Eine Woche Eltern

Irgendwie ist die Woche im Flug an mir vorbeigeschossen. Viel Zeit zum Luftholen oder reflektieren ist mir da gar nicht geblieben. Höchste Zeit, das Wichtigste zusammen zu fassen.

Es geht uns allen gut, das ist schon mal sehr beruhigend zu wissen. Seit Mitte der Woche sind wir daheim und werden noch regelmäßig durch eine Nachsorge-Hebamme betreut. So lernen wir fast jeden Tag noch etwas Neues.

Die wichtigsten Aufgaben aktuell sind Stillen und Wickeln und die ganzen Glückwünsche und Besucher-Anfragen zu verwalten. Ich hoffe ich habe es in all dem Trubel geschafft niemanden zu vergessen, der uns beglückwünscht hat. Der Besuch kann aber auch in Stress ausarten, dazu gleich noch mehr – merke: Es ist nichts wie bisher, man muss für vieles mehr Zeit einplanen und sich an einigen Stellen dann doch einschränken. Besonders beliebt beim Nachwuchs: Eltern während des Wickelns “anscheißen” bzw. “anpissen”.

Kurz vor unserem Check-Out in der Klinik kam noch die Fotografin vorbei – anfänglich stand ich dem Angebot ja doch etwas sehr skeptisch gegenüber, aber ich muss sagen: Ich wurde durch die Professionalität überzeugt mit der das alles ablief – günstig war das Foto-Paket dann zwar nicht, aber wenn man die Arbeit damit sieht, dann ist der Preis zumindest fair. Ich muss auch sagen, dass ich trotz Foto-Kurs und passender Ausrüstung einfach nicht die Muse für Bildgestaltung gehabt hätte. Die Gefühle spielen halt doch überall mit rein.

Auch habe ich gemerkt, dass selbst bei der Geburt der Amtsschimmel überall kräftig wiehert: Kindergeld, Eintrag der Kinderfreibeträge in der Lohnsteuerkarte, doppelte Staatsbürgerschaft, Mutterschaftshilfe – für alles und jedes ein Haufen Papier. Den Abschuss dazu bildet das Formular fürs Elterngeld – das haben wir immer noch nicht durchgearbeitet und die Handhabung mit dem Online-PDF-Formular ist einfach nur noch grauenhaft – so etwas umständliches habe ich schon lange nicht mehr erlebt, wenn ich durch bin, werde ich dazu mal einen eigenen Artikel verfassen. Insgesamt wünscht man sich eine zentrale Anlaufstelle – denn so füllt man alles und jedes wiederholt mit den gleichen Daten. Alleine die Tatsache, dass ich insgesamt 5 Briefe nur an verschiedene Ämter, Versicherungen und Einrichtungen schicken muss spricht irgendwie Bände.

Das Chaos hat uns daheim auch wieder etwas eingeholt: Der Wäschetrockner hat sich vorerst einmal verabschiedet, was in mehrerlei Hinsicht nicht praktisch ist: In der Elternzeit habe ich kein Gehalt, von dem ich mal eben eine derartige Auslage stemmen könnte. Garantie ist vor einiger Zeit schon abgelaufen. Gut das ich im Internet recherchieren konnte was da eigentlich defekt ist: Es ist ein der kleine aber wichtige AC/DC-Wandler der die Steuerplatine speist – Kostenpunkt einige wenige EUR. Kundendienst tauscht natürlich nur die gesamte Platine und kostet richtig Geld. Ich werde mich bewaffnet mit passender Ausrüstung und Ersatzteilen mal an eine Reparatur wagen – immerhin sind es ja nur sechs Beinchen in SMD-Bauweise. Auch hierzu gibt es bei Gelegenheit dann eine Bastel-Anleitung.

Besuch hatte ich schon angesprochen: Ich kann jeder jungen Familie nur den Tipp geben: Einschränken und möglichst gleichmäßig verteilen, dabei Ruhephasen nicht vergessen. Wie ich erfahren musste sind gerade die frisch gewordenen Großeltern manchmal eine richtige Plage. Zu allem und jedem gibt es einen gut gemeinten Ratschlag. Klar ist man dankbar aber irgendwann kommt man sich veralbert und selbst “übermuttert” vor. Hier sollte man wenn möglich von Anfang an klare Linien schaffen. Noch sind wir hier auf der Suche nach der richtigen Balance. Ausbooten will man die eigenen Eltern ja auch nicht.

