Rodgau 2022 – Lauf der Extreme

Rodgau Ultra Marathon – es ist doch Juni und nicht Januar? Corona machts möglich! Immerhin war es mir 2020 tatsächlich mit Rodgau gelungen immerhin einen Ultra-Marathon zu absolvieren, einer der wenigen der noch stattfinden konnte. Nachdem im Januar noch Auflagen galten die es unmögich machten den Lauf anzubieten, wurde der Termin kurzerhand in den Juni verlegt. Wer konnte im Januar ahnen, dass an sich einen der heißesten Tage des Jahres ausgesucht hatte. Auf die Kälte ist das Team vom RLT sehr gut eingestellt. Ich war als sehr gespannt wie gut es bei Hitze klappen würde.

Die Anfahrt war diesmal auch anders. Dank dem 9-EUR-Ticket war die Anreise per Bahn eine echte Option. Allerdings ist die Fahrt etwas schwieriger – es geht schon sehr früh los, der erste Zug für mich startet um 4:54h, mit einem Umstieg in Mannheim. Dort treffe ich dann auch Erik. Mit der Regionalbahn bummeln wir dann bis Frankfurt. Dort einmal ins Untergeschoss zur S-Bahn. Für die letzten Meilen bis zum Start haben wir auch Fahrräder dabei – die Treppen runter ist somit die erste Aufwärm-Einheit. Nach rund 3h sind wir in Rodgau. Ab dem Bahnhof ist der Weg vorbildlich ausgeschildert bis an die Grillhütte.

Es ist vergleichsweise wenig los, das kenne ich in Rodgau deutlich voller und turbulenter. Startnummer abholen, anpinnen und dann kann es auch schon losgehen. Die Veranstalter haben schon angekündigt, dass es eine zweite Wasserstation an der Runde geben wird, zusätzlich zur bekannten Versorgung rund 800m nach dem Start.

Pünktlich um 9h geht es los. Ich lasse mich in ein gemütliches Lauftempo fallen, schaue aber durchaus auf meine Pace, ich will es auf keinen Fall zu schnell angehen, der Weg ist noch weit und die Temperaturen sind bereits jetzt sehr hoch.

Den Rundkurs kenne ich an und für sich ja schon von meinen letzten Teilnahmen. Allerdings zeigt er sich diesmal von seiner sommerlichen Seite, nach der Versorgungsstation geht es das erste Mal ins freie Feld und wir bekommen einen ersten Vorgeschmack auf die Wärme während der komenden Runden. Im Läuferfeld wird gescherzt, dass wir irgendwann auch rückwärts laufen müssen, damit wir von beiden Seiten auch schön knusprig werden. Im Wald wird es dann deutlich schattiger und somit ach kühler. Aus der Ferne kann man schon die Musik hören. Wir hoffen alle, das es nicht so kommt wie gerade besungen: Thunderstruck von AC/DC. Dann wäre zwar etwas Abkühlung dank des Gewitters zu erwarten, aber bei Gewitter übers freie Feld ist auch nicht gerade optimal und vom Blitz getroffen werden auch nicht.

Kurz nach dem Pendelabschnitt gibt es bei Kilometer 3 die zusätzliche Wasserstation, ich greife gleich einmal zu, denn es ist wirklich warm. Kurz nach der Station laufe ich auf Bärbel vom RLT auf. Bis zur nächsten Gruppe ist es uns beiden zu weit um noch mehr Tempo zu machen. Zudem merken wir beide beim Blick auf die Pace, dass wir zu schnell sind. Von meinen angepeilten 5:30 min/km bin ich deutlich entfernt. So unterhalten wir uns, während die Kilometer an uns vorbei ziehen. Die erste Runde vergeht so wirklich wie im Fluge.

Auf Runde zwei greife ich gleich nochmal bei den Getränken zu, es wird immer wärmer. Aber mit Bärbel immer noch auf gleicher Höhe ist für Abwechslung und Unterhaltung gesorgt. Wir unterhalten uns über diverse Ultra-Marathons und Läufe die wir noch machen wollen. So verfliegen abgesehen von den kurzen Unterbrechungen die Runden. In Runde 4 greife ich dann auch einmal bei den Bananen zu, so langsam muss ich auch daran denken Kalorien zuzuführen. Leider gibt es kein Salz, wie ich erfahre hat das Hygiene-Gründe. Ich habe in der Erwartung, dass an der Versorgung ja eigentlich für alles gesorgt wird auch keine Eigenverpflegung mitgenommen oder Salztabletten in der Gürteltasche. Das heißt für mich nichts Gutes, immerhin nehme ich einige salzige Cracker mit auf die nächste Runde.

