Heute wollen wir uns Gränna und auch das nahe gelegene Brahehus anschauen. Das imposante Gebäude bzw. die Ruine hatten wir bereits gestern gesehen. Wir kommen recht zeitig los, der Wind hat sich gelegt, es ist also wieder angenehm warm. Der erste Anlauf zum Brahehus ist nicht ganz so erfolgreich, es lässt sich nicht so ohne weiteres anfahren. Dafür bekomme ich eine fahrerische Herausforderung während wir eine kleine, wenn auch ungeplante Schleife drehen: es geht 20% bergab und das auf geschotterter Straße. Im Winter möchte ich das hier nicht erleben, ich glaube ohne Trecker oder Unimog hat man da gar keine Chance.
Nach erneuter Konsultation der Karte wissen wir dann auch ungefähr wo der Einstieg zum Wanderweg sein muss. Kurzerhand parken wir an einem Parkplatz, der eigentlich zu einer Farm gehört, die Blaubeersammeln anbietet. Luftlinie ist es nicht einmal ein Kilometer bis zur Ruine. Wir wandern entlang der Straße bis zum Einstiegspunkt, um dann festzustellen, dass es dort doch einen Parkplatz gibt. Der ist allerdings fast gar nicht beschildert, das muss man fast schon wissen um die Einfahrt zu erwischen. Dass auf der Straße davor auch noch Tempo siebzig erlaubt ist, macht die Sache nicht besser.
Der Pfad führt nun recht steil bergan und bald erreichen wir den Waldrand unterhalb des Abhangs. Danach geht es munter weiter bergauf, die Kinder finden den Weg super spannend und flitzen voraus. Ich habe auch vergleichsweise wenig Mühen aber Marion ist ziemlich außer Atem als wir nach rund 1km sehr schmalen Single-Trails mit jeder Menge Geröll, Bachläufen und anderen Nettigkeiten oben ankommen. Eines ist auch klar, runter nehmen wir den Weg angesichts ihrer Knie nicht.
Die Ruine ist ganz nett gemacht und liegt tatsächlich direkt neben der Autobahn, mit einer eigenen Raststätte und reichlich Parkplätzen. Das hatte ich auf der Karte auch so gesehen, allerdings muss man dann im Zweifel fast 25km Strecke drum herum fahren. Da finde ich den Weg zu Fuß doch interessanter. Der Ausblick auf den Vättern ist wunderbar, wir haben weiterhin strahlend blauen Himmel und gute Fernsicht.
Auf der Suche nach Alternativen für den Heimweg finde ich dann einen etwas längeren Weg, der in einer großen Schleife fast bis nach Gränna führt. Um diesen zu nehmen, quert man einmal die Raststätte an der Autobahn zum Lieferanten-Eingang hin. Dort gibt es ein Tor mit einer Extratür für Fußgänger. Wenn man das nicht kennt meint man, man könne da gar nicht durch. Der Zufahrtsweg ist geschottert, breit und gut zu laufen. Er bringt uns an zwei der vielen Windräder des Windparks oberhalb des Vättern vorbei. Für die Kids gibt es immer wieder etwas zu bestaunen und das sind nicht nur die Windräder (die laut Schild jeweils 2,3 Megawatt Leistung bringen). Nach rund anderthalb Kilometern schwenkt der Weg wieder an den Vättern hinunter. Er geht dabei direkt durch eine Kuhweide, aber wir wissen ja mittlerweile, wie die „Färist“ hier funktionieren und dass es fast ganz normal ist durch die Weide zu laufen.
Am Ende des Gefälles stehen wir an der Hauptstraße entlang des Vättern. Kurzerhand laufe nur ich die letzten fast zwei Kilometer bis ans Auto und hole den Rest der Familie dann ab. Wir wollen ja ohnehin nach Gränna hinein. Dort ist Gott sei Dank schon Nebensaison und trotzdem ist es recht anstrengend, einen Parkplatz zu finden. Mit Geduld und „Mut zur Parklücke“ finden wir dann sogar einen auf dem 24h Parkplatz direkt im Zentrum.
