 hatte ich noch nicht mal Durst oder Hunger, dafür
meldete sich der Flüssigkeitshaushalt denn um so dringlicher – aber kein Problem, jede Runde besteht ja die Option an der Verpflegung Getränke abzugreifen. Bis zur Hälfte der Strecke bei 27,5 Runden habe ich mir dann angewöhnt alle 2 Runden zuzugreifen – immer im Wechsel: Ein Happen was zu essen und beim nächsten Mal etwas zum Runterspülen. Mein Magen war leider auf das ISO-Zeug während der Belastung nicht so gut zu sprechen, es hat ganz ordentlich rumort. Ich habe mich daher dann auf Wasser verlegt, und nur gelegentlich einen Schluck Iso dazwischen. Vielleicht hätte ich mal die Cola probieren sollen, aber das war mir doch etwas zu heiß. Mittlerweile wurden die Flure leerer, denn die Halbamarathonis waren ja fertig. Stattdessen zischten nun die Staffelläufer (je 8 Leute eine Staffel) nur so an einem Vorbei – klar bei nur knapp 7 Runden hätte ich auch anders heran gehen können. Die Treppen gingen noch leidlich bei mir – mein regelmäßiges Training im heimischen Altbau mit mehreren Getränkekästen machte sich doch etwas bemerkbar.
Ab ca. Runde 30 wurden mir dann doch die Beine langsam schwer, ich kämpfte mich weiter durch, endlich die 35. Runde – jetzt waren es ja nur noch 20 bis ins Ziel. Mittlerweile griff ich auch häufiger bei der Verpflegung zu – hauptsächlich immer noch Mineralwasser auch wenn ich das Gefühl hatte: Das ist eigentlich zu wenig. Runde 40 – noch 15 Runden, also 15 mal die Steigung im Treppenhaus hoch – mittlerweile leerte sich die Strecke immer weiter – Erwin war schon fertig und schaute sich noch ein wenig die anderen Läufer an. Schön wenn ich nur auch schon so weit wäre. Dafür fielen jetzt verstärkt die Teilnehmer der Down-Syndrom-Staffel auf immer ein Begleiter/Motivator dabei. Wenn immer jemand überholte und noch Luft und Kraft gt; your full bank details so i will make the payment. the account will be
gt;hatte, wurde netterweise mit motiviert und angefeuert. Finde ich eine echt beachtliche Leistung. Vor den Treppenhäusern hieß es für diese Teilnehmer denn auch immer: Warten bis eine Lücke frei ist, damit nichts schiefgeht. Was ich da aber sehen musste: Das klappt wie am Schnürchen, die sind teilweise die Stufen schneller hochgekommen als ich – nun gut, mehr als 40 Runden gehen auch nicht spurlos an einem vorrüber.
Mittlerweile hatte ich mich aufs Auf- und Abwärtszählen verlegt – immer im Kopf, die wievielte hast du gerade gemacht, was ist folglich die nächste Nummer und wie viele Runden geht der Spaß denn noch. Schon ziemlich fertig erreichte ich dann die Runde 50. Es zog sich mittlerweile alles und ich habe fast jede Runde weiter Wasser zugeführt, auch wenn es Zeit kostet – ohne diesen „Schmierstoff“ ging grad nix mehr. Aber immerhin es sind nur noch 5 Runden, kurz zuvor war mein Laufpartner Rudi als Zuschauer aufgetaucht, zum Anfeuern auf den letzten Runden. Selbst konnte er dieses Jahr krankheitsbedingt nicht teilnehmen. Auch wenn es motiviert, etwas demotivierendes kam dazu: Neben der Strecke wurde die Siegerehrung abgehalten. Podestplätze konnte ich ja eh vergessen, aber es frustet schon ein wenig. Nach jedem Anstieg kam nun der Gedanke: Noch 4x, noch 3x, noch 2x, noch ein letztes Mal. Die Uhr war mittlerweile etwas jenseits der 4h angekommen, ich hatte zwischenzeitlich noch Wunsch gehegt, unter dieser magischen Marke zu bleiben: Aber was nicht drin ist, sollte man auch nicht versuchen. Ziemlich geschafft habe ich das Ziel durchquert. Gehen konnte ich noch, aber es tat kurze Zeit später alles weh und mir war kalt – fast so wie ich das 2009 bei der langen Ulmer Laufnacht erlebt hatte. Aber an Essen war irgendwie gerade gar nich zu denken, nur Durst hatte ich. Im Verpflegungsbereich habe ich mir dann erst mal nen Liter Wasser einverleibt, ein wenig besser wurde es dadurch. Ich habe mich mit Rudi und Heinrich getroffen, aber mir
war immer noch kalt, das zugige Foyer machte es nicht besser. Rudi meinte nur: „Nicht nur Wasser, trink mal was ordentlich zuckerhaltiges – an der Verpflegung habe ich dann mal Cola gebunkert, das zuckerhaltigste was es im Angebot gab. Und tatsächlich, das macht einen riesigen Unterschied. So langsam ging dann auch etwas Essen, auch wenn ich den Kuchen schon fast in mich reinzwingen musste. Lecker war er ja. Nächste Maßnahme: Warm Duschen und was warmes anziehen, und wieder wurde es etwas besser, danach noch einen weiteren Schwung Kuchen und süße Getränke, dann blieb nur noch der Muskelkater übrig.
Da Helga mittlerweile fast alleine auf der Strecke war, haben wir sie gemeinsam auf den letzten Runden noch angefeuert, irgendwie jeder der noch im Foyer anwesend war, hat mit eingestimmt als es auf die Zielgerade ging. Richtig klasse.
Fazit: Ein durchaus alternatives Lauferlebnis – ich weiß noch nicht genau ob ich ihn nächstes Jahr wieder in den Plan aufnehmen soll, oder stattdessen vielleicht doch nochmal in Amberg mitmache, beides wäre nur mit übermäßig guter Kondition machbar. Aber ich habe eines gelernt: Unterschätze die Treppen nicht – ich werde mir eine treppenhaltige Strecke mal in den regelmäßigen Trainingsplan aufnehmen – immerhin haben Treppen die Eigenschaft meist im Innern zu sein, dass macht sie bei Winterwetter doch recht attraktiv. Zudem habe ich heute gemerkt, dass es Muskelgruppen gibt die ich bisher einfach noch nie wirklich trainiert habe. Sicherlich kein Fehler das mal nachzuholen und die in Form zu bringen. Vielleicht tragen sich ja dann auch die Getränkekästen leichter, oder man kann mehr davon auf einmal nach oben wuchten.