Der Sonntag war dann einfach zu viel des Guten: Meine Eltern wohnen nicht weit und ich habe meinen Vater für die Fehlersuche am Trockner benötigt, alleine wuchtet sich das Gerät zu schlecht durch die Wohnung. Auch muss ich sagen, dass obwohl auch meine Mutter dabei war, die Situation sehr entspannt und war. Das änderte sich nachmittags als Marions Mutter samt Freundin aufgeschlagen sind – ich bin mir regelrecht überfahren vorgekommen. Eigentlich hatte ich mich auf ein gemütliches Zusammensein bei etwas Kaffee und ggf. Kuchen eingestellt. Am Ende war es nur noch Stress, weil ich permanent Rechner und andere technische Probleme lösen musste, die aber auch rein gar nichts mit dem Nachwuchs zu tun hatten. Marion sah sich derweil mit übermäßigen Geschenken und Einmischung in die Erziehung konfrontiert. Am Ende hatten wir den Salat:  Glen war total überfordert und hatte Einschlafprobleme, eine völlig neue Erfahrung für uns, denn die Woche über lief es recht gut.

Wir haben beide merken müssen, dass wir ziemlich fertig waren und wieder ein Haufen Arbeit die wir eigentlich auch noch machen müssten liegen geblieben ist. Dabei waren wir alle so fertig, dass wir uns nur noch gegenseitig auf den Zeiger gegangen sind. So stellt man sich echt einen Familien-Sonntag im worst case vor.

Damit die Situation nicht im Nachhinein noch eskaliert habe ich die Flucht nach vorne angetreten um mich zu entspannen: Frischluft und Bewegung, davon hatte ich im Vergleich zu sonst am Wochenende viel zu wenig. Also habe ich meine Laufsachen geschnappt und bin zum “Abkühlen” eine Stunde Joggen gewesen. Einerseits hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber Marion, andererseits muss ich sagen, dass mir die kurze Verschnaufpause echt geholfen hat, meine Gedanken zu sortieren.

Ich bin gespannt was die nächsten Wochen und Monate so bringen werden – ich hoffe das sich einige Probleme dann doch lösen werden.

Veränderung ist niemals leicht, aber notwendig

Der Mensch ist ein absolutes Gewohnheitstier – wenn man seine tagtäglichen Aktivitäten einmal nur kurz auf den Prüfstand holt, dann sieht man doch recht schnell viele eingeschliffene und eingefahrene Verhaltensmuster. Routine ist in vielen Dingen hilfreich, aber auf Dauer wird einiges eintönig oder zum Ballast. Einige Dinge macht man nur noch “aus Gewohnheit”, nicht mehr weil man sie gerne macht.

Gerade im Freizeitbereich sollte man hier aufpassen – denn hier hat man die Wahl – im Gegensatz zu einigen Dingen die in der Arbeitswelt stattfinden – dort sind Veränderungen oftmals ungleich schwerer umzusetzen als in der Freizeit.

Ein lange von mir betriebenes Hobby und auch ein sehr erfüllendes, ist mein ehrenamtliches Engagement im THW – von der Jugend als Junghelfer angefangen, über die Ausbildung und Ableistung meines Ersatzdienstes bis hin zur Blüte in Zusammenarbeit mit meinem THW-Kameraden Martin als Jugendbetreuer in Mannheim. Die Blüte hat für mich sicherlich auch ihre Früchte getragen – in den letzten Jahren und gerade nach den Ereignissen im Ortsverband Mannheim Ende 2009 hat doch ein merkliches Verwelken eingesetzt. Ich hatte die Hoffnung nach der erfolgreichen Diplomarbeit einen Neuanfang im OV Lampertheim schaffen zu können und aufs Neue blühen zu können. Der Wunsch blieb in diesem Fall der Vater des Gedanken – richtig “angewachsen” bin ich in Lampertheim nicht mehr. Zu viele Gewohnheiten und eingeübte Abläufe haben sich nach der Diplomarbeit verändert: Nicht mehr Student, sondern Angestellter – mit all den positiven und negativen Errungenschaften die es mit sich bringt. Mehr und mehr wurde für mich die Teilnahme am THW zur Last, zu etwas, dass man nur noch aus reiner Gewohnheit macht, weil man es eben immer gemacht hat. Es gab auch sicherlich noch das eine oder andere kleine Highlight, sei es bei verschiedenen Fortbildungen oder auch der ein oder andere kleine Einsatz.