Von dort aus erkunden wir die Straße der Süßigkeitenläden. Die muss man sich vorstellen wie die Mannheimer Fressgasse, nur dass es eben nicht wechselnde Speiselokale und Buden gibt, sondern zu 90% nur Läden die Polkagrisar, also Zuckerstangen bzw. Bonbons verkaufen. Die gibt es in allen möglichen und unmöglichen Geschmacksrichtungen. Wir nehmen nicht gerade eines der Geschäfte in der Nähe des Parkplatzes. Dort schlagen wir dann richtig zu, am Ende sind es 24 Zuckerstangen und noch einige Bonbons. Der Verkäufer erzählt uns, dass man mittlerweile sehr gut sehen könne, dass die Saison zu Ende geht. Es sei seit Mitte August, der absoluten Spitzenwoche, sehr viel ruhiger geworden. Ich möchte mir gar nicht ausmalen, wie voll es dann hier zugehen muss.
Im Nachbarladen fallen wir dann auch nochmal ein, dort haben wir die Chance bei der Herstellung direkt zuschauen zu können. Aus Zucker wird eine Melasse hergestellt, die dann immer weiter geknetet wird. Die Streifen entstehen durch das Aufbringen von zusätzlichen Zuckerteig-Streifen. Anfänglich ist das noch ein richtig großer Klotz, der dann nach und nach immer weiter und dünner ausgerollt wird. Alles in reiner Handarbeit, einzig zum Abkühlen und Aushärten gibt es ein kleines maschinelles Hilfsmittel: ein schräges Förderband, auf welchem die Stangen weiter rollen und dabei abgekühlt werden. Das Verpacken geht danach wieder von Hand. Marion schlägt nochmal bei einigen Spezialsorten zu, die es im anderen Geschäft nicht gab.
Wieder am Parkplatz suchen wir uns eine nahegelegene Bank und machen etwas verspätet Mittag. Der Besuch der Kirche fällt leider aus, da gerade ein Konzert stattfindet, stattdessen gibt es noch einen Nachtisch in Form von Eis. Die Preise pro Kugel sind hier in Schweden vergleichsweise happig, aber die Kugeln fallen auch recht groß aus. Zudem gibt es jede Menge leckere Sorten, unter anderem natürlich auch welche mit Polkagris-Geschmack, das muss ich natürlich probieren.
So gestärkt machen wir uns noch auf den Weg ans Freilichtmuseum, das liegt wieder oberhalb von Gränna am Grännaberg. Dorthin führt auch wieder ein Wanderweg, allerdings ist der bei weitem nicht so trailig wie der vom Vormittag. Es gibt auch wesentlich mehr Aussichtspunkte und Infotafeln zu Gränna, das sich mit dem Hafen malerisch unter uns ausbreitet. Das Museum ist recht nett, dort finden sich verschiedenste historische Holzhäuser, die mit der Zeit ihre letzte Bleibe dort gefunden haben. Der Vorteil der Holzhäuser ist, dass sie derart modular aufgebaut sind, dass man sie recht leicht auseinander nehmen und andernorts wieder zusammen fügen kann. Sozusagen der frühe Vorläufer des Klemmbausteinsystems, dass in Dänemark dann patentiert wurde und heute in fast jedem Kinderzimmer zu finden ist. Am Museum gibt es auch nochmal jede Menge Informationen, unter anderem, dass viele Menschen aus der Umgebung den Weihnachtsabend am Museum verbringen und dort mit Glühwein anstoßen. Das stelle ich mir durchaus interssant vor, denn man muss ja hinterher auch wieder runter (und das wohl besser zu Fuß). Dafür gibt es aber einen direkten Weg: Über 243 Stufen geht es direkt nach Gränna und man kommt direkt in der Nähe der Kirche wieder in den Ort.
Es ist später Nachmittag und wir machen uns auf den Rückweg zum Zeltplatz. Zum Abendessen gibt es diesmal Nudeln mit Tomatensoße, das ist kein großer Aufwand. Wir sind mittlerweile auch am nördlichsten Campingplatz angekommen, den wir auf dieser Reise besuchen werden, da ist es gut, wenn die Menge Nudeln langsam ein wenig abnimmt. Gefühlt haben wir doch etwas zu viel davon eingepackt.