In der nunmehr fünften Runde wird es für mich langsam aber sicher anstrengend, die Beine werden doch langsam schwer – zudem habe ich das Gefühl, dass ich zwar jede Menge Flüssigkeit zugeführt habe, aber es kommt davon irgendwie nicht genügend zum Schwitzen an bzw. ich habe immer noch weiter Durst. Bärbel muss nunmehr auch ein wenig langsam machen, auch ihr ist die Anstrengung anzumerken. So laufe ich ein wenig voraus und lasse mir dafür an der Versorgung etwas mehr Zeit. Allerdings war das nicht gerade die beste Idee: ich kann zwar reichlich Wasser und Getränke zu mehr nehmen, aber es klappt partout nicht mit dem Loslaufen. So gehe ich erst mal einen Kilometer durch den Glutofen. Bärbel überholt und versucht mich noch zu motivieren, allerdings ist bei mir in dem Moment erst mal alles gelaufen. Erst nach rund einen Kilometer kann ich mich im kühleren Wald dann doch wieder zum Joggen durchringen. Das reicht allerdings auch nur bis zur Wasserstelle, danach ist erst mal wieder Gehen angesagt.

Ich quäle mich die Runde 6 zu Ende, immerhin es sind ja jetzt nur noch 4, das motiviert mich immerhin ein klein wenig. Ich habe fest vor den Lauf zu Ende zu bringen, es liegen ja auch schon 30km hinter mir. Im Start-Ziel Bereich reichen die Helfer auch noch Gels – eigentlich keine schlechte Idee, aber das zuckersüße Honiggel klebt doch recht ordentlich im Mund, kombiniert mit dem Durst ist das keine wirklich gute Kombination.

Immerhin ist es nicht mehr weit bis zur Versorgung, dort kann ich das Gel dann wenigstens ordentlich runter spülen. Ebenso überrunde ich gehend Erik, auch er hat schon einen Gang zurück geschaltet. Wir gehen zügig und recht verbissen weiter, ich gönne mir eine erste Dusche mit einem Eimer Wasser über den Kopf. Das erfrischt zumindest einmal, hebt angesichts der Hitze aber nicht lange vor. Eine Zeit lange liege ich mit Erik immer wieder gleich auf – mal kann er wieder ein Stück joggen, mal hole ich ihn wieder im zügigen Gehen ein. Er hat sein geplantes Ziel von 5h oder weniger auch aufgegeben. Mir geht es ähnlich, angesichts der Hitze habe ich mich von Zeiten wie sonst um die 4:20-4:30h in Rodgau abgeschminkt. Die Runde 7 beende ich dann auch fast durchgängig gehend, immerhin fällt mir irgendwann ein, dass im Gehen die Möglichkeit besteht endlich einmal Bilder zu machen.

An der Versorgung kommt mir dann eine gute Idee: ich schüttle kurzerhand die Salzstangen-Box nachdem ich mir dort bereits einige abgegriffen habe. So kann ich das abgefallene Salz (und jeder der einmal die Reste eine Salzstangenbox gesehen hat weiß wie viel Salz da tatsächlich übrig bleibt) auf die Hand schütten, das wirkt zwar nicht sofort und ich gehe auch noch den folgenden Kilometer. Allerdings geht es mit dem Wiederanlaufen im Wald dann doch erstaunlich gut und auch das Tempo stimmt wieder halbwegs – wenn auch nicht gerade 5:30 min/km so bin ich doch meist knapp unter 6 min/km unterwegs. Mit jedem Schritt wird die Zuversicht wieder etwas größer. An der Wasserstation natürlich nochmal Wasser aufnehmen, die Station war zeitweise fast überlastet, es bestand so viel Wasserbedarf, dass die Veranstalter einen Shuttle-Service per Fahrrad und Wasserfaß einrichten – immer mal wieder sieht man einen fleißigen Helfer mit dem Rad und dem Wasserfass auf dem Gepäckträger. Saubere Lösung, super reagiert und eine kritische Situation für alle Läufer erfolgreich vermieden.

Auf der Uhr am Ziel stehen etwas mehr als 4 Stunden an, für mich noch 2 Runden. Ich überlege ob es schaffbar ist die 5h zu unterschreiten – eigentlich sollte das machbar sein, aber ich weiß zu genau, dass ich zusätzlich zur Zeit für die Strecke auch noch einige Minuten pro Runde für die Versorgung und die Dusche einplanen muss. Wenn es gut läuft wird es weniger als 5h, wenn nicht ist das angesichts der Umstände für mich zwar ärgerlich aber man muss eben sehen was geht und was nicht geht. Die Runde 9 ist für mich auch aus Motivationssicht sehr wichtig, immerhin kommt 2,195km nach dem Ziel und rund 1,5km nach der Versorgung die Marathon-Marke. Diese ist extra im Wald mit einem Schild markiert.