Einen letzten Versuch mich wieder wie früher einzubringen, habe ich im Sommer beim Bundesjugendlager in Landshut versucht. Sicherlich eine tolle Sache und in der Zeit habe ich viel erlebt, aber es hat mir auch an vielen Stellen wieder die Schattenseiten der Organisation aufgezeigt – Schattenseiten die ich früher vielleicht nicht so wahrgenommen habe, oder die sich in den letzten Jahren entwickelt haben. War das THW früher für mich ein großer Abenteuerspielplatz mit dem Gedanken in Notsituationen helfen zu können, im Zweifel sogar “aus  Sch…. Gold” machen zu können, so haben wir derzeit einen überbordenden Bürokratismus, der einem die ehrenamtliche Arbeit und die Freude an der Technik immer mehr verleiden kann. Angeblich alles zur Sicherheit der Mitarbeiter. Martin hat es einmal treffend umschrieben: “Wenn es so weiter geht, stehen wir irgendwann vor den Trümmern und lassen den Menschen unter den Trümmern formal absolut richtig versterben, als ihn mit nicht geprüften oder nicht zertifizierten Methoden zu retten…”. Ich glaube wir sind nicht mehr weit weg von diesem Status, nur leider halten sich Katastrophen in der Regel an kein Drehbuch, im Einsatz muss man mit dem arbeiten und zurecht kommen, was eben greifbar ist. Hier ist dann die Kreativität und das Wissen des einzelnen Helfers gefragt, nur die wird ja nicht mehr gefordert – für alles und jedes gibt es Handlungsanweisungen, alle anderen Fällen sind absolut ausgeschlossen. Der, in meinen Augen, so entmündigte Helfer wird im Einsatzfall nicht mehr passend reagieren können. Vielmehr wird er aus Angst vor Repressalien von seinen Hilfsmöglichkeiten nur sehr zögerlich Gebrauch machen, oder die Hilfe gar ganz unterlassen. Kann das der Sinn und Zweck einer zum Schutz der Zivilbevölkerung gegründeten staatlichen Organisation sein? Ich überlasse es dem Leser und ggf. Helfer selbst eine Antwort für sich zu finden.

Ich selbst habe für mich eine Entscheidung getroffen, auch weil sich einige andere Lebensumstände verändert haben – meine Betätigung im THW hat sich schon in der letzten Beziehung als hinderlich erwiesen, und auch in meiner derzeitigen war die dort verbrachte Zeit zu Recht ein Thema. Immerhin will man ja auch für seine Partnerin da sein, um so mehr, wenn es um so etwas wie Familienplanung und Familienleben geht. Hier sind berechtigte und verständliche zeitliche Forderungen vorhanden, die sich mit einem Engagement im THW zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vereinbaren lassen. Wenn ich an meine Glanzzeiten zurück denke, an denen ich nahezu jedes Wochenende mehr als 12h im THW zugebracht habe, und mir dann überlege wie ich unter derartigen Bedingungen für die Familie und Familienprojekte zur Verfügung stehen soll, dann müsste der Tag grob geschätzt 50 Stunden haben. Ergo: Beides geht nicht, eine Entscheidung muss her. Ich habe mich entschieden meine aktive Zeit im THW zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Anfang April) zu beenden.

Auch wenn es einige jetzt verstören mag, oder für einige erst einmal eine Welt zusammen bricht, wenn ich nicht mehr im THW tätig bin (viele kennen mich nur mit THW, und fragen sich evtl. ob ich nicht schon eine Inventarnummer auf dem Hintern habe) – ich denke ich habe mein Soll für die Gemeinschaft mehr als erfüllt, mehr als doppelt so lange wie es die damalige Verpflichtungszeit vorsah habe ich meine Arbeitskraft in den Dienst der gemeinsamen Sache und zur Hilfe in Notsituationen zur Verfügung gestellt – mehr als 15 Jahre aktive Mitgliedschaft sprechen eine deutliche Sprache.

Keine Bange, ich falle sicherlich nicht ins “Bodenlose” – in den letzten Jahren habe ich ja auch andere Interessensgebiete für mich erschlossen: Langstreckenlauf, Ausdauerport – diese Freizeitbeschäftigungen habe ich auch mit dem THW auf Umwegen kennen gelernt, wofür ich dankbar bin. Aber im Gegensatz zum THW lassen sich diese (auch zeitintensiven) Beschäftigungen deutlich besser mit dem Familienleben unter einen Hut bringen, im Vergleich zum THW habe ich hier ein deutliches Plus an Flexibilität und von der körperlichen Auswirkungen (kein Übergewicht mehr, innere Ausgeglichenheit im Kontrast zur Arbeit) einmal ganz abgesehen.

Und ich bin freudig gespannt was die Zukunft bringen wird, nun da sich das Kapitel THW in meinem Leben dem Ende neigt. Ein weiteres Kapitel wartet sicherlich auf mich – wie es genau heißen wird, weiß ich noch nicht, aber ich denke es wird sich viel um Familie und Nachwuchs drehen. Ich freue mich auf alle Fälle auf die neuen Herausforderungen, die mich erwarten.