Insgesamt läuft es mittlerweile wieder recht gut, ich kann durchgängig joggen auch wenn ich natürlich ob der Hitze total fertig bin. Zudem weiß ich aber auch: es liegt nur noch eine Runde vor mir. Beim letzten Stopp an der Versorgung nehme ich nochmal reichlich Flüssigkeit zu mir, zudem nochmal Riegel, Banane und Salzstangen. Es sind jetzt nur noch etwas mehr als 4km zu bewältigen. Ich mahne mich dennoch zur Vorsicht, nur nicht zu schnell werden. An der Pendelstrecke habe ich dann noch einen weiteren Motivationsschub: Kurz vor dem Wendepunkt kommt mir Bärbel auf der Pendelstrecke entgegen. Das setzt nochmal Energie frei, denn ich hätte erwartet dass sie schon lange im Ziel ist. Kurz vor Kilometer 48 (bzw. dem Marker für 3km auf der Strecke) habe ich sie eingeholt und nach der Wasserstelle auch überholt. An der Wasserstelle ist gerade etwas Chaos, da ein Landwirt mit einem recht großen Gespann seine Heuernte einbringen möchte, auf der Strecke wird es daher verdammt eng. Ich kann aber recht gut an dem Gespann vorbei.

Nochmals geht es raus aus dem Schatten in die Felder, nach dem Waldeingang ist es zwar etwas kühler aber auch im Schatten ist es mittlerweile verdammt heiß. Auch die Strecke entlang der ehemaligen Teststrecke liegt zusammen mit dem einzigen wahrnehmbaren Hügel (ca. 3-5 Höhenmeter, gefühlt wird er aber jede Runde höher und steiler) auch vollständig in der Sonne. Jetzt ist es noch ein Kilometer. Bis zum Ziel geht es nunmehr immer eben oder teilweise sogar ganz leicht bergab, ich lasse es rollen soweit es noch geht. Der Blick auf die Uhr sagt mir: Mit unter 5h wird das nichts mehr. Allerdings habe ich auch gerade wieder reichlich Möglichkeiten, mich zu motivieren – ich kann wieder einige Läufer überholen.

Auf der Zielgeraden kann ich die Uhr am Ziel erkennen, es liegen noch ca. 200m vor mir. Die zeigt klar schon mehr als 5h an, aber ich mache es mir zum Ziel noch unter 5:05 anzukommen, also nochmal Zähne zusammenbeißen und etwas Gas geben. Brutto reicht mir das nicht ganz, 5:05:13 sind es laut Anzeige als ich endlich die Ziellinie überquere. Netto geht die Rechnung dann doch noch haarscharf auf: 5:04:57h. In diesem Jahr gibt es auch Medaillen für die Finisher, zudem genieße ich die Dusche die man dankenswerter Weiße im Zielbereich aufgestellt hat. In der Grillhütte ist es schattig und ich gönne mir gleich mal einen Schwung Getränke. nur wenige Minuten nach meinem Zieldurchlauf kommt auch Bärbel ins Ziel. Wir beglückwünschen uns gegenseitig und natürlich gehört ein herzliches “Danke” für die Motivation in beiderlei Richtung mit dazu.

Nun lasse ich es mir erst mal gutgehen und schaufle reichlich Kalorien in Form von Riegeln, Obst und Getränken in mich hinein. Zudem eine erste Inspektion der Schäden am Laufwerk: einige Blasen habe ich mir dann wohl doch gelaufen, aber es ist nicht übermäßiges. Mit der Zeit mache ich mir dann doch Gedanken um Erik, immerhin ist es nicht wie im Winter, wo man nach dem Lauf doch recht schnell schaut dass man wieder ins Warme kommt oder sich auf den Heimweg macht. Ich habe mich derweil beim Sporthändler im Zielbereich einmal umgesehen, meine verwendeten Schuhe sind mehr als abgelaufen und das Obermaterial löst sich von der Sohle. So nutze ich die Zeit noch verschiedene Schuhe auszuprobieren. Unter anderem auch einmal ein Paar Hoka, allerdings muss ich sagen dass die zwar superleicht sind, allerdings haben sie für meinen Geschmack ein wenig zu viel Dämpfung. Am Ende werden es ein Paar von New Balance, ich bin gespannt wie diese sich die nächste Zeit schlagen werden. Ob ich sie bereits für den Marathon nächste Woche nehmen werde weiß ich allerdings noch nicht.

Mehr als eine Stunde nach mir trifft Erik dann auch wohlbehalten im Ziel ein: 6:21:29 und den ersten 50km Lauf erfolgreich beendet. Bei mir reicht es für Platz 42 Gesamt, bei den Männern für Platz 31 und in der Altersklasse bin ich 11. geworden. Nicht gerade berühmte Werte für mich, zumal die Teilnehmerzahl doch erheblich unter dem abweichenden Termin und auch der Hitze gelitten hat: 196 Teilnehmer waren am Start, davon haben 112 die 50km absolviert. Immerhin insgesamt noch deutlich vordere Hälfte.

Insgesamt ein großes Lob an die Organisatoren für den Ersatztermin: wie auch im Winter ist das Team sehr gut eingespielt und alles läuft reibungslos. Für die Hitze kann der Veranstalter nichts, darauf wurde absolut super reagiert. Die zweite Wasserstation war dringend geboten und zumindest für mich echt sehr wichtig, zumal ich dieses Mal ohne eigene Flasche oder Rucksack unterwegs war. Das nächste Mal klappt es auch wieder mit dem Salz, oder vielleicht wird ja mein Vorschlag mit der Gemüsebrühe (im Winter warm, im Sommer ggf. auch einfach Umgebungstemperatur) aufgenommen – auf alle Fälle packe ich das nächste Mal selbst Salz ein, was man dabei hat kann man nutzen. Ich wünsche den Veranstaltern, dass es bei einer einmaligen Verschiebung (besser als Ausfallen lassen) bleibt. Ich denke allen Beteiligten wird dieses Sonderevent in Erinnerung bleiben.

Bleibt mir noch ein paar Takte zum Rückweg zu schreiben, auch der erfolgt mit dem 9-EUR-Ticket: Etwas Wartezeit am Bahnhof in Rodgau-Dudenhofen ist unvermeidlich, wenn auch etwas Schatten an der Station sehr schön wäre. Bis Frankfurt läuft dann auch alles trotzt angekündigter Stellwerksstörung reibungslos. Danach wird es allerdings weniger schön: Die RB67 hat bereits als wir am Gleis ankommen deutlich Verspätung – rund 30 Minuten. Immerhin bringt sie mich direkt bis nach Schwetzingen. Beim Blick in den Plan stellen wir fest, dass ein Regional-Express bis Mannheim (ohne SEV, da nicht über Biblis) nur wenige Minuten später als die verspätete Abfahrt der Regionalbahn abfährt. Somit trennen wir uns in Frankfurt. Ich selbst komme dann auch recht zügig los. Erik hat leider etwas Pech, der Regional-Express kommt in Frankfurt aufgrund eines technischen Defekts nicht weg. Somit nimmt er die Regionalbahn über Schwetzingen nach Mannheim einen Zyklus später als ich. Aber auch bei mir läuft es nicht ganz reibungslos, bis ich endlich in Schwetzingen am Bahnhof bin hat der Zug fast 45 Minuten Verspätung. Immerhin habe ich es mit dem Rad dann nicht mehr all zu weit. Von daher muss ich festhalten: mit dem 9-EUR-Ticket war die Variante per Bahn vor allem preislich sehr attraktiv, von der Reisezeit und dem Komfort her war es gerade noch so erträglich. Im Winter möchte ich mir nicht vorstellen nach dem Lauf noch recht lange mit der Bahn unterwegs zu sein und ggf. lange Aufenthalte an irgendwelchen Bahnhöfen zu haben.

4 thoughts on “Rodgau 2022 – Lauf der Extreme

  1. Hallo Kai,

    klasse Artikel, danke für Deine Mühe. Du hast dafür bestimmt solange gebraucht wie für den Lauf 😉 Anyway ich sprech jetzt mal für die RLT-ler wir freuen uns über Deinen tollen superduper ausführlichen Bericht. Es hat echt Spaß gemacht für die Läuferinnen und Läufer da zu sein um Ihnen diese extremen Bedingungen einigermaßen erträglich zu machen. Da bin ich gerne mit dem Shuttle Fahrrad zur Tränke gefahren, Not macht erfinderisch und gut dass ich seit November ein E-Bike habe 🙂 Also in diesem Sinne eine gute Regeneration, ich habe deinen Blog aufgenommen ( https://rlt-rodgau.de/ultramarathon/ ) und verlinkt. Bis zum nächsten Ultra. Grüße Holger

    • Hallo Holger,

      Ganz herzlichen Dank für die Verlinkung.
      Wir sehen uns dann aller Voraussicht nach im Januar wieder.

      Gruß,
      Kai

  2. Hallo Kai,
    da hast Du ja einen tollen Bericht geschrieben. Danke nochmals fürs Ziehen.
    Ich hoffe Dir geht´s wieder gut.
    Ich bin am Dienstag schon wieder an die Arbeit gelaufen. Kein Muskelkater.
    Bis zum Januar 2023.
    Bärbel vom RLT

    • Danke fürs Motivieren.
      War am Dienstag im Training und am Mittwoch beim Firmenlauf (siehe dazu auch meinen jüngsten Bericht).
      Am Sonntag bin ich in Molsheim beim Marathon du Vignobles d’Alsace, ich hoffe dort wird es nicht so heiß wie in Rodgau.

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